TE OGH 1988/3/24 6Ob537/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Akkumulatorenfabrik Dr. Leopold J***, Inhaber Dipl.Ing. Dr. Helmut J***, 9181 Feistritz im Rosental, vertreten durch Dr. Walter Moser, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei V*** S***, Hans-GasserPlatz 8, 9500 Villach, vertreten durch Dr. Wilfried Piesch, Dr. Albert Ritzberger und Dr. Georg Willenig, Rechtsanwälte in Villach, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei B*** R. und E. T*** & Co, Villach, Hoch-, Tief- und EisenbetonbauGesellschaft mbH, Auer-von-Welsbach-Straße 16, 9500 Villach, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek, Dr. Guido Kucsko, Dr. Christian Schmelz und Dr. Helmut Preyer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 5,000.000 s.A. infolge Revision der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 26. November 1987, GZ 2 R 476/87-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 29. Mai 1987, GZ 9 C 1333/87-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie - unter Einschluß eines in Rechtskraft erwachsenen Ausspruches über einen Teil des Zinsenbegehrens - wie folgt zu lauten haben:

"Das Hauptklagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 5,000.000 S samt 9 % Zinsen seit 28. Februar 1987 und 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen am Tage nach dem Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 27. Februar 1987, 30 Cg 84/87-2, zu bezahlen, wird abgewiesen.

Hingegen wird festgestellt, daß die Forderung der klagenden Partei der beklagten Partei gegenüber aus deren Haftungserklärung vom 1. August 1986 im Betrag von 5,000.000 S zu Recht besteht."

Die Kosten aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei gab der klagenden Partei gegenüber mit Schreiben vom 1. August 1986 nachstehende Erklärung ab:

"Sie haben die Bauunternehmung R. & E. T*** & Co Villach, Hoch-, Tief- und Eisenbetonbau Gesellschaft mbH, Auer-von-Welsbach-Straße 16, 9500 Villach, laut Liefervereinbarungen I. und II. vom 30. Juli 1986 mit diversen Arbeiten beauftragt, und als Sicherstellung für die Einhaltung des Fertigstellungstermines 31. Dezember 1986, bzw. bei Nichteinhaltung zur Bezahlung etwaiger Mehrkosten, eine Bankgarantie verlangt. Hierauf Bezug nehmend übernehmen wird Ihnen gegenüber, zur Sicherstellung der Rechte, die Sie gegen die Bauunternehmung R. & E. T*** & Co Villach, Hoch-, Tief- und Eisenbetonbau Gesellschaft mbH, erwerben, die Haftung bis zum Betrag von

S 5,000.000

in Worten: Schilling fünf Millionen.

Wir verpflichten uns, den namhaft gemachten Betrag, höchstens jedoch S 5,000.000 binnen drei Tagen nach Erhalt Ihrer Zahlungsaufforderung ohne Prüfung des Rechtsgrundes an Sie zu bezahlen.

Auf Grund der zwischen dem Haftungskreditnehmer und uns getroffenen Vereinbarung sind Sie verpflichtet, sollten in Anspruch genommene Beträge frei werden, diese ausschließlich an uns zurückzuzahlen.

Diese Haftung erlischt, wenn Sie nicht mittels eingeschriebenen Briefes, der bis längstens 31. März 1987 bei uns eingelangt sein muß, in Anspruch genommen wird, bzw. mit Rückgabe dieses Haftungsbriefes.

.........."

Mit Fernschreiben vom 24. Februar 1987 forderte die klagende Partei die beklagte Partei unter Bezugnahme auf die vorstehende Haftungserklärung auf, den Betrag von 5 Mill S bis 27. Februar 1987 auf ein näher bezeichnetes Konto zu überweisen. Darauf antwortete die beklagte Partei mit Schreiben vom 27. Februar 1987, sie habe die Nebenintervenientin von der Inanspruchnahme der Garantie in Kenntnis gesetzt und diese habe rechtmißbräuchliche Einforderung behauptet. Jedenfalls aber sei die Garantie formgerecht mittels eingeschriebenen Briefes in Anspruch zu nehmen.

