TE OGH 1988/12/20 5Ob104/88

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Veröffentlicht am 20.12.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Thomas S***, Wien 18., Teschnergasse 35/8, vertreten durch Martin G***, Verein Mieter informieren Mieter, Wien 15., Löhrgasse 13/20, wider die Antragsgegner 1. Ladislaus S***, Wien 2., Paffrathgasse 6/4, 2. Barbara S***,

Wien 18., Kreuzgasse 20/8, 3. Karin M***, Wien 18., Hockegasse 4/5, 4. Dr. Flavia P***, Wien 8., Trautsongasse 1,

5. Dr. Peter P***, ebendort, 6. Christine B***, Wien 20., Wallensteinstraße 49, alle Miteigentümer des Hauses Wien 18., Teschnergasse 35, vertreten durch Margarete F***, Gebäudeverwaltung, Wien 15., Turnergasse 29/11, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5. Mai 1988, GZ 41 R 193/88-26, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 10. November 1987, GZ 4 Msch 62/86-20, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, den Antragsgegnern die mit S 60,50 bestimmten Barauslagen des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller begehrte von der Schlichtungsstelle die Feststellung, daß die Antragsgegner ihm gegenüber als Mieter der Wohnung top.Nr. 8 in ihrem Haus Wien 18., Teschnergasse 35 durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 1.871,50 vom 1. Oktober 1982 bis zum 30. April 1984 und von S 2.067,24 vom 1. Mai 1984 bis zum 31. Dezember 1985 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten hätten. Er brachte vor, daß er nach dem Tod seiner Großmutter am 25. September 1982 in deren Mietvertrag eingetreten sei. Mit Schreiben der Hausverwaltung vom 28. September 1982 sei der monatliche Hauptmietzins unter Zugrundelegung der Katgorie B und einer Nutzfläche von 113,42 m2 ab 1. Oktober 1982 auf S 1.871,50 erhöht worden. Ab Mai 1984 sei von der Hausverwaltung ein monatlicher Hauptmietzins von S 2.067,24 vorgeschrieben worden, ohne daß die Antragsgegner ihr Erhöhungsbegehren gemäß § 16 Abs 6 MRG 14 Tage vor dem Zinstermin bekannt gegeben hätten. Der Korrespondenz mit der Hausverwaltung sei zu entnehmen, daß die höhere Vorschreibung mit dem Ansteigen der Kategoriehöchstsätze bei Neuvermietungen gemäß § 16 Abs 4 MRG begründet werde. Gemäß § 46 Abs 2 MRG dürfe jedoch im gegenständlichen Fall mangels Wertsicherungsvereinbarung nur der am 1. Oktober 1982 der Urkategorie C entsprechende monatliche Hauptmietzins von S 11,-- je m2 Nutzfläche begehrt werden. Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Antrages. Ihre Vorschreibungen seien im MRG gedeckt. Der Antragsteller habe bereits mit der Mietzinsvorschreibung für Mai 1984 eine Verständigung über die Zusammensetzung des Mietzinses erhalten, in welcher der Hauptmietzins mit dem auf Grund der Wertsicherung erhöhten Betrag ausgeworfen worden sei. Der Antragsteller habe dieser Verständigung nach eigener Aussage entnommen, daß auf Grund der Wertsicherung ab Mai 1984 ein erhöhter Hauptmietzins vorgeschrieben werde. Nachdem die den Antrag abweisende Entscheidung der Schlichtungsstelle durch rechtzeitige Anrufung des Erstgerichtes seitens des Antragstellers außer Kraft getreten war, wies auch das Erstgericht den Antrag ab. Es führte aus, daß nach der Außerstreitstellung der Wohnungskategorie B nur mehr die Frage strittig geblieben sei, ob bei Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag nach § 14 MRG die Bestimmung des § 16 Abs 4 MRG zur Anwendung gelange. Dies sei zu bejahen, weil sich aus dem Wortlaut des § 16 Abs 4 MRG nicht ergebe, daß es hiezu einer besonderen Wertsicherungsvereinbarung bedürfe.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß teilweise dahin ab, daß er unter Einbeziehung des unangefochten gebliebenen Teiles (Abweisung des Überschreitungsfeststellungsbegehrens für den Zeitraum vom 1. Oktober 1982 bis zum 30. April 1984) wie folgt zu lauten habe:

