TE OGH 1989/2/21 11Os170/88

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Veröffentlicht am 21.02.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Februar 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Tegischer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alois F*** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 20.Oktober 1988, GZ 20 qu Vr 3.851/88-49, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Stern, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.September 1956 geborene, zuletzt beschäftigungslose Alois F*** des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 11.April 1988 in Wien seine Ehegattin Margit F*** durch Stiche mit einem Küchenmesser in den Gesichts- und Oberkörperbereich vorsätzlich tötete.

Die Geschwornen hatten die anklagekonform gestellte Hauptfrage (Nr. 1) bejaht und dementsprechend die - für den Fall der Verneinung der auf Mord lautenden Schuldfrage gestellten - Eventualfragen nach Totschlag (Nr. 2), absichtlicher schwerer Körperverletzung (Nr. 3) und (vorsätzlicher) Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (Nr. 4) unbeantwortet gelassen. Die ihnen desweiteren vorgelegte Zusatzfrage nach dem Vorliegen des Schuldausschließungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB (Nr. 5) war von den Geschwornen verneint worden, sodaß auch die Beantwortung der (für den Fall der Bejahung dieser Zusatzfrage gestellten) weiteren Eventualfrage (Nr. 6) nach Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 StGB) unterblieb. Den erwähnten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 6 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich in keinem Anfechtungspunkt als begründet erweist.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer als Verstoß gegen die Vorschrift des § 316 (richtig: § 314) StPO den Umstand, daß den Geschwornen nicht auch eine auf das Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach dem § 81 Z 1 oder 2 StGB gerichtete Frage (Eventualfrage) vorgelegt wurde.

Die Rüge geht fehl.

Gemäß dem § 314 Abs 1 StPO ist eine Eventualfrage ua dann zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht wurden, nach denen, wenn sie als erwiesen angenommen werden, die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte. Dem Beschwerdevorbringen zuwider liegen aber die Voraussetzungen für die angestrebte Fragestellung nicht vor. Weder hat sich der bloß eine alkoholbedingte Zurechnungsunfähigkeit zum Tatzeitpunkt behauptende Angeklagte in Richtung einer fahrlässigen Begehung des Tötungsdeliktes verantwortet, noch war eine solche Tatgestaltung durch andere Beweisergebnisse - insbesondere durch die in der Beschwerde erwähnten Angaben der Zeugen Franz T*** (AS 367 ff) und Reinhard Z*** (AS 374 ff) oder die Ausführungen des Sachverständigen Dr. P*** (AS 383 ff insbesonders S 389) - indiziert. Nach dem vom Beschwerdeführer behaupteten Tatgeschehen (Ein- bzw. Hinstechen auf das Tatopfer: AS 337 f, 340, 343 f, 350 f) kam nur vorsätzliches Handeln in Betracht. Für die geforderte Aufnahme einer auf fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen abzielenden Eventualfrage bestand darum kein Anlaß. Der Alkoholisierung des Angeklagten aber wurde durch entsprechende Fragestellung Rechnung getragen.

Mit seinem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10 a StPO sucht der Beschwerdeführer erhebliche Bedenken gegen die Nichtannahme einer vollen Berauschung im Sinn des § 287 StGB (§ 11 StGB) - durch die Geschwornen - aufzuzeigen.

Auch die Tatsachenrüge erweist sich als nicht zielführend. Das gegen die bezüglichen Teile des Wahrspruches der Geschwornen gerichtete Beschwerdevorbringen zeigt weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitserforschung zustandegekommene (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) Mängel in der Sachverhaltsermittlung, noch an Hand der Aktenlage Beweisergebnisse auf, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen entstehen lassen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 75 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Tatsachengeständnis sowie eine "gewisse Erregung durch die erfolgte Trennung seiner Gattin" als mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe.

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Der Angeklagte vermag keine weiteren Umstände darzutun, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Der geltend gemachte Milderungsgrund der Selbststellung (§ 34 Z 16 StGB) ist aktenfremd, der durch das beabsichtigte Verhalten seiner Ehegattin bedingten heftigen Gemütsbewegung (des Angeklagten) wurde vom Erstgericht ohnehin Rechnung getragen. Auch der Begehung der Tat unter der enthemmenden Einwirkung von Alkohol kommt entgegen den Berufungsausführungen keine mildernde Bedeutung zu, weil sich aus den Vorstrafakten ergibt, daß Alois F*** im alkoholisierten Zustand zu Gewaltakten neigt. Das Schöffengericht fand sohin für den gravierenden Gesetzesverstoß eine der Schuld des Angeklagten, dem Unrechtsgehalt seiner Tathandlung und der Täterpersönlichkeit adäquate Sanktion.

Der Berufung des Alois F*** konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E16699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0110OS00170.88.0221.000

Dokumentnummer

JJT_19890221_OGH0002_0110OS00170_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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