TE OGH 1988/8/4 13Os104/88

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Veröffentlicht am 04.08.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.August 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Hörburger, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Helmut W*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 23.Dezember 1987, GZ 6 b Vr 8202/84-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO. das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden.

Text

Gründe:

Der Juwelengroßhändler Helmut W*** wurde des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG. schuldig erkannt, weil er, beginnend mit 31.März 1977 und endend am 16.April 1980, in Wien vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Abgabe unrichtiger, Erlös und Gewinn zu gering ausweisender Steuererklärungen samt zugehöriger Bilanzen, eine in zu niedriger Festsetzung bzw. zu Unrecht erfolgter Gutschrift gelegene Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, nämlich Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1975 bis 1978 sowie Umsatzsteuer für die Jahre 1975 und 1976 in der Gesamthöhe von 2,875.910 S bewirkt hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a, sachlich auch 9 lit b StPO. geltend.

Auf die einleitende Darlegung eines Abrisses des gesamten Vorfalls aus der Sicht des Angeklagten für den "Berufungssenat" muß mangels einer darin liegenden Geltendmachung einer Nichtigkeit eine Antwort entfallen.

Es stellt keinen formalen Begründungsmangel dar, wenn das Urteil sich teilweise eng an die Anzeige des Finanzamts anlehnt, ist doch die Wortwahl der Entscheidungsgründe dem Erstgericht nicht vorgeschrieben (§ 270 Abs 1 Z. 5 StPO.).

Wenn der Beschwerdeführer jegliche Begründung für bestimmte festgestellte Hinterziehungsbeträge (Gewerbesteuer 1975, Einkommensteuer 1976, Gewerbesteuer 1976, Einkommensteuer für 1977 und 1978) vermißt, ist er auf die Abgabenfestsetzungen in den urteilsmäßig erfaßten unrichtigen Bescheiden und in den nach Wiederaufnahme des Veranlagungsverfahrens neu ergangenen Bescheiden (S. 209 f.) sowie auf die Korrektur der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer für die Jahre 1976 und 1978 auf Grund abweichender Beurteilung von Rechtsfragen, zu verweisen (S. 211). Die Differenz zwischen den Zahllasten der ursprünglich irrig ergangenen Bescheide unter allfälliger Hinzurechnung von Beträgen auf Grund unrichtiger Lösung von Rechtsfragen, die dem Angeklagten nicht vorgeworfen wurden, sowie den nach Wiederaufnahme ergangenen Bescheiden und den darin enthaltenen Abgabenbeträgen ergibt präzis die im Urteil angeführten Verkürzungsbeträge. Ein Schreib-, Diktat- oder sonstiger Fehler, wie ihn der Angeklagte vermutet, liegt nicht vor. Dem Gericht kam es weiters nicht zu, Verkürzungsbeträge, die es selbst nicht festgestellt hat, die aber in der Anzeige zu finden waren, näher zu begründen.

Der Schluß des Erstgerichts, daß der Angeklagte Schwarzgeld durch fingierte Darlehensaufnahmen in seinen Betrieb einbringen wollte, wird umfassend erörtert und begründet. Soweit der Beschwerdeführer meint, daß er bei wirklicher Steuerunehrlichkeit nicht diesen umständlichen Weg, sondern einen günstigeren gewählt hätte, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel auf. Er negiert dabei überdies, daß es der Schöffensenat als erwiesen ansah, daß er Darlehen in derartiger Höhe fingierte, als er Schwarzgeld seinem Betrieb zuführte.

Dem Schöffengericht stand es frei, aus der ursprünglich unwahren, später im Gerichtsverfahren geänderten Verantwortung des Angeklagten Schlüsse auch nachteiliger Art für diesen zu ziehen. Wenn der Rechtsmittelwerber den festgestellten Verkürzungsvorsatz mit angeblich anderen Motiven zu erschüttern sucht, bekämpft er gleichfalls nur unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffensenats, ohne einen technischen Begründungsfehler in der Bedeutung der Z. 5 geltend zu machen. Dasselbe gilt für die Überlegungen, daß eine Zinsenvereinbarung fehlte, daß die Darlehen bar ausbezahlt wurden und daß die angeblich teilweise in fremder Währung gezahlten Kredite keine runden Schillingbeträge ergeben haben. Welche Gebräuche aber bei Einkäufen im südostasiatischen Raum herrschen, ist für die Abgabenverkürzung in Österreich und die hiezu vorgetäuschte Darlehensgewährung ohne Belang.

Soweit die, ähnlich einer Schuldberufung, weitwendigen Beschwerdeausführungen auf Fehlleistungen von Behörden, von Gerichten, aber auch von Privaten verweisen, wird verkannt, daß dem Angeklagten nicht Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz zur Last liegt. Die erstmalige Vorweisung von Belegen, Kassenbüchern und Kopien der Buchhaltung betreffend das Privatkonto im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde stellt eine unzulässige Neuerung dar. Im übrigen wurde in erster Instanz zutreffend erkannt, daß das Gericht im Finanzstrafverfahren vom Bestehen der sich aus den rechtskräftigen Bescheiden über die endgültige Abgabenfestsetzung dem Grund und der Höhe nach ergebenden Abgabenschuld als Tatsache auszugehen hat (verstärkter Senat: SSt. 48/36). Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer gegen diese Abgabenfestsetzung im Strafverfahren maßgebliche Einwendungen nicht erhoben. Die Rechtsrüge (Z. 9 lit a) besagt einleitend, daß sie die festgestellte subjektive Tatseite, nämlich den angenommenen Vorsatz, anficht. Dadurch wird aber die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht, weil sie von den Feststellungen des Urteils ausgehen und diese mit dem angewendeten Gesetz zu vergleichen hätte. Entgegen den weiteren Ausführungen zur Z. 9 lit a ist übrigens als erwiesen angenommen, daß zum buchhaltungsmäßigen Ausgleich der tatsächlich in die Firma eingeflossenen Gelder fingierte Darlehen von Verwandten und Freunden ausgewiesen wurden.

Der Einwand der Verjährung (sachlich Z. 9 lit b) erschöpft sich im Hinweis auf eine fünfjährige und eine zehnjährige Verjährungsfrist (§ 31 Abs 2 und 5 FinStrG.), ohne konkrete Bezugnahme auf den vorliegenden Straffall. Solcherart ist die Beschwerde nicht substantiiert. Abgesehen davon übersieht der Beschwerdeführer dabei einerseits das urteilsmäßig (S. 207) festgestellte Ende des Tatzeitraums (16.April 1980) und den ersten gerichtlichen Verfolgungsschritt gegen den Angeklagten (16.Juli 1984: S. 1 verso). Andrerseits negiert er, daß zur Aburteilung des vorliegenden Finanzvergehens das Gericht zuständig ist und daß in diesem Fall die absolute Verjährungsfrist fünfzehn Jahre beträgt (§ 31 Abs 5 FinStrG. i.d.F.d. Nov. 1985). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO., teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach Z. 1 der zitierten Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO. in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Anmerkung

E14794

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0130OS00104.88.0804.000

Dokumentnummer

JJT_19880804_OGH0002_0130OS00104_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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