TE OGH 1988/9/6 6Ob613/88 (6Ob614/88)

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Veröffentlicht am 06.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dipl.Ing. Erich K***, Kaufmann, 3500 Krems an der Donau, Untere Landstraße 14, vertreten durch Dr. Walter Kossarz, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei Ilse I***, Kauffrau, 3500 Krems an der Donau, Bahnhofplatz 17, vertreten durch Dr. Wolfgang Taussig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Unterlassung (führender Akt 2 C 81/87; Streitwert S 6.000,--) und Aufkündigung (verbundener Akt 2 C 91/87; Streitwert S 69.600,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgerichtes vom 25. März 1988, GZ R 1, 3/88-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 12. Oktober 1987, GZ 2 C 81/87-6, im führenden Akt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil in seinen Aussprüchen zu Punkt 2) und 3) des Spruches wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.117,92 bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 644,62 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist zu zwei Drittel, seine Schwester

Dkfm. Dr. Cornelia S*** zu einem Drittel Eigentümer der Liegenschaft EZ 214 KG Krems mit dem Haus in Krems an der Donau, Spänglergasse 2 a. Die beiden Miteigentümer schlossen am 19. Juni 1970 eine Benützungsvereinbarung, derzufolge der Kläger allein berechtigt ist, die gesamte Liegenschaft zu nutzen und sämtliche Verwaltungshandlungen zu setzen, wofür er seiner Schwester ein Benützungsentgelt zu zahlen hat.

Mit Mietvertrag vom 31. Oktober 1973 vermietete der Kläger die in diesem Haus ebenerdig gelegenen Räumlichkeiten, und zwar einen Verkaufsraum im Ausmaß von 28,5 m2, den dahinter befindlichen Raum im Ausmaß von 37 m2 sowie den Hofraum bis zur Verengung, ab 1. September 1973 auf unbestimmte Zeit an die Beklagte zum Betrieb eines Hutgeschäftes gegen einen wertgesicherten monatlichen Mietzins von S 3.275,-- zuzüglich Umsatzsteuer.

Punkt V. dieses Mietvertrages lautet:

"Dieser Vertrag gilt auch beiderseits für jeweilige Rechtsnachfolger, jedoch mit der Beschränkung, daß eine Untervermietung nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Vermieters zulässig ist."

Anläßlich des Vertragsabschlusses wurde nicht ausdrücklich darüber gesprochen, daß auch eine Unternehmensverpachtung oder eine Unternehmensübertragung unter diesen Punkt fallen soll. Der Punkt V. des Mietvertrages wurde vielmehr überhaupt nicht näher erörtert. Die Beklagte betrieb in den von ihr gemieteten Räumlichkeiten bis Jahresende 1986 selbst ein Hutgeschäft. Bereits am 12. August 1986 schloß sie mit der Alfred W*** OHG auf unbestimmte Zeit einen ab 1. Jänner 1987 beginnenden "Pachtvertrag" über das von ihr betriebene gesamte Unternehmen. Dessen Gegenstand waren die zum Unternehmen gehörigen und von ihr gemieteten Geschäftsräumlichkeiten, die darin befindlichen Einrichtungsgegenstände sowie der Kundenstock des Unternehmens und sonstige Unternehmensbestandteile bzw. Unternehmenszubehör. Die Beklagte verzichtete ausdrücklich auf eine Aufkündigung oder vorzeitige Auflösung des Pachtverhältnisses, ausgenommen den Fall, daß die Pächterin mit mehr als zwei Monatspachtzinsen in Verzug wäre und diese trotz eingeschriebener schriftlicher Mahnung unter Setzung einer mindestens vierwöchigen Nachfrist nicht bezahlt. Der Pächterin wurde - frühestens zum 31. Dezember 1993 (im Ersturteil offenbar irrig: 1983) - das Recht zur Aufkündigung des Pachtverhältnisses zum 30. Juni und 31. Dezember eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer mindestens sechsmonatigen Kündigungsfrist eingeräumt. Als Pachtzins für den Zeitraum vom 1. Jänner 1987 bis 30. November 1993 wurde ein Betrag von monatlich S 3.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer sowie der Ersatz des von der Beklagten zu entrichtenden Hauptmietzinses vereinbart. Ab 1. Dezember 1993 sollte der monatliche Pachtzins nur mehr S 500,-- zuzüglich Umsatzsteuer betragen. Es war Sache der Beklagten, die Dienstverhältnisse mit ihren Dienstnehmern auf eigene Kosten rechtzeitig aufzulösen. Die Pächterin stellte eine Neuanstellung der Dienstnehmer zwar in Aussicht, doch bedurfte dies einer gesonderten Vereinbarung mit den Dienstnehmern. Die Pächterin übernahm auch das vorhandene Warenlager zum Buchwert. Sollte dieser S 350.000,-- übersteigen, wurde der Übernahmspreis mit S 350.000,-- festgesetzt. Die Pächterin übernahm vereinbarungsgemäß eine Betriebspflicht, sollte allerdings berechtigt sein, die ihr im Rahmen der Unternehmensführung dienlich erscheinenden Umstrukturierungen vorzunehmen sowie den Unternehmensgegenstand zu erweitern oder zu verkleinern. Weiters wurde die Pächterin berechtigt, Unterverpachtungen durchzuführen oder Nutzungsrechte am Pachtgegenstand für die Dauer des Pachtverhältnisses einzuräumen. Die Recht und Pflichten aus dem Pachtvertrag sollten auf Seite der beiden Vertragspartner auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen. Die Pächterin wurde berechtigt, im Falle der Veräußerung ihres Unternehmens oder von Teilen ihres Unternehmens das Pachtverhältnis an die betreffenden Rechtsnachfolger zu übertragen.

