TE OGH 1988/6/15 1Ob561/88

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Veröffentlicht am 15.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Roswitha B***, Verkäuferin, Dölsach 82, vertreten durch Dr. Josef Hippacher, Rechtsanwalt in Lienz, wider den Antragsgegner Stefan B***, Hilfsarbeiter, Dölsach 82, vertreten durch Dr. Paul Ladurner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 2. Februar 1988, GZ 1 b R 18/88-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Lienz vom 22. Oktober 1987, GZ F 1/84-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Antragsgegner weiters verpflichtet wird, der Antragstellerin längstens bis 30. September 1989 eine Ausgleichszahlung von S 80.000,- bei Exekution zu bezahlen.

Die Kosten des Verfahrens aller Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung:

Die 1941 und 1929 geborenen Streitteile schlossen am 27. Oktober 1962 die Ehe. Über Klage und Widerklage schied das Landesgericht Innsbruck mit Urteil vom 9. November 1983, 14 Cg 525/81-52, zugestellt am 18. November 1983, die Ehe der Streitteile; es sprach aus, daß die Schuld der Antragstellerin überwiege. Dieses Urteil wurde in der Hauptsache nur von der Antragstellerin mit dem Antrag bekämpft, die Widerklage des Antragsgegners abzuweisen. Das Oberlandesgericht Innsbruck gab dieser Berufung mit Beschluß vom 24. Mai 1984, 1 R 24/84-58, Folge. Es hob das Urteil im Rahmen der Anfechtung auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck zurück. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. Oktober 1985, 14 Cg 302/84-111, bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 30. September 1986, 1 R 217, 218/86-134, und des Obersten Gerichtshofes vom 12. Mai 1987, 2 Ob 557/87-119, wurde erneut ausgesprochen, daß das Verschulden der Antragstellerin überwiege. Aus der Ehe entstammen vier Kinder, Stefan, geboren 17. Februar 1963, Gerhard, geboren 3. März 1968, und die Zwillinge Andrea und Evelyn, geboren 5. November 1970. Stefan ist bereits verheiratet; er und seine Gattin sowie die anderen Kinder leben in der seinerzeitigen Ehewohnung mit der Antragstellerin im gemeinsamen Haushalt in dem dem Antragsgegner gehörenden und schon in die Ehe eingebrachten, im Jahre 1939/40 errichteten Haus Dölsach 82. Zwischen 1970 und 1981 wurden Fremdenzimmer vermietet. Im Laufe der Ehe haben die Streitteile verschiedene Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten am Haus durchgeführt, eine Garage errichtet, den Garten nach einer Hochwasserkatastrophe neu angelegt, zwei Zimmer für die Privatzimmervermietung eingerichtet und ein Jugendzimmer angeschafft. Die Bauinvestitionen hatten 1979 einen Wert von S 96.017,-, die Garage einen solchen von S 47.190,-, die Neuanlegung des Gartens von S 15.000,-. Diese Investitionen erfolgten durch die Mittel beider Streitteile sowie einer Erbsentfertigung der Antragstellerin von S 40.000,-. Auch Verwandte wendeten Geldmittel zu, sie arbeiteten zum Teil auch mit. Der Antragsgegner ist von Beruf Bauhilfsarbeiter. Er war, abgesehen von Zeiten gelegentlicher branchenüblicher Winterarbeitslosigkeit, stets berufstätig. Sein Verdienst kam in eine von der Antragstellerin verwaltete gemeinsame Kasse, der Antragsgegner entnahm ihr nicht übermäßig Geld für seine persönlichen Bedürfnisse. Neben der Haushaltsführung, der Versorgung der Kinder und der jeweils in der Sommersaison durchgeführten Privatzimmervermietungen hatte die Antragstellerin durch verschiedene Nebenbeschäftigungen nahezu ständig ein geringes Einkommen in wechselnder Höhe erzielt. Der Hausrat ist bescheiden, der Schätzwert der wesentlichen Möbel betrug 1979 S 20.940,-. Aus ehelichen Ersparnissen bestand 1980 ein Sparbuch mit einem Stand von S 10.000,- und zu einem vom Erstgericht nicht näher festgestellten Zeitpunkt ein weiteres Sparbuch mit einem Einlagenstand von S 20.000,-. Der Antragsgegner ließ sich nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft aus diesen Mitteln die Zähne behandeln; den Rest verbrauchte er im Laufe der Zeit für Ausgaben des täglichen Lebens und den Unterhalt der Kinder. Soweit während der Ehe österreichische Silbermünzen angespart wurden, wurden diese für die Kinder angelegt. Die Kinder mit Ausnahme des Sohnes Stefan haben diese Münzen zwischenzeitig auch erhalten. Die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgte im September 1979. Der Antragsgegner wohnt in einem ihm von der Antragstellerin zugewiesenen Zimmer im Haus Dölsach 82.

