TE OGH 1988/5/31 11Os41/88

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Veröffentlicht am 31.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter Kurt L*** und andere wegen des Verbrechens nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 (a.F.), 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Peter Kurt L*** und Annemarie K*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 8.Oktober 1987, GZ 13 Vr 811/87-81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Ott, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten Peter Kurt L*** und Annemarie K*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 7.Dezember 1957 geborene Bauarbeiter Peter Kurt L*** und das am 9.August 1959 geborene Stubenmädchen Annemarie K*** (neben einer weiteren Angeklagten) zu Punkt A/ des Urteilssatzes des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB, und darüberhinaus Peter Kurt L*** zu Punkt B/ des Urteilssatzes des Vergehens des Eingriffes in ein fremdes Jagd- und Fischereirecht nach dem § 137 StGB sowie Annemarie K*** zu Punkt E/ des Vergehens der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Die erwähnten Angeklagten bekämpfen diese Schuldsprüche jeweils mit auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden. Die getrennt ausgeführten Rechtsmittel stimmen mit Ausnahme des Vorbringens zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO wörtlich überein und können daher größtenteils gemeinsam behandelt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdeführer gehen zunächst fehl, soweit sie unter im Gesetz nicht vorgesehener bedingter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z 3 StPO behaupten, dem Urteil könne nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden, welcher Taten sie schuldig befunden wurden (§ 260 Abs. 1 Z 1 StPO) und von welchen Anklagepunkten ein Freispruch erging. Denn dem Urteilsspruch ist klar zu entnehmen, daß Peter Kurt L*** nicht nur - wie in der Beschwerde behauptet - von den Anklagefakten I/, II/ 3/ und VI/ der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wels vom 5.Jänner 1987, sondern auch von den Anklagepunkten VII/ und VIII/ gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde (Punkt BB/ I/ bis V/ des Urteilssatzes). Die Angeklagte Annemarie K*** wieder war - dem Beschwerdevorbringen zuwider - zu Punkt II/ der Anklageschrift nicht angeklagt. Ihr Freispruch betraf die Anklagepunkte I/, VI/ und - was die Beschwerde außer acht läßt - den Anklagepunkt VII/ der Anklageschrift (Punkte BB/ I/, II/ und III/ des Urteilssatzes). Im übrigen wären die Beschwerdeführer mangels insoweit ergangener Schuldsprüche selbst bei Unterbleiben entsprechender (formeller) Freisprüche nicht beschwert.

Die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) erschöpft sich - in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) sowie der Art und des Umfanges der gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - im wesentlichen in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Gerichtshof zur Überführung der Angeklagten verwerteten belastenden Angaben der Mitangeklagten Michaela U*** und sohin - bei gleichzeitiger Übergehung bedeutsamer Darlegungen des Urteils - in einem unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Die - infolge des bezüglichen Freispruches (AS 369/III) der Beschwerdeführer nicht

entscheidungswesentliche - Urteilsfeststellung, wonach Michaela U*** in Gesellschaft entweder des Peter Kurt L***, der Annemarie K*** oder des Josef H*** ua Ende April 1985 in Untersee der Erna E*** einige Liter Superbenzin stahl (AS 378/II), steht mit der Verantwortung der Annemarie K***, sie habe U*** im April 1985 noch gar nicht gekannt (AS 229; 241/II), nicht im Widerspruch, zumal das Erstgericht insoweit - im übrigen in Übereinstimmung mit der Urteilsannahme, daß die Beschwerdeführer "etwa ab Mai 1985" mit U*** und den Eheleuten H***

befreundet waren, die Bekanntschaft der Angeklagten U*** mit Peter Kurt L*** und dem gesondert verfolgten Josef H*** aber bereits in das Frühjahr 1985 reicht (AS 375; 408,

409/II) - klarstellt, daß K*** an diesem Diebstahl mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beteiligt war (AS 421/II). Auch den insoweit belastenden Angaben der Romana H*** vom 7.Mai 1986 vor der Gendarmerie (AS 102/I) kommt im Hinblick auf den erwähnten Freispruch der Beschwerdeführer keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (AS 407; 420, 421/II).

