TE OGH 1989/1/19 7Ob705/88 (7Ob706/88)

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elfriede S***, Pensionistin, Großgmain, Hügelweg 391, vertreten durch Dr. Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ing. Siegfried Georg L***, Beamter, Salzburg, Widmannstraße 7, vertreten durch Dr. Utho Hosp und Dr. Wolfgang Weis, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen restlicher S 501.819,-- s.A., infolge Revision und infolge Rekurses der klagenden Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 5. Juli 1988, GZ 2 R 29/88-33, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Juli 1987, GZ 14 Cg 486/84-21, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird, soweit er den Teilanspruch von S 48.000,-- s.A. betrifft, aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes im Umfang des Zuspruches von S 48.000,-- samt 4 % Zinsen seit 9. April 1987 bestätigt wird.

Hinsichtlich des Teilanspruches von S 63.819,-- s.A. wird der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes bestätigt. Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 390.000,-- samt 4 % Zinsen seit 23. November 1984 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 23.036,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 10.000,-- Barauslagen und S 1.185,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und ihr Bruder Dipl.Ing. Dr. Otto S*** waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 242 KG Stadt Salzburg mit den Grundstücken 4215 Baufläche, Haus Gärtnerstraße 8 und 3000/3 Garten. Mit Teilungsvertrag vom 7. März 1983 wurde die Liegenschaft zwischen den Miteigentümern real geteilt. Dipl.Ing. Dr. Otto S*** erhielt das vom Grundstück 3000/3 abgetrennte neue Grundstück 3000/10 im Ausmaß von 703 m2, den Rest der Liegenschaft samt Haus erhielt die Klägerin. Diese verkaufte ihre Liegenschaft an den Beklagten um den Kaufpreis von S 1 Million laut Kaufvertrag vom 29. Mai 1984 (Beilage ./B). Nach Punkt III des Kaufvertrages räumte der Käufer der Verkäuferin in dem auf dem Kaufobjekt errichteten Haus für den gesamten ersten Stock das persönliche Wohnrecht ein. Der Punkt XIII des Kaufvertrages hat folgenden Wortlaut: "Im Zusammenhang mit einer allfälligen vorzeitigen Beendigung des Wohnrechtes wird nachstehendes vereinbart. Sollte die Verkäuferin das Wohnrecht vor dem 31.12.1993 aufgeben, verpflichtet sich der Käufer einen Ersatz in Höhe von S 40.000,-- (in Worten ...) für jedes bis zum 31.12.1993 nicht abgewohnte Jahr zu leisten. Das heißt, zieht die Verkäuferin aus dem Haus aus und gibt sie ihr Wohnrecht auf bis 31.12.1985, hat ihr der Käufer S 360.000,-- zu bezahlen, geschieht dies im Laufe des Jahres 1986 S 320.000,-- und so fort, zieht die Verkäuferin im Laufe des Jahres 1992 aus, so hat ihr der Käufer S 80.000,-- zu erstatten, zieht die Verkäuferin im Laufe des Jahres 1993 aus, hat ihr der Käufer S 40.000,-- zu erstatten.... Nach dem 31.12.1993 erlischt jeglicher Ersatzanspruch der Verkäuferin...." Die Klägerin hat ihr Wohnrecht vor dem 31. Dezember 1985 aufgegeben. Unstrittig ist, daß sie vom Beklagten den Kaufpreis von S 1 Million und weitere S 710.000,-- erhalten hat und zwar S 360.000,-- für die Aufgabe des Wohnrechts, S 150.000,-- als Ersatz für eine vereinbarte Wohnungsverbesserung und S 200.000,-- als Darlehensrückzahlung. Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage (nach mehrfacher Klagseinschränkung) weitere S 390.000,-- als Kaufpreisrest, S 48.000,-- als Ersatz der von ihr aufgewendeten Kosten für die Herstellung des Hauptkanals, gestützt auf die Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 (Beilage ./A), S 63.819,-- für den Einbau von neuen Fenstern im 1. Stock des Hauses und S 1.272,-- an Möbeltransportkosten, zusammen S 503.091,-- s.A..