Mit dem am 2. August 1984 eingebrachten Antrag begehrt die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse derart, daß ihr am Haus Dölsach 82 das lebenslänglichen Fruchtgenußrecht und das Eigentumsrecht an Mobiliar und Hausrat zuerkannt werde; Ausgleichszahlungen von welcher Seite auch immer hätten zu entfallen. In dem am 24. September 1986 eingebrachten Schriftsatz ON 13 begehrte sie erstmals neben der Einräumung des Fruchtgenußrechtes eine Ausgleichszahlung, die sie vorläufig mit dem Betrag von S 150.000,- bezifferte. Der Antragsgegner wendete ein, es entspräche nicht der Billigkeit, der Antragstellerin ein Fruchtgenußrecht auf Lebenszeit einzuräumen, er sei nur mit einem solchen bis zur Volljährigkeit der Zwillinge einverstanden.

Das Erstgericht räumte der Antragstellerin am Haus Dölsach 82 mit Ausnahme des vom Antragsgegner derzeit benützten Zimmers (ehemaliges eheliches Schlafzimmer), des Abstellraumes und des WCs im Kniestock ein Fruchtgenußrecht bis 30. November 1989 ein und übertrug ihr das sonstige eheliche Gebrauchsvermögen mit Ausnahme der Einrichtung des vom Antragsgegner benützten Zimmers und des Abstellraumes im Kniestock in das alleinige Eigentum. Es erkannte die Antragstellerin schuldig, spätestens bis 30. November 1989 das Haus Dölsach von den ihr gehörigen und ihr zugewiesenen Fahrnissen zu räumen. Den Antrag auf Zuerkennung einer Ausgleichszulage wies es ab. Es sprach aus, daß die ehelichen Ersparnisse dem Antragsgegner verbleiben. Es berücksichtigte, daß beide Ehegatten etwa gleich zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse beigetragen hatten. Die Ehewohnung unterliege auch dann der Aufteilung, wenn sie von einem Teil in die Ehe eingebracht worden sei, der andere aber zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse darauf angewiesen sei. Dies sei bei den gegebenen Umständen so lange anzunehmen, als die Antragstellerin in ihrem Haushalt die noch minderjährigen und noch nicht selbsterhaltungsfähigen Zwillinge pflege und erziehe. Diese würden am 5. November 1989 volljährig. Es sei auf Grund ihrer Lehrausbildung anzunehmen, daß sie dann auch selbsterhaltungsfähig sein werden. Eine längerdauernde Obdachlosigkeit der Antragstellerin sei dann nicht mehr zu befürchten. Es werde ihr möglich sein, eine für sie geeignete Wohnmöglichkeit zu beschaffen. Es werde nicht übersehen, daß es für die Antragstellerin eine gewisse Härte bedeute, aus der Ehewohnung ausziehen zu müssen. Es wäre aber auch nicht billig, den Antragsgegner, der immer als Bauhilfsarbeiter gearbeitet und die Liegenschaft mit dem Haus in die Ehe eingebracht habe, praktisch zu enteignen. Ein lebenslängliches Fruchtgenußrecht würde bei dem gegebenen Altersunterschied und der durchschnittlich längeren Lebenserwartung von Frauen nichts anderes bedeuten. Das Begehren auf Festsetzung einer Ausgleichszahlung sei verfristet. Es wäre auch nicht berechtigt, weil der Antragstellerin fast das gesamte sonstige eheliche Gebrauchsvermögen zufalle.