Mit einem am 3. März 1987 zur Post gegebenen eingeschriebenen Brief entgegnete die klagende Partei wie folgt:

"Bezugnehmend auf Ihre oben angeführte Haftungserklärung vom 1. August 1986 fordern wir Sie auf, den Gesamtbetrag in Höhe von öS

5,000.000 (.........)

umgehend auf unser Konto ...........zu überweisen."

Über Antrag der Nebenintervenientin in dem über deren Klage eingeleiteten Rechtsstreit (30 Cg 84/87) erließ das Landesgericht Klagenfurt am 27. Februar 1987 zur Sicherung ihres Anspruches auf Widerruf bzw. Unterlassung des Abrufes der Bankgarantie sowie auf Unterlassung von Verfügungen über die dieser Bankgarantie zugrundeliegende Forderung durch die (hier) klagende Partei eine einstweilige Verfügung, mit der der (hier) klagenden Partei verboten wurde, über die Forderung aus der Bankgarantie zu verfügen, insbesondere sie einzuziehen oder die Bankgarantie abzurufen. Der (hier) beklagten Partei wurde hingegen untersagt, auf Grund dieser Haftungserklärung Zahlung an die (hier) klagende Partei zu leisten. Diese einstweilige Verfügung wurde bis zur rechtkräftigen Erledigung des gleichzeitig anhängig gemachten Rechtsstreites, längstens aber bis 31. Dezember 1987 erlassen. Weder der Rechtsstreit noch das Sicherungsverfahren waren - bei Schluß der Verhandlung erster Instanz - rechtskräftig beendet.

Die klagende Partei begehrte zuletzt die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von 5 Mill S s.A. am Tage nach dem Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung und hilfsweise die Feststellung, daß die Haftung der beklagten Partei der klagenden Partei gegenüber aus der Haftungserklärung vom 1. August 1986 im Betrag von 5 Mill S zu Recht bestehe. Sie brachte vor, die beklagte Partei könne sich auf die rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme der Haftungserklärung nicht berufen. Die einstweilige Verfügung blockiere die Auszahlung des Garantiebetrages bloß vorläufig, sodaß die klagende Partei schon jetzt Zahlung zu begehren berechtigt sei, weil die Fälligkeit der Haftungserklärung durch die einstweilige Verfügung nicht berührt werde. Die Behauptung rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Haftungserklärung begründe aber jedenfalls das rechtliche Interesse der klagenden Partei an der Feststellung der Rechtsbeständigkeit der Forderung selbst dann, wenn diese noch nicht fällig sein sollte.

Die beklagte Partei wendete insbesondere ein, durch das ihr zugestellte Drittverbot sei die Fälligkeit noch nicht eingetreten, im übrigen werde die Bankgarantie aber auch rechtsmißbräuchlich in Anspruch genommen, weil die Haftungserklärung nur für den Fall der Nichteinhaltung eines Fertigstellungstermines durch die Nebenintervenientin ausgestellt worden sei, diese aber den Termin eingehalten habe. Das rechtliche Interesse an dem hilfsweise erhobenen Feststellungsbegehren werde bestritten.

