TE OGH 1988/9/6 11Os101/88

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Veröffentlicht am 06.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Erwin G*** wegen des Vergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit a FinStrG über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16.Mai 1988, GZ 25 Vr 4.632/86-25, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Strasser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Im Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 16.Mai 1988, GZ 25 Vr 4632/86-25, verletzt der Ausspruch, daß das Zollamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Kosten des Strafverfahrens zu tragen hat, das Gesetz in der Bestimmung des § 228 FinStrG.

Dieser Ausspruch und der darauf beruhende Beschluß vom 31. Mai 1988 über die Pauschalkostenbestimmung werden aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck wird mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluß über die Bestimmung des Pauschalkostenbeitrages auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16.Mai 1988, GZ 25 Vr 4632/86-25, wurde Erwin G*** von einer vom Zollamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz als Subsidiarankläger im Sinn des § 48 Z 3 StPO aufrecht erhaltenen Anklage wegen des Vergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit a FinStrG zufolge Unzuständigkeit "des Gerichtes" (richtig: der Gerichte) "gemäß § 259 Z 3 StPO (§ 214 Abs. 2 FinStrG)" freigesprochen. Angemerkt sei hiezu, daß der Freispruch allein auf § 214 FinStrG zu stützen gewesen wäre, weil diese spezielle Norm vor der Wahrnehmung anderer Freispruchsgründe zum Zuge kommt (siehe Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Finanzstrafgesetz, Anm 1 und 4 zu § 214) und die in den Urteilsgründen enthaltenen, übrigens von einem seit der Finanzstrafgesetznovelle 1985 nicht mehr aktuellen Gesetzestext ausgehenden Erwägungen über die Reichweite des § 53 Abs. 4 FinStrG die maßgebende Frage der gerichtlichen Strafbarkeit eines Finanzvergehens zu Unrecht auf ein prozessuales Kompetenzproblem reduzieren (siehe hiezu SSt 53/41 und SSt 55/25). In diesem Urteil wurde unter Bezugnahme auf § 390 (Abs. 1) StPO auch ausgesprochen, daß das Zollamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Kosten des Strafverfahrens zu tragen habe.

Mit Beschluß vom 31.Mai 1988 setzte das Gericht den vom Kostenersatzpflichtigen zu leistenden Pauschalkostenbeitrag mit 2.000 S fest (Punkt 11/ der Endverfügung ON 26). Diese Entscheidung wurde nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft dagegen Beschwerde erhob, in welcher sie eine Erhöhung des Pauschalkostenbeitrages anstrebte (ON 28). Die Anklagebehörde führte unter Hinweis auf den Verfahrensumfang ins Treffen, daß "die wirtschaftlichen Verhältnisse des kostenpflichtigen Subsidiaranklägers" (gemeint ist hier offenbar entweder das Zollamt Klagenfurt und damit eine vom Bund eingerichtete sowie erhaltene Behörde oder aber der Bund selbst) eine höhere Festsetzung des Pauschalbetrages zuließen. Über diese Beschwerde hat das Oberlandesgericht Innsbruck noch nicht entschieden.

Rechtliche Beurteilung

Der urteilsmäßige Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Zollamtes Klagenfurt steht mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil gemäß dem § 228 FinStrG die als Ankläger an Stelle des Staatsanwalts einschreitende Finanzstrafbehörde nicht zum Ersatz der Strafverfahrenskosten verurteilt werden darf.

Dieser gesetzwidrige Ausspruch betrifft zwar nicht den rechtskräftig freigesprochenen Angeklagten, jedoch ergibt sich insoweit aus den abstrakten Möglichkeiten einer Wiederaufnahme des Verfahrens zum Nachteil des Freigesprochenen und einer diesbezüglichen Verfahrensbeendigung mit Schuldspruch auch eine denkbare nachteilige Auswirkung der Kostenentscheidung, weil auf diesem Wege die solcherart erwachsenden Auslagen der Finanzstrafbehörde dem schuldig gesprochenen Angeklagten zur Last fallen könnten (§ 227 Abs. 1 FinStrG).

Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E15093

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00101.88.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19880906_OGH0002_0110OS00101_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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