Gegen diesen Beschluß erhob nur die Antragstellerin Rekurs. Soweit dies noch für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung ist, begehrt sie weiterhin die Einräumung eines lebenslänglichen Fruchtgenußrechtes und die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung von S 150.000,-, die Teilung der ehelichen Ersparnisse derart, daß die im Safe der L*** S*** verwahrten Münzen nach dem Verkehrswert geteilt werden oder ihr dafür der Betrag von zumindest S 50.000,- zuerkannt werde sowie aus der Lebensversicherung bei der Versicherungsanstalt M*** die Zuweisung des halben Betrages der Versicherungssumme von S 100.000,-.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,- übersteige; den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Die Frist des § 95 EheG sei eine materiellrechtliche Fallfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führe. Auch wenn über das Verschulden noch nicht rechtskräftig im Scheidungsstreit entschieden worden sei, beginne die Frist des § 95 EheG bereits mit der Teilrechtskraft des Ausspruches über die Ehescheidung. Diese sei am 16. Dezember 1983 eingetreten. Der erstmals im Schriftsatz ON 13 vom 24. September 1986 gestellte Antrag, der Antragstellerin zusätzlich eine Ausgleichszahlung von S 150.000,- zuzuerkennen, sei daher verfristet, so daß selbst unter Beurteilung, daß sie insgesamt gering höherwertige Leistungen als der Antragsgegner erbracht habe, für sie nichts zu gewinnen sei. An den im Scheidungsurteil erfolgten Verschuldensausspruch sei der Außerstreitrichter im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gebunden. Bis Ende November 1989 werde die Antragstellerin durch rund zehn Jahre fast das gesamte Haus des Antragsgegners zur Verfügung haben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände, weiters der Tatsache, daß für die Annahme einer mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit der Zwillinge über den 30. November 1989 hinaus keine Anhaltspunkte gegeben seien, die Antragstellerin auch keineswegs mangels Arbeitsplatzes der Bedürftigkeit ausgeliefert sei und schließlich nach Rechtsprechung und Lehre das Verschulden an der Eheauflösung, das in überwiegendem Maße die Antragstellerin treffe, keineswegs außer acht gelassen werden dürfe, könne es dem Erstgericht nicht als rechtliche Fehlbeurteilung angelastet werden, wenn es dem Antrag der Antragstellerin, ihr am Wohnhaus samt Garage und Außenanlagen ein lebenslängliches Fruchtgenußrecht einzuräumen, nicht entsprach, sondern dieses mit 30. November 1989 befristete. Gemäß § 10 AußStrG sei es den Parteien zwar unbenommen, im Rekurs neue Umstände und Beweismittel anzuführen, sie könnten jedoch auch im Rekurs das vorliegende Tatsachenmaterial nur ergänzen oder berichtigen, dürfte aber nicht von den bisherigen Behauptungen abweichende oder solche Tatsachenbehauptungen vortragen, die bisher überhaupt noch nicht aufgestellt worden seien. Das Neuerungsrecht des § 10 AußStrG gehe nicht so weit, daß im Rekursverfahren noch neue Sachanträge gestellt werden könnten. Da Entscheidungsgrundlage für das Rekursverfahren die Sachlage zum Zeitpunkt der Fällung der angefochtenen Entscheidung sei, verbleibe für ein solch neues Tatsachenvorbringen eines Rekurswerbers kein Platz. Daraus ergebe sich, daß die Ausführungen zur Einbeziehung auch der halben Versicherungssumme unbeachtlich bleiben müßten. Dazu komme, daß das Gericht nur jene Vermögensgegenstände aufzuteilen habe, wegen deren Aufteilung es von den ehemaligen Gatten angerufen worden sei. Innerhalb der Fallfrist des § 95 EheG sei eine Aufteilung des nunmehr behaupteten Versicherungsvermögens von der Antragstellerin nie begehrt worden, so daß auch dieser Anspruch jedenfalls erloschen sei. Gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes über die vorhandenen Münzen bestünden keine Bedenken.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist teilweise berechtigt. Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse u.a. dann, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe gerichtlich geltend gemacht wird. Es handelt sich dabei um eine materiellrechtliche Fallfrist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt (EFSlg 49.033; SZ 55/192 u.a.; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 95 EheG; Schwind, Eherecht2 339). Die Jahresfrist des § 95 EheG beginnt bereits mit der formellen Rechtskraft des Teilurteiles über den Ausspruch der Scheidung, auch wenn die endgültige Abwägung der Verschuldensfrage dem Endurteil vorbehalten blieb (MietSlg 38.003; EFSlg 49.036, 41.444; SZ 55/34; SZ 55/26; Pichler aaO Rz 2 zu § 95 EheG). Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs trat bereits am 16. Dezember 1983 Teilrechtskraft des Scheidungsurteiles des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. November 1983, 14 Cg 525/81-52, ein. Mit diesem Urteil schied das Erstgericht die Ehe der Streitteile über auf § 49 EheG gestützte Klage und Widerklage aus dem Verschulden beider Teile, sprach aber aus, daß das Verschulden der Antragstellerin überwiegt. Nur die Antragstellerin bekämpfte dieses Urteil mit Berufung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung der Widerklage des Antragsgegners. Der Antragsgegner erhob kein Rechtsmittel. Damit war sowohl der Scheidungsausspruch als auch die Beurteilung, daß den Antragsgegner ein Verschulden treffe, in Rechtskraft erwachsen (EFSlg 51.617, 48.776 u.a.). Im zweiten Rechtsgang hätte daher infolge eingetretener Rechtskraftwirkung, wonach den Antragsgegner ein Verschulden an der Zerrüttung treffe, nicht mehr das Gegenteil ausgesprochen werden können. Der am 24. September 1986 mittels Schriftsatzes erstmals gestellte Antrag der Antragstellerin, zusätzlich zu der fristgerecht begehrten Einräumung des lebenslänglichen Fruchtgenußrechtes am Hause Dölsach 82 eine Ausgleichszahlung zuzuerkennen, war daher gemäß § 95 EheG verfristet (MietSlg 37.673).

