TE OGH 1988/4/5 5Ob32/88

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Veröffentlicht am 05.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Dr.Kurt W***, Kaufmann, Babenbergerstraße 11, 3390 Melk, und 2.) Franz W***, Kaufmann, Linzerstraße 11, 3390 Melk, beide vertreten durch Dr.Manfred Weidinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der Liegenschaft EZ 608 des Grundbuches Schallmoos, KG 56537 Salzburg, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 3.Dezember 1987, GZ 33 R 452/87, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 6. Juli 1987, TZ 7936/87, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluß zur Gänze wiederhergestellt.

Text

Begründung:

Der Nachlaß nach dem am 23.Februar 1985 verstorbenen Franz F*** wurde mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom 4. November 1986, 1 A 51/85-25, der erblasserischen Witwe Hermine F***, die auf Grund des Testamentes vom 30.März 1971 samt Nachtrag vom 2.April 1980 die unbedingte Erbserklärung abgegeben hatte, zur Gänze eingeantwortet. Das Erstgericht sprach aus, daß auf Grund des Abhandlungsergebnisses unter anderem im Grundbuch des Gerichtsbezirkes Salzburg unter anderem ob einem Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 608 KG 56537 Salzburg Grundbuch Schallmoos das Eigentumsrecht für Hermine F*** mit der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch die testamentarisch angeordnete fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg einzuverleiben sein wird. Diese Einverleibung wurde sodann vom Erstgericht mit Beschluß vom 16. Februar 1987, 1 A 51/85-29, gemäß § 29 LiegTeilG angeordnet und zu TZ 1839/87 vollzogen.

Mit Schenkungsvertrag vom 5.Jänner 1987 bzw. 26.März 1987 schenkte Hermine F*** die Liegenschaft EZ 608 KG 56537 Salzburg Grundbuch Schallmoos Dr.Kurt W*** und Franz W***. Am 3.Juli 1987 beantragten die beiden Geschenknehmer unter Vorlage dieses Schenkungsvertrages, der beiden Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Salzburg vom 8.Mai 1987 sowie der beiden Staatsbürgerschaftsnachweise vom 5.Juli 1985 und vom 17.April 1969 für sich die Bewilligung der Einverleibung des Eigentumsrechtes an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft je zur Hälfte und der Lösung der Anmerkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag vollinhaltlich. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Österreichischen Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es das Begehren auf Einverleibung des Eigentumsrechtes je zu einem (weiteren) Viertel, insgesamt daher zur Hälfte für die beiden Antragsteller sowie auf Bewilligung der Löschung der ob eines ideellen Hälfteanteiles der genannten Liegenschaft angemerkten fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes abwies. Bei Beurteilung der Rekurslegitimation des Österreichischen Roten Kreuzes ging das Rekursgericht davon aus, daß diese in Grundbuchssachen mangels einer besonderen Bestimmung im Grundbuchsgesetz nach den Vorschriften des Verfahrens Außerstreitsachen, insbesondere nach § 9 Außerstreitgesetz zu beurteilen sei. Danach sei jeder, der sich durch eine Verfügung der Vorinstanz beschwert erachte und dessen Interessensphäre durch eine solche Verfügung berührt werde, zum Rekurs berechtigt (SZ 20/35; 42/38 ua). Damit sei zugleich klargestellt, daß das Rekursrecht gegen eine Grundbuchseintragung nur demjenigen zustehe, der durch die angefochtene Eintragung benachteiligt werde (Bartsch, Das österreichische allgemeine Grundbuchsrecht7, 602). Das Recht zum Rekurs richte sich daher nach dem grundbücherlichen Interessenstand, der für die Zeit der angefochtenen Eintragung maßgebend gewesen sei. Da im Zeitpunkt der Anbringung des Grundbuchsgesuches der Antragsteller ob eines ideellen Hälfteanteiles der eintragungsgegenständlichen Liegenschaft die fideikommissarische Substitution auf den Überrest zugunsten des Roten Kreuzes angemerkt gewesen sei, deren Löschung unter anderem von den Antragstellern begehrt werde, sei die Rekurslegitimation des durch eine derartige Anmerkung begünstigten Nacherben nicht zu bezweifeln. Wie sich aus dem Akteninhalt ergäbe, sei das Eigentumsrecht der Geschenkgeberin Hermine F*** an der antragsgegenständlichen Liegenschaft in Ansehung des ideellen Hälfteanteiles mit der Beschränkung der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest zugunsten der juristischen Person "Rotes Kreuz-Landesverband Salzburg" einverleibt.