"Die Antragsgegner haben gegenüber dem Antragsteller als Mieter der Wohnung top.Nr. 8 im Haus Wien 18., Teschnergasse 35 zum Zinstermin 1. Mai 1984 durch die Vorschreibung eines Betrages von S 2.067,24 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um S 195,74 überschritten. Der weitere Antrag, die Antragsgegner haben durch die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 1.871,50 ab 1. Oktober 1982 bis 30. April 1984 und eines monatlichen Hauptmietzinses von S 2.067,24 vom 1. Juni 1984 bis 31. Dezember 1985 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten, wird abgewiesen." Soweit der erstgerichtliche Sachbeschluß bestätigt wurde, hat das Rekursgericht den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt. Das Rekursgericht führte aus:

Zunächst sei von der Bestimmung des § 46 Abs 2 MRG - im Hinblick auf die zu überprüfenden Zinstermine bis zum 31. Dezember 1985 - noch in der Fassung vor der Novelle zum MRG (BG vom 12. Dezember 1985, BGBl. 1985/559) auszugehen, wonach der Vermieter von dem in ein Hauptmietrecht Eintretenden ab dem auf den Eintritt folgenden Zinstermin eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses bis zu dem Betrag begehren könne, der sich für die Wohnung bei Zugrundelegung des § 16 Abs 2 MRG und der Ausstattungskategorie im Zeitpunkt des seinerzeitigen Vertragsabschlusses oder einer späteren, vom Vermieter finanzierten Standardverbesserung errechne. An dieser Bestimmung habe die zum 1. Jänner 1986 in Kraft getretene Novelle nur insofern eine Veränderung herbeigeführt, als nunmehr nicht bloß der Abs 2 des § 16, sondern die Abs 2 bis 4 dieser Gesetzesstelle maßgeblich sein sollten. Durch diese Einfügung sei die von der Rechtsprechung bereits vorgenommene Auslegung legistisch klargestellt worden (Würth-Zingher, MRG 86, Anm. 1 zu § 446). Schon vor der Novelle habe die Rechtsprechung § 46 Abs 2 MRG dahin ausgelegt, daß nicht die starren, in § 16 Abs 2 MRG genannten Kategoriehöchstzinse im Falle des Eintritts maßgeblich sein sollten, sondern die jeweiligen dynamisierten Beträge, wie sie in § 16 Abs 4 MRG für den Neuabschluß von Verträgen vorgesehen seien. Der Oberste Gerichtshof habe darüber hinaus nicht bloß den für den maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts nach § 16 Abs 4 MRG geltenden Kategoriehöchstzins für entscheidend erachtet, sondern weiters diesen Kategoriehöchstzins auch künftig der Dynamisierungsnorm des § 16 Abs 4 MRG unterworfen (MietSlg 37.582). Diese Ansicht sei damit begründet worden, daß § 46 Abs 2 MRG dem Vermieter ein den Mietvertrag veränderndes Gestaltungsrecht einräume, das ihm unter Abkehr vom Versteinerungssystem (wie es für das alte Recht des MG charakteristisch gewesen sei und sonst in Altverträgen fortwirke) die Anpassung der Höhe des Hauptmietzinses an die für Neuvereinbarungen - seien es neu geschlossene Mietverträge oder frühere Mietverträge abändernde Vereinbarungen - in § 16 Abs 2 MRG festgelegten Höchstsätze ermögliche. Führe die Ausübung dieses Gestaltungsrechtes durch den Vermieter, das der eintretende Mieter zufolge der gesetzlichen Anordnung dulden müsse, zu einer Änderung des Mietvertrages betreffend die Höhe des Hauptmietzinses, so finde auch ohne besondere Verweisungsnorm, die Würth (in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 372 sowie in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 46 MRG und in Würth-Zingher, MRG2, 213) als nötig erachte, die Dynamisierungsnorm des § 16 Abs 4 MRG Anwendung. Auch Derbolav (MRG 127) vertrete die Meinung, daß diese Gesetzesstelle die allmähliche Angleichung der niedrigen Altmieten an das Niveau der Kategoriemietzinse zum Ziel habe. Die Rechtsprechung habe also Mietverhältnisse, deren Mietzins vertraglich nicht wertgesichert war, der in § 16 Abs 4 MRG vorgesehenen Dynamisierung unterstellt. Damit werde selbst ein ursprünglich vertraglich nicht wertgesicherter Zins im Falle der Anhebung nach § 46 Abs 2 MRG der in § 16 Abs 4 MRG für den Neuabschluß vorgesehenen Dynamisierung der Kategoriehöchstgrenzen unterworfen. Der damit nicht in Einklang stehenden Ansicht des Antragstellers, der den durch den Mietrechtseintritt bestimmten Kategoriehöchstzins keiner weiteren Wertsicherung unterwerfen wolle, könne sohin nicht beigetreten werden.