Die Behauptung, der Schöffensenat habe "die Täterschaft anderer als der Angeklagten K*** und L*** (allgemein) ausgeschlossen", findet im Urteil ebensowenig Deckung wie der Einwand, die Diebsbeute sei jeweils "verteilt" worden. Denn zum einen hielt der Schöffensenat aufgrund der als glaubwürdig beurteilten Verantwortung der Mitangeklagten U*** (AS 391/II) und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Tathandlungen in den Zeitraum enger freundschaftlicher Kontakte aller Beteiligten fielen, die damals auf ein gemeinsames Ziel, nämlich den Betrieb des Hauses K*** "hinarbeiteten" (AS 398/II), bloß die Verantwortung der Beschwerdeführer für widerlegt, U*** habe die zugestandenen Straftaten in Gesellschaft anderer Mittäter begangen (AS 399; 424, 425/II). Zum anderen bringt der Schöffensenat insbesondere die Einbruchsdiebstähle in das Bauernhaus B*** (bei dem ua Besteck gestohlen wurde) und in das Gasthaus A*** (bei dem die Beute überwiegend aus lange haltbaren Lebens- und Genußmitteln bestand) denkrichtig und lebensnah in Verbindung mit dem geplanten Betrieb des Hauses K*** (AS 390, 391/II). Dem steht aber - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht entgegen, daß U*** einen Teil der Diebsbeute aus dem Einbruch in das Gasthaus A***, an dem sie nicht beteiligt war, zum Eigenverbrauch an sich brachte (Schuldspruch C/ des Urteilssatzes).

Mit der - ausdrücklich zum Gegenstand der Rechtsrügen (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO) gemachten und zur Diebstahlsqualifikation unter ausdrücklicher Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO wiederholten - Behauptung, dem Urteil seien Feststellungen über die subjektive Tatseite nicht zu entnehmen, übergehen die Beschwerdeführer jene Feststellungen, wonach sie - auch in Ansehung aller angenommenen Diebstahlsqualifikationen - vorsätzlich und mit der im § 127 Abs. 1 StGB geforderten Bereicherungstendenz handelten (AS 377/II). Die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrügen, die ein Festhalten an dem gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den daraus abgeleiteten Nachweis erfordern, daß dem Erstgericht bei der Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ein Rechtsirrtum unterlaufen sei, entbehren sohin der gesetzmäßigen Darstellung.

Die vom Schöffensenat zur subjektiven Tatseite getroffenen Urteilsannahmen sind aber - dem Beschwerdevorbringen zuwider - auch nicht unzureichend begründet. Denn das Erstgericht zog aus dem objektiven Verhalten der Beschwerdeführer denkmögliche und lebensnahe Rückschlüsse auf ihre subjektive Einstellung (AS 389/II). Inneres Vorhaben ist jedoch in der Regel nur im Weg einer Schlußfolgerung feststellbar, wobei dieser Schluß in erster Linie aus dem nach außen hin in Erscheinung getretenen Verhalten des Täters gezogen werden muß.

