TE OGH 1989/1/24 2Ob3/89

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Veröffentlicht am 24.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** Allgemeine Versicherungs-AG, Schottenring 15, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Walter Franek, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagten Parteien 1.) Norbert B***, Lehrling, 3571 Maiersch 12, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, 2.) Josef B***, Maurer, 3571 Maiersch 12, 3.) E*** NÖ B***-AG, Roßauer Lände 47-49, 1090 Wien,

zweit- und drittbeklagte Partei vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen S 261.290,-- und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. September 1988, GZ 5 R 114/88-26, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau vom 21. April 1988, GZ 2 Cg 69/87-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision des Erstbeklagten wird nicht Folge gegeben. Der Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 261.290,-- samt 4 % Zinsen seit 29. Jänner 1987 zu bezahlen, wird abgewiesen. Zwischen den Parteien wird festgestellt, daß die drei beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zu 50 % für die Schadenersatzleistungen der klagenden Partei an Franz F*** haften, die die klagende Partei auf Grund des Verkehrsunfalles vom 1. Mai 1984 im Gemeindegebiet von Maiersch, an dem das Kleinmotorrad Puch M 50-6 K, Kennzeichen N 108.118, und das Motorfahrrad KTM Comet 50 RS 4, Kennzeichen N 270.556, beteiligt waren, erbracht hat oder zu erbringen haben wird. Die Haftung der drittbeklagten Partei ist mit der Höhe des für das Kleinmotorrad Puch M 50-6 K, Kennzeichen N 108.118, vereinbarten Haftpflichtversicherungssumme begrenzt.

Das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung für weitere 35 % (insgesamt daher 85 %) der von der klagenden Partei erbrachten oder zu erbringenden Leistungen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 26.362,51 (darin S 2.398,59 Umsatzsteuer) sowie der zweit- und drittbeklagten Partei die mit S 30.316,89 (darin S 2.756,08 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiter schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 11.586,16 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und der zweit- und drittbeklagten Partei die mit S 21.011,58 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei hat der zweit- und drittbeklagten Partei die mit S 4.668,18 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 424,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Der Erstbeklagte hat dem Kläger die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Zweitbeklagte war Halter eines bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten Kleinmotorrades, das in einem unversperrten Schuppen des elterlichen Anwesens abgestellt war. Den Zündschlüssel trug der Zweitbeklagte stets bei sich. Der am 7. Oktober 1968 geborene Erstbeklagte, ein Bruder des Zweitbeklagten, interessierte sich sehr für Motorfahrräder und hat gemeinsam mit seinen Brüdern an derartigen Fahrzeugen herumgebastelt. Er fuhr wiederholt mit dem Kleinmotorrad des Zweitbeklagten mit Wissen seiner Eltern und des Zweitbeklagten im Garten und Hof des Anwesens. Zur Inbetriebnahme benützte er den Reserveschlüssel, der sich in einem unversperrten Kasten befand. Der Zweitbeklagte wußte, daß der Erstbeklagte den Aufbewahrungsort des Reserveschlüssels kennt und diesen Schlüssel für Fahrten innerhalb des Anwesens verwendete. Der Erstbeklagte fuhr mit dem Kleinmotorrad auch vier oder fünfmal auf öffentlichen Straßen, wobei er einmal auf einem kurzen Stück eine Cousine auf dem Soziussitz mitnahm. Ob der Zweitbeklagte von diesen Ausfahrten auf öffentlichen Straßen Kenntnis hatte, konnte nicht festgestellt werden. Am 1. Mai 1984 setzte der Erstbeklagte ohne Wissen seiner Angehörigen das Kleinmotorrad mit dem Reserveschlüssel in Betrieb und fuhr damit zu einem Platz, der als Treffpunkt befreundeter Burschen diente. Dort war auch Franz F*** anwesend, der aber seltener zu diesen Treffen kam als die anderen Burschen. Er kannte das Alter des Erstbeklagten nicht und nahm an, dieser sei bereits 16 Jahre alt. Dieser Eindruck wurde weder durch die körperliche Erscheinung des Erstbeklagten noch durch sonstige Auffälligkeiten widerlegt. Franz F*** hatte daher keinen Anlaß daran zu zweifeln, daß der Erstbeklagte bereits 16 Jahre alt sei und einen Führerschein für das Kleinmotorrad habe. Für alle Personen, die den Erstbeklagten schon mit dem Kleinmotorrad fahren gesehen hatten, bestand kein Anlaß, daran zu zweifeln, dieser beherrsche das Fahren ebenso wie die übrigen Lenker des Freundeskreises. Die Burschen beschlossen, zum Heurigen zu fahren. Franz F*** setzte sich auf den Soziussitz des vom Erstbeklagten gelenkten Kleinmotorrades. Der Erstbeklagte fuhr als letzter der Gruppe, vor ihm fuhr Erich G*** mit einem von seinem Bruder Ludwig G*** gehaltenen, bei der klagenden Partei haftpflichtversicherten Motorfahrrad. Beide Fahrzeuglenker hielten eine Geschwindigkeit von etwa 60 km/h ein. Zu Fuß kamen ihnen der Zweitbeklagte und ein anderer junger Mann entgegen, diese beiden gaben Erich G***, ein Handzeichen, stehen zu bleiben. Erich G***, der unmittelbar vorher in den Rückspiegel geblickt hatte und den Eindruck hatte, der Erstbeklagte fahre etwas schneller als er selbst, bremste sein Motorfahrrad mit der Hinterradbremse stark ab, wobei das Hinterrad sogar kurzzeitig blockierte. Er erreichte eine durchschnittliche Bremsverzögerung von 3,5 m/sec2. Hiebei handelte es sich um eine überdurchschnittlich starke Abbremsung. Eine leichte bis mittlere Abbremsung eines Motorfahrrades wird mit ca. 2m/sec2 durchgeführt. Bei Betätigung beider Bremsen kann eine Bremsverzögerung von maximal 5 m/sec2 erreicht werden. Der Erstbeklagte hatte zu Erich G*** einen Tiefenabstand von ca. 30 m eingehalten. 4,4 Sekunden vor der späteren Kollision leuchtete am Motorfahrrad das Bremslicht auf. Infolge eines Aufmerksamkeitsfehlers reagierte der Erstbeklagte auf das Bremsmanöver des Erich G*** erst 2,1 Sekunden vor der Kollision, als er noch ca. 21 m vom Motorfahrrad entfernt war. Er bremste stark ab, konnte eine Kollision aber nicht mehr verhindern. Zur Zeit des Anstoßes betrug die Geschwindigkeit des Motorfahrrades ca. 5 km/h, jene des Kleinmotorrades etwa 40 km/h. Franz F*** erlitt bei diesem Unfall schwere Verletzungen, und zwar eine Querschnittlähmung. Der Erstbeklagte wurde wegen dieses Unfalles vom Strafgericht des Vergehens nach § 88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB für schuldig erkannt. Hiebei wurde ihm unvorsichtige Fahrweise zum Vorwurf gemacht. Das Strafverfahren gegen Erich G*** wurde eingestellt.

Im Verfahren 3 Cg 179/85 des Erstgerichtes wurden Ludwig G*** und die nunmehrige Klägerin zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, Franz F*** einen Betrag von S 1,250.000,-- zu bezahlen. Außerdem wurde der D*** Allgemeine Versicherungs-AG gegenüber festgestellt, daß sie - betragsbeschränkt mit der Haftpflichtversicherungssumme - für alle künftigen Schäden des Franz F*** aus dem Unfall hafte.

Die klagende Partei begehrt nun mit der Begründung, den Erstbeklagten treffe ein überwiegendes Verschulden am Unfall, die Bezahlung eines Betrages von S 261.290,-- s.A. (85 % des von der klagenden Partei an Franz F*** bisher bezahlten Betrages) sowie die Feststellung, daß ihr die Beklagten zur ungeteilten Hand 85 % jener Leistungen zu ersetzen haben, die sie aus Anlaß des Verkehrsunfalls als Haftpflichtversicherung für G*** erbringen werde, wobei die Haftung der Drittbeklagten mit der Höhe der Haftpflichtversicherungssumme begrenzt sei.

Die Beklagten wendeten ein, das überwiegende Verschulden treffe Erich G***, auch Franz F*** treffe ein Mitverschulden von 50 %, weil ihm bekannt gewesen sei, daß der Erstbeklagte eine Schwarzfahrt unternommen habe. Die Haftung der zweit- und drittbeklagten Partei sei überdies gemäß § 6 Abs 1 erster Satz EKHG ausgeschlossen, weil der Erstbeklagte das Kleinmotorrad ohne Einwilligung des Zweitbeklagten benützt habe und diesen kein Verschulden an der Benützungsmöglichkeit des Fahrzeuges durch den Erstbeklagten treffe.

