TE OGH 1988/7/14 6Ob588/88

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Veröffentlicht am 14.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Angst und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerda J***, Angestellte, 1090 Wien, Porzellangasse 21/4, vertreten durch Dr. Christian Jelinek und Dr. Johannes Hübner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Karin R***, Hauseigentümerin, 1190 Wien, Lannerstraße 25 B, vertreten durch Dr. Martha Friedmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 260.000,-- S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Jänner 1988, GZ 41 R 600/87-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. September 1987, GZ 42 C 147/86g-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat mit der Beklagten als Eigentümerin des Hauses in Wien 9., Porzellangasse 21, am 7.12.1982 einen Mietvertrag über die Wohnung top.Nr.4 in diesem Hause, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Vorzimmer, Dusche und WC, abgeschlossen. Darin wurde unter anderem festgehalten:

"....... Der frei vereinbarte Hauptmietzins......

beträgt......monatlich S 1.640.

..... Das Mietobjekt ist vollständig neu adaptiert und komplett

neu eingerichtet. Der Bestandnehmerin wird das Recht eingeräumt,

innerhalb von 10 Jahren die Wohnung weiterzugeben.

..... Als Kündigungsgründe gelten die im MRG 1982 angeführten."

Die Klägerin zahlte gegen Erhalt des Mietvertrages an die Beklagte 280.000 S. Dieser Betrag wurde von ihr als Gegenleistung für die von der Beklagten im Bestandobjekt durchgeführten Investitionen verlangt und bezahlt, er war nicht als Mietzinsvorauszahlung gedacht oder gewidmet. Die Klägerin erhielt auch Möbel zur Verfügung gestellt. Ein Kündigungsverzicht wurde nicht vereinbart.

Am 11. (richtig: 10.) 8.1983 stellte die Klägerin beim Magistratischen Bezirksamt für den 9.Bezirk (Schlichtungsstelle) den Antrag auf Überprüfung des Hauptmietzinses, welchen sie am 1.7.1986 wieder zurückgezogen hat.

Mit ihrer am 20.3.1986 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin letztlich (ON 6, AS 21) von der Beklagten die Rückzahlung des Betrages von 260.000 S sA mit der Behauptung, es habe sich insoweit um eine gemäß § 27 MRG ungültige und verbotene "Ablösezahlung" gehandelt.