Die Echtheit und Richtigkeit der mit "Kaufanbot" überschriebenen

Urkunde Beilage ./A (Vereinbarung vom 16. Oktober 1983) wurde vom

Beklagten anerkannt (Aktenseite 11). Diese Urkunde hat folgenden

wesentlichen Wortlaut: "Kaufanbot für EZ 242 .... Herrn Ing. Georg

Siegfried L*** .... Ich stelle Ihnen das

rechtsverbindliche und unwiderrufliche Anbot, aus meiner

Liegenschaft Gärtnerstraße 8, 5020 Salzburg, EZ 242

KG Salzburg .... bestehend aus den Grundstücken 3000/3 Garten und

4215 Bauarea .... nach Maßgabe folgender Bedingungen zu verkaufen.

1. Ich beanspruche das Wohnrecht im ersten Stock solange ich dieses für mich benötige.....

2. Vom Tage des Kaufvertragsabschlusses gehen Lasten und Gefahr, die mit den Besitz verbunden sind, auf den Käufer über.

3.

.....

4.

Kaufpreis: Der Kaufpreis wird mit S 1,200.000,-- vereinbart. Dieser Betrag liegt deshalb S 900.000,-- unter dem Gesamtwert von

S 2,100.000,--, da vom Käufer folgende Leistungen in den nächsten fünf Jahren nach Vertragsabschluß zu erbringen sind und wie folgt bewertet werden:

              a)              Wohnrecht für Frau S*** gemäß Punkt 1 d. Vertrages:

S 360.000,--

Gem. heutigem Stand S 6.000,--/Monat

d. s. S 72.000,-- s/Jahr und S 360.000,--

in 5 Jahren.

b) Wohnungsverbesserung für Frau

E. S***                                S 150.000,--

Neueinbau eines mod. Badezimmers,

Klosettes; Rohmontage für neue Küche.

c) Instandhaltung und Kanalan-

schluß:                                   S 390.000,--

Betrag für Hauptkanal und Kanalanschluß

lt. Voranschlag S 150.000,--, Keller-

einfeuchtung, Fassadenanstrich, Fenster-

u. Türenstreichen.

                                      S 900.000.--

Sollte Frau S*** jedoch innerhalb dieser Zeit freiwillig

ausziehen wollen, so ist ihr der Differenzbetrag gem. Belegen die

vom Käufer zu erbringen sind, in bar auszuzahlen..... E. S***

e. h. .... einverstanden Ing. Georg Siegfried L*** e.h.".

Das Erstgericht sprach der Klägerin die Teilbeträge von S 63.819,-- und S 48.000,-- s.A. zu und wies das Mehrbegehren von S 390.000,-- s.A. und von S 1.272,-- s.A. ab. Es traf über den eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhalt hinaus folgende Feststellungen: Bei der Realteilung der Liegenschaften gingen die ursprünglichen Miteigentümer davon aus, daß jeder Teil einen Wert von S 1,800.000,-- repräsentiert. Für den Teil des Dipl.Ing. Dr. Otto S*** war im Juli 1982 von Mag. Walter H*** ein mit 4 Wochen befristetes Kaufanbot von S 2,100.000,-- gestellt worden. Mag. H*** wollte ein Einfamilienhaus errichten. Dadurch wäre der Teil der Klägerin beeinträchtigt worden. Die Klägerin erhielt im März 1983 für ihren Teil ein mit 14 Tagen befristetes Anbot von S 2,700.000,--. Sie wollte aber von ihrem Haus nicht weg. Etwa im Sommer 1983 kam sie mit dem Beklagten ins Gespräch. Sie erzählte ihm, daß der Hälfteanteil ihres Bruders mit Vorvertrag an Mag. Walter H*** verkauft worden sei und daß dadurch der schöne Garten zerstört werde. Dieser Vertrag sei jedoch von einer Bauplatzgenehmigung abhängig. Der Beklagte konnte noch im Jahre 1983 Grünland in Leopoldskron verkaufen. Mit dem Erlös kaufte er Ende 1983 das Grundstück des Dipl.Ing. Dr. Otto S*** um S 1,800.000,--. Der Beklagte sagte der Klägerin zu, dieses Grundstück nicht zu verbauen. Dadurch blieb der Garten erhalten. Die Klägerin ging mit dem Preis für ihre Liegenschaft von S 2,700.000,-- auf S 2,100.000,-- herunter, weil sie dadurch im Haus bleiben konnte und ihr dies viel wert war. Es war auch ein Freundschaftspreis, weil die Klägerin den Beklagten als Freund betrachtete. Am 16. Oktober 1983 las und unterfertigte die Klägerin das vom Beklagten vorformulierte Kaufanbot, Beilage ./A.