Das Erstgericht wies das Leistungsbegehren ab und gab dem Feststellungsbegehren dahin Folge, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand (die drittbeklagte Partei beschränkt mit der Haftpflichtversicherungssumme) für 50 % der von der klagenden Partei erbrachten Leistungen haften. Das Erstgericht lastete Erich G*** ein gemäß § 21 Abs 1 StVO verbotenes jähes Abbremsen an, dem Erstbeklagten hingegen eine gravierende Reaktionsverspätung.

Eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 1 sei gerechtfertigt. Ein Mitverschulden des Verletzten sei nicht anzunehmen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, daß diesem bekannt gewesen sei, der Erstbeklagte sei noch nicht 16 Jahre alt, sei zur Lenkung eines Kleinmotorrades nicht berechtigt und unternehme eine Schwarzfahrt. Ein Haftungsausschluß hinsichtlich der zweit- und drittbeklagten Partei gemäß § 6 EKHG sei nicht gegeben, weil der Zweitbeklagte in Kenntnis der Interessen seines jüngeren Bruders den Zündschlüssel unzureichend verwahrt habe. Er habe eine Schutznorm im Sinne des § 1311 ABGB übertreten und hafte daher ebenso wie die drittbeklagte Partei solidarisch mit dem Erstbeklagten. Da die klagende Partei nach ihrem eigenen Vorbringen an den Geschädigten erst S 307.400,-- bezahlt habe, also noch nicht die Hälfte des ihr zur Zahlung auferlegten Betrages von S 1,250.000,--, habe sie noch nicht das Recht, von den Regreßpflichtigen Leistung zu fordern. Das Berufungsgericht gab den Berufungen der klagenden und der erstbeklagten Partei nicht Folge, wohl aber jener der zweit- und drittbeklagten Partei und änderte das Ersturteil dahin ab, daß die Haftung dieser beklagten Parteien mit den Haftungshöchstbeträgen des EKHG begrenzt ist. Es sprach aus, daß der Wert, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteige. Das Gericht zweiter Instanz billigte die vom Erstgericht vorgenommene Verschuldensteilung und auch die Ansicht, ein Haftungsausschluß nach § 6 EKHG sei nicht gegeben. Eine über die Haftungshöchstbeträge dieses Gesetzes hinausgehende Haftung der zweit- und drittbeklagten Partei bestehe jedoch nicht. Der Zweitbeklagte habe immerhin den Zündschlüssel abgezogen, weshalb sein Verhalten nicht so kraß sei, daß von einer unmittelbaren Gefährdung der Allgemeinheit gesprochen werden könne.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen der klagenden sowie der erstbeklagten Partei. Die klagende Partei strebt die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien zu 75 % an, wobei die drittbeklagte Partei nur bis zur Höhe der Haftpflichtversicherungssumme hafte, die Beschränkung auf die Haftungshöchstbeträge des EKHG aber zu entfallen habe. Der Erstbeklagte begehrt die Reduzierung seiner Haftung auf 25 %. Hilfsweise wird in beiden Revisionen ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision des Erstbeklagten nicht Folge zu geben, die Zweit- und Drittbeklagten stellen den Antrag, der Revision des Erstbeklagten nicht Folge zu geben. Der Erstbeklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Erstbeklagten ist nicht berechtigt, jene der klagenden Partei teilweise.

Zur Verschuldensteilung:

Nicht nur der Erstbeklagte, sondern auch die klagende Partei erhebt in Wahrheit nur eine Rechtsrüge, denn der Vorwurf, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung auf einige vom Erstgericht getroffene Feststellungen nicht Bedacht genommen, betrifft die rechtliche Beurteilung.

Entgegen der Ansicht des Erstbeklagten kann dem Verletzten Franz F*** kein Mitverschulden angelastet werden, denn nach den Feststellungen bestand für ihn kein Grund daran zu zweifeln, der Erstbeklagte sei bereits 16 Jahre alt, besitze einen Führerschein und benütze das Kleinmotorrad mit Zustimmung seines Bruders. Die Ausführungen des Erstbeklagten, er habe fünf Monate nach dem Verkehrsunfall das 16. Lebensjahr erreicht und wäre dann berechtigt gewesen, ein Motorfahrrad zu lenken, sind verfehlt, denn er lenkte beim Unfall kein Motorfahrrad, sondern ein Kleinmotorrad, wofür gemäß den §§ 64 Abs 4 und 70 Abs 1 KFG der Besitz eines Führerscheins erforderlich ist. Dem Erstbeklagten ist daher neben der krassen Reaktionsverspätung vorzuwerfen, daß er das Kleinmotorrad gelenkt hat, obwohl er hiezu nur berechtigt gewesen wäre, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet und eine Lenkerberechtigung besessen hätte.