Das Wesen einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest bestehe nach herrschender Lehre und Rechtsprechung darin, daß der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden frei verfügen könne und der Nacherbe nur das erhielte, was von der Verlassenschaft beim Eintritt der Nacherbfolge übrig sei. Nur eine Verfügung unter Lebenden, die als sittenwidriger Rechtsmißbrauch zu beurteilen wäre, müßte als unzulässig angesehen werden und zöge die Schadenersatzpflicht des befreiten Vorerben nach sich (vgl. EvBl 1970/375 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung; Welser in Rummel, ABGB, Rz 26 und 32 zu § 613). Die Beurteilung eines solchen Sachverhaltes wäre aber jedenfalls der Zuständigkeit sowohl des Abhandlungs- als auch des Grundbuchgerichtes entzogen (RPflSlgG 1.571; NZ 1977, 90), sodaß das Vorbringen der Rekurswerberin, der vorliegende zu verbüchernde Schenkungsvertrag sei sittenwidrig, weil er (einzig) in der Absicht errichtet worden sei, den durch die Substitution auf den Überrest begünstigten Nacherben zu schädigen, im Grundbuchsverfahren unbeachtlich und daher hier keiner weiteren Erörterung bedürftig sei. Wenn auch grundsätzlich davon auszugehen sei, daß der Vorerbe über das Substitutionsgut unter Lebenden frei verfügen könne, sodaß es hiezu einer Genehmigung des Abhandlungsgerichtes nicht bedürfe (Welser, aaO, Rz 30), so sei doch der Rekurswerberin zuzugeben - und bilde das Fehlen dieser Voraussetzung den einzigen Grund für eine teilweise Abweisung des Grundbuchsgesuches der Antragsteller - daß auch bei der fideikommissarischen Substitution auf den Überrest ein Amtszeugnis des Verlassenschaftsgerichtes darüber vorzulegen sei, daß gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben abhandlungsbehördlich kein Hindernis bestehe und die Beschränkung des Eigentumsrechtes durch das Substitutionsband anläßlich der Eintragung des Eigentumsrechtes desjenigen, der vom Vorerben erwerbe, gelöscht werden könne (RPflSlgG 1.006; 1.394; EvBl 1970/375; Welser, aaO, Rz 31).

Mit Rücksicht auf die in § 158 Abs 1 AußStrG vorgeschriebene bücherliche Eintragung des Substitutionsbandes sei demnach die Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes erforderlich. Diese erschöpfe sich bei einer Substitution auf den Überrest im allgemeinen in der Ausstellung eines Amtszeugnisses gemäß § 281 AußStrG, daß gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben substitutionsbehördlich kein Hindernis bestehe. Ob Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit der Vorerbin auf Grund der vom Erblasser angeordneten Substitution bestünden, könne nur die Substitutionsbehörde auf Grund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens prüfen. Unbeschadet dessen, daß bei einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben regelmäßig nicht vorliegen werde, sei eine solche auch nicht schlechthin ausgeschlossen, sodaß die Beibringung eines gemäß § 281 AußStrG vom Abhandlungsgericht auszustellenden Amtszeugnisses keinen sinnentleerten Formalismus bilde. Denkbar wäre etwa eine Verfügungsbeschränkung in der Form, daß es der erblasserische Wille dem Vorerben verwehre, das Substitutionsgut an bestimmte Personen zu veräußern oder zu verschenken oder auch zu bestimmten Zwecken zu belasten; dadurch ginge die angeordnete Nacherbschaft ihres Charakters als einer solchen auf den Überrest nicht verlustig, da der Vorerbe über das Substitutionsgut im übrigen frei verfügen und es daher auch verbrauchen könnte.