Die Beklagte hielt dem entgegen, ihre eigenen Leistungen für das Bestandobjekt hätten den von der Klägerin gezahlten Betrag sehr erheblich überschritten. Sie habe nämlich die an die Klägerin vermietete Wohnung durch Zusammenlegung zweier Wohnungen neu adaptiert und mit neuen Möbeln ausgestattet. Der Umbau und die Instandsetzung beider Wohnungen habe Investitionen von insgesamt 369.145,71 S erfordert. Hiefür habe die Beklagte im Rahmen eines Wohnungsverbesserungskredites zwei Darlehen und zur Errichtung einer Gasetagenheizung einen weiteren Kredit aufgenommen. Aus Eigenmitteln habe die Beklagte neue Einrichtungsgegenstände um insgesamt 62.982,86 S beschafft und die an die Klägerin vermietete Wohnung damit ausgestattet (ON 6, AS 19 f). Schließlich wandte die Beklagte auch noch die Verjährung der Klagsforderung ein (ON 5, AS 15). Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Begehren der Klägerin zur Gänze statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht, es liege eine gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG ungültige und verbotene Zahlung vor, weil es sich dabei weder um eine echte Mietzinsvorauszahlung noch um eine gemäß § 27 Abs 2 lit b MRG vom Verbot ausgenommene Zahlung gehandelt habe. In der Einräumung eines bloßen Weitergaberechtes sei kein Verzicht auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG zu erblicken. Die von der Beklagten getätigten Investitionen dürften dem Mieter nach dem Willen des Gesetzgebers nur im Wege des Hauptmietzinses angelastet werden. Die Beklagte habe im übrigen wohl darauf hingewiesen, daß sie der Klägerin Möbel "zur Verfügung gestellt" habe. Es sei aber von ihr nicht einmal vorgebracht worden, daß sie die Möbel der Klägerin verkauft habe. Sie könne daher von dieser ein Entgelt für die Überlassung der Möbel nur in Form eines angemessenen Entgeltes gemäß den §§ 15 Abs 1 Z 4, 25 MRG im Rahmen des Hauptmietzinses fordern. Der Rückforderungsanspruch der Klägerin sei schon deshalb nicht verjährt, weil die Verjährung während der Dauer des von ihr bei der Schlichtungsstelle anhängig gemachten Verfahrens über die Höhe des Mietzinses gehemmt gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens sowie einer nicht wirksam bekämpften Beweiswürdigung und billigte auch dessen Rechtsansicht über das Vorliegen einer gemäß § 27 Abs 1 Z 1 und 5 MRG ungültigen und verbotenen Ablösevereinbarung. Das Berufungsgericht führte aus, mangels Behauptung eines Ausnahmetatbestandes sei von der Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes auszugehen. Im Anwendungsbereich des § 16 MRG seien aber Einmalzahlungen selbst dann dem § 27 Abs 1 Z 1 oder 5 MRG zu unterstellen, wenn der laufend zulässige Mietzins nicht ausgeschöpft wurde, außer sie wären von den Vertragsteilen von vornherein bestimmten Zeiten zugeordnet worden, wenn also eine echte Mietzinsvorauszahlung vorläge. Dies gelte auch, wenn die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs 1 MRG zulässig gewesen wäre. Auch in einem solchen Fall dürfe sich der Vermieter nur die dem Vormieter gemäß § 10 MRG abgelösten Investitionen abgelten lassen, nicht aber auch die Abgeltung seiner eigenen Investitionen begehren, die ja bereits durch den Mietzins abgegolten würden.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten in Richtung eines Verkaufes von Einrichtungsgegenständen an die Klägerin stelle eine unzulässige Neuerung dar. Die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren niemals behauptet, daß ein Teil des von der Klägerin geleisteten Betrages als Kaufpreis für die von der Beklagten beschafften Möbel bezahlt worden oder es zu einer Übereignung dieser Gegenstände an die Klägerin gekommen sei. Auch aus der "unpräjudiziellen" Klagseinschränkung lasse sich diesbezüglich nichts Konkretes ableiten. Im Schlichtungsstellenverfahren seien beide Parteien einvernehmlich von "mitgemieteten Gegenständen" ausgegangen.

Seinen Ausspruch über die Zulassung der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Auffassung, auf die von der Beklagten in erster Instanz erhobene Verjährungseinrede müsse von ihm im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nicht mehr Bedacht genommen werden, weil die Beklagte auf sie in ihrer Berufung nicht mehr zurückgekommen sei, eine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage darstelle.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.

Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Mit der Mängelrüge zeigt die Beklagte keinerlei Verstöße des Berufungsgerichtes gegen die Prozeßgesetze auf. Sie macht damit vielmehr ausschließlich - dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zugehörige - angebliche Feststellungsmängel in bezug auf die von ihr getätigten Investitionen geltend.

Soweit die Beklagte in ihrer Rechtsrüge darauf beharrt, die von

ihr für den Mietgegenstand erbrachten "Komfortinvestitionen"

stellten eine gleichwertige Gegenleistung dar, weshalb die

vereinbarte und geleistete Ablösezahlung insoweit nicht dem Verbot

des § 27 Abs 1 MRG unterliege, so vermag sie damit keinen im Sinne

des § 503 Abs 2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrund aufzuzeigen. Die

