TE OGH 1988/6/30 12Os57/88

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Veröffentlicht am 30.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Sieglinde S*** wegen des Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 22.Dezember 1987, GZ 34 b Vr 2623/87-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwalts Dr. Kodek und des Kommissärs Dr. Leimer als Vertreter des (durch die Nichtigkeitsbeschwerde in seinen Rechten betroffenen) Bundesministeriums für Inneres zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 22.Dezember 1987, GZ 34 b Vr 2623/87-70, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 381 Abs. 2 StPO.

Text

Gründe:

In der Strafsache gegen die am 24.September 1960 geborene österreichische Staatsbürgerin Sieglinde S*** wegen des Verbrechens nach §§ 12 Abs. 1 SGG und 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 34 b Vr 2623/87 des Landesgerichtes Linz, wurde die Beschuldigte nach Bewilligung ihrer Auslieferung aus den Niederlanden zur Strafverfolgung im Inland am 26.März 1987 durch einen Beamten des Bundesministeriums für Inneres in Amsterdam abgeholt und am Flughafen Wien-Schwechat Polizeiorganen übergeben (ON 21 des Strafaktes).

Am 13.April 1987 ersuchte das Bundesministerium für Inneres um Refundierung der Kosten dieser Dienstreise in der Höhe von 11.875 S (ON 46 a).

Mit Beschluß vom 22.Dezember 1987 wies der Untersuchungsrichter diesen Antrag entgegen der zustimmenden Äußerung der Staatsanwaltschaft (S 3 a r) im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Eskortierung der Beschuldigten von Amsterdam nach Wien im Sinn des § 26 StPO als (grundsätzlich unentgeltliche) Rechtshilfe des Bundesministeriums für Inneres zu beurteilen sei und eine Sonderbestimmung für die Übernahme der für Eskorten im Auslieferungsverfahren aufgelaufenen Kosten nicht bestehe (ON 70). Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde mit Rechtsmittelbelehrung (S 403 a) unter anderem dem Bundesministerium für Inneres zugestellt, das von seiner Beschwerdebefugnis allerdings keinen Gebrauch machte. Die Staatsanwaltschaft Linz verzichtete auf Rechtsmittel (S 3 a t verso).

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluß des Untersuchungsrichters steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

§ 26 StPO (aF) normierte in näherer Ausführung des Art. 22 B-VG die Verpflichtung aller Bundes-, Landes- und Gemeindebehörden, den Strafgerichten "hilfreiche Hand" zu bieten und ihren Ersuchen mit möglichster Beschleunigung zu entsprechen. Über die Kosten dieser Rechtshilfe wurde damit jedoch ebensowenig ausgesagt, wie mit der Neufassung des § 26 StPO durch das StRÄG 1987. Die diesbezügliche Regelung findet sich vielmehr im § 381 StPO, dessen Abs. 2 bei den im Abs. 1 aufgezählten Kosten des Strafverfahrens zwischen solchen, die vom Bund (dh im gegebenen Zusammenhang vom Gericht) vorgeschossen werden (Z 1, 2, 4-6) und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist (3, 7 und 8) unterscheidet. Gerade die unterschiedliche Regelung zu den jeweils Bundesbehörden betreffenden Z 3 und 4 macht deutlich, daß im letzteren Fall grundsätzlich die aufgelaufenen Kosten vorläufig (bis zum Rückersatz durch die kostenpflichtige Partei) vom Gericht zu tragen sind. Die Behörden, Ämter und Anstalten, für deren Auskünfte, Befunde und Gutachten von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei eine Vergütung einzuheben ist, die aber nicht ihnen zufließt, sondern von den Gerichtsbehörden für den Bundesschatz vereinnahmt wird, erbringen diese Leistungen für die Gerichtsbarkeit eben nicht unentgeltlich, weil sie dazu nach § 26 StPO verpflichtet wären (vgl. demgegenüber etwa auch § 380 Abs. 2 StPO), sondern gemäß der Bestimmung des § 381 Abs. 2 StPO. Dieser zufolge werden aber ua nach Z 4 die durch eine Auslieferung des Beschuldigten aus einem fremden Staat verursachten Kosten vom Bund vorgeschossen, dh sie sind von den Gerichten jener staatlichen Dienststelle, bei der sie aufgelaufen sind, zu ersetzen. Da die dem in Rede stehenden Beschluß zugrunde liegende (unangefochten gebliebene) Auffassung, daß die im Zuge einer Auslieferung auflaufenden Überstellungskosten mangels entsprechender Sonderregelung als Ausfluß unentgeltlicher Rechtshilfe nicht refundierbar seien, mithin dem Gesetz nicht entspricht, war diese Gesetzesverletzung aus den dargelegten Erwägungen auf Grund der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß festzustellen.

Anmerkung

E14291

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00057.88.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19880630_OGH0002_0120OS00057_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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