Im Jahre 1984 ließ der Beklagte von Rechtsanwalt Dr. Herbert T***, dem er das Kaufanbot vom 16. Oktober 1983 nicht zeigte, einen Kaufvertragsentwurf mit einem Kaufpreis von S 1,200.000,-- verfassen. Die Klägerin beauftragte den Rechtsanwalt Dr. Erich K***, dem sie das Kaufanbot und den Kaufvertragsentwurf zeigte, für eine Sicherstellung ihres Wohnrechts für den Fall der vorzeitigen Aufgabe und dafür zu sorgen, daß sie nicht nach einem halben Jahr ihr Wohnrecht verliert. Am 22. Mai 1984 kam es zwischen den Streitteilen bei Dr. Erich K*** zu einer Besprechung, bei der die Streitteile nach der Auffassung des Dr. Erich K*** vom Kaufanbot vom 16. Oktober 1983 abgingen und teilweise eine neue Vereinbarung schlossen. Über den Betrag von S 390.000,-- bzw. die korrespondierenden Leistungen wurde nur am Rande gesprochen. Die Klägerin drang nicht darauf, daß der Betrag von S 390.000,-- bzw. die korrespondierenden Leistungen in den Kaufvertrag hineinkommen, hat aber auf den Betrag von S 390.000,-- nicht verzichtet. Mit Schreiben vom 25. Mai 1984 an Dr. Herbert T*** verlangte Dr. Erich K*** die Ergänzung des Kaufvertrages im Sinne des Punktes XIII und den Abschluß einer gesonderten Vereinbarung, wonach sich der Käufer verpflichtet, im ersten Stock des Hauses an Stelle des bestehenden Badezimmers die erforderliche Rohmontage für eine Küche, ein Bad und ein WC auf seine Kosten errichten zu lassen. Eine solche Vereinbarung wurde am 29. Mai 1984 abgeschlossen (Beilage ./1). Am 29. Mai 1984 unterfertigte der Beklagte der Klägerin auch einen Schuldschein, in dem er bestätigte, von ihr S 200.000,-- als zinsenloses Darlehen, rückzahlbar bis 31. Oktober 1984, erhalten zu haben.

Mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 24. November 1983 wurde den Eigentümern der Liegenschaft, der Klägerin und ihrem Bruder Dipl.Ing. Dr. Otto S*** vorgeschrieben, für die Errichtung des Hauptkanals S 88.762,95 und für die Errichtung des Hauskanalanschlusses S 17.340,-- zu bezahlen. Aufgrund eines Ansuchens der Klägerin wurde ihr auf ihren Anteil von S 53.051,48 aus Billigkeitsgründen ein Nachlaß von S 5.051,48 gewährt. Den Restbetrag von S 48.000,-- hat die Klägerin in Raten bezahlt. Der Beklagte begann im Mai 1984 mit der Renovierung des Hauses. Als die Klägerin von einem Urlaub zurückkam, war das Haus eine Baustelle. Der Beklagte wollte den Keller für Wohnzwecke ausbauen. Die Klägerin wollte nicht in einem Zinshaus wohnen. Am 1. August 1984 richtete Rechtsanwalt Dr. Karl Ludwig V*** namens der Klägerin an den Beklagten ein Schreiben folgenden Inhalts: "Auftrags meiner Mandantin teile ich Ihnen mit, daß diese nach vollständiger Rückzahlung des Darlehens laut Schuldschein vom 29.5.1984 durch sie per 31.10.1984 sowie Zug um Zug gegen Auszahlung des Betrages von S 360.000,-- gemäß Punkt XIII des Kaufvertrages die Wohnung im ersten Stock des Hauses .... per 30.11.1984 räumen wird. Im Hinblick auf diese Räumung verzichtet meine Mandantin auch auf die von Ihnen durchzuführenden Wohnungsverbesserungsarbeiten im Sinne des Punktes 4.) b) des Kaufanbotes sowie des Punktes 2. der Vereinbarung (vom 29.5.1984). Da gemäß dem letzten Satz des Punktes 4.) des Kaufanbotes sowie im Hinblick darauf, daß Sie sich die Wohnungsverbesserungsarbeiten damit zur Gänze ersparen, der Aufwand für diese Wohnungsverbesserungsarbeiten in Höhe von S 150.000,-- zur Gänze entfällt, haben Sie diesen Betrag ebenfalls Zug um Zug anläßlich der Räumung an meine Mandantin zu bezahlen. Ich bitte daher, dafür Sorge zu tragen, daß durch Sie folgende Beträge zu folgenden Zeiten zur Auszahlung an meine Mandantin zur Verfügung stehen: Per 31.10.1984 Darlehensrückzahlung S 200.0000,--, per 30.11.1984 .... S 360.000,-- und Ersatz für vereinbarte Wohnungsverbesserung S 150.000,--, insgesamt daher S 710.000,--." Der Beklagte setzte sich am 3. August 1984 mit Dr. V*** in Verbindung. Vom Ergebnis der Unterredung berichtete Dr. V*** der Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tag. Danach habe der Beklagte die Forderungen von S 200.000,-- und S 360.000,-- unbestritten gelassen, sich schließlich bereit erklärt für die vereinbarte Wohnungsverbesserung S 100.000,-- zu bezahlen und die von der Klägerin bestellten neuen Fenster und die von ihr bestellte neue Heizanlage für die Wohnung im ersten Stock in seine Zahlungspflicht zu übernehmen. Dr. V*** empfahl der Klägerin die Annahme dieses Vergleichsvorschlages des Beklagten. Mit Schreiben vom 7. August 1984 an Dr. V*** erklärte der Beklagte mit dem Vorschlag vom 1. August 1984 einverstanden zu sein und dieses Anbot anzunehmen. Mit Schreiben vom 9. August 1984 verständigte Dr. V*** die Klägerin davon, daß der Beklagte nunmehr bereit sei, insgesamt S 710.000,-- zu bezahlen und daß er damit das Anbot der Klägerin zur Gänze angenommen habe. Der Betrag von S 390.000,-- wurde von der Klägerin am 1. August 1984 deshalb nicht verlangt, weil es sich um Beträge handelte, die vom Beklagten für das Haus zu erbringen waren, unabhängig davon, ob die Klägerin das Wohnrecht ausnützt oder es sich ablösen läßt. Die Klägerin bestellte bei Franz H*** Fenster für die Wohnung und für das Stiegenhaus im ersten Stock. Diese Fenster wurden von Franz H*** geliefert und der Klägerin in Rechnung gestellt. Diese bezahlte am 1. August 1984 den Betrag von S 63.819,--.

Der Beklagte ließ einen Kanal vom Straßenkanal bis zum Haus legen, ließ um das Haus rund 2 Meter tief aufgraben und den Keller außen wasserdicht verputzen und mit einem Isolieranstrich versehen. Er ließ das Haus außen neu verputzen und färbeln und ließ eine neue Zentralheizung installieren. Wesentliche Arbeiten ließ er im Pfusch durchführen. Er legte für die Renovierung des Hauses - die eigene Arbeit nicht gerechnet - etwa S 1,100.000,-- aus.

