TE OGH 1989/3/15 1Ob43/88

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Veröffentlicht am 15.03.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien

1./P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, 2./S*** DER B***, Ghegastraße 1, 1031 Wien, beide vertreten durch Dr.Adolf Fiebich, Dr.Vera Kremslehner und Dr.Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde K***-P***, 3620 Kottes, vertreten durch Dr.Franz Glöckler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 949.123,50 sA und Feststellung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9.Juni 1988, GZ 14 R 292/87-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 13.Oktober 1987, GZ 53 a Cg 1005/87-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil insoweit bestätigt, daß es als Teilurteil zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei den Betrag von S 408.040,20 samt 4 % Zinsen seit 30.1.1987 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Es wird festgestellt, daß die beklagte Partei der erstklagenden Partei in Hinkunft all jene Leistungen zu ersetzen hat, welche diese aus Anlaß des Todes des Herbert R*** am 31.1.1984 auf Grund der jeweils in Geltung stehenden gesetzlichen Bestimmungen über die Pensionsversicherung an dessen Hinterbliebene zu erbringen hat."

Im übrigen, also in den die Ansprüche der zweitklagenden Partei und die Verfahrenskosten betreffenden Aussprüchen, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Elsenreith wurde im Jahr 1967 in die Marktgemeinde K***-P*** eingemeindet. Schon vor der Gemeindezusammenlegung bestand in Elsenreith eine von der Gemeinde Elsenreith errichtete und verwaltete Ortswasserleitung. Für diese Ortswasserleitung gab und gibt es keinen Anschlußzwang. Die an die Ortswasserleitung Elsenreith angeschlossenen Wasserbezieher führten die Wassergebühr an die Marktgemeinde ab, in der es einen Inkassobeauftragten gab, der die Wassergebühren auf ein Sparbuch zu legen hatte, für das der Bürgermeister und er zeichnungsberechtigt waren. Hubert W***, der Ortsvorsteher von Elsenreith, war jener Inkassobeauftragte, der die Wassergebühren zu kassieren hatte.

Im Wasserbuch, Einlageblatt der Gewässermappe Kl.Krems, Verwaltungsbezirk Zwettl, Postzahl 528, ist als Berechtigter der Ortswasserleitung Elsenreith die Gemeinde K***-P***, die beklagte Partei, eingetragen. Zu dieser Eintragung war es auf Grund des Wasserbuchbescheides des Amtes der nö.Landesregierung vom 5.August 1968 unter Streichung des bisherigen Einlageblattes gekommen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettel vom 20.März 1978 wurde der Antragstellerin Marktgemeinde K***-P*** die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung ihrer im Wasserbuch der Bezirkshauptmannschaft Zwettl, Gewässermappe Kl.Krems, unter Postzahl 528 eingetragenen Wasserversorgungsanlage in der KG Elsenreith durch Errichtung eines zusätzlichen

Quellbrunnens .... erteilt.

Da die Quellschüttungen insbesondere in den Sommermonaten noch immer nicht ausreichten, um den Wasserbedarf der 43 Anschlußbesitzer zu decken, versammelten sich am 10.Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Bügermeisters der beklagten Partei an die Wasserleitung angeschlossene Ortsbewohner, um den erforderlichen Ausbau der Ortswasserleitung Elsenreith zu besprechen. In dieser Sitzung wurde ein sogenannter Wasserausschuß mit Josef G*** als Obmann und Hubert W*** als Kassier gewählt. Um die Kosten des Ausbaues und damit den danach zu zahlenden Wasserzins gering zu halten, kam man in dieser Sitzung überein, einen Großteil der Arbeiten in Eigenregie unter Mitarbeit von Ortsbewohnern Elsenreiths durchzuführen. Für die Mitarbeit sollte von der beklagten Partei ein Stundenlohn von S 40,-- bezahlt werden. Der Bürgermeister sagte im übrigen finanzielle Hilfe durch die beklagte Partei zu; die Aufwendungen der Gemeinde sollten aber wieder zu 70 % aus dem Wasserzins gedeckt werden. In der Sitzung einigte man sich auch darauf, der Baufirma S*** (Baumeister Franz S***) einen Auftrag zur Beistellung eines Baggers samt Baggerfahrer zu erteilen, um die erforderlichen Grabungsarbeiten durchzuführen. Der entsprechende Auftrag wurde sodann von Hubert W*** erteilt.

