TE OGH 1988/10/6 8Ob641/88 (8Ob642/88)

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Veröffentlicht am 06.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Dietlinde H***, Private, 1090 Wien, Rooseveltplatz 12, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner Kommerzialrat Franz H***, Pensionist, 1090 Wien, Rooseveltplatz 12, vertreten durch Dr. Robert Amhof, Dr. Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses und Rekurses des Antragsgegners gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. Juli und 4. August 1988, GZ 43 R 402/88-144 und 146, womit a) der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Februar 1988, GZ 4 F 5/82-137, bestätigt, b) der Beschluß des Rekursgerichtes vom 12. Juli 1988, GZ 43 R 402/88-144, berichtigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Der Antrag der Antragstellerin, ihr die Kosten ihrer Rekursbeantwortung zuzusprechen, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die erstgerichtlichen Beschlüsse betreffend das von der Antragstellerin gestellte Begehren, ihr die vormalige Ehewohnung gegen Zahlung eines monatlichen Benützungsentgeltes zuzuweisen und den Hausrat aufzuteilen, wurden vom Rekursgericht bzw. vom Obersten Gerichtshof (ON 72) aufgehoben. Zuletzt bestätigte der Oberste Gerichtshof mit seinem Beschluß vom 18. September 1986, ON 103, eine rekursgerichtliche Entscheidung, womit der erstgerichtliche Beschluß auf Unterbrechung des Verfahrens bis zum Einlangen einer Stellungnahme des Vermieters der Ehewohnung (des Dienstgebers des Antragsgegners) aufgehoben worden war. Er führte aus, im Sinne seines Beschlusses ON 72 sei das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Entscheidung über den von der Antragstellerin eingebrachten Antrag nicht das Einlangen einer Stellungnahme des ehemaligen Dienstgebers des Antragsgegners zur Voraussetzung habe. Mangels Einlangens einer Stellungnahme innerhalb angemessener, für die Willensbildung beim ehemaligen Dienstgeber des Antragsgegners voraussichtlich erforderlichen Zeit, werde das Erstgericht davon auszugehen haben, daß das in § 88 Abs 1 EheG normierte Erfordernis der Zustimmung des Dienstgebers nicht erfüllt sei.

Am 29. Dezember 1987 beantragte der Antragsgegner (ON 134), der Antragstellerin ab Juni 1982 ein monatliches Benützungsentgelt für die vormalige Ehewohnung in der Höhe von S 20.000,-- aufzuerlegen und sie zur Zahlung von S 300.000,-- an Betriebskosten zu verhalten. Diese Anträge wies das Erstgericht mit Beschluß vom 4. Februar 1988, ON 137, zurück.

Das Rekursgericht gab dem gegen den vorgenannten erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Den im Rekurs gestellten Antrag, dem Erstgericht aufzutragen, in der Hauptsache ohne weiteres Zuwarten zu entscheiden, wies es zurück. Mit Beschluß vom 4. August 1988 berichtigte es seinen Beschluß dahin, daß es anstelle des als Vorsitzenden angeführten Dr. Gerhard K*** den Richter Dr. Heinrich S*** und an dessen Stelle als Stimmführer den Richter Dr. Alfred W*** einsetzte. In seinem gegen den erstgenannten rekursgerichtlichen Beschluß gerichteten, auf die Anfechtungsgründe der Nullität und der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 AußStrG gestützten "Revisionsrekurs" führt der Antragsgegner zunächst in der Anfechtungserklärung aus, das Rechtsmittel beziehe sich auf den auf "Zurückweisung" lautenden Teil des angefochtenen Beschlusses, allerdings auch auf seinen bestätigenden Ausspruch, soweit er die erstgerichtliche Zurückweisung des Antrags auf Zahlung der bisher angefallenen Betriebskosten betreffe. Im folgenden erklärt der Rekurswerber jedoch (AS 377), der "vorliegende Revisionsrekurs" richte sich nur gegen den zweiten Teil des Beschlusses, mit welchem die "Zurückweisung" seines Antrages ausgesprochen worden sei. Er trifft im folgenden auch keinerlei inhaltliche Ausführungen zum bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses, betreffend den Antrag auf Zahlung von Betriebskosten, zeigt also nicht auf, worin insoweit eine Aktenwidrigkeit, offenbare Gesetzwidrigkeit oder Nullität gelegen sein soll. Im Rekursantrag wird schließlich nur begehrt, den Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung abzuweisen. Somit kann von einer wirksamen Anfechtung des bestätigenden Teiles der rekursgerichtlichen Entscheidung nicht ausgegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluß über die Zurückweisung des vom Antragsgegner vor dem Gerichte zweiter Instanz gestellten Antrages, dem Erstgericht aufzutragen, über den Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung ohne weiteres Zuwarten zu entscheiden, ist anfechtbar, weil diesbezüglich eine Verfahrensfrage vorliegt, sodaß die Rechtsmittelbeschränkung des § 232 AußStrG nicht gilt. Dabei ist entgegen der Ansicht des Rekurswerbers eine Beschränkung auf die Beschwerdegründe des § 16 AußStrG nicht gegeben, denn das Rekursgericht hat über einen vor ihm gestellten Antrag entschieden und nicht im Sinne des § 16 AußStrG einen erstgerichtlichen Beschluß bestätigt. Der Rekurs ist jedoch nicht gerechtfertigt.