Das Motiv der Pächterin für den Abschluß des Pachtvertrages lag darin, daß sie einerseits ein Geschäftslokal zum Verkauf der von ihr erzeugten Hüte benötigte und andererseits das Geschäft der Beklagten in Krems bereits im Herrenhutmodenbereich eingeführt war und die Pächterin auch den Kundenstock übernehmen konnte. Die Angestellten der Beklagten wurde von der Pächterin wiederum neu eingestellt. Diese führt das Unternehmen der Beklagten in derselben Branche und mit im wesentlichen gleichem Sortiment weiter. Das Unternehmen wurde deshalb nicht verkauft, sondern nur verpachtet, weil dies für die Beklagte steuerliche Vorteile brachte und für die Pächterin der bisherige Mietzins gemäß dem zwischen den Streitteilen geschlossenen Mietvertrag ohne Neufestsetzung bestehen blieb.

Derzeit hat die Tochter der Beklagten kein Interesse an der Führung des Hutgeschäftes. Falls sie in Zukunft ein solches Interesse haben sollte, so besteht für die Beklagte keine Möglichkeit, den Pachtvertrag zu kündigen. Darüber müßte zwischen der Beklagten und der Pächterin verhandelt werden, wobei es allein im Belieben der Letzteren steht, einem solchen Ansinnen zuzustimmen oder nicht.

Mit der zu AZ 2 C 81/87 des Erstgerichtes am 19. März 1987 eingelangten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß die Beklagte durch die ausschließliche Gebrauchsüberlassung über die von ihr gemieteten Geschäftsräumlichkeiten ohne Zustimmung des Vermieters im Wege des am 12. August 1986 mit der Alfred W*** OHG abgeschlossenen Pachtvertrages den Mietvertrag vom 31. Oktober 1973 im Punkt V. verletzt habe. Die Beklagte sei schuldig, jede Untervermietung dieses Geschäftslokales oder sonstige Gebrauchsüberlassung an Dritte zu unterlassen. Der Kläger begründete dies damit, mit dieser Mietvertragsklausel hätte jede Weitergabe der Miet- und Benützungsrechte durch die Mieterin an dritte Personen unterbunden werden sollen. Die von der Beklagten vorgenommene Unternehmensverpachtung beinhalte auch die Untervermietung der von ihr gemieteten Geschäftsräumlichkeiten. Darin liege nach Meinung der Beklagten keine Unternehmensveräußerung, sodaß der Kläger von der Pächterin im Sinne des § 12 Abs 3 MRG keinen angemessenen Mietzins verlangen könne. Die bereits 55 Jahre alte Beklagte, die ihre Gewerbeberechtigung zurückgelegt habe, beabsichtige nicht mehr eine (Wieder-)Eröffnung des von ihr im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens.