Keine Zweifel über das Ausmaß der dem Vorerben zustehenden Verfügungsgewalt könnten nur dann bestehen, wenn - wie es die herrschende Lehre fordere - die Beschränkung des Eigentums des Vorerben an Liegenschaften durch Substitution auf den Überrest im Grundbuch mit der Maßgabe ersichtlich gemacht werde, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belasteten Liegenschaft berechtigt sei (RPflSlgG 1.394 mit Litaraturnachweisen). Dies sei nach der Aktenlage im vorliegenden Falle nicht gegeben, da eine Anmerkung im B-Blatt der antragsgegenständlichen Liegenschaft nur zum Ausdruck bringe, daß das Eigentumsrecht der Vorerbin in Ansehung einer Liegenschaftshälfte durch fideikommissarische Substitution auf den Überrest für die Rekurswerberin beschränkt sei, ohne daß diese Substitution im Hinblick auf die Verfügungsgewalt der Vorerbin näher bestimmt wäre. Wenn aber nicht auch die Befugnis der Vorerbin verbüchert sei, über die Liegenschaft (Substitutionsmasse) durch Vertrag (Rechtsgeschäft) unter Lebenden frei zu verfügen bestünden im Sinne des § 94 Abs 1 Ziffer 2 GBG mehrfache Möglichkeiten, über das Ausmaß der dem Bucheigentümer durch die Substitution auferlegten Beschränkung zu zweifeln (vgl. RPflSlgG 1.006; 1.394). Es sei daher eine Mitwirkung des Abhandlungsgerichtes durch Ausstellung eines Amtszeugnisses nach § 281 AußStrG nur dann entbehrlich, wenn das Ausmaß der Verfügungsgewalt des befreiten Vorerben im Grundbuch klar und deutlich umrissen sei oder aber durch Vorlage geeigneter Urkunden, etwa der Einantwortungsurkunde oder des der Abhandlung zugrundegelegten Testamentes die Berechtigung des Vorerben nachgewiesen werde, über die in die Substitutionsmasse fallende Liegenschaft unter Lebenden frei zu verfügen. In diesem Sinne habe etwa das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in seiner Entscheidung vom 14.Jänner 1975, 46 R 616/74 = RPflSlgG 1.571, ausgesprochen, daß Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben dann unbegründet seien und eine Zustimmung des Substitutionsgerichtes insoferne nicht erforderlich sei, wenn aus der (dem Grundbuchsgericht vorliegenden) Einantwortungsurkunde eine vom Regelfall abweichende Beschränkung der Befugnisse des Vorerben nicht hervorgehe.

Wende man nun die dargelegten in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ergäbe sich, daß weder aus dem Buchstand noch aus einem Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes ersichtlich gewesen sei, daß die Vorerbin über das Substituionsgut unter Lebenden frei zu verfügen berechtigt sei und dies aus der Anmerkung der "fideikommissarischen Substitution auf den Überrest" als einen zu unbestimmten Begriff allein nicht abgeleitet werden könne.

Mangels Beibringung eines vom Abhandlungsgericht gemäß § 281 AußStrG auszustellenden Amtszeugnisses durch die Antragsteller sei daher in teilweiser Stattgebung des Rekurses der angefochtene Beschluß im Sinne einer Abweisung des aus dem Spruch ersichtlichen Grundbuchsgesuches der Antragsteller in Ansehung eines ideellen Hälfteanteiles abzuändern gewesen.

Hingegen lägen - wie in Erfüllung der Vollständigkeitspflicht gemäß § 95 Abs 3 GBG auszuführen sei - die übrigen, von der Rekurswerberin relevierten oder sonst von Amts wegen wahrzunehmenden Abweisungsgründe nicht vor.

