TE OGH 1988/10/11 2Ob109/88

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Veröffentlicht am 11.10.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günter B***, Kaufmann, D-8542 Roth bei Nürnberg, Waldstraße 52, vertreten durch Dr. Robert Eichmann, Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Robert W***, Kraftfahrer, 4050 Traun, Leondingerstraße 69,

2.) I*** U***- UND S***-AG, 4020 Linz,

Unionstraße 37, beide vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in Linz-Urfahr, wegen 33.586,17 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 5. Mai 1988, GZ 6 R 61, 62/88-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 30. November 1987, GZ 7 Cg 103/86-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19. September 1985 ereignete sich gegen 8,00 Uhr auf der Wiener Bundesstraße bei Km 195,120 in Neubau, Gemeinde Hörsching, ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger Günter B*** mit seinem PKW Peugeot, Kennzeichen der Bundesrepublik Deutschland RH-H 695, samt Anhänger, mit dem Kennzeichen RH-U 179, und der Erstbeklagte Robert W*** als Lenker des der Firma A*** GmbH gehörigen LKWs Magyrus Deutz, Kennzeichen O-836.435, beteiligt waren. Der vom Erstbeklagten gelenkte LKW war zum Unfallszeitpunkt bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert.

Der Kläger forderte zuletzt an Schadenersatz 33.586,17 S sA und brachte vor, daß er mit seinem Fahrzeuggespann auf dem bei der Unfallstelle gelegenen Hotelparkplatz rückwärts in Richtung Hauptstraße gefahren sei. Das Fahrzeuggespann des Klägers sei schließlich so zum Stillstand gekommen, daß der PKW samt Anhänger fahrbahnparallel gestanden sei, wobei sich das Fahrzeuggespann ca. einen halben Meter auf der Bundesstraße befunden habe, im übrigen jedoch noch auf der Parkplatzfläche gewesen sei. Nachdem das Fahrzeug in dieser Position eine Weile gestanden sei und sich der Kläger überzeugt habe, daß auf der Bundesstraße kein Verkehr herannahe, sei er nach vorne weggefahren und habe eine Strecke von einigen Metern zurückgelegt. In diesem Zeitpunkt sei ihm dann das Beklagtenfahrzeug von hinten auf den Anhänger aufgefahren. Der Unfall sei zwar auf das Alleinverschulden des Erstbeklagten zurückzuführen, da er den Sichtverhältnissen (Nebel) nicht ausreichend Rechnung getragen und eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe bzw. unaufmerksam gefahren sei, doch werde aus Gründen prozessualer Vorsicht unter Anrechnung eines 50 %igen Mitverschuldens nur die Hälfte des Schadensbetrages geltend gemacht. Die Beklagten haben die oben angeführten als Schaden geltendgemachten Beträge der Höhe nach außer Streit gestellt. Im übrigen haben sie jedoch Klagsabweisung beantragt und eingewendet, daß das Alleinverschulden am gegenständlichen Unfall den Kläger selbst treffe. Der Erstbeklagte habe sich hinter dem Klagsfahrzeug befunden. Als das Beklagtenfahrzeug bereits geraume Zeit stand, sei der Kläger zurückgefahren, wodurch es zur Kollision gekommen sei. Gegen die Klagsforderung ist eine der Höhe nach außer Streit gestellte Gegenforderung in Höhe von 36.925 S eingewendet worden. Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich eines Teilbetrages von 3.525,17 S wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück, erkannte die Klagsforderung mit 30.060,46 S und die eingewendete Gegenforderung mit 18.462,50 S als zu Recht bestehend und sprach dem Kläger daher 11.597,96 S sA zu. Das Mehrbegehren von 18.462,50 S sA wurde abgewiesen.

