TE OGH 1989/3/8 14Os185/88- (14Os186/88)

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Veröffentlicht am 08.03.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Telfser als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas N*** und einen weiteren Beschuldigten wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.März 1986, GZ U 1541/85-20, und den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Beschwerdegericht vom 8.Oktober 1986, AZ Bl 98/86, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Siegl, jedoch in Abwesenheit des Subsidiaranklägers und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Thomas N*** und Markus S*** wegen § 83 Abs. 1 StGB, AZ U 1541/85 des Bezirksgerichtes Bregenz, verletzen das Gesetz 1. das Urteil dieses Gerichtes vom 11.März 1986, ON 20, soweit es keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers enthält, in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO,

2. der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Beschwerdegericht vom 8.Oktober 1986, AZ Bl 98/86, soweit in Stattgebung der nur gegen die Höhe der bestimmten Vertretungskosten gerichteten Beschwerde des Cemal S*** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 7. Juli 1986, GZ U 1541/85-29, der angefochtene Beschluß zur Gänze aufgehoben wurde, in dem (auch für das Beschwerdeverfahren geltenden) Grundsatz der partiellen Rechtskraft.

In sinngemäßer Anwendung des § 292 letzter Satz StPO wird 1. das bezeichnete Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz, das im übrige unberührt bleibt, dahin ergänzt, daß der Subsidiarankläger Cemal S*** gemäß § 390 Abs. 1 StPO die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen hat, und 2. der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Beschwerdegericht vom 8.Oktober 1986 aufgehoben und dem Landesgericht Feldkirch aufgetragen, über die Beschwerde des Cemal S*** neuerlich zu entscheiden.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.März 1986, GZ U 1541/85-20, wurden Thomas N*** und Markus S*** von der durch den Privatbeteiligten Cemal S*** erhobenen Subsidiaranklage wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dieses Urteil, das unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, enthält keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers (§ 390 Abs. 1 StPO).

In der Folge beantragten die freigesprochenen Beschuldigten die Bestimmung der Kosten ihres Verteidigers (ON 24, 25), worauf das Bezirksgericht Bregenz mit Beschluß vom 7.Juli 1986, ON 29, diese Kosten mit je 5.686,74 S bestimmte und aussprach, daß der Subsidiarankläger Cemal S*** diese Kosten zu ersetzen habe. Gegen diesen Beschluß erhob der Subsidiarankläger Cemal S*** Beschwerde (ON 30), wobei er allerdings lediglich die Höhe der Kosten bekämpfte und beantragte, diese nur mit je 1.493,60 S zu bestimmen (S 131).

Das Landesgericht Feldkirch als Beschwerdegericht gab mit Beschluß vom 8.Oktober 1986, AZ Bl 98/86 (= ON 35 im Akt U 1541/85), der Beschwerde Folge, wobei es den angefochtenen Beschluß mit der Begründung (zur Gänze) aufhob, daß mangels eines Ausspruches über die Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers in dem das Verfahren in erster Instanz erledigenden freisprechenden Urteil keine Grundlage für eine "ziffernmäßige Festsetzung" der Kosten der Verteidigung nach §§ 393 Abs. 3, 395 Abs. 1 StPO vorliege. Diese Vorgänge stehen, wie die Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs. 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, in mehrfacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.März 1986, GZ U 1541/85-20, verletzt insoweit, als es keinen Ausspruch über die Verpflichtung des Subsidiaranklägers zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens enthält, das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO. Denn gemäß der zitierten Vorschrift ist in einem Strafverfahren, das auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendigt wird, soferne es, wie hier, gemäß § 48 StPO lediglich auf Antrag des Privatbeteiligten stattgefunden hat, diesem der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen.

2. Der Beschluß des bezeichneten Bezirksgerichtes vom 7.Juli 1986, GZ U 1541/85-29, hinwieder verstößt gegen die Bestimmungen der §§ 393 Abs. 3 und 395 Abs. 1 StPO, weil es mangels des urteilsmäßigen Ausspruchs der Kostenersatzpflicht des Subsidiaranklägers an der entsprechenden Grundlage für eine Entscheidung über die ziffernmäßige Höhe der beanspruchten Verteidigungskosten fehlte (vgl SSt 52/16). Diese Gesetzesverletzung hat sich zwar (zunächst) nicht zum Nachteil der Beschuldigten ausgewirkt; benachteiligt sind die Beschuldigten letztlich (erst) dadurch, daß das Landesgericht Feldkirch als Beschwerdegericht (aufgrund der Beschwerde des Subsidiaranklägers) die dem Bezirksgericht Bregenz im bekämpften Beschluß unterlaufene Gesetzwidrigkeit zum Anlaß genommen hat, den in Rede stehenden Beschluß (zur Gänze) aufzuheben.