Nach der Ansicht des Erstgerichtes sei die Bezahlung der Kosten für den Hauptkanal durch den Beklagten Geschäftsgrundlage gewesen. Der Beklagte habe daher der Klägerin den von ihr bezahlten Betrag zu ersetzen. Bei den Kosten der Fenster für die Wohnung und das Stiegenhaus im ersten Stock handle es sich um Instandhaltungskosten des Hauses, die der Beklagte der Klägerin gemäß § 1041 ABGB zu ersetzen habe. Der Teilanspruch von S 390.000,-- sei dagegen nicht berechtigt, weil die Aufwendungen des Beklagten für die Instandhaltung des Hauses diesen Betrag bei weitem überstiegen und daher selbst dann, wenn man den letzten Satz des Punktes 4.) des Anbots vom 16. Oktober 1983 noch für rechtswirksam hielte, "ein Differenzbetrag auf S 390.000,--, der bar auszuzahlen wäre, nicht übrig sei". Umstände die hinsichtlich der Transportkosten von S 1.272,-- eine Schadenersatzpflicht des Beklagten rechtfertigten, seien nicht erweislich gewesen.

Die Abweisung des Teilanspruchs von S 1.272,-- s.A. für Transportkosten erwuchs in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Umfang der Abweisung von S 390.000,-- s.A. als Teilurteil und hob es im Umfang des Zuspruches von S 111.819,-- s.A. sowie im Kostenpunkt unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes sei die Vereinbarung der Streitteile vom 16. Oktober 1983 durch die nachfolgenden Verträge und zwar durch den Kaufvertrag vom 29. Mai 1984 und durch die Vereinbarung vom 7. August 1984 gegenstandslos geworden. Insbesondere aus dem Kaufvertrag und aus der Zusatzvereinbarung vom gleichen Tag ergebe sich, daß die Parteien vom ursprünglichen Anbot abgegangen seien und sich neu geeinigt hätten. Andernfalls hätte man den Text des Anbots einfach übernehmen können. Eine Bereicherung des Beklagten sei nicht ersichtlich. Wenn überhaupt, könne eine solche nur im Umfang der Aufwendungen der Klägerin von S 48.000,-- und S 63.819,-- vorliegen. Ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der von ihr bezahlten Fenster könne aus der Erklärung des Beklagten vom 3. August 1984, die Bestellung in seine Zahlungspflicht zu übernehmen, nicht abgeleitet werden. Der Beklagte sei dazu nur unter der Voraussetzung bereit gewesen, daß er als Ersatz für die Wohnungsverbesserung anstelle der geforderten S 150.000,-- nur S 100.000,-- zu bezahlen habe. Der Beklagte habe aber schließlich das ursprüngliche Anbot der Klägerin angenommen. Ungeklärt geblieben sei jedoch, inwieweit das Einlenken des Beklagten seinen Vorschlag, die Kosten der Fenster zu übernehmen, unberührt gelassen habe. Es fehle eine Feststellung, ob die Klägerin bzw. ihr Vertreter das Anbot des Beklagten überhaupt angenommen habe. Dr. V*** habe zwar der Klägerin die Annahme des Anbots des Beklagten empfohlen, es stehe jedoch nicht fest, ob die Klägerin dieser Empfehlung gefolgt sei. Auch hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz der Kosten für den Hauptkanal sei das Verfahren ergänzungsbedürftig. Die Nichterwähnung des Punktes 4.) c) des Anbots vom 16. Oktober 1983 im Kaufvertrag und in der Zusatzvereinbarung könne bedeuten, daß die Klägerin diese Forderung fallen gelassen habe, aber auch, daß die Übernahme dieser Kosten durch den Beklagten als selbstverständlich angesehen und demnach Geschäftsgrundlage geworden sei. Diese Frage lasse sich aber aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Das Erstgericht werde daher in den beiden aufgezeigten Punkten den Sachverhalt mit den Parteien noch zu erörtern, weitere Beweise aufzunehmen und die Feststellungsgrundlage zu ergänzen haben.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt, ihrem gegen den Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekurs kommt nur teilweise Berechtigung zu.

