TE OGH 1988/10/13 12Os114/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Takacs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Harald B*** und Alfred P*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.Juni 1988, GZ 1 c Vr 2744/88-39, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer und der Verteidiger Dr. Kuzmich und Dr. Wolf, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald B*** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 2. (vollendeter Diebstahl von Lebensmitteln) sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Harald B*** wird von der Anklage, in der Zeit vom 1. Februar 1988 bis zum 9.März 1988 in Wien in wiederholten Angriffen fremde bewegliche Sachen, nämlich Lebensmittel in nicht bekanntem Wert, Verfügungsberechtigten der K*** mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallende Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB (Punkt 1.) wird er nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald B*** ebenso wie (zur Gänze) jene des Angeklagten Alfred P*** verworfen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte B*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Berufung des Angeklagten P*** wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 12 (zwölf) Monate herabgesetzt.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Harald B*** und Alfred P*** auch die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 8.Oktober 1963 geborene, beschäftigungslose Harald B*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB und der am 25.April 1965 geborene (gleichfalls) beschäftigungslose Alfred P*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach haben

1.) Harald B*** und Alfred P*** am 9.März 1988 in Wien im einvernehmlichen Zusammenwirken als Mittäter (richtig: Harald B*** als unmittelbarer Täter gemäß § 12 erster Fall StGB und Alfred P*** als Beteiligter durch sonstigen Tatbeitrag im Sinn des § 12 dritter Fall StGB) Bargeld und andere Sachwerte durch Einbruch in zwei Wohnungen des Hauses Wien 7., Kaiserstraße Nr. 77, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung wegzunehmen versucht, indem B*** zwei Wohnungstüren gewaltsam aufzudrücken trachtete, während P*** Aufpasserdienste leistete;

2.) Harald B*** allein in der Zeit ab 1.Februar 1988 bis 9. März 1988 in Wien in verschiedenen Filialen der

K*** in wiederholten Zugriffen Lebensmittel von

nicht mehr feststellbarem Wert gestohlen.

Die Angeklagten bekämpfen ihren Schuldspruch mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, Harald B*** aus den Gründen der Z 5, 5 a, 9 lit. a und 10, Alfred P*** allein aus der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO und den Strafausspruch jeweils mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Harald B***:

Der Beschwerdeargumentation dieses Angeklagten kommt teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als er in bezug auf das Schuldspruchfaktum 2.) gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO materiellrechtlich erhebliche Feststellungsmängel im wesentlichen mit der Begründung geltend macht, das angefochtene Urteil lasse ungeachtet entsprechender Anhaltspunkte in den Verfahrensergebnissen offen, ob die in Rede stehende Tat nicht (bloß) als Vergehen der Entwendung nach § 141 Abs. 1 StGB zu beurteilen wäre. Da der Angeklagte B*** sein (nicht näher konkretisiertes) Geständnis vor der Polizei, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 1. Februar 1988 wiederholt in verschiedenen K***

Lebensmittel für den eigenen Bedarf gestohlen zu haben (S 47 dA), in der Hauptverhandlung widerrief (S 169 dA), und nach Lage des Falles vorweg die Unerweisbarkeit eines für einen Schuldspruch tragfähigen Tatsachensubstrats feststeht, kann im Sinn des Beschwerdestandpunkts nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die zu Punkt 2.) des Schuldspruchs erfaßten Tathandlungen sämtliche Voraussetzungen der (gegenüber dem Diebstahl privilegierten) Entwendung nach § 141 Abs. 1 StGB erfüllen. Ein Schuldspruch des Angeklagten nach dieser Gesetzesbestimmung kommt aber schon deshalb nicht in Betracht, weil es vorliegend entgegen § 141 Abs. 2 StGB an entsprechender Ermächtigung durch die (im einzelnen gar nicht bekannten) Verletzten mangelt. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*** war daher in diesem Punkt mit Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO (vgl. EvBl. 1980/74) vorzugehen.

Als nicht berechtigt hingegen erweist sich das Beschwerdevorbringen des Angeklagten B***, soweit es sich gegen den Schuldspruch zu Punkt 1.) des Urteilssatzes richtet:

Mit seinen dieses Faktum betreffenden Beschwerdeeinwänden zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO vermag der Beschwerdeführer keine (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der bezüglichen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen darzutun, die vor allem auf den Angaben des Tatzeugen Ing. Kurt K*** (vgl. S 35, 185 bis 188) beruhen. Dies gilt für den Hinweis auf das (schon mangels jedweden Werkzeugeinsatzes beim Versuch des händischen Aufdrückens der Wohnungstüren - vgl. US 6 - plausible) Fehlen von Einbruchsspuren gleichermaßen wie für die Reklamation des Angeklagten, lediglich nach einer (in Wahrheit in einem der unteren Stockwerke gelegenen) Arztordination gesucht zu haben.

