TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/22 2001/12/0139

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Veröffentlicht am 22.09.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3R E05204020;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

11957E051 EWGV Art51;
11997E042 EG Art42;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art12;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art13 idF 31998R1606;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art45 idF 31995R3095;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art46 Abs1 idF 31983R2001;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art46 Abs2 idF 31983R2001;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art46 Abs2 lita idF 31983R2001;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art46 Abs2 litb idF 31983R2001;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art46 idF 31983R2001;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art51a Abs2 idF 31998R1606;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art95c Abs1 idF 31998R1606;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV Art95c Abs2 idF 31998R1606;
31971R1408 WanderarbeitnehmerV;
31983R2001 Nov-31971R1408/31972R0574;
31995R3095 Nov-31971R1408/31972R0574;
31998R1606 Nov-31971R1408/31972R0574;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
EURallg;
PG 1965 §53 Abs2 lita;
PG 1965 §53 idF 1993/256;
PG 1965 §6 Abs1 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2001/12/0146 E 22. September 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der Dr. G in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 15. Mai 2001, Zl. 417.190/2- VII/A/4a/2001, betreffend die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im September 1959 geborene Beschwerdeführerin wurde mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 15. September 2000 mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 2000 zur Universitätsprofessorin an der Universität X ernannt und steht seither in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Gleichzeitig wurde ihr gemäß § 56 Abs. 9 zweiter Satz PG 1965 die beitragsfreie Anrechnung vor Ruhegenussvordienstzeiten im Ausmaß von fünf Jahren bedingt für den Fall des Eintrittes der dauernden Dienstunfähigkeit in den ersten fünf Jahren des Dienstverhältnisses bewilligt, soweit hiefür gemäß § 56 Abs. 1 PG 1965 ein besonderer Pensionsbeitrag zu zahlen wäre.

Aus Anlass der Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 6. März 2001 mit, dass (durch Anschluss einer Beilage) näher bezeichnete Dienstzeiten in der Bundesrepublik Deutschland, wie beispielsweise die an der Universität B. zurückgelegte Zeit vom 1. Februar 1993 bis 30. September 2000, gegen Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages, der für jeden vollen Monat der angerechneten Zeit 11,05 % des Gehaltes (einschließlich der ruhegenussfähigen Zulagen) betrage, das ihr für den ersten vollen Monat ihrer Dienstleistung gebührt hätte (in ihrem Fall S 5.391,20), als Ruhegenussvordienstzeit anrechenbar wäre. Da die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 in jenen Fällen, in denen ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten wäre, durch schriftliche Erklärung ganz oder teilweise ausgeschlossen werden könne, ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um Mitteilung, ob sie von der Möglichkeit des Ausschlusses Gebrauch machen wolle.

Mit schriftlicher Erklärung vom 20. April 2001 schloss die Beschwerdeführerin sodann alle Zeiten, für die ein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten wäre, von der Anrechnung aus. Mit (zugleich übermittelter) Eingabe vom 21. April 2001 beantragte sie jedoch, unter ausführlicher Darstellung des aus dem EGV abgeleiteten Anspruches "auf kostenfreie Anrechnung dieser Pensionszeiten", die Erlassung eines in EG-rechtskonformer Auslegung des österreichischen Rechtes ergehenden Bescheides über die Anrechnung ihrer Ruhegenussvordienstzeiten.

Der angefochtene Bescheid lautet wie folgt:

"BESCHEID

Im Zusammenhang mit Ihrer Aufnahme in das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis (Ernennung) und der Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 53 des Pensionsgesetzes 1965 hat das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter Berücksichtigung Ihres Antrages vom 21. April 2001 wie folgt entschieden:

SPRUCH

1. Die von Ihnen zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres, dem 9. September 1977, und dem Tag des Beginnes Ihrer ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit, dem 1. Oktober 2000, zurückgelegten Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 53 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965), BGBl. Nr. 340, in der derzeit geltenden Fassung, bleiben auf Grund Ihrer Erklärung gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 für die Bemessung des Ruhegenusses außer Betracht.