I. Zur Revision:

Auszugehen ist davon, daß nach herrschender Lehre und Rechtsprechung für das Zustandekommen eines Kaufvertrages - auch wenn das Kaufobjekt eine Liegenschaft ist - grundsätzlich die Einigung der Vertragsparteien über Kaufpreis und Gegenstand genügt. Die mangelnde Festlegung von Nebenumständen steht dem Zustandekommen eines Kaufvertrages nicht entgegen. Bezüglich der Nebenumstände greifen dann die dispositiven Bestimmungen oder die Verkehrssitte ein. Nur wenn Nebenumstände in Erörterung gezogen und die Einigung darüber vorbehalten war, kommt der Vertrag erst mit der Einigung über diese Umstände zustande (SZ 54/112; SZ 49/94; SZ 44/73; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1054; Koziol-Welser8 I 306; vgl. auch Bydlinski in Klang2 IV/2 104). Die Vereinbarung der Streitteile vom 16. Oktober 1983 (Beilage ./A) enthält die wesentlichen inhaltlichen Konsensvoraussetzungen eines Kaufvertrages. Der Umstand, daß die Parteien über die Tragung der Vertrags- und Verbücherungskosten, Steuern und Gebühren nichts vereinbart haben, steht der Annahme eines gültigen Kaufvertrages nicht entgegen (Aicher aaO). Daß die Parteien auch den Bindungswillen hatten kann schon nach dem Wortlaut der Urkunde Beilage ./A ("das rechtsverbindliche und unwiderrufliche Anbot ... einverstanden") nicht zweifelhaft sein. Die Vereinbarung der Streitteile vom 16. Oktober 1983 stellt somit bereits einen wirksamen Kaufvertrag über die Liegenschaft der Klägerin dar, der allerdings zur Verbücherung ungeeignet war. Zur Beseitigung dieses Schuldverhältnisses als Ganzes hätte es einer Auflösungsvereinbarung (contrarius consensus) bedurft (Koziol-Welser aaO 269). Eine einvernehmliche Vertragsaufhebung wurde aber nicht einmal behauptet.

Bei der nachfolgenden Vertragserrichtung vom 29. Mai 1984 handelte

es sich demnach nur darum, das Vereinbarte in die entsprechende

juristische Form zu bringen und eine verbücherungsfähige Urkunde zu

schaffen. Auch wenn es nur darum geht, eine solche Vertragsurkunde

zu schaffen, steht es den Parteien zufolge des Prinzips der

Privatautonomie selbstverständlich frei, sowohl zusätzlich

ergänzende Vereinbarungen zu treffen als auch bereits vereinbarte

Vertragspunkte inhaltlich abzuändern. Dies kann ausdrücklich, aber

auch schlüssig geschehen, letzteres aber nur durch ein solches

Verhalten, das den Konkludenzerfordernissen des § 863 ABGB

entspricht. Es muß ein Verhalten vorliegen, das nach der

Verkehrssitte, nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen

eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf

kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, daß ein

Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt

(Koziol-Welser aaO 83). Im vorliegenden Fall wurde im Kaufvertrag

vom 29. Mai 1984 der Kaufpreis mit S 1 Million ausgewiesen,

gleichzeitig aber ein Schuldschein über ein Darlehen von

S 200.000,-- errichtet. Es wurden Vertragsbestimmungen über die

Tragung der Kosten der Errichtung des Vertrages und seiner

Durchführung und der Gebühren, über Gewährleistung und ähnliche,

allgemein übliche Vertragsbestimmungen aufgenommen. Die Ansprüche

der Klägerin bei vorzeitiger Beendigung des Wohnungsrechtes wurden

präzisiert und die Leistungen des Beklagten zur Wohnungsverbesserung

wurden durch Zusatzvereinbarung vom gleichen Tag gegenüber der

Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 geringfügig abgeändert. Mit

Stillschweigen übergangen wurde dagegen der Punkt 4.) c) der

Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 über S 390.000,-- betreffend

Instandhaltung und Kanalanschluß. Daraus kann aber nicht gefolgert

werden, daß diese Abrede keine Geltung mehr haben sollte. Bloßem

Stillschweigen kommt nämlich grundsätzlich kein Erklärungswert zu.

