TE OGH 1985/6/19 8Ob35/85

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Veröffentlicht am 19.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) L*****, und 2.) „D***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Eduard Saxinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 158.051,10 s.A. und Feststellung, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12. März 1985, GZ 3 b R 27/85-41, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 3. Jänner 1985, GZ 8 Cg 220/80-38, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit dem Urteil des Erstgerichtes vom 18. 1. 1984, 8 Cg 220/80-26, wurde neben dem Zuspruch eines Schadenersatzbetrages in dessen Punkt 2 den Beklagten gegenüber festgestellt, daß sie der Klägerin zur ungeteilten Hand für alle jene Schäden ersatzpflichtig sind, die die Klägerin auf Grund des Verkehrsunfalles vom 13. 5. 1980 in L***** auf der U*****straße auf der Höhe des Geschäftes der Firma B***** in Zukunft noch erleidet, wobei die Haftung der Zweitbeklagten der Höhe nach mit jenen Versicherungssummen begrenzt ist, die zwischen ihr und dem Erstbeklagten am 13. 5. 1980 hinsichtlich des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ***** vereinbart war. In der rechtlichen Beurteilung des Urteiles wurde ausgeführt, daß eine Haftung des Erstbeklagten nach § 1295 Abs. 1 ABGB ausgeschlossen sei, doch hafte dieser nach den Bestimmungen des EKHG. Die Haftung der Zweitbeklagten wird auf § 63 Abs. 1 KFG gestützt.

Der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil gab das Gericht zweiter Instanz mit seiner Entscheidung vom 15. 3. 1984, 3 b R 31/84-30, nicht Folge und sprach aus, daß die Revision dagegen gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Deren außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof mit dem Beschluß vom 4. 7. 1984, 8 Ob 1019/84, zurückgewiesen.

Mit dem Antrag vom 2. 11. 1984 beantragten die Beklagten die Berichtigung des Urteilsausspruches hinsichtlich des Feststellungsbegehrens dahingehend, daß darin eine Haftungsbeschränkung im Sinne des § 15 EKHG aufgenommen werde. Die Klägerin sprach sich gegen eine derartige Urteilsberichtigung aus. Das Erstgericht wies den Urteilsberichtigungsantrag mit der Begründung ab, daß das Unterbleiben eines Ausspruches im Urteilstenor über den Umfang der Haftung nach den Bestimmungen des EKHG nicht im Sinne des § 419 ZPO berichtigungsfähig sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Stattgebung des Berichtigungsantrages ab. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteige und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es fehle an einer Rechtsprechung zu den angeschnittenen Fragen. Nach Ansicht des Rekursgerichtes stelle die Nichtbeiseitzung der Haftungsbeschränkung gemäß § 15 EKHG eine berichtigungsfähige Auslassung dar; es wäre durch sie der Spruch im Zusammenhalt mit der Begründung unvollständig. Aus der rechtlichen Begründung, in der eine Haftung nach § 1295 Abs. 1 ABGB verneint, eine solche nach dem EKHG jedoch ausdrücklich bejaht wurde, ergebe sich zweifelsfrei der Entscheidungswille in Richtung einer EKHG-Haftung, d.h. einer betragsmäßig mit den Haftungshöchstbeträgen nach dem § 15 EKHG beschränkten Haftung. Durch die Nichtaufnahme dieser Haftungsbeschränkung in den Spruch komme eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem zum Ausdruck. Die Berichtigung des Spruches durch die Aufnahme der betreffenden Haftungsbeschränkung passe daher die Erklärung nur dem Entscheidungswillen an; der Inhalt des Entscheidungswillens werde in keiner Weise betroffen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Berichtigungsantrag der Beklagten abgewiesen werden möge.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig (§ 528 Abs. 2 in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO; SZ 51/73; 5 Ob 700/83 u.a.), aber nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 419 Abs. 1 ZPO kann das Gericht, das das Urteil gefällt hat, jederzeit Schreib- und Rechnungsfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten im Urteil oder dessen Ausfertigungen oder Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten Entscheidung berichtigen. Wie sich schon aus der Verwendung des Wortes „jederzeit“ ergibt, ist eine derartige Berichtigung auch nach eingetretener Rechtskraft des Urteils möglich. Sie hat ihre theoretische Grundlage in der Tatsache, daß der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichtes bestimmt wird (Fasching, Komm. zu den ZP.-Gesetzen III, 807). Die offenbare Unrichtigkeit, welche einer Berichtigung im Sinne des § 419 Abs. 1 ZPO zugänglich ist, darf nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Richters nach außen betreffen (EvBl. 1958/84; JBl. 1969, 41; 6 Ob 569/79 u.v.a.; Fasching, a.a.O., 809; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht, 290), es muß sich also um eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem handeln (Petschek-Stagel, Der österreichische Zivilprozeß, 214). Der Irrtum muß sich aus dem ganzen Zusammenhang für das Gericht und die Parteien in dem Sinn ohne weiteres ergeben, daß schon nach dem Inhalt der Entscheidung offenkundig ist, daß das, was ausgesprochen wurde, dem Willen des Gerichtes zur Zeit der Fällung der Entscheidung nicht entsprochen hat (Fasching, aaO, 810, JBl. 1979, 38 u.a.).

Ein derartiger Fall liegt hier vor. Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, ist aus der Begründung des erstgerichtlichen Urteiles eindeutig zu entnehmen, „daß eine Haftung des Erstbeklagten nach § 1295 Abs. 1 ABGB ausgeschlossen“ sei. Ausdrücklich wurde festgehalten, daß der Erstbeklagte (und damit auch die Zweitbeklagte) „nur nach den Bestimmungen des EKHG haften, weil der Erstbeklagte nicht die im § 9 EKHG normierte und für einen Haftungsausschluß des Halters hinreichend gebotene Sorgfalt obwalten ließ“. Damit wurde vom Erstgericht einwandfrei erkennbar dargelegt, daß auf den vorliegenden Fall die Bestimmungen des EKHG, worunter konsequenterweise auch jene des § 15 dieses Gesetzes zu verstehen sind, Anwendung zu finden haben. In der Haftungsbeschränkung liegt sowohl ein entscheidendes als auch ein unterscheidendes Kriterium der Gefährdungshaftung nach dem EKHG zu der Verschuldenshaftung nach dem ABGB. Der Wille des Erstgerichtes, die Haftung der Beklagten nur nach dem EKHG anzunehmen, kann daher richtigerweise auch nur so verstanden werden, daß nicht die Grundsätze des ABGB sondern jene des EKHG – diese aber in ihrer Gesamtheit – zum Tragen kommen, was sich demgemäß als logische Folge auch im Urteilsspruch des Feststellungsbegehrens und nicht bloß in den Entscheidungsgründen auszudrücken hatte (8 Ob 13/77; 8 Ob 114/82 u.a.). Da es demnach für das Gericht und die Parteien offenkundig war, daß der Ausspruch über die „beschränkte Haftung nach dem EKHG“ im Urteilsspruch nur versehentlich unterblieben war, gab das Rekursgericht dem Berichtigungsantrag mit Recht statt.

Dem Revisionsrekurs der Klägerin war somit der Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E06054

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00035.850.0619.000

Im RIS seit

26.09.1995

Zuletzt aktualisiert am

26.09.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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