2. Ihr Antrag auf beitragsfreie Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten, die Sie im ausländischen (EU/EWR) öffentlichen Dienst zurückgelegt haben, wird gemäß § 56 Abs. 1 und 2 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen.

BEGRÜNDUNG:

Gemäß § 53 Abs. 1 PG 1965 werden Ruhegenussvordienstzeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit rechnet, durch Anrechnung ruhegenussfähige Zeiten. Die anrechenbaren Ruhegenussvordienstzeiten sind in § 53 Abs. 2 und 3 PG 1965 taxativ angeführt. Der maßgebliche Sachverhalt für die Anrechnung Ihrer Ruhegenussvordienstzeiten wurde aus Ihren Angaben und den hier aufliegenden Personalunterlagen festgestellt und sind der beiliegenden Ermittlung zur Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten, die einen festen Bestandteil dieses Bescheides bildet, zu entnehmen.

Bei den unter Post-Nrn. 1 und 2 der Ermittlung angeführten Zeiten handelt es sich um Schul- und Studienzeiten, die gemäß § 53 Abs. 2 lit. h bzw. i PG 1965 als Ruhegenussvordienstzeiten anzurechnen sind, bei den unter Post-Nrn. 4 bis 8 angeführten Zeiten um solche, die Sie im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst zurückgelegt haben und die gemäß § 53 Abs. 3 lit. b PG 1965 als Ruhegenussvordienstzeiten angerechnet werden können. Für keine der angeführten Zeiten erhält der Bund einen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen.

Soweit der Bund für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält, hat gemäß § 56 Abs. 1 PG 1965 der Beamte einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten.

Ein besonderer Pensionsbeitrag ist gemäß § 56 Abs. 2 PG 1965

nicht zu entrichten,

... (wird näher ausgeführt).

Diese Ausnahmebestimmungen treffen auf keine der unter Post-Nrn. 1, 2 und 4 bis 8 der Ermittlung angeführten Zeiten zu. Demnach hätten Sie auch für die Anrechnung der im ausländischen öffentlichen Dienst zurückgelegten Zeiten den besonderen Pensionsbeitrag gemäß § 56 Abs. 1 PG 1965 zu entrichten.

Gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 kann der Beamte die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten in jenen Fällen, in denen er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten hätte, durch schriftliche Erklärung ganz oder teilweise ausschließen.

Mit Erklärung vom 20. April 2001 haben Sie gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 alle Ruhegenussvordienstzeiten von der Anrechnung ausgeschlossen, für die Sie einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten hätten.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

...

SONSTIGE HINWEISE

Die gemäß § 56 Abs. 9 zweiter Satz des Pensionsgesetzes 1965 bewilligte beitragsfreie Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten im Ausmaß von fünf Jahren bedingt für den Fall des Eintrittes der dauernden Dienstunfähigkeit in den ersten fünf Jahren des Dienstverhältnisses (siehe Dekret des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 21. September 2000, GZ 417.190/1-I/A/2/2000), bleibt hievon unberührt.

Zur Feststellung allfälliger ausländischer Pensionsansprüche wird im Zeitpunkt Ihrer Ruhestandsversetzung bzw. anlässlich des Übertrittes in den Ruhestand von der zuständigen Dienstbehörde ein zwischenstaatliches Verfahren im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 unter Einbeziehung der VO(EG) Nr. 1606/98 einzuleiten sein."

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

zu GZl.

417190/2-VII/A/4a/2001

ERMITTLUNG

zur Anrechnung der Ruhegenussvordienstzeiten gemäß den Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965

für: ... (Beschwerdeführerin)

Reifeprüfung:

13.06.1978

geboren am:

10.09.1959

Studienabschluss:

22.04.1989

18. Lebensjahr vollendet am:

09.09.1977

Dienstantrittstag:

01.10.2000

 

Post
Nr.


Dienstgeber,
usw.


Tätigkeit


von


bis


J


M


T

anrechenbar

nicht anrechenbar

Anm.

J

M

T

gemäß
§ 53

J

M

T

gemäß
§ 53

1

Marienschule K
(Nspr.Gymn.)