Dies gelte zunächst für die Auffassung der Rekurswerberin, daß aus der von den Antragstellern vorgelegten Urkunde des Schenkungsvertrages die wirkliche Übergabe der Liegenschaft nicht hervorgehe. Während Punkt II. des Vertrages die im Präsens gehaltene Formulierung enthalte "Hermine F*** schenkt und übergibt" sei in Punkt V. des Vertrages davon die Rede, daß die Übergabe der vertragsgegenständlichen Liegenschaft und des auf der Liegenschaft errichteten Gebäudes nach Willensübereinstimmung über diese Schenkung, aber noch vor Errichtung der Vertragsurkunde "heute" durch gemeinsames Begehen und Übergabe der Verwaltungsunterlagen in der erkennbaren Absicht vollzogen worden sei, Gewahrsame der Schenkungsnehmer zu begründen. Aus der Urkunde des Schenkungsvertrages gehe daher nicht hervor, an welchem Tag die Übergabe der Liegenschaft erfolgt sei, da die Unterfertigung durch die Geschenknehmer mit 26.März 1987, jene durch die Geschenkgeberin jedoch mit 5.Jänner 1987 datiert sei. Da gemäß § 1 lit d NZwG Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes bedürften, mangle es an einer gemäß § 26 Abs 1 GBG in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigten Urkunde.

Der Auffassung der Rekurswerberin, daß ein Schenkungsvertrag ohne wirkliche Übergabe vorliege, dessen Gültigkeit gemäß § 1 Abs 1 lit d NZwG von der Aufnahme eines Notariatsaktes abhänge, könne jedoch nicht gefolgt werden.

Nach Lehre und Rechtsprechung bedeute der Ausdruck "wirkliche Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB und § 1 Abs 1 lit d NZwG nichts anderes, als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsvertrages. Auch bei Schenkungsverträgen über Liegenschaften sei eine wirkliche Übergabe der Liegenschaft vor der Einverleibung möglich, in welchem Falle sie zu ihrer Gültigkeit keines Notariatsaktes bedürften (MGA GBG3 § 26/33). Die wirkliche Übergabe sei ein sinnfälliger, nach außen hin erkennbarer Akt, aus dem der ernstliche Wille des Schenkers hervorgehe, die Sache einem anderen zu überlassen (JBl 1967, 623). Wenn nun auch nach der überwiegenden Rechtsprechung Wendungen in Schenkungsverträgen, wie "die Übergabe erfolgt mit heutigem Tag" oder "die Liegenschaft wird durch Unterfertigung des Vertrages übergeben" usw. nicht ausreichten um beurteilen zu können, daß eine wirkliche Übergabe des Schenkungsobjektes bereits stattgefunden habe, es vielmehr der Angabe konkreter Übergabsakte bedürfe (MGA GBG3 § 26/35), so sei doch eine ins Detail gehende Beschreibung der einzelnen Übergabs- und Übernahmsakte nicht erforderlich.

