TE OGH 1989/2/9 12Os167/88

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Veröffentlicht am 09.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Februar 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführer in der Strafsache gegen Ing. Siegfried K*** wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und 2 lit. a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8.Juni 1988, GZ 6 b Vr 6611/86-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der (nunmehr) 49-jährige Werbephotograph Ing. Siegfried K*** von der Anklage, A/ vom 6.Mai 1976 bis 27.Februar 1981 durch unrichtige Steuererklärungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, vorsätzlich Verkürzungen der Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1975, 1977, 1978 und 1979 im Gesamtbetrag von 608.623 S bewirkt und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben sowie

B/ vom 11.März 1975 bis 26.Februar 1980 in mehrfachen Tathandlungen vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Gesamtsumme von 135.443 S bewirkt und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Der Anklagevorwurf ging davon aus, daß der Angeklagte in insgesamt acht Fällen zu Unrecht die Absetzung von Aufwendungen in Anspruch genommen hatte, weil bei den fraglichen geschäftlichen Vorgängen in Wirklichkeit keine Leistungen erlangt, sondern bloß der Abgabenhinterziehung dienende, unbeglichene Rechnungen ("Scheinfakturen" oder "Gefälligkeitsfakturen") ausgestellt worden seien. Im betreffenden Umfang liegen rechtskräftige finanzamtliche Bescheide über die vom Angeklagten zu entrichtende Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Einkommensteuer vor, wobei die endgültige Abgabenfestsetzung im Anschluß an eine Betriebsprüfung nach Wiederaufnahme des Verfahrens und Aufhebung der ursprünglichen Bescheide vorgenommen wurde.

Das Schöffengericht gelangte zur Feststellung, daß den Anklagebehauptungen zuwider die betreffenden Fakturen durch "adäquate Gegenleistungen" der Rechnungsleger gedeckt gewesen und mit einer Ausnahme auch vom Angeklagten bezahlt worden seien. Ferner ging das Erstgericht davon aus, daß die abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen und Steuererklärungen des Angeklagten objektiv unrichtig gewesen seien und Abgabenverkürzungen bewirkt hätten, jedoch mangels der subjektiven Tatseite im Zweifel mit Freispruch vorgegangen werden müßte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der bescheidmäßig festgesetzten Abgaben für die Jahre 1977 bis 1979 und der Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum vom Jänner 1977 bis zum Dezember 1979 mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher keine Berechtigung zukommt.

Die Anklagebehörde vermißt eine ausreichende Begründung des Ausspruches, daß die bezüglichen Rechnungen für angemessene Leistungen gelegt worden seien. Bei den Beschwerdedarlegungen wird jedoch nicht nur zu Unrecht unterstellt, daß die gerügten Feststellungen primär auf Angaben von Zeugen beruhen, wogegen in Wirklichkeit die als unwiderlegt gewürdigte Verantwortung des Angeklagten herangezogen worden ist, sondern auch das Wesen des geltend gemachten Begründungsmangels verkannt. Offenbar unzureichende Gründe in der Bedeutung der Z 5 liegen nämlich nur vor, wenn sich nach Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung die angefochtene Schlußfolgerung aus den als erwiesen angesehenen Tatsachen auf die zu begründende Tatsache überhaupt nicht ziehen läßt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist. Eine solche Untauglichkeit der erstgerichtlichen Beweiserwägungen wird jedoch in der Nichtigkeitsbeschwerde weder ausdrücklich, noch der Sache nach behauptet.

Das Schöffengericht zog durchaus in Betracht, daß die Rechnungen von Unternehmen des Hans B*** stammten und dieser eine Methode der Abgabenhinterziehung entwickelt hatte, bei der Steuerpflichtigen eine fingierte Rechnung gegen ein Entgelt von 15 Prozent des Rechnungsbetrages zur Verfügung gestellt wurde (S 374 in Verbindung mit S 193). Wenn das Erstgericht ungeachtet dieses erwogenen Hinweises auf Grund der vom Angeklagten vorgebrachten Verantwortung und der hiezu aufgenommenen Beweise zur Auffassung gelangte, in den maßgeblichen Fällen seien, abweichend von anderen Gelegenheiten, reale Geschäfte abgewickelt worden, liegt darin ein Akt unanfechtbarer richterlicher Beweiswürdigung. Mit der Annahme aber, daß eben keine vorgetäuschten Geschäftsaktivitäten nach dem der Abgabenhinterziehung dienenden "System des Hans B***" vorlagen, erübrigte sich eine gesonderte Begründung dafür, daß der Angeklagte jeweils den gesamten und nicht nur einen Teil des Fakturenbetrages bezahlt hat. Die Urteilsfeststellung hinwieder, wonach die in einer Rechnung bezeichneten "gerahmten Bilder der Waldmüller-Serie" keine Billigprodukte, sondern aufwendige Reproduktionen waren, ist mit den von der Beschwerde in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Angaben des Hans B*** über billigen Einkauf und überhöhte Fakturierung beim Weiterverkauf von Bildern schon deshalb nicht bekämpfbar, weil sich diese Angaben auf ein anderes Geschäft mit einem anderen Partner bezogen und solcherart eine Identität des Sachverhaltes nicht ersichtlich ist. Zudem lehnte das Erstgericht Schlußfolgerungen aus anderweitigen Geschäftstätigkeiten des Hans B*** auf die hier aktuellen Umstände mit einer insoweit gar nicht ausdrücklich angefochtenen Begründung ab.

Die gesamte Mängelrüge der Staatsanwaltschaft beschränkt sich dem sachlichen Gehalt nach auf den Einwand, daß der in der Anklage behauptete Sachverhalt möglicherweise verwirklicht worden sei und die gegenteiligen, im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten getroffenen Urteilsfeststellungen nicht ausreichend begründet seien, um den Verdacht überzeugend auszuräumen. Auf diese Weise wird jedoch bloß eine unbeachtliche Kritik an der Lösung der Tatfrage geübt und keine der Anfechtungsvoraussetzungen des angerufenen Nichtigkeitsgrundes aufgezeigt, weshalb die Beschwerde gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 285 a Z 2 StPO zurückzuweisen war.

Anzumerken bleibt, daß diese Entscheidung angesichts der Beschränkung des Obersten Gerichtshofs auf die Behandlung der von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Gründe (§ 290 Abs. 1 StPO; siehe SSt. 51/35; vgl. 13 Os 36/87) unbeschadet des Umstandes zu ergehen hatte, daß die entscheidenden Feststellungen über die tatsächliche geschäftliche Entstehung der steuerlich abgesetzten Aufwendungen in der geltend gemachten Höhe mit den Urteilsannahmen einer "objektiven Unrichtigkeit" der diesbezüglichen Steuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen in einem unüberbrückbaren Widerspruch stehen und außerdem nicht erkennbar wird, inwieweit überhaupt eine Vereinbarkeit mit Grundlage und Höhe der Abgabenschulden vorliegen kann, welche sich aus der das Gericht bindenden endgültigen Abgabenfestsetzung ergeben (siehe EvBl. 1979/225, SSt. 48/36). Ebenso wie diese ungerügten Begründungsfehler hat auch der Umstand auf sich zu beruhen, daß der mit einem Mangel der subjektiven Tatseite begründete Freispruch auf § 259 Z 3 StPO gestützt worden ist, obwohl die Beurteilung fahrlässiger Verübung einer im § 33 Abs. 1 FinStrG bezeichneten Tat (fahrlässige Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG) gar nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt und insoweit bloß ein freisprechendes Erkenntnis gemäß § 214 FinStrG wegen fehlender Gerichtskompetenz in Betracht gekommen wäre (EvBl. 1981/89; 9 Os 47/75, 11 Os 143/85, 11 Os 127/86; vgl. auch SSt. 48/26).

Anmerkung

E16497

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00167.88.0209.000

Dokumentnummer

JJT_19890209_OGH0002_0120OS00167_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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