Das Erstgericht ging von folgenden Feststellungen aus:

Die Unfallstelle liegt im Bereich der Bundesstraße 1, etwa auf Höhe des Gasthofes N*** in Neubau. In diesem Bereich ist die Bundesstraße 1 in ihrem asphaltierten Teil durchschnittlich 6,1 m breit, wobei sie auf der Nordseite durch eine Bordsteinkante mit daran anschließendem Gehsteig begrenzt wird. An dieser Stelle läuft etwa 30 cm vom Gehsteig entfernt eine Randlinie parallel zu diesem entlang. Die westwärts führende, also nördliche Fahrbahn mißt zwischen Randlinie und der Leitlinie 2,8 m. Die südlich liegende ostwärtsführende Fahrbahnhälfte hat eine durchschnittliche Breite von 3 m, wobei die Abgrenzung zwischen Fahrbahn und daran anschließendem Parkplatz vor dem N*** nicht ganz exakt ist. Es sind teils Übergänge zu Asphalt, teils zu einem beschotterten Teil des Parkplatzes vorhanden. Es sind ein Stück vor dem Unfallsbereich als Fahrbahnbegrenzung Pflasterränder vorhanden und ein Stück danach ostwärts gesehen Reste von einer Begrenzungslinie. Wenn man über diese Dinge hinweg fluchtet, kommt man zur Fahrbahnhälfte von etwa 3 m Breite. Der annähernd niveaugleiche anschließende Parkplatz hat eine Linksausdehnung von etwa 60 m und im Bereich der Unfallstelle eine Tiefe von etwa 25 m. Die Fläche ist, wie bereits ausgeführt, teils asphaltiert, teils beschottert, wobei die Flächen zueinander niveaugleich sind. Im beschotterten Bereich, das ist der östliche Teil des Parkplatzes, sind Kastanienbäume vorhanden, wobei einer etwa 8 m außerhalb der Fahrbahn und der andere etwa 12 m außerhalb der Fahrbahn stehen. Zur Sicht ist festzuhalten, daß man aus einer Position aus dem Parkplatz kommend kurz vor Erreichen der Bundesstraße westwärts Sicht auf herannahenden Verkehr von etwa 140 bis 150 m hat und ostwärts eine Sicht von nahezu einem Kilometer. Ebenso sieht ein ostwärts fahrender LKW-Lenker aus deutlich mehr als 100 m vor der Unfallstelle den Bereich der Unfallstelle und auch den Bereich des Parkplatzes rechts außerhalb. Der gesamte beschriebene Bereich liegt im Ortsgebiet von Neubau. Gesonderte Geschwindigkeitsbeschränkungen sind nicht verfügt. Die zur Unfallszeit herrschenden Witterungsverhältnisse haben die Sicht allerdings etwas beeinträchtigt, so daß man etwa 90 bis 100 m weit sah, aber aus dieser Entfernung schon unbeleuchtete Gegenstände wahrnehmen konnte. Vor dem Unfall stand der Kläger mit seinem Fahrzeug auf dem Parkplatz vor dem Restaurant N***. Er stand ziemlich weit rückwärts, die Vorderfront war dabei etwa 15 m von der Bundesstraße entfernt und das Eck etwa 8 m davon. In diese Stellung war er dadurch gelangt, daß er zuvor ostwärts fahrend nach rechts in diesen Parkplatz abgebogen war und nach einem Bogen von etwa 60 Grad das Fahrzeug samt Anhänger abgestellt hatte. Der Kläger fuhr dann langsam im Retourgang zurück, und zwar etwa im gleichen Bogen, wie