TE OGH 1988/5/10 4Ob15/88

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Veröffentlicht am 10.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Redl und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** AG, Dürnten, Rothaus, Schweiz, vertreten durch Dr. Peter Gatternig, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei "K.A.N." System-Technik Gesellschaft m.b.H., Garsten, Otakarstraße 3, vertreten durch Dr. Johannes Riedl, Rechtsanwalt in Stadt-Haag, wegen Beseitigung (Streitwert S 300.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 3. Dezember 1987, GZ 6 R 256/87-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreis- als Handelsgerichtes Steyr vom 13. August 1987, GZ 3 Cg 90/87-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 40.037,70 (darin enthalten S 2.730,70 Umsatzsteuer und S 10.000,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft mit dem Sitz in der Schweiz, vertreibt Aluminiumprofile zum Bau von Gestellen, Tischen, Werkbänken, Messeständen und dergleichen. Für sie wurde die Wortbildmarke "K***" mit der Priorität 1. März 1986 für die Warenklasse 6 (Konstruktionselemente aus Metall) am 22. September 1986 international registiert, wobei der Schutz unter anderem auch für Österreich in Anspruch genommen wurde. Die Beklagte wurde am 2. Oktober 1986 mit der Firma "K*** System-Technik Gesellschaft m.b.H." zu HRB 977 des Erstgerichtes registriert. Gegenstand des Unternehmens war unter anderem der Handel mit technischen Produkten, insbesondere mit K***-Profil-Systemen. Die Beklagte bezog zunächst die Markenartikel der Klägerin. Nach Abbruch der Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen änderte die Beklagte ihre Firma und den Unternehmensgegenstand: Auf Grund der Registereintragung vom 12. Jänner 1987 lautet die Firma der Beklagten nunmehr "K.A.N."

System-Technik Gesellschaft m.b.H.; Unternehmensgegenstand ist jetzt der Handel mit technischen Produkten, insbesondere mit Aluminium-Profil-Systemen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihre Firma derart zu ändern, daß jede gänzliche oder teilweise Bezugnahme auf das Wort "K***" entfällt, und dabei insbesondere die Buchstabenfolge "K.A.N." zu entfernen. Ing. Wolfgang S*** sei daran interessiert gewesen, die Produkte der Klägerin in Österreich zu verkaufen, und habe auch eine Anzahl davon bestellt. Da er den Kaufpreis nicht gezahlt habe, habe die Klägerin mit dem Fernschreiben vom 23. September 1982 - 2 Tage vor dem Einreichen des Registrierungsgesuches - festgehalten, daß sie ihren Namen für eine Firmengründung in Österreich nicht zur Verfügung stelle; dennoch sei das Gesuch um Eintragung der Beklagten in das Handelsregister überreicht worden. Nachdem die Klägerin von der Registrierung erfahren habe, habe sie von der Beklagten die Entfernung des Wortes "K***" aus deren Firma verlangt; die Beklagte habe dem nur teilweise entsprochen. Durch die Beibehaltung der Buchstabenfolge "K.A.N." als Firmenbestandteil werde die Klägerin in ihren Rechten, insbesondere nach § 9 UWG, § 52 MschG, § 37 Abs 2 HGB und § 43 ABGB, beeinträchtigt. Angesichts der Tatsache, daß der Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ehemals der Handel mit K***-Profil-Systemen gewesen sei, würden die beteiligten Verkehrskreise aus der Buchstabenfolge "K.A.N." in der Firma der Beklagten auf ein enges wirtschaftliches Naheverhältnis der Streitteile schließen; dies habe die Beklagte auch beabsichtigt. Entgegen dem anläßlich der Firmenänderung erstatteten (zweiten) Gutachten der Oberösterreichischen Handelskammer sei dieser Beisatz keine Phantasiebezeichnung; die Buchstabenfolge "K.A.N." lasse sich auch nicht aus dem Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ableiten. Der beanstandete Firmenbestandteil sei

dem - älteren - Kennzeichen der Klägerin "K***" verwechselbar ähnlich.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die beanstandete Buchstabenfolge sei die Abkürzung für die Bezeichnung "Konstruktions-Aluminium-Normelemente" und ergebe sich somit aus dem Gegenstand des Unternehmens der Beklagten. Dieser Zusatz zu ihrer Firma sei nicht geeignet, irgendwelche Verwechslungen zwischen der Beklagten und dem Unternehmen der Klägerin herbeizuführen; die Beklagte habe damit, auch keine Nahebeziehung zur Klägerin vortäuschen wollen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Anspruch nach § 37 Abs 2 HGB sei gemäß § 30 Abs 1 HGB auf solche Firmen beschränkt, die an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bereits bestehen und in das Handelsregister eingetragen sind. § 43 ABGB schütze zwar auch den unbefugten Gebrauch eines Handelsnamens; die Beklagte habe aber nicht den (vollständigen) Handelsnamen der Klägerin gebraucht. Daher könnte nur ein Verstoß gegen § 9 Abs 1 und § 9 Abs 3 UWG in Betracht kommen; die dafür geforderte Gefahr von Verwechslungen liege jedoch nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Klage statt und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-, der Wert des Streitgegenstandes, über den es insgesamt entschieden habe, jedoch nicht S 300.000,- übersteige und die Revision zulässig sei. Das prioritätsältere Kennzeichen der Klägerin und der Firmenbestandteil der Beklagten seien im Wortklang verwechselbar ähnlich. Die Abkürzungspunkte führten nicht generell dazu, daß die einzelnen Buchstaben dieses Firmenbestandteils getrennt ausgesprochen würden. Verwechslungsgefahr sei unter Umständen schon allein bei gleichem Wortanfang oder gleichem Wortende anzunehmen. Da die Beklagte ursprünglich zum Zweck des Vertriebes von K***-Profil-Systemen gegründet worden sei und deshalb das Zeichen K*** als Firmenbestandteil aufgewiesen habe, sei aber auch die Gefahr von Verwechslungen nach dem Wortsinn gegeben. Das Begehren der Klägerin auf Änderung des Registerstandes sei berechtigt, weil die Firma der Beklagten gegen § 9 UWG verstoße. Gegen dieses Urteil richtet sich die - zwar nicht ausdrücklich, aber doch erkennbar wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene - Revision der Beklagten dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Beklagte bekämpft die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Verwechslungsgefahr; sie verweist dabei insbesondere darauf, daß der im Kennzeichen der Klägerin enthaltene charakteristische Buchstabe Y in ihrem Firmenbestandteil "K.A.N." fehle; die als Zeichen einer Abkürzung gesetzten Punkten zwischen den einzelnen Buchstaben führten dazu, daß die einzelnen Buchstaben nur getrennt, nicht aber als Wort gelesen und gesprochen würden; daher bestehe auch keine Übereinstimmung im Wortklang. Bisher sei es noch nicht zu Verwechslungen gekommen; der Abnehmerkreis für die von den Streitteilen vertriebenen Produkte sei so klein, daß Verwechslungen auch nicht zu befürchten seien. Im übrigen hätte das Klagebegehren nur auf Unterlassung des Gebrauches der Firma lauten dürfen. Der Schutz der Unternehmenskennzeichen nach § 9 UWG kann nur dann Platz greifen, wenn das beanstandete Zeichen im geschäftlichen Verkehr in einer Weise benützt wird, die geeignet ist, Verwechslungen mit der vom Kläger befugterweise gebrauchten Bezeichnung hervorzurufen. Eine solche Verwechslungsgefahr ist aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes im konkreten Fall zu verneinen:

Verwechslungsgefahr besteht bei Wortbezeichnungen nur dann, wenn sie einander entweder im Wortklang oder im Wortbild oder im Wortsinn so nahe kommen, daß Verwechslungen entstehen können. Dabei kommt es immer auf den Gesamteindruck an; außerdem ist stets zu beachten, daß die beiden Bezeichnungen fast niemals gleichzeitig wahrgenommen, sondern mehr oder weniger verschwommene Erinnerungsbilder mit den konkret wahrgenommenen Bezeichnungen verglichen werden können. Einzelne Zeichenbestandteile sind nicht isoliert zu betrachten. Dem Ähnlichkeitsvergleich dürfen nicht nur die übereinstimmenden Zeichenbestandteile zugrunde gelegt werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluß den einzelnen Zeichenbestandteilen auf den Gesamteindruck des Zeichens zukommt. Auch schutzunfähige oder "schwache" Zeichenbestandteile können im Einzelfall in Verbindung mit anderen Elementen den Gesamteindruck eines Zeichens beeinflussen. Verwechslungsgefahr ist im allgemeinen schon dann anzunehmen, wenn sie nach einem der drei Ähnlichkeitskriterien (Wortbild, Wortklang, Wortsinn) gegeben ist (ÖBl 1986, 92 mwN).

Das Schriftbild des Kennzeichen der Klägerin wird von dem Buchstaben Y wesentlich (mit-)geprägt, der in der Buchstabenkombination "K.A.N." in der Firma der Beklagten fehlt. Das Wortbild dieses Firmenbestandteils der Beklagten unterscheidet sich aber vom Kennzeichen der Klägerin auch noch durch die Trennungspunkte; da sie solcherart auf den ersten Blick als Abkürzung erkennbar ist, wird die Buchstabenfolge "K.A.N." im allgemeinen auch nur als Folge von Einzelbuchstaben gelesen und gesprochen werden. Im übrigen werden abgekürzte Unternehmensbezeichnungen oder Warenbezeichnungen im Geschäftsverkehr üblicherweise ohne Abkürzungspunkte geschrieben, so daß gerade diesen Punkten bei Wahrnehmung des beanstandeten Zeichens ein besonderer Auffälligkeitswert zukommt. Selbst dann aber, wenn ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Buchstabenfolge in der Firma der Beklagten als zusammenhängendes Wort lesen sollte, wäre die Gefahr von Verwechslungen nach dem Wortbild oder dem Wortklang zu verneinen (vgl. dazu ÖBl 1977, 126). Eine Übereinstimmung im Wortsinn scheidet aber schon begrifflich aus, weil weder das Kennzeichen der Klägerin noch die Buchstabenfolge "K.A.N." in der Firma der Beklagten, keinen erkennbaren Sinn ergeben. Eine Übereinstimmung im Wortsinn kann daher auch nicht darin liegen, daß die Beklagte zum Zweck des Vertriebes der Markenprodukte der Klägerin gegründet wurde und ursprünglich das Zeichen "K***" als Firmenbestandteil aufgewiesen hat. Wegen der aufgezeigten Unterschiede der zu beurteilenden Kennzeichen besteht auch keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, auf Grund deren der Verkehr auf einen besonderen wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhang der Unternehmen der Streitteile schließen könnte. Aus § 37 Abs 2 HGB kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch nicht ableiten, weil die Firma der Beklagten die firmenrechtlichen Vorschriften des HGB nicht verletzt. § 43 ABGB scheidet als Anspruchsgrundlage deshalb aus, weil auch der Schutz des Firmennamens nach dieser Gesetzesstelle eine - hier nicht vorliegende - Verwechslungsgefahr als Beeinträchtigung der Interessen des berechtigten Namensträgers voraussetzt (Aicher in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 43).

Der Revision war daher Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14657

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00015.88.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19880510_OGH0002_0040OB00015_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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