Eine andere Frage ist es aber, ob, weil dem Teilungsantrag der Antragstellerin auf Grund gestellter Gegenanträge nicht zur Gänze Folge gegeben wurde, die Vorinstanzen nicht von Amts wegen hätten beurteilen müssen, ob dem Antragsgegner eine billige Ausgleichszahlung aufzuerlegen sei. Der Teilungsantrag nach § 230 AußStrG bestimmt den Verfahrensgegenstand in Ansehung der der Entscheidung unterworfenen Vermögensteile, ist aber für die zu treffende Anordnung nur relativ bindend. Das Gericht kann auch nicht beantragte Anordnungen treffen (MietSlg 38.701, 37.674, 37.673, 35.683; SZ 53/81 u.a.). Ob und auf welche Zeit der Antragstellerin, die die der Aufteilung unterliegenden Vermögensbestandteile schon in ihrem Antrag anführte, ein Fruchtgenußrecht am Hause Dölsach 82 auf Grund eines rechtsgestaltenden Aktes einzuräumen war, betraf nicht den Umfang, sondern die Art der Aufteilung. Waren die Vorinstanzen der Ansicht, daß bei Widerstreit der Teilungsvorschläge dem Teilungsvorschlag der Antragstellerin nicht zur Gänze Folge gegeben werden konnte, waren sie daher von Amts wegen verpflichtet zu prüfen, ob zur Vermeidung eines unbilligen Ergebnisses der Naturalaufteilung dem Antragsgegner nicht gemäß § 94 Abs 1 EheG eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen sei (EFSlg 51.818).