Der Antragsteller verweise aber mit Recht darauf, daß die in § 16 Abs 4 MRG ex lege vorgesehene Wertsicherung nicht anders geltend gemacht werden könne als die vereinbarte Wertsicherung im Sinne des § 16 Abs 6 MRG. In der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle sei der Hauptmieter zur Entrichtung des erhöhten Hauptmietzinses nur dann verpflichtet gewesen, wenn der Vermieter ihm spätestens 14 Tage vor dem Termin (das Erfordernis der Schriftlichkeit sei erst durch die Novelle eingefügt worden) sein darauf gerichtetes Erhöhungsbegehren bekannt gegeben habe. Sehe man den vorliegenden Sachverhalt im Lichte des § 16 Abs 6 MRG, so hätten die Vermieter erstmals mit 1. Mai 1984 die auf Grund der Valorisierung eingetretene Erhöhung begehrt. Dieses Begehren könne erstmals zum 1. Juni 1984 Wirkung auslösen, da zum 1. Mai 1984 die 14-Tage-Frist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der zum 1. Februar 1984 im Sinne des § 16 Abs 4 MRG eingetretene Indexsprung rechtfertige für den vorliegenden Fall eine Anhebung des Kategoriemietzinses ab Juni 1984. Deshalb liege in der Vorschreibung des erhöhten Zinses für Mai 1984 eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes, die zu einer teilweisen Stattgebung des Rekurses führe. Hinsichtlich der ab Juni 1984 gelegenen Zinstermine sei dem Rekurs jedoch nicht Folge zu geben gewesen. Hinsichtlich des bestätigenden Teils dieser Entscheidung - der abändernde sei ohnehin ohne Ausspruch anfechtbar - sei nach § 37 Abs 3 Z 18 MRG der weitere Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu eröffnen gewesen, weil die Frage der Dynamisierung der Kategoriehöchstsätze nach § 46 Abs 2 MRG und deren Vorschreibung von grundsätzlicher Bedeutung sei und hiezu noch keine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Stattgebung des Überschreitungsfeststellungsbegehrens auch für den Zeitraum vom 1. Juni 1984 bis zum 31. Dezember 1985 abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar nach § 37 Abs 3 Z 18