3. Der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Beschwerdegericht vom 8.Oktober 1986, AZ Bl 98/86, schließlich verletzt insoweit das Gesetz, als damit der angefochtene Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 7.Juli 1986 zur Gänze aufgehoben worden ist. Denn das Rechtsmittelgericht hat sich (auch) im Verfahren über eine (hier: Kosten-)Beschwerde auf die Entscheidung über jene Punkte zu beschränken, gegen welche die Beschwerde gerichtet ist, weil auch im Beschwerdeverfahren der Grundsatz der partiellen (formellen) Rechtskraft gilt (SSt 52/16 und die dort zit Judikatur und Literatur). Angefochten war aber vorliegend lediglich die Höhe der vom Erstgericht bestimmten Vertretungskosten, während der Ausspruch über die Verpflichtung des Subsidiaranklägers zum Kostenersatz als solche unangefochten geblieben ist. Daher hätte das Beschwerdegericht - unbeschadet dessen, daß es an einer urteilsmäßigen Grundlage für die Kostenersatzpflicht mangelte - den Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz nur im Umfang der Anfechtung, mithin bloß in Ansehung der Höhe der Vertretungskosten, aufheben dürfen.

Die Generalprokuratur hat lediglich die Feststellung der in den Punkten 1 und 3 bezeichneten Gesetzesverletzungen beantragt; es war daher diesbezüglich spruchgemäß zu erkennen. Die in Rede stehenden Gesetzesverletzungen haben sich zum Nachteil der Beschuldigten ausgewirkt. Da § 292 letzter Satz StPO sinngemäß auf alle sich an irgendeine Verletzung des Gesetzes im Strafverfahren knüpfenden Nachteile für den Bechuldigten (Angeklagten) gleich welcher Art immer anzuwenden ist (EvBl 1981/187 = JBl 1981, 605; SSt 52/16 und die dort zit Judikatur), war (der Anregung der Generalprokuratur folgend) über die Feststellung der unterlaufenen Gesetzesverstöße hinaus der Entscheidung konkrete Wirkung zuzuerkennen (vgl idS insb SSt 55/51 betreffend einen gleichgelagerten Fall; ebenso SSt 52/16 sowie 9 Os 33-36/87; abw allerdings RZ 1986/10; 11 Os 150,151/85; 13 Os 73/87), zumal es hiefür nicht darauf ankommen kann, ob das infolge Unterbleibens einer Kostenentscheidung gesetzwidrige Urteil in diesem Punkt von den (hiedurch benachteiligten) Beschuldigten angefochten wurde oder (wie vorliegend) unangefochten geblieben ist (vgl hiezu Pallin FS 100 Jahre StPO, 183 FN 52) und ob die Beschuldigten durch einen Verteidiger vertreten waren oder nicht. Hinzu kommt, was die aus der unterbliebenen Anfechtung sich ergebende Rechtsstellung des Subsidiaranklägers betrifft, daß dieser an sich kraft Gesetzes im Falle des Freispruchs zum Kostenersatz verpflichtet ist und der Oberste Gerichtshof dem gemäß § 390 Abs. 1 StPO Kostenersatzpflichtigen in ständiger Judikatur (vgl insb SSt 50/9 verst Senat; zuvor schon SSt 12/22, vgl jüngst auch 15 Os 139,140/88) diese Verpflichtung auch dann auferlegt, wenn aufgrund einer Beschwerde gemäß §§ 33 Abs. 2, 292 StPO ein Schuldspruch aufgehoben und sogleich ein Freispruch gefällt wird; umso mehr ist bei einem Freispruch schon im ordentlichen Verfahren der dort unterbliebene Ausspruch gemäß § 390 Abs. 1 StPO in der diese Gesetzwidrigkeit feststellenden oberstgerichtlichen Entscheidung gemäß §§ 33 Abs. 2, 292 StPO nachzutragen (vgl abermals EvBl 1981/187 = JBl 1981, 605).

Es war daher das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 11.März 1986 durch den Ausspruch zu ergänzen, daß der Subsidiarankläger Cemal S*** gemäß § 390 Abs. 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet ist. Damit ist die im Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 7.Juli 1986 zugunsten der Beschuldigten unterlaufene Gesetzesverletzung saniert. Weiters war der (mit einer Gesetzwidrigkeit zum Nachteil der Beschuldigten behaftete) Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Beschwerdegericht vom 8.Oktober 1986 zur Wiederherstellung des zuletzt bezeichneten Beschlusses des Bezirksgerichtes Bregenz zu kassieren und dem Landesgericht Feldkirch die (neuerliche) meritorische Entscheidung über die Beschwerde des Cemal S***

aufzutragen.

Anmerkung

E17542

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00185.88.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19890308_OGH0002_0140OS00185_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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