er zuvor in die Parkfläche eingefahren war. Nach Zurücklegen einer Wegstrecke von etwa 15 m kam er dann mit der Hinterseite des Anhängers etwa 10 m westwärts der ursprünglichen Parkposition zum Stehen, und zwar derart, daß sich ein Breitenanteil des Anhängers von knapp einem Meter bereits auf der Bundesstraße befand und der Rest des Anhängers noch auf dem Parkplatz. Das ganze Gefährt stand noch etwas nach rechts abgeknickt, so daß sich das Zugfahrzeug (Bus) selbst noch zur Gänze auf dem Parkplatz befand. Der Anhänger selbst hatte zur Fahrbahnlängsachse der Bundesstraße, von hinten nach vorne gesehen, dadurch noch eine Schrägstellung nach rechts erreicht. Sowohl das Zugfahrzeug als auch der Anhänger waren beleuchtet und der Kläger hatte während der ganzen Zeit des Zurückfahrens über die Spiegel den Bereich rückwärts beobachtet, jedoch war das Beklagtenfahrzeug noch nicht im Sichtbereich. Nachdem der Kläger diese geschilderte Position erreicht hatte, hielt er an und schlug die Lenkung nach links ein, um dann letztlich ausparken zu können. Außerdem führte er nach dem Anhalten einen Gangwechsel durch, was jedoch nur etwas erschwert möglich war, da der Motor des Fahrzeugs noch kalt war. Als er dann nach einer Stehzeit von etwa 20 bis 30 sec gerade im Begriffe war, nach vorne Richtung Osten loszufahren, fuhr der Erstbeklagte mit dem LKW, und zwar mit dessen rechter vorderer Ecke, gegen die rechte Hinterseite des Anhängers des Klagsfahrzeuges, weil er im Zuge seiner Annäherung auf der Bundesstraße 1 an die Unfallstelle das stehende Klagsfahrzeug (Anhänger) übersehen hatte. Durch den Anstoß von rückwärts wurde der Anhänger des Klagsfahrzeuges in die Fahrbahn der Bundesstraße 1 hineingedreht und stand dann in der Endstellung um etwa 2 m weiter in der Fahrbahn gegenüber der ursprünglichen Ausgangsposition, wobei der Anhänger eine Verdrehung in die Fahrbahn hinein auf etwa 45 Grad erfahren hatte. Der vom Erstbeklagten gelenkte LKW kam hinter dem Anhänger zum Stillstand, und zwar in der Weise, daß die rechte Flucht des LKW mit der Fahrbahnkante der Bundesstraße 1 in Deckung war.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, nach den getroffenen Feststellungen habe der Erstbeklagte den Verkehrsunfall dadurch allein verursacht und verschuldet, daß er zufolge mangelnder Vorsicht und Aufmerksamkeit das stehende Fahrzeug des Klägers samt Anhänger nicht gesehen und daher von rückwärts auf den Anhänger aufgefahren sei. Der Kläger habe sich jedoch aus Gründen prozessualer Vorsicht ein Mitverschulden zur Hälfte anrechnen lassen, so daß auch die Hälfte der der Höhe nach gleichfalls unbestrittenen Gegenforderung mit 18.462,50 S als zu Recht bestehend festzustellen gewesen sei. Die Klagsforderung sei in der Höhe von 30.060,46 S als zu Recht bestehend zu erkennen und dem Kläger ein Betrag von 11.597,96 S zuzusprechen gewesen.