Die Beklagte hielt dem entgegen, sie habe durch den Abschluß des Pachtvertrages nicht gegen die Bestimmung des Punktes V. des Mietvertrages verstoßen, weil dieser lediglich eine Untervermietung von der ausdrücklichen Zustimmung des Vermieters abhängig mache. Das vom Kläger gestellte Feststellungsbegehren müsse schon am Fehlen des erforderlichen rechtlichen Interesses des Klägers scheitern, weil dieser zugleich ein Unterlassungsbegehren erhoben habe. Zu K 7/87 (jetzt 2 C 91/87) des Erstgerichtes - eingelangt am gleichen Tag - kündigte der Kläger der Beklagten das von ihr gemietete Bestandobjekt im Hinblick auf den von ihr abgeschlossenen Pachtvertrag zum 31. Dezember 1987 aus den Kündigungsgründen des § 30 Abs 1 und Abs 2 Z 4 und 7 MRG auf. Dagegen erhob die Beklagte fristgerecht Einwendungen.

Mit Beschluß vom 12. Mai 1987 (ON 5, AS 15) verband das Erstgericht beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktes 2 C 81/87. Es hob schließlich die Aufkündigung des Klägers vom 23. März 1987 als unwirksam auf (Punkt 1 des Urteilsspruches) und gab dem Feststellungs- und Unterlassungsbegehren statt (Punkt 2 des Urteilsspruches). Das Erstgericht traf im wesentlichen die eingangs geschilderten Feststellungen und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht für die noch in Rede stehenden beiden Begehren zum führenden Akt, es liege eine Unternehmensverpachtung vor, die nach Sinn und Zweck vom mietvertraglichen Untervermietungsverbot erfaßt werde. Da die Beklagte sohin gegen den Mietvertrag verstoßen habe, stehe dem Kläger ein nur für die Zukunft wirkender Unterlassungsanspruch zu. Dieser wirke jedoch nicht auf die bereits durchgeführte Verpachtung, weshalb dem Kläger auch das erforderliche rechtliche Interesse für das von ihm gestellte Feststellungsbegehren zuzubilligen sei. Da das Bestandverhältnis weiter aufrecht bleibe, habe die begehrte Feststellung eine über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Wirkung, zumal dem Kläger durch die Vorgangsweise der Beklagten ein höherer Mietzins entgangen sei und ein mögliches Leistungsbegehren auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes ohne Zustimmung des Pächters nicht vollstreckbar wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung des Klägers das Urteil des Erstgerichtes im verbundenen Akt (Punkt 1 des Urteilsspruches). Es änderte aber das erstgerichtliche Urteil über Berufung der Beklagten im führenden Akt (Punkt 2 des Urteilsspruches und im Kostenpunkt) im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung ab, sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat zu den noch in Rede stehenden Klagebegehren im führenden Akt die Rechtsansicht, es fehle dem Kläger schon am erforderlichen rechtlichen Interesse an der von ihm begehrten Feststellung einer Vertragsverletzung der Beklagten. Eine solche betreffe nämlich nur die Vorfrage für deren allfällige Haftung in Bezug auf zukünftige Ansprüche - insbesondere Schadenersatzansprüche - des Klägers. Dessen Unterlassungsbegehren müsse gleichfalls - und zwar am Mangel der erforderlichen Wiederholungsgefahr - scheitern. Der Kläger habe nämlich selbst vorgebracht, die Beklagte hätte im Hinblick auf ihr Alter nicht mehr die Absicht, das Unternehmen zu betreiben. Sie habe den Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und ausdrücklich auf dessen Aufkündigung oder vorzeitige Auflösung - ausgenommen den Fall der nicht rechtzeitigen Zinszahlung - verzichtet. Der Kläger vertrete auch noch in der Berufung den Standpunkt, mit dem vorliegenden Pachtvertrag habe eine endgültige Verwertung des Bestandrechtes stattgefunden. Das Unternehmen sei der Pächterin nicht auf gewisse Zeit, sondern endgültig und auf Dauer übertragen worden. Unter diesen Umständen seien weitere Eingriffe der Beklagten nicht mehr ernstlich zu besorgen.

Nur gegen das abändernde Urteil des Berufungsgerichtes im führenden Akt richtet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles in dessen Punkt 2), hilfsweise auf Urteilsaufhebung in diesem Umfang.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), weil das Berufungsgericht bei der Lösung von Rechtsfragen des Verfahrensrechtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.

Soweit sich die Beklagte dagegen wendet, daß das Berufungsgericht den Streitgegenstand im führenden Akt über den vom Kläger selbst angegebenen Wert des Streitgegenstandes hinaus höher bewertet hat, so ist sie darauf zu verweisen, daß eine Bindung des Berufungsgerichtes an die Streitwertangabe des Klägers gemäß § 500 Abs 2 zweiter Satz ZPO nicht bestanden hat. Da überdies eine Streitigkeit aus einem Bestandvertrag im Sinne des § 49 Abs 2 Z 5 JN vorliegt, hatte das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs 2 letzter Satz ZPO den Streitwert zwingend mit einem S 15.000,-- übersteigenden Betrag zu bewerten. Im übrigen sind nach ständiger Rechtsprechung die Streitwerte von zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen auch bei Anwendung der Revisionszulässigkeitsbeschränkungen der Zivilprozeßordnung in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 nicht zusammenzurechnen (MietSlg 38.789 mwN).

Die vom Revisionswerber geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt schon deshalb nicht vor, weil sein angeblich übergangener Beweisantrag nicht im führenden, sondern im verbundenen Akt gestellt worden ist und daher ausschließlich - wie überhaupt die Berufung des Klägers - das Kündigungsverfahren betroffen hat.

Zutreffend macht der Kläger aber in seiner Rechtsrüge einen nach § 503 Abs 2 ZPO qualifizierten Anfechtungsgrund geltend, wenn er darauf verweist, das Berufungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung und die Wiederholungsgefahr in Bezug auf den Unterlassungsanspruch verneint. Da diese Fragen des Verfahrensrechtes eng verknüpft sind mit der jeweiligen materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage, muß zunächst auf diese näher eingegangen werden:

Der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag über die Geschäftsräumlichkeiten wurde lange vor dem mit 1. Jänner 1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetz (§ 58 Abs 1) abgeschlossen. Dieses Gesetz gilt daher, weil für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen keine Sonderregelung eingreift, gemäß § 43 Abs 1 MRG auch für den vorliegenden "Altvertrag". Nunmehr knüpft § 12 Abs 3 MRG an die Veräußerung eines Unternehmens, das der Hauptmieter einer Geschäftsräumlichkeit im Mietgegenstand betreibt, die Folge, daß die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses an den Erwerber des Unternehmens übergehen und der Vermieter vom Erwerber - unter den dort beschriebenen Voraussetzungen - eine Erhöhung des Hauptmietzinses verlangen kann. Hiebei handelt es sich um relativ zwingendes Recht, das nicht zu Ungunsten des Mieters abdingbar ist. Diese Bestimmung normiert nämlich bei Vorliegen der in ihr genannten Voraussetzungen einen unabhängig vom Willen der Vertragspartner ex lege eintretenden Vertragsübergang (MietSlg 36.276/45, 36.279/12 mwN). Innerhalb des Anwendungsbereiches des § 12 Abs 3 MRG sind daher nunmehr mietvertragliche Abtretungs-("Weitergabe")Verbote wirkungslos (Würth in Rummel, ABGB Rz 8 zu § 12 MRG; Fenyves in Korinek-Krejci, HdBzMRG 324 mwH in FN 258). § 12 Abs 3 MRG ist aber nur bei der "Veräußerung" eines Unternehmens anwendbar. Darunter kann nur eine endgültige Übertragung des Unternehmens, zB durch Kauf, Schenkung, Übergabsvertrag, Leibrentenvertrag, verstanden werden. Keine Veräußerung liegt also in der gänzlichen Untervermietung der Geschäftsräumlichkeiten oder in der Überlassung des darin vom Mieter betriebenen Unternehmens zur bloßen Nutzung im Wege einer Verpachtung (Würth aaO; Fenyves aaO 320 mwH in FN 231; MietSlg 36.271, 37.274).

Hier haben sich die Parteien im erstinstanzlichen Verfahren aber nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG - auch nicht in der Form, daß von der Beklagten ein Scheingeschäft geschlossen worden wäre, hinter dem sich in Wirklichkeit eine Unternehmensveräußerung verborgen hätte (§ 916 ABGB; vgl. dazu Fenyves aaO 322; ebenso MietSlg 36.276/45 für den umgekehrten Fall einer "Scheinveräußerung") - berufen. Für diesen Fall wäre dem Klagebegehren im führenden Akt nach den bisherigen Ausführungen auch bereits jegliche Grundlage entzogen. Es ist daher nur zu prüfen, welche Wirkung ein vertragliches Untermietverbot nach Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes hat. Dabei normiert § 11 MRG ausdrücklich nur Schranken für die Zulässigkeit der Untervermietung, erwähnt aber die Verpachtung oder Unterverpachtung eines Unternehmens, verbunden mit der Gebrauchsüberlassung an den Räumlichkeiten, in denen das Unternehmen betrieben wird, nicht. Da § 11 Abs 1 Z 1 MRG als wichtigen Grund gegen die Untervermietung den Fall vorsieht, daß der Mietgegenstand zur Gänze untervermietet werden soll, wie es bei Unternehmensverpachtung, verbunden mit der Gebrauchsüberlassung an den Räumlichkeiten, zutrifft, stünde auch § 11 MRG einer Berufung des Vermieters auf das vertraglich vereinbarte Verbot der Untervermietung nicht entgegen (MietSlg 37.274). Auch im Anwendungsbereich des neuen Rechtes sind daher vertragliche Verbote der gänzlichen Untervermietung des Mietgegenstandes und der Überlassung der Mieträumlichkeiten im Wege der Verpachtung des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens stets zulässig und verbindlich (MietSlg 36.271, 37.274). Sie haben weiterhin genau dieselben Wirkungen, die ihnen von der Judikatur während der Geltung des Mietengesetzes beigemessen worden sind (Fenyves aaO 324). Danach muß aber im vorliegenden Fall nicht mehr näher geprüft werden, ob die Beklagte mit dem Abschluß des am 1. Jänner 1987 wirksam gewordenen Vertrages vom 12. August 1986 eine Geschäftsraumuntervermietung oder eine Unternehmensverpachtung vorgenommen hat. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung, daß Klauseln in Mietverträgen, mit denen eine Untervermietung an die ausdrückliche Zustimmung des Vermieters geknüpft wird, gerade dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - dazu von den Parteien nichts näheres gesprochen worden ist, nur dahin verstanden werden können, daß damit jede Art der Gebrauchsüberlassung an einen Dritten umfaßt sein sollte (Fenyves aaO 318 und die unter FN 220 angeführte Rechtsprechung). Der redlichen Mietvertragsparteien zusinnbare Zweck eines solchen Verbotes kann es nämlich nicht sein, die Rechtsform zu treffen, sondern vielmehr die faktische Überlassung des Gebrauches an den Dritten zu verhindern (vgl. MietSlg 26.114, 27.324/3, 37.274 ua). Es entspricht ebenso der herrschenden Rechtsprechung, daß ein Verstoß des Mieters gegen ein solches vertragliches Verbot den Vermieter berechtigt, die Unterlassung und Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes zu begehren (Würth aaO Rz 13 zu § 1098; Fenyves aaO 317; MietSlg 27.324/3, 30.129, 31.342, 36.271, 38.175 ua), wobei allerdings letzteres kaum vollstreckbar ist, weil hiezu die Zustimmung des Erwerbers nötig wäre (vgl. MietSlg 29.712 ua). Nach ständiger Rechtsprechung (MietSlg 34.726, 36.760 ua) und herrschender Lehre (Fasching, Komm., III, 663 f; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 24 f; Fasching, Lehrbuch Rz 1069) ist ein Unterlassungsbegehren nur dann berechtigt, wenn und so lange die Gefahr eines künftigen Zuwiderhandelns, also die Gefahr der Eingriffswiederholung besteht. Die Wiederholungsgefahr muß auch noch bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz gegeben sein. Sie ist dann zu verneinen, wenn der Verletzer besondere Umstände dartun kann, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung als ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (SZ 