Die Bauarbeiten sollten die Fassung einer Quelle und die Zuleitung des Quellwassers über einen Brunnen in die Ortswasserleitung enthalten. Dazu war es erforderlich, eine etwa 4 m tiefe Künette auszuheben, um die Verlegung eines Wasserschlauches zu ermöglichen. Vor Beginn der Bauarbeiten besprach Baumeister Franz S*** mit Josef G*** und Hubert W*** die Durchführung der Arbeiten und erteilte seinem Baggerfahrer Franz S*** die Weisung, Anordnungen dieser beiden zu entsprechen. Diese hielten sich während der Arbeiten nicht immer an der Arbeitsstelle auf. Die Bauarbeiten wurden ohne Detailplanung und ohne bau- und wasserbehördliches Bewilligungsverfahren in Angriff genommen und durchgeführt. Am 31.Jänner 1984 arbeitete neben anderen Personen Herbert R*** an der Sohle der dort etwa 4 m tiefen und 70 cm breiten Künette, die im Gefolge ihrer Aushebung durch den Baggerfahrer, der im Zuge der Aushubarbeiten wiederholt auf die Notwendigkeit der Pölzung der von ihm ausgehobenen Künette hingewiesen hatte, keinerlei nach bautechnischen Gesichtspunkten erforderliche Pölzungen aufwies. Da die Künette völlig ungesichert war, stürzte schließlich ein Teil der Künettenwand ein und verschüttete Herbert R***, der nur noch tot geborgen werden konnte. Die Hinweise des Baggerfahrers hatten sowohl der später Verunglückte als auch die anderen anwesenden Personen verworfen.

Die erstklagende Partei wendete infolge des tödlichen Arbeitsunfalles des Herbert R*** für die Witwe Helga R*** und die Halbwaisen Gerhard und Veronika R*** bis Ende 1986 auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom 14.August 1984 an Witwen- und Waisenpensionen insgesamt S 408.040,20 auf, die zweitklagende Partei auf Grund des rechtskräftigen Bescheides vom 17.Oktober 1984 an Witwen- und Waisenrenten insgesamt S 541.083,30. Die zweitklagende Partei, der die Erledigung des Anspruches der Hinterbliebenen von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt aus Zuständigkeitsgründen abgetreten worden war, hatte das Ereignis als landwirtschaftlichen Arbeitsunfall anerkannt, da die Arbeit des Verunglückten auch im Interesse seines landwirtschaftlichen Betriebes durchgeführt worden war (Beilage N). Weitere Leistungen müssen erbracht werden. Hubert W*** wurde - neben anderen Personen - vom Strafgericht rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Tötung gemäß § 80 StGB schuldig erkannt, weil er am 31.Jänner 1984 in Elsenreith fahrlässig den Tod des Herbert R*** dadurch herbeigeführt habe, daß er gemeinsam mit Josef G*** die Arbeiten ungelernter Personen ohne entsprechende fachkundige Bauleitung und Bauaufsicht organisierte und dem Baumeister Franz S*** einen unvollständigen Bauauftrag erteilte, so daß es geschehen konnte, daß im Zuge der Bauarbeiten die ungesicherten Wände der Künette einstürzten und den in der Künette arbeitenden Herbert R*** verschütteten.