Unzutreffend ist auch der Einwand der Beschwerdeführer, der Schöffensenat habe unkritisch die Verantwortung der Mitangeklagten U*** zum Teil zur Begründung der Schuldsprüche herangezogen, zum Teil aber ungeachtet dieser belastenden Angaben Freisprüche gefällt. Solcherart setzen sich die Beschwerdeführer über die gesamte, zu jedem einzelnen Faktum ausführlich dargelegte Beweiswürdigung des Schöffensenates hinweg und übergehen insbesondere auch die Darlegungen, wonach bei den von Michaela U*** verübten Benzin- und Leergebindediebstählen (Punkte A/ I/ und BB/ I/ und II/ des Urteilssatzes) sowie beim Milchdiebstahl zum Nachteil des Rudolf J*** (BB/ III/ des Urteilssatzes) nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, wer jeweils an den einzelnen Taten beteiligt war (AS 421/II; 440/II), und wonach die Angaben der Michaela U*** zum Anklagefaktum A/ II/ 3/ insgesamt "zu vage" waren, um darauf einen Schuldspruch zu gründen (AS 440/II). Nicht eine "unzutreffende Mengenangabe" führte zum Freispruch des Angeklagten Peter Kurt L*** vom Anklagefaktum A/ VIII/ der Anklageschrift, sondern die Aussage der Michaela U***, L*** habe nur ein Probestück eines Kabels abgeschnitten, keineswegs aber die inkriminierten 33 m MBU-Kabel gestohlen (AS 440, 441/II). Mit dem Einwand, die Feststellungen zum Einbruchsdiebstahl im Gasthaus A*** seien unzureichend begründet, stellen die Beschwerdeführer einmal mehr nicht auf den Urteilsinhalt ab, sondern übergehen, daß der Schöffensenat diesen Schuldspruch nicht nur auf die als glaubwürdig erachteten und in der Frage der Diebsbeute mit der Anzeige übereinstimmenden Angaben der Mitangeklagten U*** stützt, sondern auch auf den Umstand, daß bei diesem Einbruchsdiebstahl ein Bolzenschneider verwendet wurde und bei dem gesondert verfolgten Josef H*** tatsächlich ein Bolzenschneider sichergestellt werden konnte (dessen Besitz H*** in Abrede stellte), und daß sich überdies bei H*** ein Pfandschein fand, der ein aus diesem Einbruch stammendes Fernglas betraf (AS 434; 414 ff/II). Von einem Begründungsmangel entscheidungswesentlicher Urteilsfeststellungen kann darum keine Rede sein. Das Vorbringen der Beschwerdeführer stellt sich vielmehr neuerdings als hier unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung dar. In Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO behaupten die Beschwerdeführer das Vorliegen der Voraussetzungen des § 42 StGB, und zwar Peter Kurt L*** zum Schuldspruch wegen Vergehens des Eingriffes in ein fremdes Jagd- und Fischereirecht nach dem § 137 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes), die Angeklagte Annemarie K*** zum Schuldspruch wegen Vergehens der Unterschlagung nach dem § 134 Abs. 1 StGB (Punkt E des Urteilssatzes).

Die Beschwerdeführer übersehen, daß der Heranziehung des § 42 StGB bei diesen an sich zwar geringfügigen Delikten im Zusammenhalt mit dem übrigen, den Gegenstand des Schuldspruches bildenden Tatverhalten der Angeklagten nach Lage des Falles schon spezialpräventive Gründe entgegenstünden, wobei dahingestellt bleibt, ob bei den Beschwerdeführern angesichts der ihnen zur Last liegenden weiteren strafbaren Handlungen überhaupt von geringer Schuld gesprochen werden könnte.

Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die beiden Angeklagten Peter Kurt L*** und Annemarie K*** jeweils nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Peter Kurt L*** in der Dauer eines Jahres und über Annemarie K*** unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Z 5 StGB in der Dauer von vier Monaten, wobei dieser Angeklagten die Strafe gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend bei beiden Angeklagten die zweifache Qualifikation des Diebstahls zum Einbruchsdiebstahl, die Qualifikation zum schweren Diebstahl und das Zusammentreffen des Verbrechens des Diebstahls mit einem Vergehen, beim Angeklagten L*** überdies die einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung der diebischen Angriffe, als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten ihre geständige Verantwortung zu den Vergehenstatbeständen und den Umstand, daß die Taten schon längere Zeit zurückliegen, bei der Angeklagten K*** darüber hinaus den geringen Wert des unterschlagenen Gutes. Die Angeklagten L*** und K*** streben mit ihren Berufungen jeweils eine Herabsetzung der Strafe an, Annemarie K*** auch eine Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe bzw eine Verkürzung der Probezeit auf ein Jahr.

Auch den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt. Sie wurden auch ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Den Berufungsschriften ist demgemäß auch kein neuer Aspekt zu entnehmen, der die Taten in milderem Licht erscheinen lassen könnte. Die über die beiden Angeklagten verhängten Strafen sind daher in ihrem Ausmaß tat- und tätergerecht.

Dem Begehren der Angeklagten K*** auf Anwendung des § 37 StGB und auf Kürzung der Probezeit konnte schon aus spezialpräventiven Gründen nicht entsprochen werden.

Den Berufungen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E14055

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00041.88.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19880531_OGH0002_0110OS00041_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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