51/87; MietSlg 36.760 ua). Nicht der Kläger hat das Vorhandensein, sondern der Beklagte hat das Fehlen einer derartigen Gefahr zu behaupten und zu beweisen (ÖBl. 1981, 122). Bei der Prüfung, ob Wiederholungsgefahr vorliegt, sind keine engherzigen Maßstäbe anzuwenden. Sie wird grundsätzlich schon dann anzunehmen sein, wenn der Beklagte - wie hier - auch im Rechtsstreit weiterhin die Auffassung vertritt, zu der beanstandeten Handlung berechtigt zu sein (vgl. SZ 48/45; SZ 50/111; MietSlg 35.768/23, 36.760; ÖBl. 1984, 161 uva). Es hat daher das Berufungsgericht im vorliegenden Fall in Abweichung von diesen Grundsätzen zu Unrecht die ernste Besorgnis weiterer Vertragsverletzungen durch die Beklagte verneint, weil diese bis zuletzt an der Auffassung festgehalten hat, sie sei zur beanstandeten Handlung berechtigt. Auch aus dem Vorbringen des Klägers, die Beklagte beabsichtige im Hinblick auf ihr Alter von 55 Jahren und die bereits erfolgte Zurücklegung ihrer Gewerbeberechtigung nicht mehr die Wiedereröffnung des von ihr betriebenen Unternehmens, läßt sich noch kein endgültiger Wegfall der Wiederholungsgefahr ableiten. Dies ist vielmehr gerade ein Indiz dafür, daß die Beklagte im Falle der Beendigung des Pachtverhältnisses, welche schon wegen des ab 31. Dezember 1993 bestehenden Kündigungsrechtes der Pächterin, aber auch wegen der sofortigen Auflösbarkeit bei qualifiziertem Zinsrückstand der Pächterin und wegen der von vornherein nicht schlechthin ausschließbaren jederzeitigen Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung nicht als gänzlich fernliegend außer Betracht bleiben durfte, ihrer Unterlassungspflicht auch in Zukunft zuwiderhandeln werde.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ist aber aucht trotz des Leistungsbegehrens das gestellte Feststellungsbegehren zulässig. Dieses richtete sich gar nicht auf eine Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden (vgl. dazu MietSlg 31.691), sondern ausschließlich auf die Feststellung, daß die Beklagte mit ihrer Vorgangsweise den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag in seinem Punkt V. verletzt habe. Das Feststellungsurteil soll durch Klarstellung der Rechtsgrundlage die Voraussetzungen für die weiteren Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen schaffen. Die Feststellungsklage ist daher überall dort zuzulassen, wo mit der Leistungsklage nur einzelne, aus einem Dauerschuldverhältnis resultierende Ansprüche geltend gemacht werden können, das Begehren auf Feststellung also geeignet ist, die rechtliche Beziehung zwischen den Parteien ein für allemal klarzustellen, die objektive Ungewißheit über das Bestehen und den Umfang des Anspruches zu beseitigen und auf diese Weise künftige Leistungsprozesse abzuschneiden (JBl 1980, 31; MietSlg 34.727 ua). Insoweit vermag die Feststellungsklage das zugrundeliegende streitige Rechtsverhältnis grundlegend und bindend für alle künftigen Streitigkeiten über dieses Rechtsverhältnis und die daraus abgeleiteten Ansprüche zwischen denselben Parteien zu lösen, während die im Zuge eines Leistungsprozesses getroffene Feststellung des Richters über das zugrundeliegende Rechtsverhältnis für Folgeprozesse nicht bindet (Fasching, Lehrbuch Rz 1072). Es kommt daher nicht darauf an, daß bei Geltendmachung einzelner Ansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis der Bestand des Rechtes oder Rechtsverhältnisses als Vorfrage geprüft werden kann (MietSlg 34.727). Nur dann, wenn die Leistungsklage alles bietet, was mit der Feststellungsklage angestrebt wird, ist diese neben der Leistungsklage unzulässig (Fasching aaO Rz 1101; JBl 1980, 31; MietSlg 38.768 ua). Ein solcher Fall liegt aber nach dem bisher Gesagten hier nicht vor, weshalb neben dem Unterlassungsbegehren auch das Feststellungsbegehren schon deshalb zulässig war, um für die Zukunft zwischen den Streitteilen Klarheit über die von der Beklagten bestrittene Verletzung des Mietvertrages zu schaffen (vgl. MietSlg 27.324/3).

