TE OGH 1988/3/22 10ObS58/88

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Veröffentlicht am 22.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dipl. Ing. Walter Holzer, Dr. Franz Zörner und Kurt Wuchterl in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Valentin P***, Pensionist, 9150 Bleiburg, Replach 2, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei S*** DER

G*** W*** (Landesstelle Kärnten), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Alterspension bei langer Versicherungsdauer, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Dezember 1987, GZ 8 Rs 1125/87-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 1. Juli 1987, GZ 32 Cgs 1094/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 2. Jänner 1987 entschied die beklagte Partei, daß dem am 28. April 1925 geborenen Kläger die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer (§ 131 GSVG) gebühre, und zwar vom 1. August bis 31. Dezember 1986 mit monatlich 4.207,70 S, ab 1. Jänner 1987 mit monatlich 4.367,60 S. Dabei legte sie 419 GSVG-Monate und 61 BSVG-Monate, insgesamt daher 480 leistungswirksame Versicherungsmonate zugrunde.

Innerhalb von drei Monaten ab Zustellung dieses Bescheides erhob der Kläger dagegen Klage. Deren Begehren ist auf eine vorzeitige Alterspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. August 1986 "insbesondere unter Anrechnung der Zeiten Februar 1946 bis einschließlich Juli 1950" gerichtet und stützt sich darauf, daß der Kläger nach der Rückkehr aus dem Krieg von September 1946 bis Februar 1947 in Anstaltspflege gewesen sei und anschließend bis Juli 1950 in der elterlichen Landwirtschaft mitgearbeitet habe. Die Erklärung des Klägers in der Tagsatzung vom 1. Juli 1987, er habe im Klagebegehren die Zeit von September 1946 bis (offenbar gemeint: ausschließlich) Februar 1947 nicht aufgenommen, weil ihm dafür kein Anspruch zustehe, macht deutlich, daß sich die Klage nur gegen die Nichtberücksichtigung der Zeit von Februar 1947 bis Juli 1950 richtet.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage und wendete ua. ein, daß der Kläger von Februar 1943 bis August 1946 43 Ersatzmonate nach dem GSVG und von September 1950 bis Dezember 1951 8 Ersatzmonate nach § 116 Abs1 GSVG erworben habe. Die Monate Februar bis August 1946 seien ohnehin als Ersatzmonate nach § 116 Abs5 GSVG berücksichtigt worden, weil der Kläger laut Mitteilung der Stadtgemeinde Bleiburg vom 14. Jänner 1943 bis 17. September 1946 Kriegsdienst geleistet habe bzw. in Kriegsgefangenschaft gewesen sei. Die Zeit der Anstaltspflege sei nach § 116 Abs1 Z 2 lit.b GSVG nicht als Ersatzzeit zu berücksichtigen. Die Zeit von Februar 1947 bis Juli 1950 sei von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern nicht als Ersatzzeit anerkannt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, "die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger ab 1. August 1986 eine vorzeitige Alterspension im gesetzlichen Ausmaß, insbesondere unter Anrechnung der Zeiten Februar 1946 bis einschließlich Juli 1950 zu bezahlen", ab. (Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich, daß auch das Erstgericht davon ausging, daß das Klagebegehren nur auf zusätzliche Berücksichtigung der Zeiten von Februar 1947 bis Juli 1950 gerichtet ist.)

Nach den wesentlichen Feststellungen kehrte der Kläger "Ende 1946" aus der Kriegsgefangenschaft, während der er die Ruhr und Entzündungen aller Gelenke hatte und "überall" gelähmt war, zurück und befand sich bis etwa Ende 1946 im Krankenhaus Klagenfurt. Spätestens damals mußte er keine Krücken mehr verwenden. Dann kehrte er auf die land- und forstwirtschaftliche Liegenschaft seiner Eltern zurück. Sein Vater erkärte ihm daß er das "Vieh übernehmen" solle, er selbst werde "zum Holz überwechseln". Der Vater war dann tatsächlich seit Anfang 1947 als Einkäufer in der Holzwirtschaft angestellt. Gleich nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus erwies es sich für den Kläger als notwendig, Geld zu verdienen. Er war dann bis 1950 - bis dahin war sein Vater Inhaber der Viehandelskonzession - im Viehhandel tätig und erzielte daraus einen ausgezeichneten Verdienst, so daß er sich daraus 1948 eine "Maschine" (offenbar gemeint: ein Motorrad), 1950 oder 1951 einen PKW kaufen konnte. Beim Viehhandel mußte er im wesentlichen keine körperliche schweren Arbeiten verrichten, weil seine Kundschaften selbst aufluden. Sein Vater äußerte sich ihm gegenüber nie, daß er ihm die Landwirtschaft übergeben wolle, insbesondere nicht in der Zeit von 1946 bis 1950. Der Kläger rechnete aber damit, weil er der einzige Sohn war. Er arbeitete nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auch in der Landwirtschaft (des Vaters) mit. Er fütterte das Vieh, führte mit Pferden Mist und Holz und ackerte. Er war aber damals nicht in der Lage zu mähen, sich zu bücken, Holz zu schneiden etc. Dabei halfen ihm seine Schwestern. Die väterliche Landwirtschaft war ca. 15 ha groß. Der Kläger bezog daraus kein Geldeinkommen, jedoch Nahrungsmittel.

Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes war der Kläger von Februar 1947 bis Juli 1950 hauptsächlich im Viehhandel und daher nicht hauptberuflich im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Eltern beschäftigt, weshalb diese Zeit keine Ersatzzeit iS des § 107 Abs1 Z 1 iVm § 2 Abs1 Z 2 BSVG sei und daher nicht leistungssteigernd wirke.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, daß es die beklagte Partei schuldig erklärte, dem Kläger die bescheidmäßig zuerkannte Leistung zu erbringen und das Mehrbegehren abwies.

Die Rüge des Berufungswerbers, das Erstgericht hätte über seine Mitarbeit im väterlichen Viehhandelsbetrieb (Gewerbebetrieb) Beweise aufnehmen und Feststellungen treffen müssen, erledigte das Berufungsgericht mit dem Hinweis, der Kläger habe in erster Instanz in bezug auf Versicherungszeiten nach dem ASVG kein beachtliches Vorbringen erstattet. Daß der Kläger auf Grund seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft der Eltern keine Ersatzzeiten nach § 107 Abs1 Z 1 BSVG erworben habe, erachtete die zweite Instanz als richtig, weil er in diesem Betrieb nicht regelmäßig beschäftigt worden sei und hauptberuflich einer anderen Beschäftigung nachgegangen sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder die vorinstanzlichen Urteile zwecks neuerlicher Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht aufzuheben.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Nach § 1 Abs1 des in den Jahren 1947 bis 1950 auch in Österreich geltenden (Reichs)Angestelltenversicherungsgesetzes vom 28. Mai 1924, DRGBl. I S 563, waren für den Fall der Berufsunfähigkeit und des Alters nach den Vorschriften dieses Gesetzes insbesondere 4. Handlungsgehilfen und andere Angestellte für kaufmännische Dienste versichert. Voraussetzung der Versicherung war nach Abs3 leg. cit. für alle diese Personen, daß sie gegen Entgelt (§ 160 RVO) in einem Dienstverhältnis beschäftigt wurden. Eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, war nach § 9 leg. cit. versicherungsfrei. Nach § 160 Abs1 RVO gehörten zum Entgelt neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehaltes oder Lohnes oder neben ihm vom Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen war der Kläger in der strittigen Zeit im Viehhandelsgewerbebetrieb seines Vaters als kaufmännischer Angestellter gegen ein über den freien Unterhalt hinausgehendes Entgelt in einem Dienstverhältnis beschäftigt und daher nach dem zitierten (Reichs)Angestelltenversicherungsgesetz pflichtversichert.

Daraus folgt, daß diese Zeit nicht als Ersatzzeit nach § 107 Abs1 Z 1 BSVG, sondern nur als Beitragszeit der Pflichtversicherung berücksichtigt werden könnte. Diese Beitragszeit würde nach § 226 Abs4 Z 2 ASVG als Beitragszeit der Pensionsversicherung der Angestellten gelten.

Dafür, daß der Revisionswerber solche Beitragszeiten nach dem (Reichs)Angestelltenversicherungsgesetz tatsächlich erworben hätte, findet sich in den Akten nicht der geringste Anhaltspunkt, insbesondere fehlt diesbezüglich jedes Vorbringen des schon in erster Instanz qualifiziert vertretenen Klägers.

Damit liegt weder der gerügte Verfahrensmangel vor, noch erweist sich die Rechtsrüge als berechtigt, weshalb der Revision nicht Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs1 Z 2 lit.b ASGG.

Anmerkung

E13663

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00058.88.0322.000

Dokumentnummer

JJT_19880322_OGH0002_010OBS00058_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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