Schulbesuch

10.09.1977

13.06.1978

-

9

4

-

-

-

 

-

9

4

54 (3)

4)

2

Universität B

Studium

01.10.1978

30.09.1983

5

-

-

-

-

-

 

5

-

-

54 (3)

4)

3

Universität B

Studium

01.10.1983

22.04.1989

5

6

22

-

-

-

 

5

6

22

(2)i

2)

4

Universität B

wiss. Hilfskraft

03.09.1984

14.06.1988

3

9

12

-

-

-

 

3

9

12

54 (3)

4)

5

Land N

Studienref. bzw.
Studienrat

15.06.1988

31.01.1993

4

7

16

-

-

-

 

4

7

16

54 (3)

4)

6

Universität B

wiss. Mitarbeiterin

01.02.1993

31.08.1997

4

7

-

-

-

-

 

4

7

-

54 (3)

4)

7

Universität B

Oberassistentin

01.09.1997

30.09.2000

3

1

-

-

-

-

 

3

1

-

54 (3)

4)

8

Universität B

Lehrstuhlvertretung

01.01.2000

30.09.2000

-

9

-

-

-

-

 

-

9

-

54 (3)

4)

Summe

28

1

24

-

-

-

 

28

1

24

 

 

 

 

 

Erklärungen zu Anmerkung:

1) Überschreitung der gesetzlichen Mindestdauer

5) In Verbindung mit § 54 (5) PG 1965

 

2) Überschreitung des gesetzlichen Höchstausmaßes

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3) Doppelanrechnung - siehe Post Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4) laut Verzichtserklärung vom

20.04.2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage

A. Die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts

1. Pensionsgesetz 1965 - PG 1965

Gemäß § 53 Abs. 1 PG 1965 (soweit nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist, ist die Stammfassung des PG 1965, BGBl. Nr. 340, maßgebend) sind Ruhegenussvordienstzeiten die in den Abs. 2 bis 4 genannten Zeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenussfähige Bundesdienstzeit (das ist nach § 6 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 PG 1965 - von bestimmten hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - die Zeit, die der Beamte im bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vom Tag des Dienstantrittes bis zum Tag des Ausscheidens aus dem Dienststand zurückgelegt hat) rechnet. Sie werden durch Anrechnung ruhegenussfähige Zeiten und sind dann (nach § 6 Abs. 1 lit. b PG 1965) ein Bestandteil der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit.

Vom Ausmaß der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit hängt zum einen ab, ob der Beamte einen Anspruch auf Ruhebezug hat (nach § 3 PG 1965 in der ab 1. Mai 1995 geltenden Fassung BGBl. Nr. 297/1995 gebührt dem Beamten des Ruhestandes ein monatlicher Ruhegenuss, wenn seine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit mindestens 15 Jahre beträgt), zum anderen (für den Fall der Begründung eines solchen Anspruchs) die Höhe des Ruhebezugs (vgl. dazu näher § 7 PG 1965).

Nach § 53 Abs. 2 PG 1965 ist unter anderem nach lit. a die in einem Dienstverhältnis bei einem inländischen öffentlichrechtlichen Dienstgeber zurückgelegte Zeit anzurechnen.

Gemäß § 53 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung des Kompetenzbereinigungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 256/1993, kann unter anderem nach lit. b die im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst oder in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit angerechnet werden.

Die Dienstbehörde hat die Ruhegenussvordienstzeiten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Ernennung des Beamten anzurechnen (Satz 1 des § 53 Abs. 6 PG 1965).

§ 54 Abs. 3 PG 1965 in der Fassung BGBl. Nr. 288/1988 sieht die Möglichkeit vor, dass der Beamte die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten in jenen Fällen, in denen er einen besonderen Pensionsbeitrag zu entrichten hätte, durch schriftliche Erklärung ganz oder teilweise ausschließen kann.