Das Erstgericht wies Haupt- und Hilfsbegehren ab. Es vertrat die Auffassung, daß die Bankgarantie durch das Fernschreiben vom 24. Februar 1987 formgerecht abgerufen worden sei. Von einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie könne keine Rede sein, weil aus den vorgelegten Urkunden nicht eindeutig hervorgehe, daß alle Arbeiten termingerecht fertiggestellt worden seien. Die der Bestimmung des § 406 ZPO zugrundeliegenden Erwägungen, daß die eingeklagte Forderung bei Schluß der Verhandlung erster Instanz fällig sein müsse, müßten auch dann gelten, wenn der Zahlung ein mittels einstweiliger Verfügung ergangenes Verbot entgegenstehe. Die beklagte Partei habe die klagende Partei auch zur Klageführung nicht veranlaßt, weil sie ganz offensichtlich nur infolge eines Rechtsirrtums auf der Beachtung der vereinbarten Formvorschrift beharrt habe, sodaß der klagenden Partei das Rechtsschutzinteresse abzusprechen sei. Auch das Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Garantieforderung sei zu verneinen, weil es nicht Aufgabe eines Feststellungsstreites sein könne, mögliche Einwendungen im künftigen Leistungsstreit schon jetzt zu klären.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Hauptbegehren - mit Ausnahme des über die gesetzlichen Verzugszinsen hinausgehenden Zinsenbegehrens - statt. Es führte aus, der beklagten Partei seien bei der von ihr ausgestellten Garantieerklärung Einwendungen aus dem Valuta- und dem Deckungsverhältnis grundsätzlich verwehrt. Nur bei evident mißbräuchlicher Inanspruchnahme dürfe der Garant die Zahlung verweigern. Im vorliegenden Verfahren habe die beklagte Partei nicht nur keine liquiden und eindeutigen Beweismittel für die behauptete rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme vorgelegt, sondern es sei durch die Verweigerung der Erteilung einer behördlichen Benützungsbewilligung geradezu das Gegenteil dargetan. Zu Recht habe das Erstgericht eine rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme verneint. Zutreffend habe die erste Instanz auch die fernschriftliche Inanspruchnahme als formgerecht erachtet. Demnach sei die Fälligkeit der Garantieforderung bereits am 27. Februar 1987 eingetreten. Der eingeschriebene Brief vom 3. März 1987 sei lediglich als Mahnung anzusehen. Das gerichtliche Drittverbot bewirke die Unwirksamkeit einer dennoch erfolgten Zahlung, dies aber nur unter der Bedingung, daß die einstweilige Verfügung durch Erlangung eines entsprechenden Exekutionstitels gerechtfertigt und von der gefährdeten Partei im Falle ihres Obsiegens im Rechtsstreit nicht auf die Exekution auf die vom Verbot betroffenen Vermögensobjekte verzichtet oder die darauf gerichtete Exekution eingestellt werde. Trete einer dieser Fälle ein, so sei die verbotswidrige Zahlung an den Gegner der gefährdeten Partei von diesem Zeitpunkt an gültig. Daraus folge aber, daß das Drittverbot auf die Fälligkeit des Klagsanspruches keinen Einfluß habe, sondern nur dessen exekutive Durchsetzung hemme. Da die Garantieforderung bereits am 27. Februar 1987 fällig geworden sei, habe es damit trotz der am 3. März 1987 zugestellten einstweiligen Verfügung sein Bewenden. Deshalb könne die Bestimmung des § 406 ZPO auch nicht analog angewendet werden. Begehre die klagende Partei die Leistung am Tag nach dem Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung, so berühre auch dieser Umstand die Fälligkeit des Klagsanspruches nicht. Nach § 409 Abs. 1 ZPO sei in einem solchen Fall die Leistungsfrist im Urteil zu bestimmen. Im Zweifel sei diese mit 14 Tagen festzusetzen. Da die beklagte Partei trotz Fälligkeit die Zahlung nicht erbracht habe, habe sie die Klageführung auch veranlaßt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gemeinsam erhobene Revision ist nur teilweise berechtigt. Zunächst ist die Berechtigung des als Hauptbegehren geltend gemachten Leistungsbegehrens zu prüfen. Damit fordert die klagende Partei Zahlung am Tag nach dem Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung im wesentlichen mit der Begründung, sie habe die Bankgarantie mit Fernschreiben vom 24. Februar 1987 wirksam in Anspruch genommen und die damit bewirkte Fälligkeit sei durch das Drittverbot nicht mehr beseitigt worden. Dieser Auffassung, der das Berufungsgericht im wesentlichen gefolgt ist, kann indessen nicht beigepflichtet werden.