Nur wenn besondere Umstände vorliegen, kann Stillschweigen als

konkludente Willenserklärung im Sinne des § 863 ABGB angesehen

werden (JBl. 1974, 373; EvBl. 1969/97; 1 Ob 657/82; vgl. auch Rummel

in Rummel aaO Rz 15 zu § 863). Im vorliegenden Fall ist die Annahme

einer stillschweigenden Vertragsänderung oder eines

stillschweigenden Verzichtes der Klägerin in Ansehung des

Punktes 4.) c) der Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 um so weniger

gerechtfertigt, als am ursprünglich vereinbarten Kaufpreis

festgehalten wurde und für diesen Kaufpreis nicht nur das der

Klägerin eingeräumte Wohnungsrecht sondern auch die weiteren vom

Beklagten zu erbringenden Leistungen bestimmend waren. Die

Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Vereinbarung vom

16. Oktober 1983 durch die nachfolgenden Vereinbarungen völlig

gegenstandslos geworden sei, kann somit nicht geteilt werden.

Aus dem Wortlaut dieser Vereinbarung ergibt sich, daß der

Kaufpreisbestimmung durch die Parteien ein Verkehrswert der

Liegenschaft von S 2,100.000,-- zugrunde gelegt wurde. Die vom

Beklagten zusätzlich zu dem Kaufpreis zu erbringenden und mit

S 900.000,-- insgesamt bewerteten Gegenleistungen bilden die

Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Liegenschaft.

Diese den Vorstellungen der Parteien entsprechende Äquivalenz von Leistung und Gegenleistungen sollte nach der aus dem letzten Absatz des Punktes 4.) der Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 erkennbaren Absicht der Parteien auch dann gewahrt bleiben, wenn die Klägerin innerhalb einer bestimmten Frist ihr Wohnungsrecht aufgibt. In diesem Fall wären der Klägerin die nicht in Geld bestehenden Gegenleistungen des Beklagten, insbesondere für die Instandhaltung des Hauses, nicht mehr zur Gänze zugute gekommen, weshalb ganz offensichtlich für diesen Fall eine weitere Barzahlung des Beklagten vereinbart wurde. Unklar bleibt lediglich der Zusatz "gem. Belegen, die vom Käufer zu erbringen sind". Diese Unklarheit gereicht aber gemäß § 915 zweiter Satz ABGB dem Beklagten zum Nachteil. Die Vereinbarung wurde von ihm vorformuliert. Einer undeutlichen Erklärung bedient sich nicht derjenige, der sie, obwohl vom anderen vorformuliert unterschreibt (EvBl. 1950/169) sondern derjenige, der die Erklärung "in das vertragliche Geschehen einführt" (Rummel aaO Rz 4 zu § 915). Ausgehend von der erkennbaren Absicht der Parteien und gemessen am Horizont eines redlichen Erklärungsempfängers kann Punkt 4.) der Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 daher nicht anders verstanden werden, als daß der Beklagte die nicht in Geld bestehenden Gegenleistungen der Klägerin dann mit dem angesetzten Wert in Geld abzulösen hat, wenn diese von ihrem Wohnungsrecht überhaupt keinen Gebrauch macht und darauf verzichtet. Es handelt sich hiebei um eine vom Willen der Klägerin abhängende Bedingung (Wollensbedingung), bei deren Eintritt das Versprechen des Beklagten auf weitere Barzahlung wirksam werden sollte. Bei der Feststellung des Erstgerichtes, warum am 1. August 1984 der Betrag von

S 390.000,-- nicht geltend gemacht wurde, handelt es sich nur um das Motiv des Dr. Karl Ludwig V*** für die Unterlassung der Geltendmachung dieses Teilanspruches. Diese Feststellung betrifft nicht eine von den Parteien getroffene Abrede. Da die Bedingung gemäß Punkt 4.) der Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 eingetreten ist, besteht der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von S 390.000,-- zu Recht.