Entgegen den Rekursausführungen, mit der noch immer die Einräumung eines lebenslänglichen, noch dazu unentgeltlichen Fruchtgenußrechtes am gesamten Haus Dölsach 82 angestrebt wird, ist der Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Billigkeit entspräche nur die Einräumung eines zeitlich begrenzten Fruchtgenußrechtes am Großteil der seinerzeitigen Ehewohnung, beizutreten. Für die Anordnung der Vorinstanzen spricht die Einbringung der Liegenschaft durch den Antragsgegner, sein weiter bestehendes alleiniges Eigentumsrecht, der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens der Antragstellerin an der Zerrüttung der Ehe, die Größe des Hauses, das zur Vermietung von Fremdenzimmern geeignet ist und früher auch dazu zum Teil verwendet wurde, die baldige Selbsterhaltungsfähigkeit selbst der jüngsten Kinder, die Berufstätigkeit der Antragstellerin, die es ihr erleichtern wird, eine andere Wohnmöglichkeit zu finden, sowie der im § 90 EheG normierte Bewahrschutz, wonach dingliche Rechte nur dann begründet werden dürfen, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann. Eine Aufteilung derart, daß beide Streitteile im Hause verbleiben könnten, scheitert an der Vorschrift des § 84 EheG, wonach die Aufteilung so vorgenommen werden soll, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten möglichst wenig berühren. Daß eine abgesonderte Benützung von Räumen des Hauses in einer solchen Form möglich wäre, wurde nicht behauptet; ihre Undurchführbarkeit ergibt sich schon aus den derzeitigen Benützungsverhältnissen. Soweit die Annahme der Vorinstanzen bekämpft wird, die zuletzt geborenen Zwillinge, die eine Lehre absolvieren, würden nicht bereits mit Erreichung der Volljährigkeit selbsterhaltungsfähig, die Vorinstanzen hätten auch unzulässigerweise Beweisanbieten der Antragstellerin übergangen und hätten unrichtige Feststellungen über die vorhandenen Ersparnisse getroffen, wird weder eine Nichtigkeit noch der einzige im Gesetz als zulässig genannte Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht. Der Antragstellerin, der ohnedies der (allerdings eher bescheidene) Hausrat zugesprochen wurde, kann es daher sehr wohl zugemutet werden, rund sechs Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsausspruches die seinerzeitige Ehewohnung zu verlassen. Da die Antragstellerin mit ihrem Teilungsvorschlag nur zum Teil Erfolg hat, sie aber zur auch zum Zeitpunkt der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft noch bestehenden Werterhöhung der Liegenschaft beigetragen hat, entspricht es der Billigkeit, ihr gemäß § 94 Abs 1 EheG eine Ausgleichszahlung zuzuerkennen. Was deren Höhe betrifft, so ist zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin eine Erbsentfertigung von S 40.000,- für Investitionen verwendete, daß bei Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Werterhöhung der Liegenschaft des Antragsgegners durch Investitionen und Verbesserungen von S 160.000,- eingetreten war, zum Zeitpunkt der Auflösung der häuslichen Gemeinschaft der Antragsgegner über Ersparnisse von höchstens S 30.000,- verfügen konnte, auf der anderen Seite aber, daß die Antragstellerin den Hausrat mit einem Gesamtwert von S 20.000,- erhält und insgesamt durch rund sechs Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, wenn auch gemeinsam mit den Kindern das Haus ohne Entgelt weiter benützen kann (vgl. EFSlg 46.414). Eine einmalige, zwei Monate vor der Räumung der Ehewohnung zu leistende Ausgleichszahlung von S 80.000,- ist, auch wenn man annähme, daß die Antragstellerin durch die Pflege und Erziehung der vier ehelichen Kinder, die Führung des Haushaltes, Verrichtung einer Teilzeitbeschäftigung sowie Arbeiten im Zusammenhang mit der Privatzimmervermietung mehr als der Antragsgegner belastet war und dadurch einen höheren Beitrag als der meist unter der Woche auswärts tätige Antragsgegner leistete (vgl. Gimpel-Hinteregger in JBl 1986, 562), angemessen. Mit diesem Betrag und der ihr zugeteilten Einrichtung muß es ihr möglich sein, eine nur ihren Bedürfnissen entsprechende Wohnmöglichkeit zu finden. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher dahin abzuändern, daß der Antragstellerin auch noch eine Ausgleichszahlung von S 80.000,- zuerkannt wird.

Da die Streitteile mit ihren entgegengesetzten Anträgen nicht jeweils zur Gänze durchdringen, entspricht es im Sinne des § 234 AußStrG der Billigkeit, die Kosten sämtlicher Instanzen gegeneinander aufzuheben.

Anmerkung

E14586

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00561.88.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19880615_OGH0002_0010OB00561_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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