Infolge Berufung des Klägers änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß unter Einbeziehung des unangefochten gebliebenen Teiles die Klagsforderung mit 31.823,32 S als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt und dem Kläger daher 31.823,32 S sA zugesprochen wurden. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei, gelangte aber, ausgehend von den unbekämpften Feststellungen zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung: Berechtigterweise bekämpfe der Kläger die vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht, daß die eingewendete Gegenforderung der Beklagten zur Hälfte als zu Recht bestehend erkannt werden müsse, obwohl den Erstbeklagten das alleinige Verschulden am Zustandekommen des Unfalles treffe. Wenn das Erstgericht in diesem Zusammenhang darauf hinweise, daß die Gegenforderung, die der Höhe nach außer Streit stehe, deshalb zur Hälfte als zu Recht bestehend erkannt werden müsse, weil sich der Kläger aus Gründen prozessualer Vorsicht ein Mitverschulden zur Hälfte habe anrechnen lassen, so könne diese Erklärung doch nicht in Richtung eines konstitutiven Anerkenntnisses dahin ausgelegt werden, daß der Kläger damit unabhängig von dem erst im Zuge des gegenständlichen Rechtsstreites zu ermittelnden Ausmaß des Verschuldens des Erstbeklagten die Gegenforderung der Beklagten zur Hälfte anerkennen wollte. Der Kläger spreche in seiner Klage nach Schilderung des Unfallsverlaufes ausdrücklich davon, daß der Unfall auf das Alleinverschulden des Erstbeklagten zurückzuführen sei, und rechnet sich sodann "aus Gründen prozessualer Vorsicht vorläufig ein Mitverschulden im halben Ausmaß" an, so daß die Ansprüche des Klägers dem Grunde nach nur zur Hälfte geltend gemacht worden seien. Eine spätere Ausdehnung sei ausdrücklich vorbehalten worden. Das dergestalt vom Kläger auf sich genommene Mitverschulden sei ein Element der Höhe der Klagsforderung und nicht des Anspruchsgrundes, dergestalt, daß es nicht zur Kompensation der Gegenforderung herangezogen werden könne. Objektiv liege kein Mitverschulden des Klägers vor, weil er nur mit seinem Anhänger einen eher geringfügigen Teil der Bundesstraße eingenommen habe und selbst beim Unterbrechen des Ausparkens auf dieser höchstens ein stehendes Hindernis gebildet habe. Würden aus ein und demselben Verkehrsunfall bei verschiedenen Gerichten und mit vertauschten Parteirollen Ansprüche erhoben, bestehe auch hinsichtlich der Mitverschuldensquote keine Bindungswirkung nach §§ 190 und 411 ZPO. Entscheidungsharmonie sei bei Anwendung der §§ 31a Abs 2 und 92a JN in Verbindung mit § 187 ZPO höchstens aus praktischen Gründen zu erwarten. Die Einwendung der Gegenforderung könne nur den Entscheidungsbereich nicht über die Höhe der Klagsforderung hinaus erweitern. Sonst bestehe aber kein Unterschied gegenüber der selbständigen Widerklage oder einer Klagsführung mit vertauschten Parteirollen vor einem anderen Gericht. Demnach hätten die Beklagten, selbst wenn der Kläger ein Mitverschulden auf sich nehme, für ihre Gegenforderung die Verschuldensfrage durch entsprechende Beweisführung zu klären. Anders würde die strenge Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach bei Teileinklagung ohne Mitverschuldensanerkenntnis die Teilforderung erneut um die Quote zu kürzen ist, zu einer einseitigen Benachteiligung des Klägers führen. Auf Grund dieser Umstände vertrete das Berufungsgericht den Standpunkt, daß der Gegenforderung mangels eines Mitverschuldens des Klägers am Zustandekommen des gegenständlichen Unfalles grundsätzlich Berechtigung abgesprochen werden müsse. Auf die Frage der Zession dieser Gegenforderung brauche daher nicht mehr näher eingegangen werden.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen; hilfsweise wird Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes beantragt. Der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt.