Es war daher aus allen diesen Gründen in Stattgebung der Revision die Entscheidung des Erstgerichtes im führenden Akt (Punkt 2 des Urteilsspruches und im Kostenpunkt) wiederherzustellen. Nach diesem Ergebnis des Rechtsstreites sind nunmehr beide Berufungen erfolglos geblieben, weshalb auch eine Neufestsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens zu erfolgen hat. Danach hat gemäß den §§ 41, 50 ZPO der Kläger der Beklagten die mit S 2.829,75 (darin enthalten S 257,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung ON 14 und die Beklagte dem Kläger die mit S 1.510,08 (darin enthalten S 137,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung ON 13 zu ersetzen. Was die Kosten der mündlichen Berufungsverhandlung anlangt, so waren beide Streitteile nunmehr jeweils mit der Abwehr der gegnerischen Berufung erfolgreich. Bemessungsgrundlage sind die zusammenzurechnenden Streitwerte der beiden verbundenen Verfahren, sohin ein Betrag von S 75.600,--, wobei jede Partei mit dem Verhältnis des Einzelstreitwertes der verbundenen Verfahren zum Gesamtstreitwert erfolgreich war, also im Verhältnis von rund 8 % (führender Akt) zu rund 92 % (verbundener Akt). Von den mit S 4.714,60 (darin enthalten S 428,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Beklagten für die mündliche Berufungsverhandlung hat ihr daher der Kläger 92 %, das sind S 4.337,43 (darin enthalten S 394,31 Umsatzsteuer), zu ersetzen. Umgekehrt hat die Beklagte dem Kläger von dem auf Grund seiner niedrigeren Kostenverzeichnung mit nur S 2.829,75 (darin enthalten S 257,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten für die mündliche Berufungsverhandlung 8 %, das sind S 226,38 (darin enthalten S 20,58 Umsatzsteuer), zu ersetzen. Insgesamt haben daher der Kläger der Beklagten S 7.167,18 (darin enthalten S 651,56 Umsatzsteuer) und die Beklagte dem Kläger S 1.736,46 (darin enthalten S 157,86 Umsatzsteuer) an Gesamtkosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen, was einen rechnungsmäßigen Kostenersatzanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger von S 5.430,72 (darin enthalten S 809,42 Umsatzsteuer) ergibt.

Der Kostenausspruch im Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Danach hat die Beklagte dem obsiegenden Kläger die mit S 3.312,80 bestimmten Kosten des Verfahrens in dritter Instanz (darin enthalten S 1.500,-- Barauslagen und S 164,80 Umsatzsteuer) zu ersetzen. An Verfahrenskosten zweiter und dritter Instanz hat daher insgesamt der Kläger der Beklagten immer noch S 2.117,92 (darin enthalten S 644,62 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Anmerkung

E15032

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00613.88.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19880906_OGH0002_0060OB00613_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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