Wenn, wie im vorliegenden Fall konkrete Übergabsakte, wie das Begehen in der Absicht der Besitznahme und die Übernahme von Verwaltungsunterlagen beurkundet würden, so reiche dies im Sinne der überwiegenden Rechtsprechung aus, um eine Befreiung von der Formunterworfenheit des der Eintragung zugrundeliegenden Rechtsvorganges, hier eines Schenkungsvertrages, darzutun, zumal aus der in Punkt V. gewählten Vertragsformulierung im Zusammenhalt mit der Aufsandungserklärung in Punkt VII. des Vertrages, wonach die Geschenkgeberin ihre ausdrückliche Einwilligung erkläre, daß das Eigentumsrecht für die Geschenknehmer einverleibt werde, der ernstliche Wille der Geschenkgeberin erschlossen werden könne, den Geschenknehmern die Sache zu überlassen (MGA GBG3 § 26/41). Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin könne aus den angeführten Vertragsbestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit abgeleitet werden, daß die außerbücherliche Übergabe der Liegenschaft vor Vertragserrichtung erfolgt sei (verbo: Die Übergabe der vertragsgegenständlichen Liegenschaft ... wurde ... noch vor Errichtung der Vertragsurkunde heute vollzogen ...). Damit stehe fest, daß die Übergabe jedenfalls spätestens am 5.Jänner 1987, dem Datum der Vertragsunterfertigung durch die Geschenkgeberin, erfolgt sei. Eine nähere Eingrenzung des Übergabedatums sei aber im Sinne der oben angeführten Lehre und Rechtsprechung nicht erforderlich. Der von der Rekurswerberin aufgezeigte Widerspruch des Passus in Punkt V. des Vertrages zur Vertragsbestimmung Punkt II. sei ein bloß scheinbarer, da die letztgenannte Vertragsbestimmung ersichtlich nur den Zweck habe, die Willensübereinstimmung der Kontrahenten zu beurkunden, sodaß aus der Gegenwartsform des Wortes "übergibt" nicht geschlossen werden könne, daß die wirkliche Übergabe im Zeitpunkt der Vertragserrichtung noch bevorgestanden sei.

Somit sei dem Erfordernis der wirklichen Übergabe im vorliegenden Fall Genüge getan, sodaß der dem Einverleibungsgesuch zugrundeliegende Schenkungsvertrag nicht in Form eines Notariatsaktes habe errichtet werden müssen und der von der Rekurswerberin angezogene Abweisungsgrund daher nicht vorliege. Auch die Argumentation der Rekurswerberin, daß die Urkunde des Schenkungsvertrages an einem Mangel leide, der im Sinne des § 27 Abs 1 GBG ihre Glaubwürdigkeit schwäche, sei unbegründet. Wenn in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Landesgerichtes Wien vom 17.Februar 1950, 45 R 117/50, zitiert werde, wonach ein Mangel im Sinne des § 27 Abs 1 GBG vorliege, wenn das Datum der Urkundenausstellung auf einen späteren Tag als den der Beglaubigung der Unterschrift laute, so sei diese Rechtsprechung auf den vorliegenden, anders gelagerten Fall, nicht anwendbar, da das Datum der Urkundenausstellung ("5.Jänner 1987") hier mit dem der Beglaubigung der Unterschrift der Geschenkgeberin identisch sei. Im übrigen werde von der überwiegenden Rechtsprechung zu § 27 Abs 2 GBG die Ansicht vertreten, daß dann, wenn der Ausstellungsort und das Ausstellungsdatum aus der Urkunde nicht zu entnehmen seien, sich aber aus der Beglaubigungsklausel ergäbe, daß die Urkunde vor dem die Beglaubigung vornehmenden öffentlichen Organ durch die Partei gefertigt werde, ein Mangel nicht vorliege (Feil, GBG - Kurzkommentar für die Praxis - 166, Rz 4 zu § 27 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Aus dem Beglaubigungsvermerk des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5.Jänner 1987 gehe hervor, daß die Geschenkgeberin die Urkunde vor dem beglaubigenden Organ eingenhändig unterschrieben habe. In einem solchen Fall sei davon auszugehen, daß das Datum der Legalisierung jenem der tatsächlichen Ausfertigung der Urkunde entspräche. Der Umstand, daß die Geschenknehmer die vorliegende Vertragsurkunde erst am 26.März 1987, mithin mehr als 2 Monate nach Unterzeichnung des Vertrages durch die Geschenkgeberin, unterfertigt hätten, sei belanglos, weil im Sinne des § 27 Abs 2 GBG die zu verbüchernde Urkunde den Zeitpunkt der Ausfertigung der Urkunde, nicht jedoch jenen der vollständigen Errichtung der Vertragsurkunde, worauf die Rekurswerberin abstelle, enthalten müsse. Hätten, wie im vorliegenden Fall, die Kontrahenten die Vertragsurkunde nicht am gleichen Tag unterzeichnet, so fielen der Zeitpunkt der Ausfertigung der Urkunde und jener der (vollständigen) Errichtung des Vertrages auseinander. Da schon begrifflich die Vertragsurkunde ausgefertigt worden sein müsse, bevor sie von einem der Kontrahenten unterzeichnet werden könne, sei die Ausfertigung der Vertragsurkunde spätestens mit dem Zeitpunkt gegeben, an dem einer der Kontrahenten die Vertragsurkunde unterzeichnet habe. Es ließe sich somit auch aus der Bestimmung des § 27 GBG ein Abweisungsgrund entgegen der Ansicht der Rekurswerberin nicht ableiten.