Die Revisionsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge führen die Beklagten aus, auf Grund des Gutachtens des Sachverständigen S*** habe der Kläger in der Streitverhandlung vom 24. September 1987 das Klagebegehren dahin neu formuliert, daß im Hinblick auf das anrechenbare Mitverschulden von 50 % ein Betrag von 33.586,17 S begehrt werde. Dies sei als eine für das Gericht bindende Prozeßerklärung anzusehen. Hieraus resultiere in der Folge denknotwendig, daß die compensando eingewendete Gegenforderung, wie das Erstgericht richtig erkannt habe, mit 50 % zu berücksichtigen sei. Im übrigen wäre bei richtiger rechtlicher Beurteilung gemäß § 11 EKHG nach den Verfahrensergebnissen ohnedies von einer 50 %igen Verschuldensteilung auszugehen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

In einem Rechtsstreit kann die Aufrechnung als Schuldtilgungseinwand, der sich auf eine (vor oder während des Prozesses) bereits vollzogene (außergerichtliche) Aufrechnung stützt, oder durch prozessuale Aufrechnungseinrede geltend gemacht werden (EvBl 1972/187 u.a., zuletzt 1 Ob 538/77, Novak in JBl 1951, 504 ff). Zwischen der außergerichtlichen Aufrechnung und einer prozessualen Aufrechnungseinrede muß unterschieden werden. Während die außergerichtliche Aufrechnung unbedingt erklärt wird, also die Anerkennung der Hauptforderung jedenfalls bis zur Höhe der aufrechenbaren Gegenforderung voraussetzt und dieser insoweit nur die Gegenbehauptung entgegengesetzt wird, daß sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe, ist die Aufrechnungseinrede im Rechtsstreit eine bedingte Erklärung - die nicht einmal Streitanhängigkeit zur Folge hat (SpR 40 = SZ 28/25 u.v.a.) -, die erst und nur für den Fall wirksam wird, daß das Gericht den Bestand der Klagsforderung bejaht. Die Aufrechnungseinrede im Rechtsstreit ist daher im Falle des Bestandes der Hauptforderung und der Aufrechenbarkeit Gegenstand der spruchmäßigen Erledigung durch das Gericht (Fasching ZP III 574, 1 Ob 538/77 u.a.). Inhalt der Aufrechnungseinrede ist somit die Einwendung einer Gegenforderung des Beklagten gegen den Kläger mit dem Ziel, das Gericht möge durch die Entscheidung über den Bestand und die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung die Aufrechnung mit der Klagsforderung vollziehen und das Klagebegehren abweisen (SZ 53/66 u.a.). Nur, wenn der Kläger selbst von seiner Forderung eine von ihm anerkannte Gegenforderung des Beklagten in Abzug bringt, ist damit letzterem die Möglichkeit genommen, seine Forderungen aufrechnungsweise im Prozeß geltend zu machen. In einem solchen Fall kann dem Kläger nur der Betrag seiner als zu Recht bestehend erkannten Forderung zugesprochen werden, der über die Gegenforderungen hinausgeht.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger, der in der Klage das Alleinverschulden des Erstbeklagten behauptet hatte, aus prozessualen Gründen unter Anrechnung eines eigenen Mitverschuldens von 50 % nur die Hälfte des erlittenen Schadens geltend gemacht und dies in der Streitverhandlung vom 24. September 1987 nach Außerstreitstellung des Schadensbetrages unter Einschränkung präzisiert. Damit war aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, keineswegs ein konstitutives Anerkenntnis des Bestandes der Gegenforderung erfolgt, vielmehr hatte das Erstgericht unabhängig von der Einschränkung der Klagsforderung über den Bestand, d.h. über den Grund und die Höhe der Gegenforderung zu entscheiden, wobei lediglich kein Zuspruch an den Kläger über den eingeschränkten Klagsbetrag hinaus zulässig gewesen wäre. Die Entscheidung über die Aufrechnungseinrede erwächst bis zur Höhe der Klagsforderung in Rechtskraft, ist also insoweit eigener Streit- und Urteilsgegenstand (vgl. Fasching, ZP-Recht, Rz 1291). Im laufenden Rechtsstreit kann über die Aufrechnungseinrede nur dann sachlich entschieden werden, wenn alle für sie erforderlichen Prozeßvoraussetzungen und Formerfordernisse erfüllt sind; ob sie meritorisch Erfolg hat, hängt dann vom Vorliegen der Voraussetzungen des materiellen Rechtes ab (Fasching aaO Rz 1292). Da aber das Erstgericht ebenso wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum zur Annahme eines Alleinverschuldens des Erstbeklagten gelangte, hat das Berufungsgericht mangels eines Mitverschuldens des Klägers an dem gege ständlichen Unfall zutreffend die Gegenforderung für nicht gerechtfertigt erkannt. Mit Rücksicht auf das Alleinverschulden des Erstbeklagten war auch einer Anwendung des § 11 EKHG die Grundlage entzogen, da die gewöhnliche Betriebsgefahr des Fahrzeuges des Klägers durch das Verschulden des Erstbeklagten als Unfallsursache gänzlich zurückgedrängt wurde (vgl. ZVR 1985/153 u.v.a.), die Feststellungen aber für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Betriebsgefahr keinerlei Anhaltspunkte bieten.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E16180

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00109.88.1011.000

Dokumentnummer

JJT_19881011_OGH0002_0020OB00109_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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