Gemäß § 56 Abs. 1 PG 1965 hat der Beamte, soweit der Bund für die angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten keinen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen erhält, einen besonderen Pensionsbeitrag zu leisten. Nur in bestimmten Ausnahmefällen ist gemäß § 56 Abs. 2 PG 1965 kein besonderer Pensionsbeitrag zu entrichten, obwohl der Bund für diese Zeiten keinen Überweisungsbetrag erhält (wie z.B. für in Erfüllung der inländischen Zivil- und Wehrdienstpflicht zurückgelegte Zeiten). Die im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst oder in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegten Zeiten fallen nicht unter diese Ausnahmebestimmung.

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Überweisungsbetrages durch den zuständigen (inländischen) Versicherungsträger bei der Übernahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis ist in § 308 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, sowie in weiteren Sozialversicherungsgesetzen normiert. Dies führt dazu, dass für inländische Beschäftigungen, die für eine Anrechnung als Ruhegenussvordienstzeit in Betracht kommen, in der Regel wegen eines an den Bund zu entrichtenden Überweisungsbetrages die (alternative) Pflicht des Beamten zur Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrags entfällt. Bei den im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst oder in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegten Zeiten kommt hingegen mangels eines an den Bund zu entrichtenden Überweisungsbetrages typischerweise die Pflicht zur Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages zum Tragen, sofern der Beamte nicht durch schriftliche Erklärung die Anrechnung dieser Zeiten als Ruhegenussvordienstzeiten ausschließt.

§ 56 Abs. 3 und Abs. 3a PG 1965, beide in der Fassung BGBl. Nr. 334/1993, enthalten nähere Bestimmungen über die Höhe des besonderen Pensionsbeitrages.

Für Universitätsprofessoren (nicht aber für andere Gruppen von Beamten) bestehen (bzw. bestanden) bei der Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach dem PG 1965 noch folgende Sonderbestimmungen:

Bis zum 1. März 1998 galt § 10 PG 1965. Danach konnte der Bundespräsident bei der Ernennung eines Hochschulprofessors die beitragsfreie Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten bewilligen, wenn aus wissenschaftlichen oder künstlerischen Gründen ein besonderes Interesse an der Berufung bestand.

Für Ernennungen zum Universitätsprofessor mit Wirkung ab 1. März 1998 und später wurde die alte Bestimmung des § 10 PG 1965 durch eine (systematisch an anderer Stelle vorgenommenen) Neuregelung in § 56 Abs. 9 PG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 109/1997 abgelöst. Danach kann der Bundespräsident bei der Ernennung eines Universitätsprofessors die beitragsfreie Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten (nur mehr) bewilligen, wenn besonders berücksichtigungswürdige Gründe gegen die Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages durch den Universitätsprofessor sprechen. In der betreffenden Entschließung kann auch ausgesprochen werden, dass die beitragsfrei angerechneten Ruhegenussvordienstzeiten nur bedingt für den Fall des Eintritts der dauernden Dienstunfähigkeit in den ersten fünf Jahren des Dienstverhältnisses (gerechnet ab Dienstantritt) pensionswirksam werden. Letzteres ist - wie eingangs dargestellt - auch im Beschwerdefall erfolgt.

2. Gehaltsgesetz 1956 - GehG

Nach § 22 Abs. 1 GehG in der Fassung der 35. GehG-Novelle, BGBl. Nr. 561/1979, hat der Beamte, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, für jeden Kalendermonat seiner ruhegenussfähigen Bundesdienstzeit im Voraus einen monatlichen Pensionsbeitrag zu entrichten.

Die Bemessungsgrundlage dafür bestand nach § 22 Abs. 2 leg. cit. aus 1. dem Gehalt, 2. den als ruhegenussfähig erklärten Zulagen und 3. den einen Anspruch auf eine Zulage zum Ruhegenuss begründenden Zulagen, die (jeweils) der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten entsprachen. Den Pensionsbeitrag in der jeweiligen im ersten Satz dieser Bestimmung angeführten Höhe hatte der Beamte auch von den Teilen der Sonderzahlung zu entrichten, die den unter Z. 1 bis 3 genannten Geldleistungen entsprechen.

B. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts

1. EG-Vertrag (EG)

Art. 48 EG-Vertrag (nunmehr Art. 39 EG) stellt den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf. Diese Freiheit umfasst nach Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag (nunmehr Art. 39 Abs. 2 EG) insbesondere die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

Nach Art. 51 lit. a EG-Vertrag (nunmehr Art. 42 EG) beschließt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen; zu diesem Zweck führt er insbesondere ein System ein, welches aus- und einwandernden Arbeitnehmern und deren anspruchsberechtigten Angehörigen die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie die Berechnung der Leistungen sichert.

2. VO Nr. 1408/71 und VO Nr. 1606/98

2.1. Gestützt auf Art. 51 EG-Vertrag (nunmehr Art. 42 EG) erließ der Rat die Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (im Folgenden: VO 1408/71) und die Verordnung Nr. 574/72 vom 21. März 1972 über die Durchführung der VO 1408/71. Diese Verordnungen sollten in erster Linie die verschiedenen einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften koordinieren, um zu verhindern, dass die Arbeitnehmer, die von der Freizügigkeit Gebrauch machen, gegenüber den Arbeitnehmern benachteiligt werden, die ihre Tätigkeit nur in einem Mitgliedstaat ausüben.

Grundsätzlich ist gemäß Art. 13 der VO 1408/71 das Recht am Ort der Ausübung der Beschäftigung anzuwenden. Das Ziel der Art. 13 ff der Verordnung besteht darin, dass jede Person in jedem Zeitraum ihrer Erwerbstätigkeit einer einzigen bestimmten Sozialrechtsordnung unterliegt, ohne dass Lücken oder gleichzeitige Doppelversicherungen auftreten. Dem entspricht ein Kumulierungsverbot durch gleichzeitigen Erwerb von mehreren Ansprüchen aus mehreren Sozialsystem (Art. 12 der Verordnung).

Darüber hinaus enthält die VO 1408/71 das Prinzip der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten (Totalisierung). Dadurch entstehen für den Betroffenen keine Nachteile beim Erwerb von Ansprüchen beim Wechsel des Sozialversicherungssystems. Der Betroffene wird vielmehr so gestellt, als hätte er eine gesamte sozialrechtlich relevante Biographie in jener Sozialrechtsordnung erworben, nach der er Leistungen fordert. Sozialrechtlich relevante Vorgänge, Ereignisse und Rechtsverhältnisse werden so behandelt, als hätten sie im Gebiet eines einzigen Mitgliedstaates stattgefunden. Zwischen den einzelnen Leistungsträgern kommt es zur internen Gegenverrechnung, der so genannten Proratisierung (vgl. dazu Kilches, Europäisches Sozialversicherungsrecht, FJ 2001, 131).

2.2. Durch Art. 4 Abs. 4 der VO 1408/71 wurden zunächst Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte von dem sachlichen Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen. Erst durch die Verordnung Nr. 1606/98 des Rates vom 29. Juni 1998 zur Änderung der VO 1408/71 (im Folgenden: VO 1606/98) wurden mit Wirkung vom 25. Oktober 1998 die Beamtensondersysteme in den sachlichen Geltungsbereich der VO 1408/71 einbezogen.

2.3. Kapitel 3 der VO 1408/71 lautet auszugsweise (Art. 44 idF der VO 1399/99, Art. 45 idF der VO 3095/95, Art. 46, 48, 49, 50 und 51 idF der VO 2001/83, und Art. 47 idF der VO 2195/91):

"Alter und Tod (Renten)

Artikel 44

Allgemeine Vorschriften für die Feststellung der Leistungen, wenn für den Arbeitnehmer oder Selbständigen die Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten galten

(1) Die Leistungsansprüche eines Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten galten, und die Leistungsansprüche seiner Hinterbliebenen werden nach diesem Kapitel festgestellt.

(2) Beantragt die betreffende Person die Feststellung der Leistungen, so wird, sofern Artikel 49 nichts anderes bestimmt, das Feststellungsverfahren hinsichtlich aller Rechtsvorschriften eingeleitet, die für den Arbeitnehmer oder Selbständigen galten. Dies gilt nicht, falls die betreffende Person ausdrücklich beantragt, die Feststel

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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