gegensätzliche Rechtsansicht des angefochtenen Urteiles steht

nämlich für den Anwendungsbereich des § 16 MRG mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Einklang (EvBl 1986/29 = MietSlg. 37.387/17; ImmZ 1985, 333 = MietSlg. 37.383; ImmZ. 1986, 252 = MietSlg. 37.384; MietSlg. 38.404, 38.411/48 = JBl 1988, 110). Nur soweit der Mietzins unbeschränkt vereinbart werden darf, also auf das Mietverhältnis § 16 MRG nicht anwendbar ist, kann auch eine Einmalleistung nicht dem § 27 MRG unterstellt werden (Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 27 MRG; derselbe in Korinek-Krejci, HBzMRG 385). § 16 MRG wäre aber nur auf solche Mietobjekte unanwendbar, die nicht Mietgegenstand im Sinne des Mietrechtsgesetzes sind, also bei solchen nach § 1 Abs 2 bis 4 MRG und überdies auch bei begünstigter Rückzahlung nach § 12 Abs 3 RBG (Würth aaO Rz 4 zu § 16 MRG und 339 FN 25). Für eine Wohnungsmiete, die - wie hier - in den Geltungsbereich des § 1 Abs 1 MRG fällt, besteht aber eine Vermutung für die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes, die nur durch den Nachweis eines konkreten Ausnahmetatbestandes gemäß § 1 Abs 2 bis 4 MRG widerlegt werden könnte (Würth aaO Rz 1 zu § 1 MRG; SZ 21/125; JBl 1965, 424; MietSlg. 33.256/8, 34.368, 37.220/37). Einen derartigen Nachweis hat die Beklagte nicht einmal anzutreten versucht.

Im Gegensatz zur Meinung des Berufungsgerichtes und der Beklagten stellt es auch keine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Frage des Verfahrensrechtes dar, ob deren erstinstanzliche Verjährungseinrede vom Gericht zweiter Instanz aufgrund der Rechtsrüge der Berufung noch zu überprüfen gewesen wäre. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß das Berufungsgericht auf eine in erster Instanz erhobene, in der Berufung aber - wie hier - nicht mehr aufrecht erhaltene Einwendung der Verjährung (trotz des sonst geltenden Grundsatzes, daß bei gesetzmäßig erhobener Rechtsrüge die Sache nach allen rechtlichen Richtungen hin zu prüfen ist) auch unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht mehr Bedacht nehmen darf (Klang in Klang2 VI, 669; Schubert in Rummel, ABGB Rz 1 zu § 1501; SZ 19/262; SZ 37/184; SZ 49/3; SZ 52/133; SZ 53/11 uva).

Mit ihren weiteren Ausführungen wendet sich die Beklagte der Sache nach gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, den beiderseitigen Prozeßvorbringen in erster Instanz lasse sich nicht die Übernahme von Möbeln oder Einrichtungsgegenständen in das Eigentum der Klägerin entnehmen. Damit wird ebenfalls keine im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Frage des Verfahrensrechtes angesprochen. Auch die Beklagte vermag nämlich nicht in Abrede zu stellen, daß sie in erster Instanz keine ausdrücklichen Behauptungen über den Rechtsgrund oder die Festlegung eines bestimmten Preises für die Überlassung von Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen an die Klägerin aufgestellt, sondern vielmehr in diesem Zusammenhang immer nur von der durch sie erfolgten "Ausstattung" der an die Klägerin vermieteten Wohnung mit neuen Möbeln bzw. Einrichtungsgegenständen gesprochen hat. Sie vermeint lediglich, ein "Kauf" der Möbel ergebe sich bereits aus der Klagseinschränkung und aus den Angaben der Klägerin im Schlichtungsstellenverfahren. Die Frage, ob hier das von der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Klagseinschränkung erstattete Sachvorbringen überhaupt in Richtung einer im Einvernehmen zwischen den Parteien erfolgten Übernahme der Möbel, also im Sinne einer endgültigen Sachüberlassung, zu deuten gewesen wäre, und solches allenfalls Rückwirkungen auf das fehlende Sachvorbringen der Beklagten haben könnte, ist aber so stark auf die Verhältnisse des konkreten Falles abgestellt, daß die Beantwortung dieser Rechtsfrage keine brauchbaren Anhaltspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fälle erwarten läßt. Sie kann daher im Rahmen der vorliegenden (Grundsatz-)Revision nicht geprüft werden. Auf die Sachbehauptungen der Parteien in einem anderen Verfahren kann es jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht ankommen.

Die Revision war aus den genannten Gründen schon mangels Ausführung eines gemäß § 503 Abs 2 ZPO beachtlichen Anfechtungsgrundes zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung, in der auf den Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen worden ist, gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E14880

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00588.88.0714.000

Dokumentnummer

JJT_19880714_OGH0002_0060OB00588_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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