TE OGH 1988/9/13 4Ob577/88

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Veröffentlicht am 13.09.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Angst, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Leopoldine S***, gestorben am 26. August 1987, zuletzt Mödling, Ferdinand Buchberger-Gasse 4, infolge Revisionsrekurses der Ehegatten Ing. Bruno und Liese D***, beide Gießhübl, Hauptstraße 107, vertreten durch Dr. Hubert Schmid, öffentlicher Notar in Mödling, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5. Juli 1988, GZ 44 R 102/88-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 30. Mai 1988, GZ 1 A 309/87-19, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs des Ing. Bruno D*** wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs der Liese D*** wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die am 26. August 1987 verstorbene Erblasserin setzte mit notariellem Testament vom 6. Oktober 1970 ihre beiden Neffen Ing. Bruno D*** und Ing. Günter D*** je zur Hälfte zu Erben ihres Vermögens ein. Zu diesem Vermögen gehören die Liegenschaften EZ 318 KG Kaltenleutgeben, EZ 156 KG Gießhübl (Haus Hauptstraße 106), EZ 608 KG Gießhübl sowie ein Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 506 KG Gießhübl. Hinsichtlich dieser Liegenschaften verfügte die Erblasserin, daß Ing. Bruno D*** die Liegenschaft EZ 318 KG Kaltenleutgeben und Ing. Günter D*** den Hälfteanteil der Erblasserin an der EZ 506 KG Gießhübl zufallen sollte; an den Liegenschaften EZ 156 und 608 KG Gießhübl wies sie beiden Erben ideelle Hälfteanteile zu.

Bezüglich der Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl änderte die Erblasserin die ursprüngliche Erbteilungsverfügung unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung ihrer sonstigen, die beiden Erben betreffenden Anordnungen zweimal ab: Mit notarieller letztwilliger Anordnung vom 15. Jänner 1976 wies sie Ing. Bruno D*** drei Viertel dieser Liegenschaft zu und verkürzte den Anteil des Ing. Günter D*** auf ein Viertel. Mit Kodizill vom 14. Oktober 1986 verfügte sie schließlich, daß die Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl je zur Hälfte dem Ing. Bruno D*** und dessen Ehefrau Liese D*** zu gleichen Teilen zufallen solle. Im Verlassenschaftsverfahren erklärte Ing. Günter D***, die Gültigkeit dieses Kodizills der Erblasserin wegen deren Testierunfähigkeit zu bekämpfen. Er widerrufe den von ihm bereits unterfertigten Legatsausweis, weil ihm wenige Tage danach die persönlichen Umstände der Erblasserin (bei der Kodizillserrichtung) bekannt geworden seien. Danach stehe fest, daß die Anordnung vom 14. Oktober 1986 nicht vom Willen der Erblasserin umfaßt gewesen sein könne, da sie danach nicht äußerungsfähig gewesen sei. Das Erstgericht gab dem Antrag der Ehegatten Ing. Bruno und Liese D*** auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zur Eintragung der ihnen zugefallenen Liegenschaftsanteile im Grundbuch (auch bezüglich des Hälfteanteils der Liese D*** an der Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl) statt. Der Miterbe Ing. Günter D*** habe keine konkreten Umstände behauptet, aus denen hervorgehe, daß er die letztwillige Verfügung vom 14. Oktober 1984 "ernstlich bestreite". Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Ing. Günter D*** teilweise Folge und wies den Antrag der Liese D*** auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG hinsichtlich der ihr vermachten Hälfte der Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl ab, während es die übrigen Verfügungen des Erstgerichtes aufrechterhielt. Ing. Günter D*** habe das Kodizill vom 14. Oktober 1986 nicht grundlos oder aus übertriebener Ängstlichkeit bestritten, sondern darauf verwiesen, daß die Erblasserin im Zeitpunkt der Verfassung dieses Aufsatzes nicht mehr äußerungsfähig gewesen sei. Im Verlassenschaftsverfahren sei es nicht erforderlich, den der Bestreitung zugrunde liegenden Sachverhalt in aller Ausführlichkeit darzulegen. Aus den Äußerungen des Ing. Günter D*** gehe seine ernste Absicht, die letztwillige Verfügung zu bestreiten, unzweifelhaft hervor.

