TE OGH 1988/9/20 10ObS246/88

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Veröffentlicht am 20.09.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Herbert Vesely (Arbeitgeber) und Rudolf Hundstorfer (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Adolf F***, Kraftfahrer, 6114 Kolsaß, Peter-Haider-Weg 9, vertreten durch Dr.Günter Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Landesstelle Salzburg,

5020 Salzburg, Faberstraße 20, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Mai 1988, GZ 5 Rs 62/88-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 3.Dezember 1987, GZ 43 Cgs 1071/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das auf Gewährung der Invaliditätspension gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der (am 29.Juli 1938 geborene) Kläger war in den letzten 22 Jahren als Fernfahrer tätig. Die Fahrtrouten wurden niemals von ihm zusammengestellt, sondern waren ihm bei Antritt der Fahrt bereits vorgegeben. Er war auch nicht mit dem Zusammenstellen und Ausfüllen der Frachtpapiere befaßt und hatte in der Regel mit dem Beladen des Fahrzeugs nichts zu tun. An den von ihm gelenkten Fahrzeugen führte er nur kleinere Servicearbeiten, wie das Schmieren und den Ölwechsel, durch.

Der Kläger ist auf Grund seines - im einzelnen

beschriebenen - körperlichen Zustands imstande, leichte und während der Hälfte der Tätigkeit auch mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen und unter Einhaltung der gesetzlichen Arbeitspausen auszuführen. Häufiges Treppensteigen, Arbeiten in ständig vorgebeugter Körperhaltung, häufiges Bücken und wiederholtes Heben auch leichter Gegenstände (bis zu etwa 10 kg) sind nicht mehr zumutbar. Der Arbeitsplatz sollte in geschlossenen Räumen liegen. Beim Anmarschweg bestehen keine Einschränkungen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die vom Kläger ausgeübte Berufstätigkeit nicht als angelernter Beruf im Sinn des § 255 Abs 2 ASVG anzusehen sei. Er besitze nämlich nicht die wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, die dem Berufsbild entsprächen, das in der Verordnung BGBl. 1987/396 für den Lehrberuf "Berufskraftfahrer" festgelegt worden sei. Die Frage seiner Invalidität sei daher nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen. Nach dieser Gesetzesstelle sei er aber nicht invalid, weil es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch eine Reihe von Berufstätigkeiten gäbe, die seinem Leistungskalkül entsprächen, wie die Tätigkeit eines Portiers, Garderobewarts sowie Platzanweisers in Kinos, Theatern und Konzerthäusern. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es vertrat in Übereinstimmung mit dem Erstgericht die Auffassung, daß der Kläger nicht über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, die für den Lehrberuf "Berufskraftfahrer" wesentlich seien. Dasselbe gelte für die sonst für einen Kraftfahrer in Betracht kommenden Lehrberufe, wie die eines Motorenschlossers, Kraftwagenmechanikers, Elektrikers oder Kraftfahrzeugschlossers. Da der Kläger noch die vom Erstgericht angeführten Berufstätigkeiten ausüben könne, sei er nicht invalid im Sinn des für ihn demnach maßgebenden § 255 Abs 3 ASVG.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen oder das angefochtene Urteil allenfalls im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung. Über die Revision war trotz des Antrags auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 509 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden, weil die im nachfolgenden Absatz 2 für die Anordnung einer mündlichen Verhandlung festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger vertritt darin den Standpunkt, daß das Erstgericht durch entsprechende Fragen bei seiner Vernehmung als Partei hätte feststellen müssen, über welche der Kenntnisse und Fähigkeiten er verfüge, die in den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf "Berufskraftfahrer" festgelegt wurden (Art. II der Verordnung BGBl. 1987/396). Hierauf kommt es aber in dem hier zu entscheidenden Fall nicht an. Gemäß § 255 Abs 2 ASVG liegt ein angelernter Beruf im Sinne des Abs 1 dieser Gesetzesstelle vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Berufe gleichzuhalten sind. Es genügt also nicht, daß der Versicherte die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, sondern es müssen die Kenntnisse und Fähigkeiten für die von ihm ausgeübte Berufstätigkeit erforderlich, also Voraussetzung hiefür gewesen sein.

Aus den Ergebnissen des Verfahrens erster Instanz und im übrigen auch aus den Ausführungen in der Revision ergibt sich hier kein Anhaltspunkt dafür, daß der Kläger die in den erwähnten Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf "Berufskraftfahrer" festgelegten Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen mußte, damit er die Berufstätigkeiten ausüben konnte, die er in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (vgl. § 255 Abs 2 letzter Satz ASVG) ausübte. Es bestand daher für das Erstgericht kein Anlaß und auch keine Verpflichtung, die Feststellungen zu treffen, deren Fehlen der Kläger in der Revision rügt.

Gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger nicht invalid sei, wenn man von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht, wird in der Revision nichts vorgebracht. Es muß daher hierauf nicht weiter eingegangen werden, zumal der Oberste Gerichtshof sie für nichtig hält (§ 48 ASGG).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E15540

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00246.88.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19880920_OGH0002_010OBS00246_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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