Erich G*** ist hingegen das Bremsen mit einer Verzögerung von 3,5 m/sec anzulasten. Auch wenn es sich hiebei nicht um die stärkste, mit einem Motorfahrrad erreichbare Bremsverzögerung handelte, erfolgte das Bremsen im Sinne des § 21 Abs 1 StVO jäh, war für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges überraschend und aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht notwendig. Daß Erich G*** nicht aus Übermut bremste, sondern wegen des Winkens der entgegenkommenden Freunde, vermag ihn nicht zu entlasten. Zu Lasten des Erich G*** ist aber weiters zu berücksichtigen, daß dieser - im Gegensatz zum Erstbeklagten - ein Motorfahrrad lenkte und eine Geschwindigkeit von ca. 60 km/h einhielt, obwohl bei einem solchen Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit 40 km/h beträgt. Der Zweck dieser Geschwindigkeitsbeschränkung liegt darin, die Gefahren im Straßenverkehr zu vermeiden, die eine erhöhte Geschwindigkeit mit sich bringt (ZVR 1981/116, ZVR 1982/12, ZVR 1984/15 ua). Daß die Gefahren, die eine starke Bremsung mit sich bringen, umso größer sind, je höher die Geschwindigkeit ist, kann nicht zweifelhaft sein. Zwischen der überhöhten Geschwindigkeit und dem Unfall besteht daher ein Rechtswidrigkeitszusammenhang; die überhöhte Geschwindigkeit ist daher bei der Verschuldensteilung ebenfalls zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen ist die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1 gerechtfertigt.

Zur Haftung der zweit- und drittbeklagten Partei:

Nach ständiger Rechtsprechung haftet ein Fahrzeughalter für Schäden bei Fahrten nach allgemeinen bürgerlichem Recht, wenn er ein schuldhaftes Verhalten zu vertreten hat, das über die Ermöglichung einer unbefugten Benützung des Fahrzeuges hinausgeht und die Allgemeinheit unmittelbar gefährdet. Dieser Grundsatz wurde wiederholt in Fällen ausgesprochen, in denen es sich um Schwarzfahrten handelte, bei welchen damit gerechnet werden mußte, daß ein junger Mann, der sich sehr für Fahrzeuge interessierte, ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein, der Versuchung nicht widerstehen werden können, sich des Fahrzeuges zu bemächtigen. Die durch die mangelnde Lenkerberechtigung indizierte mangelnde Fahrpraxis stellt von vornherein eine ungewöhnliche, die Allgemeinheit gefährdende Benützung eines Fahrzeuges dar (EvBl 1962/397, ZVR 1985/173 mwN ua). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß sich der noch nicht 16 Jahre alte Erstbeklagte "sehr für Motorfahrräder interessierte" und an derartigen Fahrzeugen mit seinen Brüdern "herumgebastelt" hatte, daß er wußte, wo sich der Reserveschlüssel des Kleinmotorrades des Zweitbeklagten befand und er wiederholt im Garten und Hof des elterlichen Anwesens mit dem Kleinmotorrad gefahren war. Alle diese Umstände waren dem Zweitbeklagten bekannt. Wenn er auch nicht gewußt haben sollte, daß der Erstbeklagte bereits mehrmals auf der öffentlichen Straße mit dem Kleinmotorrad gefahren war, mußte er auf Grund der angeführten Umstände doch damit rechnen, der Erstbeklagte werde dies tun und zufolge seines geringen Alters und mangels einer entsprechenden Fahrpraxis die Allgemeinheit gefährden. Zutreffend hat daher das Erstgericht die Haftung der zweit- und drittbeklagten Partei nicht mit den Haftungshöchstbeträgen des EKHG beschränkt. Aus diesen Gründen war diese vom Berufungsgericht vorgenommene Haftungsbeschränkung der zweit- und drittbeklagten Partei durch den Ausspruch, die Haftung der drittbeklagten Partei sei durch die Versicherungssumme beschränkt, zu ersetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 43 Abs 2, 50 ZPO, wobei zu berücksichtigen war, daß Gegenstand des Revisionsverfahrens nur das Feststellungsinteresse war, welches von der klagenden Partei mit S 100.000,-- bewertet wurde. Die klagende Partei hat für ihre Revisionsbeantwortung keinen Anspruch auf Streitgenossenzuschlag, da die Revision nur vom Erstbeklagten eingebracht worden war.

Anmerkung

E16782

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0020OB00003.89.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19890124_OGH0002_0020OB00003_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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