Der Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung sei aber nicht zur Gänze abzuweisen gewesen, weil der Rekurswerber die letztwilligen Verfügungen vom 6. Oktober 1970 und 15. Jänner 1976 nicht bekämpfe und sich aus diesen die Berechtigung sämtlicher für zulässig erkannter Grundbuchseintragungen mit Ausnahme derjenigen ergebe, die die Einverleibung des Eigentumsrechtes Liese D*** an einer Hälfte der Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl betreffe. Die Ehegatten Ing. Bruno und Liese D*** erheben gegen den abändernden Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes Revisionsrekurs mit dem (sinngemäßen) Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Ing. Bruno D*** ist als unzulässig zurückzuweisen, weil der Beschluß des Erstgerichtes bezüglich seines Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ 156 KG Gießhübl vom Rekursgericht nicht abgeändert wurde und er daher durch die angefochtene Verfügung nicht beschwert ist.

Der Revisionsrekurs der Liese D*** ist nicht berechtigt. Gemäß § 178 AußStrG ist denjenigen, welchen in die öffentlichen Bücher eingetragene unbewegliche Güter nicht als Erben, sondern - wie hier auf Grund der von der Erblasserin in Ansehung der Liegenschaften verfügten Erbteilung - als Vermächtnisnehmer zufallen, von der Abhandlungsbehörde auf ihr Ansuchen die Bestätigung zu erteilen, daß sie in die öffentlichen Bücher als Eigentümer eingetragen werden können (sogenannte Amtsbestätigung). Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung kann eine Bestätigung gemäß § 178 AußStrG dem Vermächtnisnehmer grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Erben und sogar gegen dessen Willen ausgestellt werden, doch ist Voraussetzung, daß die letztwillige Anordnung, aus der der Anspruch des Vermächtnisnehmers abgeleitet wird, formgültig und inhaltlich unbestritten ist (Weiß in Klang2 III 482; Welser in Rummel, ABGB, Rz 8 zu § 647; NZ 1980, 99; EFSlg 39.887; 50.093). Die Ausstellung der Bestätigung nach § 178 AußStrG ist dagegen zu verweigern, wenn die Erben (hier: der Miterbe) die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung ernstlich und nicht nur - etwa wegen übertriebener Ängstlichkeit (NZ 1980, 99; Koziol-Welser aaO) - auf eine von vornherein aussichtslose Weise bestreiten. In diesem Fall darf das Außerstreitgericht nach ständiger Rechtsprechung eine Bestätigung nach § 178 AußStrG nicht ausstellen, weil es damit der Entscheidung auf dem Rechtsweg vorgreifen würde (Koziol-Welser aaO;

SZ 47/132; EvBl 1975/279; NZ 1980, 99; EFSlg 39.887; 42.450;

50.093 ua).

Der Ansicht der Rekurswerberin, Ing. Günter D*** habe die Gültigkeit des Kodizills nicht ernstlich bestritten, ist nicht zu folgen. Ing. Günter D*** hat die Gründe, die seine Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin begründen, wenn auch nur kurz, dargelegt; er hat behauptet, daß die Erblasserin damals nicht äußerungsfähig gewesen sei, und die - mittlerweile durch Einbringung der Klage verwirklichte - Absicht bekanntgegeben, diese Verfügung wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin anzufechten. Von einer nur aus übertriebener Ängstlichkeit erklärten Bestreitung kann keine Rede sein. Ob sich die Zweifel des Ing. Günter D*** bewahrheiten werden, ist im Rechtsweg zu klären; dieser Entscheidung darf nicht durch die Ausstellung einer Amtsbestätigung vorgegriffen werden. Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E15189

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00577.88.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19880913_OGH0002_0040OB00577_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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