TE OGH 1988/5/19 6Ob13/88

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Veröffentlicht am 19.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Handelsregistersache der zu HRB 1197 des vom Landesgericht Innsbruck geführten Handelsregisters eingetragenen Verhältnisse der Marmor A*** Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in Breitenbach am Inn, wegen amtswegiger Löschung der Gesellschaft, infolge Revisionsrekurses des Gesellschaftsgläubigers Peter M***, Pensionist, Kufstein, Herzog-Erich-Straße 4, vertreten durch Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 30. Dezember 1987, GZ 3 R 367/87-29, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 26. November 1987, GZ HRB 1197-24, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Registergericht hat aus Anlaß einer Auflösung der eingetragenen Gesellschaft m.b.H. wegen Nichtanpassung an die durch die GmbHG-Novelle 1980 aufgestellten Erfordernisse von Amts wegen das Amtslöschungsverfahren durch Bekanntgabe der Löschungsabsicht unter Bestimmung einer einmonatigen Widerspruchsfrist eingeleitet, die Zustellung der Aufforderung zur allfälligen Erhebung eines Widerspruches an die Gesellschaft verfügt, von einer Einschaltung der Löschungsankündigung in die Bekanntmachungsblätter aber abgesehen. Nach angenommenem Ablauf der Widerspruchsfrist (ein Rückschein über die Zustellung der Aufforderung an die betroffene Gesellschaft ist in den rekonstruierten Akten nicht enthalten) verfügte das Registergericht die Löschung der Gesellschaft. Nach der Bekanntmachung dieser Löschungsanordnung erhob ein Gesellschaftsgläubiger mit der Behauptung Widerspruch, die Annahme der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft treffe nicht zu, die Gesellschaft habe Maschinen und Handelsware in erheblichem Umfang an einem näher bezeichneten Ort eingelagert. Für den Fall der Nichtstattgebung des Widerspruches erhob der Gesellschaftsgläubiger gegen die Löschungsanordnung Rekurs.

Das Registergericht wies den Widerspruch des Gesellschaftsgläubigers mangels Widerspruchsberechtigung und wegen Verspätung zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Dabei ließ das Rekursgericht die Streitfragen nach der Widerspruchs- und Rechtsmittelbefugnis eines Gesellschaftsgläubigers bei unterbliebener Veröffentlichung der gerichtlichen Löschungsabsicht sowie nach der Angemessenheit der Widerspruchsfrist ausdrücklich offen. Als tragende Begründung für die Bestätigung der Zurückweisung des Widerspruches führte das Rekursgericht aus, der Rechtsmittelwerber habe im Rekursschriftsatz das Vorhandensein eines noch verwertbaren Gesellschaftsvermögens nicht behauptet, seine Verweisung auf den Inhalt des Widerspruchsschriftsatzes stelle keine gesetzmäßige Rekursausführung dar und sei deshalb unbeachtlich. In der Zwischenzeit hat der Oberste Gerichtshof den rekursgerichtlichen Beschluß auf Zurückweisung des vom Gesellschaftsgläubiger gegen die Löschungsverpflichtung erhobenen Rekurses aufgehoben (6 Ob 4/88 = ON 34) und das Rekursgericht hat in Stattgebung des vom Gesellschaftsgläubiger gegen die Löschungsanordnung erhobenen Rechtsmittels diese Verfügung und deren Eintragung aufgehoben und dem Registergericht aufgetragen, über den Widerspruch des Gesellschaftsgläubigers nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden. Das Registergericht hat die Aufhebung der amtswegigen Löschung in das Handelsregister eingetragen, eine Zustellung der Rekursentscheidung aber bisher offensichtlich unterlassen und den Rekurs gegen die zweitinstanzliche Bestätigung der Zurückweisung des Widerspruches vorgelegt.

Die über die Löschungsanordnung ergangene Rekursentscheidung ist zwar durch eine entsprechende Eintragung in das Handelsregister vollzogen worden, aber mangels Zustellung an den Rechtsmittelwerber und die sonstigen Beteiligten diesen gegenüber noch nicht wirksam geworden. Das Fortbestehen einer Beschwer kann daher nicht verneint werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aber mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes zurückzuweisen. Das Rekursgericht hat den Inhalt des an ihn gerichteten Rekurses insoweit als unbeachtlich angesehen, als er bloß durch Verweisung auf eine frühere Eingabe mittelbar zum Gegenstand des Rekursvorbringens gemacht werden sollte. Diese Auslegung der Inhaltserfordernisse eines im Außerstreitverfahren erhobenen Rechtsmittels ist streng, begründet aber keinen mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoß, inbesondere kann nicht von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs und damit von einer Hintansetzung der Grundsätze eines fairen Rechtsmittelverfahrens gesprochen werden, da dem Rechtsmittelwerber die Ausführung eines der nicht unvertretbaren Auffassung des Rekursgerichtes entsprechenden Rechtsmittels offengestanden wäre.

Der gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz erhobene Rekurs war daher zurückzuweisen.

Die damit formell in Rechtskraft erwachsene Zurückweisung des vom Rechtsmittelwerber gegen die Ankündigung der Löschungsabsicht erhobenen Widerspruches ist allerdings durch den später ergangenen Auftrag des Rekursgerichtes an das Registergericht, über die beabsichtigte Löschung der Gesellschaft nach Prüfung der im Widerspruch des Gesellschaftsgläubigers vorgebrachten Tatumstände neuerlich zu entscheiden, verfahrensrechtlich überholt und vom Augenblick der Wirksamkeit des rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses an gegenstandslos.

Ist nämlich die Löschungsverfügung aufgehoben, muß vor einer neuerlichen Entscheidung über die beabsichtigte Löschung der Gesellschaft wegen der Pflicht zur amtswegigen Erhebung aller wesentlichen Umstände auch auf Tatsachenvorbringen in einem allenfalls verspäteten oder von einer allenfalls nicht zum formellen Widerspruch berechtigten Person erhobenen Widerspruch Bedacht genommen werden (vgl. Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A12 § 141 Rz 10; Jansen FGG2, § 141 Rz 15 und Bassenge in Bassenge/Herbst Komm. z FGG/RpflG4

§ 141 Anm. 5 Buchst. a) bb).

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß im vorliegenden Fall die Fragen zur Ausfüllung des Begriffes der angemessenen Frist zur Geltendmachung des Widerspruches nach § 2 Abs 2 ALöschG im Sinne der dreimonatigen Mindestfrist des § 141 Abs 1 letzter Satz FGG (welche Auslegung im deutschen Schrifttum überwiegend abgelehnt wird; vgl. zB Hachenberg-Ulmer GmbHG7 § 60 Anh. Rz 26; Rowedder-Rasner GmbHG Anh. § 60 Rz 12) sowie zum Widerspruchsrecht eines Gesellschaftsgläubigers im Falle unterbliebener fakultativer Bekanntmachung der Löschungsabsicht (dafür zB Scholz-Karsten-Schmidt GmbHG6 Anh. § 60 Rz 16; Rowedder-Rasner aaO; Winkler aaO Anh. § 144 b Rz 8; aA vor allem Hachenberg-Ulmer aaO Rz 27 und Jansen, aaO, § 144 Anh. II Rz 7) nicht erheblich sind.

Anmerkung

E14470

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00013.88.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19880519_OGH0002_0060OB00013_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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