Der Rekurswerber verweist darauf, daß mit den Beschlüssen des Obersten Gerichtshofes ON 72 und 103 dem Erstgericht bindend vorgeschrieben worden sei, dem Dienstgeber unter Bedachtnahme auf die für eine Willensbildung erforderliche Zeit die Möglichkeit einzuräumen, sich zum Verfahrensgegenstand zu äußern, mangels Einlangens einer solchen Stellungnahme binnen angemessener Frist aber davon auszugehen, daß das im § 88 Abs 1 EheG normierte Erfordernis der Zustimmung des Dienstgebers nicht erfüllt sei. Trotz mehrfacher Fristsetzung und Vernehmung des Geschäftsführers des Dienstgebers sei bisher keine Stellungnahme des Dienstgebers erfolgt, weshalb der Antragsgegner am 28. Dezember 1987 beim Erstgericht u.a. die Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin, ihr einen Teil der Dienstwohnung zuzuweisen, begehrt habe. Das Erstgericht habe über diesen Punkt dennoch nicht entschieden und das Rekursgericht habe mit dem angefochtenen Beschluß den vor ihm gestellten Antrag, dem Erstgericht die Sachentscheidung aufzutragen, mit der Begründung zurückgewiesen, einen solchen Antrag zur Entscheidung in der Hauptsache nicht erteilen zu können. Diese Zurückweisung komme einer Rechtsverweigerung gleich, denn dem erstgerichtlichen "Zuwarten" mit der Entscheidung könne nicht im Aufsichtswege entgegengetreten werden, da es Ausfluß der richterlichen Tätigkeit sei. Hier könne nur der Oberste Gerichtshof Abhilfe schaffen. Die Kostenentscheidung sei zwar unanfechtbar, doch sei rein theoretisch darauf zu verweisen, daß das Rekursgericht die Kosten der Rekursbeantwortung nicht zusprechen, sondern als weitere Verfahrenskosten behandeln hätte sollen.

Diesem Vorbringen des Rekurswerbers ist zu entgegnen, daß die Gerichte höherer Instanz nach ihrem gesetzlichen Wirkungsbereich grundsätzlich nur über Rechtsmittel gegen vorinstanzliche Entscheidungen zu erkennen haben und daher nur in diesem Rahmen befugt sind, einer Vorinstanz Aufträge zu erteilen. Der Ausspruch, daß die Rechtssache unter den aufgezeigten Umständen spruchreif ist, kann also vom Gerichte höherer Instanz nur in seiner Funktion als Rechtsmittelgericht erfolgen. Ob ein bestimmter Anspruch auf der Grundlage der das Erstgericht bindenden Rechtsansicht der Rechtsmittelinstanz entscheidungsreif ist, kann vom Rechtsmittelgericht aus Anlaß der folgenden Anfechtung einer andere Ansprüche betreffenden Entscheidung nicht überprüft werden. Somit war es vorliegendenfalls aber dem Rekursgericht verwehrt, hinsichtlich des nicht den Gegenstand des Rekursverfahrens bildenden, von der Antragstellerin erhobenen Anspruches auf Zuweisung der Ehewohnung dem Erstgericht Aufträge zu erteilen. In der Zurückweisung des diesbezüglichen Antrages des Antragsgegners kann daher kein Rechtsirrtum erkannt werden.

Der gegen den rekursgerichtlichen Berichtigungsbeschluß erhobene Rekurs des Antragsgegners ist zulässig (3 Ob 55/55, 8 Ob 35/85 u.a.), aber ebenfalls nicht gerechtfertigt. Das Rekursgericht hat in der Begründung des Berichtigungsbeschlusses unbedenklich dargelegt, daß die Entscheidung von den im Berichtigungsbeschluß angeführten Richtern gefällt worden war und nur infolge eines Kanzleiversehens, also irrtümlich, in die schriftliche Entscheidungsausfertigung die Namen von zwei an der Entscheidung nicht beteiligten Richtern aufgenommen wurden. Dieses Versehen bei der schriftlichen Entscheidungsausfertigung war daher vom Rekursgericht gemäß § 419 ZPO, welche Bestimmung auch im Außerstreitverfahren anzuwenden ist (JBl. 1961, 633; NZ 1972, 201 u.a.), zu berichtigen.

Auf die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers im Kostenpunkt muß nicht eingegangen werden, weil er selbst erkennt, daß eine diesbezügliche Anfechtung vor dem Obersten Gerichtshof unzulässig ist.

Der Antrag der Antragstellerin, ihr die Kosten der Rekursbeantwortung zuzusprechen, war abzuweisen, da sich die Rechtsmittel des Antragsgegners im Sinne der oben stehenden Ausführungen nicht gegen eine rekursgerichtliche Sachentscheidung richteten, sodaß § 231 Abs 2 AußStrG nicht zur Anwendung kommt.

Anmerkung

E15502

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00641.88.1006.000

Dokumentnummer

JJT_19881006_OGH0002_0080OB00641_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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