Mit dem im Rahmen der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) erhobenen Einwand, nach den Tatmodalitäten (Drücken gegen Wohnungstüren mit bloßer Hand) sei nicht versuchter Einbruchsdiebstahl, vielmehr ein als straflose Vorbereitungshandlung zu beurteilendes Auskundschaften von Diebstahlsmöglichkeiten indiziert, wird der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund mangels Orientierung an der Urteilsfeststellung, wonach die Angeklagten Harald B*** und Alfred P*** im Tatzeitpunkt die Ausführung von Wohnungseinbrüchen beabsichtigten (US 5), nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Alfred P***:

Soweit dieser Beschwerdeführer aus dem (allein reklamierten) Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO Urteilsausführungen darüber vermißt, welches Einbruchswerkzeug von jedem der beiden Angeklagten im Zuge der Tatausführung mitgeführt wurde, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf. Da dem angefochtenen Schuldspruch ohnedies zugrunde liegt, daß der Angeklagte B*** bei dem (erfolglosen) Versuch, die Wohnungstüren mit bloßen Händen aufzudrücken, kein Werkzeug einsetzte, betrifft der Einwand keine entscheidungswesentliche Tatsache. Nicht anders verhält es sich mit dem - weiters gerügten - Urteilshinweis, daß die Angeklagten "teilweise dem Suchtgiftmilieu verfangen" sind, welcher ersichtlich nur der Charakterisierung der Täterpersönlichkeit, nicht aber der Erhärtung für den bekämpften Schuldspruch ausschlaggebender Schlußfolgerungen dient. Schließlich beschränkt sich der Beschwerdeführer auf eine im Rahmen der Mängelrüge gesetzlich nicht vorgesehene Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile von Kollegialgerichten unzulässigen Schuldberufung, indem er seine (vom Erstgericht mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig abgelehnte) leugnende Verantwortung, den Angeklagten B*** lediglich bei dessen geplantem Arztbesuch begleitet zu haben, als den Tatsachen entsprechend reklamiert.

Die (zur Gänze unbegründete) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred P*** war daher zu verwerfen.

Zu den Strafen:

Bei der durch den Teilfreispruch des Angeklagten B*** erforderlich gewordenen Strafneubemessung fielen (wie schon vom Erstgericht mitberücksichtigt) die einschlägigen Vorstrafen, der rasche Rückfall und die Tatausrichtung auf zwei Einbruchsobjekte als erschwerend, als mildernd hingegen allein der Umstand ins Gewicht, daß es (insgesamt) beim Versuch geblieben ist. Mag auch der rasche Rückfall nach Verbüßung einer wegen gleichartiger (gewerbsmäßig begangener) Einbruchsdiebstähle mit beträchtlichem Gesamtschaden verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten die besonderen spezialpräventiven Aspekte des konkreten Falles unterstreichen, so stellen sich mangels jedweden Deliktsschadens der Unrechtsgehalt und der gesellschaftliche Störwert der Tat als begrenzt und die ausgesprochene Freiheitsstrafe von 15 Monaten als schuldangemessen und tatgerecht dar.

Mit seiner (keine wesentlichen neuen Argumente zur Straffrage enthaltenden) Berufung war der Angeklagte B*** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Über den Angeklagten Alfred P*** verhängte das Erstgericht gemäß § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, wobei es auch in diesem Zusammenhang die einschlägigen Vorstrafen und die Mehrheit (Wiederholung) der diebischen Angriffe als erschwerend, den bloßen Versuch und die untergeordnete Tatbeteiligung demgegenüber als mildernd wertete.

Mit seiner gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte P*** im Ergebnis zu Recht eine Herabsetzung des Strafausmaßes an, mag er auch im einzelnen keine bisher unberücksichtigt gebliebenen Milderungsgründe aufzeigen. Seine im Vergleich zu Harald B*** ersichtlich geringere Tatinitiative und Anfälligkeit für Delikte gegen fremdes Vermögen lassen jedoch in Verbindung mit dem - wie dargelegt begrenzten - objektiven Gewicht der Tathandlungen unter dem Gesichtspunkt eines ausgewogenen Sanktionsverhältnisses ein Strafausmaß von 12 Monaten als sachgerecht erscheinen. Aus den dargelegten Erwägungen war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E15582

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00114.88.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19881013_OGH0002_0120OS00114_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten