TE OGH 1988/11/30 1Ob678/88

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Veröffentlicht am 30.11.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Redl und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Ingrid D***, Hausfrau, Hof 33, wider den Antragsgegner Günther D***, Zimmerer, zuletzt Justizanstalt Mittersteig, Wien 5., vertreten durch Dr. Ingrid Huber, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 5.Mai 1987, GZ 1 R 27/87-36, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom 10.November 1986, GZ F 7/85-33, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag des Rekurswerbers auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die zwischen den Streitteilen am 17.8.1968 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 22.3.1985, 16 Cg 323/83-28, bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 18.10.1985, 6 R 159/85-38, aus dem Alleinverschulden des Antragsgegners geschieden. Das Urteil wurde am 17.12.1985 rechtskräftig. Aus der Ehe entstammen sechs mj. Kinder. Der Antragsgegner war mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 4.4.1984, 13 Vr 3857/83-32, wegen Verbrechens nach den §§ 206 Abs 1, 211 Abs 2, 207 Abs 1 und 212 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Er verbüßt seine Strafe hauptsächlich in der Justizanstalt Mittersteig. Die Streitteile haben mit Kaufvertrag vom 30.7.1979 je zur Hälfte die Liegenschaft EZ 522 KG Wörth mit dem Haus Hof 33, in dem sich die Ehewohnung befand, erworben. Der Kaufpreis von S 700.000 wurde ausschließlich durch Darlehen des Landes Steiermark und des Bezirksfürsorgeverbandes Feldbach finanziert. Die grundbücherlich sichergestellten Darlehen haften der Aktenlage nach mit S 570.000 bzw. S 155.200 aus. Die Rückzahlung der Darlehensraten erfolgte in der Zeit vom Juli 1980 bis Oktober 1983 durch den Antragsgegner, seither durch die Antragstellerin. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt S 763.525.

Die Antragstellerin, die weiterhin mit den Kindern im Haus Hof 33 wohnt, beantragt, ihr die dem Antragsgegner gehörige ideelle Liegenschaftshälfte zu übertragen.

Der Antragsgegner sprach sich dagegen aus; allenfalls sei der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung in der Höhe der Hälfte des Wertes des Hauses abzüglich der Schulden aufzuerlegen. Das Erstgericht übertrug das Hälfteeigentum des Antragsgegners an der EZ 522 KG Wörth an die Antragstellerin und verpflichtete sie, die auf der gesamten Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Forderungen allein zurückzuzahlen, den Antragsgegner aber schad- und klaglos zu halten. Es stellte fest, während der aufrechten Ehe der Streitteile sei der Antragsgegner nur fallweise einer Beschäftigung nachgegangen. Er habe oft nur tageweise oder für Wochen gearbeitet, dazwischen sei er monatelang keiner Beschäftigung nachgegangen. So sei es vorgekommen, daß die zeitlichen Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosenunterstützung nicht gegeben gewesen seien, und der Antragsgegner kein Arbeitslosengeld bezogen habe. Zur Sicherung des Unterhaltes der Familie habe der Antragsgegner dann fallweise Aushilfsarbeiten bei Bauern verrichtet; es sei aber auch vorgekommen, daß die Antragstellerin solche Arbeiten verrichtet habe, um wenigstens etwas Geld zu haben. Durch das Verhalten des Antragsgegners habe sich die Familie immer in finanziellen Schwierigkeiten befunden. Die Antragstellerin und die Kinder lebten derzeit von Mitteln der Sozialhilfe.

Rechtlich legte das Erstgericht dar, daß das Haus von der Antragstellerin und den Kindern zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses benötigt werde. Da der Antragsgegner seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Familie nur unzureichend nachgekommen sei und die Antragstellerin seit November 1983 für die Rückzahlung der zur Anschaffung des Hauses gewährten Darlehen aufkomme, entspreche es, ohne daß eine Ausgleichszahlung zu bestimmen gewesen sei, der Billigkeit, ihr den Hälfteanteil des Antragsgegners zu übertragen.

In dem vom Antragsgegner eingebrachten und am 3.12.1986 bei Gericht eingelangten Rekurs führte er u.a. aus, daß er auf eine genaue Teilung des gemeinsam angeschafften Hausrates bestehe. Das Rekursgericht gab seinem Rekurs nicht Folge. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erklärte es für zulässig. Antragsgegenstand sei nur die Aufteilung der gemeinsamen Liegenschaft gewesen. Der Antrag auf Aufteilung des Hausrates könne im Rekursverfahren nicht nachgeholt werden. Im übrigen sei der Ansicht des Erstgerichtes voll beizupflichten. Die Antragstellerin habe nicht nur zum überwiegenden Teil bis zum Strafantritt des Antragsgegners ihren Beitrag geleistet, sondern diesen zwangsläufig wegen des auch im Aufteilungsverfahren nicht zu vernachlässigenden Verhaltens des Antragsgegners, das zur Scheidung der Ehe geführt habe, seit 3 1/2 Jahren allein erbringen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Antragsgegners ist nicht berechtigt. Im gerichtlichen Aufteilungsverfahren sind gemäß § 232 Abs 2 AußStrG reine Verfahrensfragen, soweit ihre unrichtige Lösung keine Nullität begründet, einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (EFSlg 52.926, 52.924, 52.919, 50.130, 47.398 uva). Die Geltendmachung einer vom Rekursgericht verneinten Verletzung der Anleitungspflicht durch das Erstgericht bildet daher keinen tauglichen Anfechtungsgrund. Eine solche Mangelhaftigkeit würde sich aber auch nicht zum Nachteil des Rekurswerbers ausgewirkt haben: Der Antragsgegner hat, wenn auch in seinem Rekurs, so doch innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG den Antrag auf Aufteilung des gemeinsam angeschafften Hausrates gestellt. Da Gegenstand des bisherigen Verfahrens nur die Aufteilung der EZ 522 KG Wörth war, wird das Erstgericht über den vom Antragsgegner rechtzeitig gestellten, aber noch nicht erledigten Antrag auf Teilung des gemeinsam angeschafften Hausrates zu entscheiden haben.

Im Sinne des § 84 EheG, der dem Bewahrschutz des § 90 EheG vorgeht (EFSlg 48.971, 46.379 ua), kann im vorliegenden Fall die Gegenstand des bisherigen Verfahrens bildende Aufteilung nur so vorgenommen werden, daß einer der beiden Ehegatten das Alleineigentum an der Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befand, zugeteilt erhält. Dem Aufteilungswunsch der schuldlos geschiedenen Antragstellerin kommt dabei Beachtung zu (EFSlg 51.756, 48.953, 46.367 uva). Eine Ausgleichszahlung ist ihr nicht aufzuerlegen. Der Schuldenstand erreicht nicht nur annähernd die Höhe des Verkehrswertes der gesamten Liegenschaft, der Antragsgegner hat nach den Feststellungen der Vorinstanzen zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens auch einen so kleinen Anteil geleistet, daß jede andere Entscheidung unbillig wäre.

Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG in Verbindung mit §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E15911

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00678.88.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19881130_OGH0002_0010OB00678_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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