Nach dem Wortlaut der Haftungserklärung der beklagten Partei (Beilage A) war die Bankgarantie bis längstens 31. März 1987 "mittels eingeschriebenen Briefes" in Anspruch zu nehmen, die daraus begünstigte beklagte Partei hat sie dagegen - zunächst - mit Fernschreiben vom 24. Februar 1987 (Beilage B) abgerufen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat die klagende Partei die Garantie damit nicht wirksam in Anspruch genommen. Nach Lehre und Rechtsprechung (zB WBl. 1987, 63 = RdW 1987, 123; Canaris, GroßKomm HGB3 III/3, 2.Bearb., Rz 1133) hat der Begünstigte die Bankgarantie bei der in der Haftungserklärung genannten Bank frist- und formgerecht in Anspruch zu nehmen. Dies gilt sowohl für die Anforderung der Garantiesumme wie auch für die Erfüllung aller die Zahlungspflicht des Garanten auslösenden zusätzlichen Voraussetzungen. Die formstrengen Anforderungen an die Inanspruchnahme der Bankgarantie sind aus dem Grundsatz der formalen Garantiestrenge, wonach die Erklärung, daß der Garantiefall eingetreten sei, in der Weise und mit dem Inhalt abgegeben werden muß, wie dies in der Garantieurkunde umschrieben wird, abzuleiten. Auch bei der Bankgarantie auf erstes Anfordern - als eine solche ist die vorliegende Haftungserklärung der beklagten Partei zu beurteilen - hat der Garant, um allfälligen Einwendungen des Auftraggebers im Rückgriffsweg vorzubeugen, zu prüfen, ob der Begünstigte sein frist- und formgerechtes Zahlungsbegehren gegenüber dem Garanten eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Dieser hat daher Anspruch auf präzise, ja nach gerade pedantisch genaue Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen (WBl. 1987, 63 = RdW 1987, 123; Canaris aaO; vgl. auch Zahn-Eberding-Ehrlich, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel6 Rz 9/105 und Graf von Westphalen,

Die Bankgarantie im Internationalen Handelsverkehr, 119 ff). Aus diesen Grundsätzen folgt, daß die Haftungserklärung der beklagten Partei von der klagenden Partei dem Inhalt der Erklärung zufolge nur mittels eingeschriebenen Briefes wirksam in Anspruch genommen werden konnte, was auch immer Zweck dieser Formvorschrift - im vorliegenden Fall wohl einwandfreier schriftlicher Nachweis der Inanspruchnahme und verläßliche Möglichkeit der Prüfung der Berechtigung jener Personen, von denen die Inanspruchnahmeerklärung gezeichnet ist - sein mag.

Wirksam in Anspruch genommen hat die klagende Partei die Bankgarantie somit erst mit ihrem eingeschriebenen Brief vom 3. März 1987 (Beilage F), in dem sie mit keinem Wort auf die vorangegeganene fernschriftliche Abruferklärung Bezug nahm. Der beklagten Partei war jedoch im Zeitpunkt des für die Wirksamkeit der Inanspruchnahme maßgeblichen Zuganges dieser Erklärung (WBl. 1987, 63 = RdW 1987, 123; Koziol, Der Garantievertrag, 47) mittels vom Auftraggeber erwirkter einstweiliger Verfügung untersagt, auf Grund ihrer Haftungserklärung Zahlungen an die (hier) klagende Partei zu leisten (Beilage C). Hätte sie verbotswidrigerweise dennoch gezahlt, wäre sie zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 385 Abs. 2 EO). Durch das Drittverbot wurde aber nicht bloß der beklagten Partei untersagt, an die klagende Partei zu zahlen, sondern auch dieser verboten, die Forderung auf Grund der Haftungserklärung einzuziehen. Durch das Drittverbot wurde somit die Fälligkeit der Garantieforderung bis zum Ablauf der Zeit, für welche die einstweilige Verfügung erlassen worden war (§ 391 Abs. 1 EO), und nicht bloß die Geltendmachung dieser Forderung (reine oder abgeschwächte Stundung) hinausgeschoben, weil auch der Schuldner (die beklagte Partei) nicht berechtigt war, die Schuld vor diesem Zeitpunkt zu bezahlen (vgl. etwa Ehrenzweig-Mayrhofer3, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 78 und 83; Koziol-Welser, Grundriß8 I 214 f). Da das Drittverbot bei Schluß der Verhandlung erster Instanz noch weiterhin wirksam war, steht dem Leistungsbegehren der klagenden Partei die Vorschrift des § 406 erster Satz ZPO entgegen, wonach die Verurteilung zu der begehrten Leistung mangels Fälligkeit nicht zulässig ist. Da es Zweck dieser Vorschrift ist, richterliche Entscheidungen auf der Grundlage von Tatsachen, deren Eintritt im Entscheidungszeitpunkt noch ungewiß ist, zu vermeiden (vgl. Fasching Zivilprozeßrecht Rz 1062), und die Berechtigung der eingeklagten Forderung davon abhängt, daß das Drittverbot ohne Rechtfertigung im Prozeß außer Wirksamkeit treten werden, was bei Schluß der Verhandlung erster Instanz noch ungewiß war, wäre das Leistungsbegehren aber auch nicht anders zu beurteilen, wenn nicht die Fälligkeit der eingeklagten Forderung, sondern nur deren Durchsetzbarkeit durch das Drittverbot hinausgeschoben worden wäre. Das Hauptbegehren war daher abzuweisen.

Berechtigt erweist sich dagegen das hilfsweise gestellte Feststellungsbegehren. Die beklagte Partei bestreitet das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung, doch ist dieses überall dort zu bejahen, wo der Bestand des streitigen Rechtes (Forderung) bestritten wird und damit die Rechtsposition des Klägers gefährdet erscheint. Daher ist es gleichgültig, ob die Bestreitung der Forderung durch den Schuldner schon vor dem Prozeß oder erst während des Prozesses erfolgt (Fasching Komm. III 66 f und Zivilprozeßrecht Rz 1098). Die beklagte Partei hat die Prüfung der Berechtigung der Inanspruchnahme ihrer Garantie aber nicht bloß bereits in ihrem Schreiben vom 27. Februar 1987 (Beilage E) angekündigt, sondern die Berechtigung im Rechtsstreit selbst ausdrücklich auch wegen rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme bestritten (ON 5, S. 2 und 3). Das Feststellungsinteresse der klagenden Partei ist somit zu bejahen und auch nicht dadurch beseitigt worden, daß die beklagte Partei nunmehr in der Revision den - aktenwidrigen - Standpunkt einnimmt, sie habe die Zahlung infolge Inanspruchnahme mittels eingeschriebenen Briefes vom 3. März 1987 nur deshalb verweigert, weil ihr diese durch einstweilige Verfügung untersagt worden sei. Da die beklagte Partei die Rechtsbeständigkeit in der Revision nicht mehr bestreitet und - wenngleich als Neuerung - sogar behauptet, sie habe die Garantie in der Zwischenzeit eingelöst, bedarf es keiner Prüfung der Behauptung rechtsmißbräuchlicher Inanspruchnahme der Bankgarantie durch die klagende Partei mehr.

Am Ergebnis, daß das Feststellungsbegehren berechtigt ist, ändert auch nichts, daß die klagende Partei die Feststellung der Berechtigung der Garantieforderung und nicht - wie in der Revision bemängelt - der Inanspruchnahme der Garantie begehrt hat. Es kann keine Frage sein, daß die Garantieforderung sowohl die Berechtigung der Garantieerklärung wie auch der Garantieinanspruchnahme voraussetzt. Daß die klagende Partei im Hinblick auf die einstweilige Verfügung auch zur Inanspruchnahme der Garantie im Zeitpunkt der Abfertigung ihres Schreibens vom 3. März 1987 nicht mehr berechtigt gewesen wäre, hat die beklagte Partei nicht behauptet. Da - wie dargelegt - die Berechtigung der Garantieforderung sowohl auf Grund der Haftungserklärung wie auch auf Grund der Inanspruchnahme zu bejahen ist, kann die Formulierung des hilfsweise erhobenen Feststellungsbegehrens der klagenden Partei nicht zum Nachteil gereichen.

Soweit die Revisionswerber behaupten, § 406 ZPO stehe auch dem Feststellungsbegehren entgegen, weil die Garantieforderung bei Schluß der Verhandlung erster Instanz nicht fällig gewesen sei, ist ihnen zwar zuzugeben, daß die Klagsvoraussetzungen für das Feststellungsbegehren in diesem Zeitpunkt gegeben sein müssen (Fasching Komm. III 664). Die Fälligkeit ist aber keine Voraussetzung für die Berechtigung des Feststellungsbegehrens, im Gegenteil wäre bei Bejahung der Fälligkeit das Feststellungsinteresse zu verneinen.

In teilweiser Stattgebung der Revision war zwar das Hauptbegehren in Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung abzuweisen, hingegen dem hilfsweise gestellten Feststellungsbegehren gemäß der aufrechte Bestand der Garantieforderung festzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs. 1 und 50 ZPO. Da einander das Haupt- und das Eventualbegehren in bezug auf die Kostenersatzpflicht umfänglich und in ihrer Bedeutung die Waage halten, erscheint Kostenaufhebung auch zum Nachteil des Nebenintervenienten - gerechtfertigt.

Anmerkung

E14450

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00537.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0060OB00537_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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