II. Zum Rekurs:

Die Kosten für den Hauptkanal sind ausdrücklich unter jenen Aufwendungen erwähnt, die der Beklagte nach Punkt 4.) der Vereinbarung vom 16. Oktober 1983 jedenfalls zu tragen hat. Die gesetzliche Zahlungspflicht für die Errichtung des Hauptkanals und des Hauskanalanschlusses gegenüber der Stadtgemeinde Salzburg traf jedoch im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24. November 1983 die Klägerin und Dipl.Ing. Dr. Otto S*** als Eigentümer der Liegenschaft. Wer aber aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung einen Aufwand erbringt, zu dem ein anderer aufgrund eines Vertrages verpflichtet ist, kann bei Vorliegen des animus obligandi (der im Regelfall jedoch zu vermuten ist; vgl. Koziol-Welser aaO 388; JBl. 1973, 210; SZ 33/41) nach § 1042 ABGB Ersatz begehren (SZ 43/175; Rummel aaO Rz 3 zu § 1042). Da die Klägerin den auf sie entfallenden Anteil an den obgenannten Kosten im Betrag von S 48.000,-- bezahlt hat, hat sie auch Anspruch auf Ersatz dieser vom Beklagten vertragsgemäß zu tragenden Kosten. Hinsichtlich dieses Anspruchs ist daher die Streitsache zur Entscheidung reif, ohne daß es der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung bedarf (§ 519 Abs. 2 ZPO). Anders verhält es sich mit dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten der von ihr bestellten Fenster. Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien nicht strittig, daß nach den getroffenen Vereinbarungen der Klägerin nur ein Wohnungsgebrauchsrecht zukommen sollte. Beim Wohnungsgebrauchsrecht hat der Eigentümer des Hauses nach § 508 ABGB die Sache auf seine Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten (SZ 56/147). Hat der Gebrauchsberechtigte einen Erhaltungsaufwand getätigt, hat er Anspruch auf Ersatz wie ein Bestandnehmer. Die Regelung des § 1097 ABGB ist auf das Wohnungsgebrauchsrecht sinngemäß anzuwenden (6 Ob 716/83; vgl. auch Klang in Klang2 II 582). Handelt es sich um einen Aufwand, zu deren Vornahme der Verpflichtete nach § 508 ABGB nicht selbst gehalten gewesen wäre, steht ein Anspruch auf Ersatz aber nur unter der Voraussetzung zu, daß dieser dem Verpflichteten zum klaren und überwiegenden Vorteil gereicht (vgl. Würth in Rummel aaO Rz 4 zu § 1097; SZ 47/98). In beiden Richtungen fehlt es hier jedoch an einem entsprechenden Sachvorbringen. Die Bestimmung des § 1097 ABGB erfaßt auch nur den Ersatz solcher Aufwendungen, die der Mieter (bzw. der Gebrauchsberechtigte) während der Dauer des Mietverhältnisses (Gebrauchsrechts) gemacht hat (MietSlg. 23.134). Das zwischen den Streitteilen vereinbarte Dauerschuldverhältnis hat aber nie begonnen, die Klägerin hat ihr Gebrauchsrecht nie ausgeübt. Nach ihren Behauptungen hat sie die Fenster, wie mit dem Beklagten besprochen, im Hinblick auf die beabsichtigte Benützung der Wohnung in Auftrag gegeben, aus Verschulden des Beklagten ihr Wohnungsrecht aber aufgeben müssen (AS 4). Erwiesen sich diese Behauptungen als zutreffend, stünde der Klägerin ein Kondiktionsanspruch wegen Nichteintrittes des erwarteten Erfolges zu. Die Voraussetzungen des § 1435 ABGB sind nämlich auch dann gegeben, wenn bei Abschluß eines Dauerschuldverhältnisses eine Leistung in der Erwartung erfolgt, daß dieses Verhältnis in Kraft treten werde, infolge Vertragsauflösung aber überhaupt nicht entsteht (Gschnitzer in Klang2 IV/1 448; MietSlg. 21.263). Nach dem Standpunkt der Klägerin hat auch nicht sie selbst den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert, sondern ist die Zweckverfehlung ausschließlich durch den Beklagten verursacht worden (vgl. SZ 48/59; Rummel aaO Rz 10 zu § 1435). In dieser Richtung erweist sich, mangels Feststellungen durch das Erstgericht, das Verfahren ergänzungsbedürftig und der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im Ergebnis daher als berechtigt.

Demgemäß ist der Revision zur Gänze und dem Rekurs teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO und auf § 52 Abs. 2 ZPO. Hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens ist der Anspruch auf Kostenersatz vom endgültigen Ausgang des Rechtsstreites unabhängig, sodaß insoweit bereits ein Kostenzuspruch erfolgen konnte.

Anmerkung

E17067

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00705.88.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19890119_OGH0002_0070OB00705_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

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