Satz 3 Fall 1 MRG zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst wendet sich der Antragsteller gegen die Ansicht des Rekursgerichtes, daß nicht vertraglich wertgesicherte Mietzinse nach einem Eintritt in den Mietvertrag gemäß § 14 MRG iVm § 46 MRG generell der in § 16 Abs 4 MRG vorgesehenen Dynamisierung unterstellt seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß - wie der Oberste Gerichtshof bereits in der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung MietSlg 37.582 dargelegt hat - das im MRG nicht ausgesprochene, aber in Einzelbestimmungen verschlüsselt ausgedrückte Prinzip der grundsätzlichen Fortgeltung des alten Rechts des MG für Hauptmietzinse von Altverträgen im Falle des Eintrittes nicht begünstiger Angehöriger nach § 46 Abs 2 MRG durchbrochen ist. Der Vermieter kann ab dem auf den Eintritt in den bestehenden Mietvertrag folgenden Zinstermin die Anhebung des Hauptmietzinses bis zu dem sich zu diesem Zeitpunkt ergebenden Kategoriemietzins (§ 16 Abs 2 MRG) begehren. Damit ist dem Vermieter ein den Mietvertrag veränderndes Gestaltungsrecht eingeräumt worden, das ihm unter Abkehr vom Versteinerungssystem - wie es für das alte Recht des MG charakteristisch war und sonst in Altverträgen fortwirkt - die Anpassung der Höhe des Hauptmietzinses an die für Neuvereinbarungen - seien es neu geschlossene Mietverträge oder frühere Mietverträge abändernde Vereinbarungen - in § 16 Abs 2 MRG festgelegten Höchstsätze ermöglicht. Führt aber die Ausübung dieses Gestaltungsrechtes durch den Vermieter - das der eintretende Mieter durch gesetzliche Anordnung dulden muß - zu einer Änderung des Mietvertrages betreffend die Höhe des Hauptmietzinses, so findet hier auch ohne besondere Verweisungsnorm die Dynamisierungsnorm des § 16 Abs 4 MRG Anwendung (vgl. dazu Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, Ergänzungsheft: Die MRG-Novelle 1985, 34 bei FN 79). Der Oberste Gerichtshof sieht sich durch die Ausführungen des Antragstellers im Revisionsrekurs nicht veranlaßt, von dieser Rechtsmeinung abzugehen. Der Vermieter soll im Fall des Eintrittes nicht begünstigter Angehöriger in einen bestehenden Hauptmietvertrag über eine Wohnung durch § 46 Abs 2 MRG so gestellt werden, wie er stünde, wenn er mangels eines solchen Eintrittes über die freigewordene Wohnung einen neuen Mietvertrag zu einem nach Maßgabe des § 16 Abs 4 MRG wertgesicherten Kategoriemietzins abgeschlossen hätte.

Sodann bekämpft der Antragsteller die Auffassung des Rekursgerichtes, daß in der Vorschreibung eines erhöhten Hauptmietzinses zum 1. Mai 1984 ein Erhöhungsbegehren im Sinne des § 16 Abs 6 Satz 2 MRG idF vor der MRG-Novelle 1985 zu erblicken sei. Die Antragsgegner meinen, daß die genannte Gesetzesstelle auf den gegenständlichen Fall überhaupt nicht anzuwenden sei. Beiden Standpunkten kann nicht gefolgt werden. Der Oberste Gerichtshof schließt sich der Auffassung des Rekursgerichtes an, daß die durch das Erhöhungsbegehren nach § 46 Abs 2 MRG herbeigeführte Dynamisierung des Kategoriemietzinses wie eine vereinbarte Wertsicherung desselben im Sinne des § 16 Abs 6 Satz 2 MRG geltend zu machen ist und dafür - zumindest nach der hier maßgebenden Rechtslage vor der MRG-Novelle 1985 - die Vorschreibung eines erhöhten Hauptmietzinses ausreicht (vgl. MietSlg 38.362, wonach die Wertsicherung gemäß § 16 Abs 6 Satz 2 MRG dadurch wirksam wird, daß der Vermieter spätestens 14 Tage vor dem Zinstermin den ziffernmäßigen Erhöhungsbetrag oder den aufgewerteten Mietzinsbetrag bekanntgibt; zur neuen Rechtslage vergleiche Würth-Zingher, MRG 86, 35 Anm. 11 zu § 16 sowie Assen in ImmZ 1988, 331 f). Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E16245

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00104.88.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19881220_OGH0002_0050OB00104_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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