Abschließend sei auszuführen, daß auch sonstige, von Amts wegen wahrzunehmende, weitere Abweisungsgründe nicht vorlägen. Es sei daher in teilweiser Stattgebung des Rekurses spruchgemäß zu entscheiden gewesen, wobei die im Sinne der (teil-)bestätigenden Entscheidung des Rekursgerichtes erfolgende Einverleibung des (ideellen Mit-) Eigentums auf einer Liegenschaftshälfte, statt - wie beantragt - auf der ganzen Liegenschaft, ein bloßes "minus" (und kein "aliud") gegenüber der beantragten Eintragung bilde (MGA GBG3 § 96/10 b und 12).

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes in seinem stattgebenden Teil richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Rekurs des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg zurück-, in eventu abgewiesen werde. Hilfsweise wird beantragt, die Vormerkung der beantragten Grundbuchshandlungen zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Rekurslegitimation des Roten Kreuzes-Landesverband Salzburg wurde vom Rekursgericht allerdings zutreffend bejaht. In Grundbuchssachen sind diejenigen Personen rekursberechtigt, deren grundbücherliche Rechte durch die angefochtene Eintragung beeinträchtigt werden, sei es, daß diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RPflSlgG 1.544, 1.548, 1.555; NZ 1977, 42; EvBl 1978/124 ua). Zu den grundbücherlichen Rechten gehört (jedenfalls) auch das (verbücherte) Nacherbrecht (vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 613; Feil, GBG - Kurzkommentar für die Praxis - 122 Rz 17 zu § 20; SZ 21/22, SZ 41/151; 5 Ob 17/88 ua), und zwar auch das Nacherbrecht auf den Überrest, das im Grundbuch gleichfalls einzutragen ist (Welser, aaO, Rz 28 mwN; Koziol-Welser7 II 321; Feil aaO).

Der Oberste Gerichtshof vermag sich aber der Ansicht des Rekursgerichtes nicht anzuschließen, daß die Bewilligung des gegenständlichen Antrages die Vorlage eines vom Abhandlungsgericht auszustellenden Amtszeugnisses (§ 281 AußStrG) vorausgesetzt hätte; dies aus folgenden Gründen:

Die fideikommissarische Substitution auf den Überrest (befreite Vorerbschaft, fideicommissum eius quod supererit) ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, aber nach herrschender Auffassung zulässig. Der Vorerbe, dessen Befreiung in Form einer letztwilligen Verfügung angeordnet sein muß, kann danach über das Substitutioinsgut zwar unter Lebenden (auch durch Schenkung), nicht aber von Todes wegen frei verfügen; der Nacherbe erhält, was beim Tod des Vorerben übrig ist (Welser, aaO, Rz 26 mwN; Koziol-Welser7 II 320; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 195 f; MGA ABGB32 § 608/20 und 21). Es ist zwar auch eine teilweise befreite Vorerbschaft möglich (Welser aaO), doch müßte eine solche aus der letztwilligen Anordnung hervorgehen; im Zweifel ist dem Vorerben die Befugnis eingeräumt, über die (gesamte) Substitutionsmasse unter Lebenden frei zu verfügen (vgl. Ehrenzweig2 II/2, 469; Weiß in Klang2 III 430 spricht davon, daß bei der Nacherbschaft auf den Überrest eine Verfügungsbeschränkung des Vorerben regelmäßig nicht vorliegen werde). Der Vorerbe bedarf zu dieser Verfügung weder einer substitutionsbehördlichen Genehmigung noch der Zustimmung der bereits vorhandenen und der allenfalls noch zu erwartenden, von einem Substitutionskurator zu vertretenden Nacherben (Welser, aaO, Rz 30).

Es ist dem Rekursgericht zuzugeben, daß in Lehre (Weiß in Klang2 II 430; Welser, aaO, Rz 31; KoziolWelser7 II 321; Feil, Angewandtes Grundbuchsrecht 210; derselbe, Österreichisches Grundbuchsrecht, Systematische Darstellung 284) und Rechtsprechung (Kreisgericht Wels in RPflSlgG 1.006; Kreisgericht Steyr in RPflSlgG 1.394; vgl. auch Ehrenzweig2 II/2, 470 FN 75) zum Teil verlangt wird, daß - um die Bewilligungsvoraussetzung des § 94 Abs 1 Z 2 GBG bejahen zu können, daß kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand vorhanden ist - im Grundbuch bzw. in der Einantwortungsurkunde die Beschränkung des Eigentumsrechtes des Vorerben durch die fideikommissarische Substitution auf den Überrest mit der Maßgabe ersichtlich gemacht ist, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei oder ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes vorgelegt wird, wonach gegen die Verfügungsberechtigung des Vorerben abhandlungsbehördlich kein Hindernis besteht und die Beschränkung des Eigentumsrechtes dessen, der vom Vorerben erwirbt, durch das Substitutionsband zugunsten des Nacherben gelöscht werden kann. Kralik (in Ehrenzweig3, Erbrecht 197) führt demgegenüber aus, daß das Abhandlungsgericht jede vom befreiten Vorerben über das Substitutionsgut begehrte Verfügung unbesehen bewilligen müsse, sodaß die Eintragung des Substitutionsbandes auf Liegenschaften im Fall einer fideikommissarischen Substitution auf den Überrest praktisch sinnlos sei und daher unterbleiben sollte (vgl. dazu auch Welser, aaO, Rz 30 und NZ 1977, 90, wonach die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verfügung des befreiten Vorerben dem Abhandlungsgericht überhaupt entzogen ist). Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vertritt die Auffassung (RPflSlgG 1.571 ua), daß Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben unbegründet seien, wenn aus dem Grundbuch oder aus der Einantwortungsurkunde eine vom Regelfall abweichende Beschränkung der Befugnisse des befreiten Vorerben nicht hervorgehe.

Letzterer Meinung ist der Vorzug zu geben. Da die fideikommissarische Substitution auf den Überrest dem Vorerben im Zweifel/im Regelfall die freie Verfügung über den gesamten Nachlaß unter Lebenden einräumt und die Frage einer allfälligen Rechtsmißbräuchlichkeit dieser Verfügung - wie bereits das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat - weder vom Grundbuchsgericht noch vom Abhandlungsgericht zu prüfen ist, bestehen schon dann keine auf die fideikommissarische Substitution gegründeten Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit des Vorerben im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG, wenn sich - wie hier - aus der Einantwortungsurkunde und der auf dieser beruhenden Grundbuchseintragung ohne Einschränkung ergibt, daß eine fideikommissarische Substitution auf den Überrest vorliegt, ohne daß noch besonders ersichtlich gemacht worden sein müßte, daß der Vorerbe zur freien Verfügung auch über die mit der Anordnung der Nacherbfolge belastete Liegenschaft berechtigt sei, oder bei Fehlen einer solchen Ersichtlichmachung ein Amtszeugnis des Abhandlungsgerichtes zu verlangen wäre.

Da der vom Berufungsgericht angenommene Abweisungsgrund nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes nicht gegeben ist und weitere Abweisungsgründe, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, nicht vorhanden sind, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß zur Gänze wiederherzustellen.

Anmerkung

E13799

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00032.88.0405.000

Dokumentnummer

JJT_19880405_OGH0002_0050OB00032_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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