TE OGH 1988/3/2 3Ob10/88

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Veröffentlicht am 02.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Mag.Engelmaier und Dr.Angst als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W*** G***, Wien 10, Wienerbergstraße 15-19,

vertreten durch Dr.Robert Amhof und Dr.Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Franz K***, Bauspengler, Wien 12, Gatterholzgasse 3, wegen S 343.086,27 s.A., infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 15. Dezember 1987, GZ 46 R 1108/87-4, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 20.März 1987, GZ 3 E 4171/87-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes in Ansehung der Drittschuldnerin REPUBLIK ÖSTERREICH, Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die Pfändung und Überweisung schon fälliger oder künftig fällig werdender Forderungen aus bereits abgeschlossenen Werkverträgen bewilligt wird.

Die mit S 11.545,95 bestimmten Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Exekutionsverfahrens.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises vom 13.März 1987 zur Hereinbringung ihrer Forderung von S 434.086,27 samt 10,5 % Verzugszinsen seit 14.März 1987 von S 422.897,51 die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei gegen den Drittschuldner

1. GEMEINDE WIEN, Magistrat der Stadt Wien, MA 6, Referat 3, Stadthauptkasse, Wien 1, Rathaus, und

2. REPUBLIK ÖSTERREICH, Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Wien 1, Kärntner Ring 9-13, auf Grund einheitlicher fortlaufender Werkverträge derzeit und künftig angeblich zustehenden Forderung von S 443.100,-- mehr oder weniger sowie die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung - unbeschadet etwa früher erworbener Rechte dritter Personen - zu bewilligen. Das Erstgericht bewilligte den Antrag; das Rekursgericht wies ihn über Rekurs der REPUBLIK ÖSTERREICH hinsichtlich dieses Drittschuldners ab. Gemäß § 54 Abs 1 Z 3 EO habe der Exekutionsantrag unter anderem die Bezeichnung der Vermögensteile zu enthalten, auf die Exekution geführt werden soll. Diesem Erfordernis werde durch den Antrag der betreibenden Partei nicht entsprochen. Es bedürfe einer näheren Bezeichnung jeder einzelnen in Exekution gezogenen Forderung, weil nur dadurch Identitätszweifel des Drittschuldners in bezug auf die gepfändete Forderung vermieden werden könnten. Nach der Sach- und Rechtslage könnten dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner verschiedene Forderungen zustehen. Dem Drittschuldner müsse eine Zuordenbarkeit der einzelnen Forderungen möglich sein, um ihn in die Lage zu versetzen, zu prüfen, ob und allenfalls welche Einwendungen aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis gegen die geltend gemachten Forderungen erhoben werden können. Die Forderungen müßten mit zumutbarem Arbeitsaufwand auffindbar und identifizierbar sein. Dies sei hier nicht der Fall.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Zur Frage, wann bei einer Forderungsexekution die nach § 54 Abs 1 Z 3 EO erforderliche Bezeichnung des Exekutionsobjektes als genügend bestimmt anzusehen ist, wird in Lehre und Rechtsprechung der Standpunkt vertreten, daß es hiebei auf die Umstände des Einzelfalls ankomme (SZ 49/44). Das Erfordernis der Spezifizierung darf nicht überspannt werden, weil dem betreibenden Gläubiger die zu pfändende Forderung in allen Details in der Regel nicht bekannt ist und zu strenge Anforderungen leicht überhaupt zu einer Exekutionsvereitelung führen können (3 Ob 91/80). Der Bestimmung des § 54 Abs 1 Z 3 EO ist daher entsprochen, wenn sowohl der Drittschuldner als auch der Verpflichtete erkennen können, welche Forderung in Exekution gezogen wird (Heller-Berger-Stix 2125, 3 Ob 148/78, 3 Ob 111/85). Auch die - von der herrschenden Lehre (Heller-Berger-Stix 2127, Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht2 225) und einem Teil der Rechtsprechung (SZ 24/116, JBl 1956, 25) geforderte - Angabe des Rechtsgrundes der Forderung kann nur dann als notwendig angesehen werden, wenn dies zu der für die Parteien notwendigen Bestimmtheit des Exekutionsobjektes erforderlich ist (vgl. EvBl. 1966/481, ÖRZ 1959, 34); es genügt jedenfalls die Pfändung etwa einer dem Verpflichten zustehenden "Provisionsforderung" oder einer ihm auf Grund einer Vereinbarung aus dem Miet- oder Pachtverhältnis "oder sonst wie" zustehenden Forderung (Heller-BergerStix 2127).

Der Umstand, daß dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner Ansprüche aus mehreren gleichartigen (zB Lieferungs-)Verträgen zustehen könnten, macht einen Exekutionsantrag nicht unbestimmt. In einem solchen Fall sind eben die Forderungen, auf die der im Exekutionsantrag angeführte Rechtsgrund zutrifft, gepfändet (7 Ob 18 und 202/57).

Kommen mehrere, namentlich hinsichtlich ihrer Pfändbarkeit unterschiedlich zu beurteilende Forderungen in Betracht, so daß ohne nähere Angaben unklar ist, was den Gegenstand der Exekution bilden soll oder ob und inwieweit die als Exekutionsobjekt bezeichneten Forderungen pfändbar sind, so sind die zur Abgrenzung notwendigen Angaben erforderlich; kommt dagegen nur eine Forderung (bzw. nur eine unbeschränkt prändbare Forderung) in Betracht, so sind nähere Angaben entbehrlich (SZ 49/44 mwN). Bei der Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten kann der Bestimmung des § 54 Abs 3 Z 1 EO schon durch die genaue Bezeichnung des Drittschuldners Genüge getan sein (EvBl. 1966/481)

Die betreibende Partei hat in dem vorliegenden Antrag den Drittschuldner genau bezeichnet, sie hat auch den Rechtsgrund der dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner angeblich zustehenden Forderung - Werkverträge - angegeben. Daß es sich um mehrere (gleichartige) Verträge handelt, macht den Exekutionsantrag nach den vorstehenden Ausführungen noch nicht unbestimmt, es sind vielmehr alle aus diesem Rechtsgrund bestehenden Forderungen des Verpflichteten gepfändet. Der zu Identifizierung der gepfändeten Forderungen erforderliche Arbeitsaufwand ist der Drittschuldnerin zumutbar.

Soweit die Pfändung "künftig" zustehender Forderungen beantragt wurde, ist zu beachten, daß zwar auch noch nicht fällige Geldforderungen gepfändet werden können, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß die in Exekution gezogene Geldforderung zum Zeitpunkt der Pfändung bereits existent ist (JBl 1979, 438). Ein Anspruch, der noch nicht zur Entstehung gelangt ist, weil die Zahlungsverpflichtung davon abhängt, daß der Verpflichtete erst seine Leistung vollführt, ist nicht pfändbar, weil zur Zeit der Pfändung das Exekutionsobjekt fehlt (Heller-Berger-Stix 2113). Gepfändet erscheinen daher zwar künftig fällig werdende nicht auch künftig erst entstehende Geldforderungen. Der Exekutionsantrag ("auf Grund einheitlicher fortlaufender Werkverträge") ist nicht anders zu verstehen.

Die Entscheidung des Erstgerichtes war deshalb mit der aus dem Spruch ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.

Anmerkung

E13531

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00010.88.0302.000

Dokumentnummer

JJT_19880302_OGH0002_0030OB00010_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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