TE OGH 1988/12/6 2Nd17/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik und Dr. Vogel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz F***, Postbediensteter, 8343 Trautmannsdorf 31, vertreten durch Dr. Kurt Eckmair, Dr. Reinhard Neureiter, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A*** E*** V*** AG, 1120 Wien,

Schönbrunner Schloßstraße 40, vertreten durch Dr. Christian Flick, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 249.079 s.A., über den Antrag der beklagten Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Rechtssache wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien abgenommen und dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zugewiesen.

Text

Begründung:

Am 17. Oktober 1986 ereignete sich auf der Bundesstraße 66 im Gemeindegebiet von Stainz bei Straden, Bezirk Feldbach, ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit dem von ihm gelenkten Motorrad und Erich S*** mit dem von ihm gelenkten PKW, der bei der Beklagten haftpflichtversichert war, beteiligt waren. Bei dem Unfall wurde der Kläger verletzt, sein Motorrad wurde beschädigt. Der Kläger forderte mit der Behauptung des Alleinverschuldens des Erich S*** S 229.079 s.A. an Schadenersatz und stellte auch ein Feststellungsbegehren.

Die Beklagte wendete die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ein, gestand ein Verschulden ihres Versicherungsnehmers Erich S*** im Ausmaß von einem Drittel an dem Unfall zu und setzte der Klagsforderung eine Gegenforderung von S 15.000,- aufrechnungsweise entgegen. In der mündlichen Streitverhandlung vom 1. Juni 1988 faßte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien Beweisbeschluß durch Einvernahme des Zeugen Erich S*** und des Klägers als Partei, Durchführung eines Ortsaugenscheins und Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Kraftfahrzeugfach. Die Beklagte zog die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zurück und anerkannte einen Betrag von S 32.799,30 s.A.

Am 8. Juni 1988 beantragte die Beklagte die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz und begründete diesen Antrag mit der bereits beschlossenen Durchführung eines Ortsaugenscheins sowie den Wohnsitzen des Zeugen S*** und des Klägers im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz.

Der Kläger sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und wendete ein, die Beklagte habe durch die Rückziehung ihrer Unzuständigkeitseinrede im Ergebnis die Zuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien akzeptiert. Das Prozeßgericht äußerte sich zum Delegierungsantrag dahin, es habe seitens des Prozeßrichters immer die Bereitschaft zur Durchführung des von der Beklagten beantragten Ortsaugenscheins bestanden. Dies sei auch anläßlich der Tagsatzung vom 1. Juni 1988 erörtert worden und auch unter anderem der Grund für die Zurücknahme der Unzuständigkeitseinrede durch die beklagte Partei gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Nach § 31 Abs.1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung obliegt dem Oberlandesgericht innerhalb seines Sprengels, außerhalb desselben dem Obersten Gerichtshof (§ 31 Abs.2 JN).

Gegen den Widerspruch einer Partei ist dem Delegierungsantrag nur dann zu entsprechen, wenn die Übertragung der Sache vom zuständigen Gericht an ein anderes im eindeutigen Interesse aller Verfahrensbeteiligten liegt.

Dies kann im vorliegenden Fall angenommen werden. Es handelt sich hier um einen Schadenersatzprozeß aus einem Verkehrsunfall, der sich im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz ereignete. Dem Umstand, daß im allgemeinen Gründe der Zweckmäßigkeit dafür sprechen, derartige Schadenersatzprozesse bei dem Gericht durchzuführen, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er für derartige Prozesse im § 20 EKHG einen entsprechenden Gerichtsstand bei dem für den Unfallsort zuständigen Gericht schuf (vgl. 2 Nd 3/85 ua). Hiezu kommt, daß die Durchführung des Ortsaugenscheins und die Einvernahme des im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wohnhaften Zeugen Erich S*** sowie des ebenfalls in diesem Sprengel wohnhaften Klägers als Partei und die Einvernahme des Sachverständigen aus dem KFZ-Fach vom Prozeßgericht bereits beschlossen wurde. Bei Durchführung dieser Beweise liegt die beantragte Delegierung auch im wohlverstandenen Interesse des Klägers, weil die Sache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Gerichte des Unfallsortes durchgeführt werden kann.

Die Rückzahlung der Einwendung der örtlichen Unzuständigkeit des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien durch die Beklagte steht der Stellung eines Delegierungsantrages nicht entgegen, da hiefür andere gesetzliche Voraussetzungen gelten.

Dem Delegierungsantrag war daher stattzugeben.

Anmerkung

E15685

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020ND00017.88.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19881206_OGH0002_0020ND00017_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten