TE OGH 1988/5/19 7Ob576/88

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Veröffentlicht am 19.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 1. Juli 1984 verstorbenen Dr. Siegfried W***, zuletzt wohnhaft Wien 14, Diesterweggasse 28, infolge Revisionsrekurses des Dr. Gernot Wick, Gynäkologe, Wien 18, Herbeckstraße 25, vertreten durch Dr. Ernst Kwassinger, öffentlicher Notar in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 25. Februar 1988, GZ 47 R 1031-1033/87-167, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 24. September 1987, GZ 2 A 492/87-132, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der am 1. Juli 1984 verstorbene Dr. Siegfried W*** hat in seinem Testament vom 18. September 1979 seine Witwe Edith W*** und seinen mj. Sohn Matthias W*** je zur Hälfte des Nachlasses als Erben eingesetzt und die Kinder aus Vorehen, darunter auch Dr. Gernot W***, auf den Pflichtteil gesetzt. Zum Nachlaß gehören mehrere Liegenschaften und Anteile von Liegenschaften. Bezüglich des Liegenschaftsbesitzes wurde angeordnet, daß dieser zum Teil der Witwe, zum Teil dem mj. Sohn Matthias W*** auf Anrechnung auf ihr Erbteil zukommen solle. Diese beiden Personen wurden jeweils gegenseitig zu Nacherben bestellt. Für den Fall des Vorversterbens eines der Nacherben sollte der Liegenschaftsbesitz an die Kinder aus früheren Ehen gehen.

Nicht strittig ist, daß Dr. Gernot W*** seinen Pflichtteil bereits ausbezahlt erhalten hat.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24. September 1987, 2 P 111/85-133, wurde Edith W*** die Verwaltung des Vermögens des mj. Matthias W*** aus der Verlassenschaft nach Dr. Siegfried W*** entzogen und diesbezüglich ein Kollisionskurator bestellt. Grund hiefür war, daß Edith W*** durch ihr Verhalten den Bestand des Nachlaßvermögens gefährdete.

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluß vom 6. November 1987, 2 A 492/84-153, hat das Erstgericht schließlich für den Nachlaß einen Verlassenschaftskurator bestellt.

Das Erstgericht hat mit jenem Beschluß, der Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist, auf Antrag des Dr. Gernot W*** die Separation des Nachlasses bewilligt und einen Separationskurator bestellt. Ferner hat es die Anmerkung der Absonderung des Nachlaßvermögens gemäß § 812 ABGB ob den in den Nachlaß fallenden Liegenschaften angeordnet. Es ging hiebei davon aus, daß durch das Verhalten der erblasserischen Witwe Edith W*** die Gefahr einer Beeinträchtigung des Nachlaßvermögens gegeben sei.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht den Antrag des Dr. Gernot W*** abgewiesen. Es hat hiebei ausgeführt, die erblasserische Witwe sei derzeit bloß erbserklärte Erbin ohne Befugnis zur Verwaltung und Besorgung des Nachlasses. Sie habe daher keine Möglichkeit, die Ansprüche der Nachlegatare zu gefährden. Hiezu komme, daß für den Nachlaß bereits ein Kurator bestellt worden sei, so daß rechtswidrigen Handlungen der erblasserischen Witwe, die bisher bereits eine allfällige Gefährdung des Nachlasses bewirken hätten können, wirksam vorgebeugt werden. Durch die beantragte Separation und die Bestellung eines Separationskurators würde sich demnach für die Nachlegatare darin keine größere Sicherheit ergeben. Der von Dr. Gernot W*** gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht gerechtfertigt. Das Recht auf Absonderung des Nachlasses bezweckt, das Nachlaßvermögen gegen alle Gefahren zu sichern, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Erben ergeben (SZ 56/28, Nz 1977, 135 ua). Daraus ergibt sich aber, daß eine Absonderung und die Bestellung eines Kurators im Sinne des § 812 ABGB nur dann zu erfolgen haben, wenn diese Maßnahmen tatsächlich geeignet sind, demjenigen, der sich durch Handlungen des Erben gefährdet sieht, eine zusätzliche Sicherung zu bringen.

Im vorliegenden Fall wurde inzwischen für den Nachlaß ein Kurator bestellt. Daß diese Kuratorbestellung, zumindest für die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens, den Nachlegataren hinreichende Sicherung ihrer Ansprüche bietet, muß der Rekurswerber in seinem Rechtsmittel selbst zugestehen. Ob Gefährdungen durch die erblasserische Witwe abgewendet hätten werden können, falls der Kurator bereits früher bestellt worden wäre, muß nicht untersucht werden, weil bei der Entscheidung nur vom derzeitigen Stand ausgegangen werden kann. Derzeit kann aber Verfügungen über den Nachlaß ausschließlich der Nachlaßkurator treffen, bezüglich dessen der Rekurswerber keinerlei Bedenken vorbringt. Solange dieser Kurator bestellt ist, liegen also die Voraussetzungen des § 812 ABGB für eine Nachlaßseparation und die Bestellung eines weiteren Kurators nicht vor.

Der Rekurswerber macht nun geltend, durch die Einantwortung des Nachlasses würde die mit der Bestellung eines Nachlaßkurators verbundene Sicherung verlorengehen. Ohne auf die Frage einzugehen, ob durch die Einantwortung der Nachlaßkurator automatisch seine Befugnisse verliert, oder ob es hiezu einer ausdrücklichen Enthebung durch das Gericht bedarf, ist dem Rekurswerber dahin beizupflichten, daß die Bestellung des Nachlaßkurators über die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens hinaus keine absolute Sicherung bis zum allfälligen Eintritt des Substitutionsfalles bieten kann, weil die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens auf jeden Fall auch die Beendigung der Funktion des Nachlaßkurators früher oder später nach sich ziehen muß. Die Sicherung durch den Nachlaßkurator wird allerdings durch jene Maßnahmen ersetzt, die das Gesetz zugunsten Substitutionsberechtigter vorschreibt. Nach § 158 Abs 1 AußStrG müssen nämlich Substitutionen auf die ihnen unterworfenen Güter in den öffentlichen Büchern eingetragen werden. Diese Eintragung bewirkt also die Veröffentlichung des Rechtes des Substituten. Sie hat demnach im Ergebnis die selbe Wirkung, wie eine im Grundbuch erfolgte Anmerkung einer Separation. Daraus ergibt sich aber, daß durch die Bestimmung des § 158 Abs 1 AußStrG die Rechte des Nachlegatars hinreichend gesichert werden, weshalb es der von ihm angestrebten zusätzlichen Maßnahme nicht bedarf. Davon, daß das Verlassenschaftsgericht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßen würde, kann nicht ausgegangen werden.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 812 ABGB hat demnach das Rekursgericht den Antrag des Dr. Gernot W*** mit Recht abgewiesen.

Anmerkung

E14233

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00576.88.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19880519_OGH0002_0070OB00576_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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