Die klagenden Parteien stützten ihr Leistungs- und Feststellungsbegehren als Regreßansprüche nach §§ 332, 333 Abs 4, 334 Abs 1 ASVG ursprünglich mit der Behauptung, die beklagte Partei betreibe die Wasserleitung in Elsenreith in Hoheitsverwaltung, ihre Organe hätten dabei grob fahrlässig den Tod des Herbert R*** verursacht, auf Amtshaftung, außerdem auf Schadenersatz wegen groben Organisationsverschuldens, weil bevollmächtigte Vertreter bzw Aufseher im Betrieb der die Agenden der Ortswasserleitung Elsenreith im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung führenden beklagten Partei grob fahrlässig den Tod des im dienstnehmerähnlichen Verhältnis im Betrieb der beklagten Partei mitarbeitenden Herbert R*** herbeigeführt hätten, für dessen Hinterbliebene (Witwe und zwei Halbwaisen) sie die der Höhe und der sozialversicherungsrechtlichen Notwendigkeit nach unbestrittenen Beträge aufgewendet und aufzuwenden haben.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren nur dem Grunde nach und wendete ein, die Wasserleitung im Ortsteil Elsenreith sei keine Gemeindewasserleitung. Der Ausbau dieser Wasserleitung sei von einer Wassergenossenschaft oder einer losen Vereinigung von Ortsbewohnern Elsenreiths durchgeführt worden, so daß ein Fehlverhalten von Personen nicht der beklagten Partei zuzurechnen sei. Jedenfalls sei keine grobe Fahrlässigkeit vorgelegen und träfe sowohl den Baggerfahrer als auch insbesondere den Getöteten (diesen zu 75 %) erhebliches Mitverschulden.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Die Wasserversorgung des Ortsteils der beklagten Partei Elsenreith werde von dieser nicht in Hoheitsverwaltung besorgt. Dazu fehle es an jenen Merkmalen, die nach dem nö.WasserleitungsanschlußG 1978, LGBl 6951-0, erfüllt sein müßten. Gemäß § 1 Abs 1 dieses Gesetzes bestehe Anschlußzwang nur im Versorgungsbereich gemäß § 8 Abs 2 Z 1. Elsenreith gehöre aber nicht zu einem von der beklagten Partei mit Hoheitsakt festgelegten Versorgungsbereich. Außerdem existiere keine Wasserleitungsordnung im Sinn des § 8 nö.WasserleitungsanschlußG. Die grundsätzliche Bejahung der Haftung der beklagten Partei habe aber nicht die Wasserversorgung in Hoheitsverwaltung zur Voraussetzung. Da feststehe, daß die Wasserleitung in Elsenreith eine Gemeindewasserleitung sei, wäre es Aufgabe der beklagten Partei gewesen, für einen den Rechtsvorschriften entsprechenden Ausbau dieser Wasserleitung Sorge zu tragen. Jene Personen, an die von der beklagten Partei die Veranlassung und Überwachung der Durchführung der Ausbauarbeiten delegiert worden sei (Hubert W*** und Josef G***), seien als bevollmächtigte Vertreter der beklagten Partei im Sinne des § 333 Abs 4 ASVG anzusehen. Damit bestehe die Haftung der beklagten Partei gemäß § 334 Abs 1 ASVG, bei der es sich um einen orginären Ersatzanspruch der Sozialversicherungsträger handle. Gemäß § 334 Abs 3 ASVG werde die Haftung der beklagten Partei auch durch ein Mitverschulden des Versicherten weder aufgehoben noch gemindert. Das Verhalten der der beklagten Partei zuzurechnenden Personen sei grob fahrlässig im Sinne des § 334 Abs 1 ASVG gewesen. Die beklagte Partei habe es nicht nur unterlassen, die erforderlichen Behördenverfahren zu veranlassen, deren Ergebnis die Vermeidung des Unfalls hätte sicherstellen sollen, und ihre bevollmächtigten Vertreter hätten selbst Warnungen des Baggerfahrers an der Baustelle in den Wind geschlagen, so daß der Eintritt des Schadens wahrscheinlich und leicht vorhersehbar gewesen sei. Daran vermöge auch ein allfälliges Mitverschulden des Getöteten, der auch selbst diese Warnungen nicht beachtet habe und möglicherweise die Gefahr auch hätte erkennen können, nichts zu ändern. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es sei ein Anliegen der Gemeinden, die wichtigen allgemeinen Bedürfnisse der Bevölkerung durch eigene wirtschaftliche Tätigkeit insoweit zu befriedigen, als es die Sicherung der Grundlagen der allgemeinen essentiellen Bedürfnisse der Bevölkerung verlange. Zu diesen von Gemeinden übernommenen Aufgaben gehöre auch die Errichtung und der Betrieb von Wasserleitungen. Bei solchen Leistungen der Gemeinden im Dienste der Daseinsvorsorge (Leistungsverwaltung) werde häufig ein und dieselbe Leistungsart von einem Rechtsträger in öffentlichrechtlicher, vom anderen in privatrechtlicher Form erbracht. Entscheidend für die Beurteilung der Zuweisung dieser Akte der Daseinsvorsorge in den Bereich der Hoheits- oder der Privatwirtschaftsverwaltung des Rechtsträgers sei, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereithalte. Fehle ein gesetzlicher Auftrag zu hoheitlichem Handeln, dann gehöre diese Tätigkeit der Gemeinde in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung. Das nö.WasserleitungsanschlußG 1978 kenne eine Versorgungspflicht (§ 5) nur für gemeinnützige öffentliche Wasserversorgungsunternehmen (§ 1) im Versorgungsbereich (§ 8 Abs 2 Z 1), die von der Erlassung der näheren Vorschriften über die Durchführung des Anschlusses und den Wasserbezug (Wasserleitungsordnung) abhänge. Da diese Aufgaben zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden gehörten, könne auch das nö.GemeindewasserleitungsG 1978, LGBl 6930-0, die Voraussetzung der Erlassung einer Wasserleitungsordnung der Gemeinde für die Versorgungspflicht nicht ersetzen. Die beklagte Partei habe eine solche Wasserleitungsordnung aber noch nicht erlassen. Die beklagte Partei betreibe daher die Wasserleitung im Ortsteil Elsenreith im Rahmen einer von der Einbeziehung der Bewohner und des Ortsvorstehers dieses Ortsteils geprägten Gemeindeunternehmung. In der Versammlung vom 10.Dezember 1983 (unter dem Vorsitz des Bürgermeisters der beklagten Partei) und der dabei erfolgten Wahl eines sogenannten Wasserausschusses sei nicht etwa sie Gründung einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht durch die Wasseranschlußberechtigten zum Zwecke des Ausbaus der Ortswasserleitung zu erblicken. Damit habe lediglich die beklagte Partei im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Daseinsvorsorge sich zur Kostenersparnis der billigen Mitarbeit der am Wasserleitungsausbau primär interessierten Personen versichert und die gesamte Finanzierung und nicht etwa nur eine Vorfinanzierung übernommen. Sowohl bei der Planung des Ausbaus als auch bei der Erteilung des Auftrags an den Baumeister Franz S*** bzw dessen Bauunternehmung und bei der Durchführung der Arbeiten sei ua der Ortsvorsteher Hubert W*** als bevollmächtigter Vertreter der beklagten Partei tätig geworden. Die für den Tod des Herbert R*** wegen des Einsturzes der ungesicherten Künette ursächlichen Versäumnisse (auch) des Hubert W*** seien vom Erstgericht zutreffend als der beklagten Partei zuzurechnende grobe Fahrlässigkeit beurteilt worden, weil der Schadenserfolg bei diesem Verhalten geradezu wahrscheinlich gewesen sei. Der Anspruch der klagenden Parteien beruhe sohin auf § 334 Abs 1 ASVG; auf ein Mitverschulden des Getöteten komme es gemäß § 334 Abs 3 ASVG nicht an.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist, zum Teil berechtigt. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Anspruch der klagenden Parteien wird auch auf Amtshaftung gegründet, die beide Vorinstanzen jedoch ablehnten; sie erachteten vielmehr allein eine privatrechtliche Haftung der beklagten Partei als gegeben. Das Erstgericht schloß Amtshaftung nur aus, weil auch die nach Fertigstellung der Anlage vorgesehene Wasserversorgung der Interessenten nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgen sollte. Auch das Berufungsgericht scheint dieser Meinung zu sein. Beide Vorinstanzen meinen anscheinend, es läge Hoheitsverwaltung vor, wenn die Wasserversorgung nach Fertigstellung auf Grund von Hoheitsakten erfolgen sollten. Sie folgen damit der von Vrba-Zechner, Komm.z.Amtshaftungsrecht 86, vertretenen Auffassung, daß auch bei allen Maßnahmen zur Herstellung von Wasserversorungsanlagen zu prüfen sei, ob die öffentliche Wasserversorgung im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder privatwirtschaftlich erfolge bzw. erfolgen soll. Dies ist die Konsequenz der aaO 57 vertretenen Auffassung, daß zwar bei Vorbereitung einer hoheitlichen Tätigkeit für den Eintritt der Amtshaftung ein unmittelbarer Zusammenhang zur höheitlichen Tätigkeit bestehen müsse, ein solcher aber bestehe, wenn die hoheitliche Tätigkeit nicht weggedacht werden könne, ohne daß auch die Vorbereitungstätigkeit entfiele. Vrba-Zechner nehmen dies allerdings nur für sogenannte Realakte an, die für sich allein von der Handlungsform her betrachtet neutral seien; bediene sich hingegen der Rechtsträger zur Besorgung einer Verwaltungsagende der Rechtsformen des Privatrechtes (zB Vertrag), so liege Privatwirtschaftsverwaltung vor. Öhlinger (in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben 137) geht nach einer Kritik der Rechtsprechung in seinem (allerdings auch nicht zu Ende gedachten) Versuch einer Lösung noch einen Schritt weiter, betrachtet die Aufrechterhaltung einer ausreichenden und einwandfreien Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, zu der er offensichtlich auch die Errichtung entsprechender Anlagen zählt, als eine typische Staatsaufgabe und subsumiert unter das Amtshaftungsrecht auch jene Verwaltungstätigkeiten, die der Erfüllung öffentlicher, typisch staatlicher Aufgaben dienen, auch wenn die Form selbst (soweit sich das Handeln überhaupt in einer Rechtsform kristallisiert) eine solche des Privatrechtes ist. In Loebenstein-Kaniak, AHG2 117 wird hingegen die Auffassung vertreten, daß es zwar sehr wohl daruf ankommen könne, ob die Wasserversorgung mit den Mitteln der Hoheitsverwaltung oder denen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolge, aber selbst dann, wenn die Wasserversorgung hoheitlich erfolgen soll, differenziert werden müsse: Nur die Maßnahme der Daseinsvorsorge selbst und die unmittelbar damit in Zusammenhang stehenden Ereignisse wie Beschädigungen bei deren Durchführung und die Wiederherstellung der Versorgungsanlage gehörten zur Hoheitsverwaltung, nicht aber die Errichtung einer Wasserleitung oder Erneuerungsarbeiten. Gleiche Auffassungen wurden für die Errichtung von Fernmeldeeinrichtungen sowie den Bau von Straßen, Amtsgebäuden, Schulen, Krankenhäusern, Kasernen usw. vertreten (aaO 116). In Erfüllung dieser Aufgaben unterstehen auch die Rechtsträger wie jeder Private der behördlichen (hoheitlichen) Aufsicht und müssen ebenso wie alle Privaten die erforderlichen baubehördlichen, straßenbehördlichen, wasserrechtlichen oder sonst in Betracht kommenden behördlichen Bewilligungen einholen. Ein Rechtsträger, den das Gesetz selbst bei einer konkreten Tätigkeit (Bautätigkeit) hoheitlicher Bewilligung und Aufsicht unterstellt, handelt hiebei noch nicht selbst hoheitlich, auch wenn der Rechtsträger die Absicht hat, die Anlage nach deren Fertigstellung der hoheitsrechtlichen Erfüllung von Aufgaben zuzuführen. Der Oberste Gerichtshof hat zwar ausgesprochen, daß dann, wenn eine einheitliche Aufgabe ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur ist, auch alle damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen sind, auch wenn die Handlung die Ausübung hoheitlicher Tätigkeit nur vorbereitet oder abschließt (JBl 1988, 178 ua). Immer kann es sich aber nur um Handlungen oder Unterlassungen handeln, die mit der hoheitlichen Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang stehen, wie etwa ein Rundschreiben eines Amtes der Landesregierung über die Durchführung von Bauverfahren (JBl 1988, 178) oder eine Dienstfahrt, an deren Ziel hoheitlich gehandelt werden soll (SZ 43/10). Die Errichtung einer Anlage, deren Betrieb dann allenfalls im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgen soll, stellt jedoch den unmittelbaren Zusammenhang mit der später vorgesehenen Tätigkeit noch nicht her. Das muß ganz besonders für Rechtsbeziehungen auf vertraglicher Grundlage gelten, wäre es doch zB in jeder Hinsicht ungerechtfertigt, Baufirmen, die öffentliche Gebäude oder Anlagen errichten, auf verschuldensabhängige Schadenersatzansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz zu verweisen und ihnen nicht alle Rechte aus dem abgeschlossenen Werkvertrag zuzugestehen. Aber auch "Realakte" während einer Bauführung, die nicht unmittelbar im Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit steht, haben mit einer solchen Tätigkeit (noch) nichts zu tun. Läßt ein Bauarbeiter einen Kübel fallen, der jemanden verletzt, kann nur die deliktische Haftung nach dem Privatrecht gelten, auch wenn die Bauführung letztlich die Voraussetzungen dafür schaffen soll, daß der Bau auch der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dienen soll. Die Arbeiten zur Errichtung eines neuen Wasserleitungsstranges der Ortswasserleitung Elsenreith der beklagten Partei bei denen Herbert R*** tödlich verletzt wurde, erfolgten damit ohne Rücksicht darauf, ob die Wasserversorgung in diesem Bereich auf hoheitlicher oder privatrechtlicher Grundlage erfolgt, allein im Rahmen des Privatrechtes und, soweit sie im Auftrag der beklagten Gemeinde erfolgten, im Rahmen deren Privatwirtschaftsverwaltung.

Damit soll nicht gesagt werden, daß die beklagte Partei nicht auch Pflichten vernachlässigt haben könnte, die sie im Rahmen der von ihr zu entfaltenden Hoheitsverwaltung treffen. So hat die beklagte Partei durch ihren Bürgermeister der gemäß § 116 Abs 1 nöBO Baubehörde erster Instanz ist, als ihrem Organ von den ohne baubehördliche Bewilligung durchgeführten Bauarbeiten gewußt. Auf Rechtsverletzungen ihrer Organe als Baubehörde stützten die klagenden Parteien ihren Anspruch aber nicht; wenn ihre Ausführungen in der Klage und in ON 11 so verstanden werden sollten, müßte die Klage insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen werden, weil ein solcher Anspruch im Aufforderungsschreiben nach § 8 AHG nicht geltend gemacht worden war und daher nicht Gegenstand einer Amtshaftungsklage hätte sein dürfen.

Nach den Ausführungen in der Revision ist allein strittig, ob die beklagte Partei passiv legitimiert ist und nicht der Wasserausschuß, den die beklagte Partei als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ansieht, haftungspflichtig ist, im ersteren Fall auch, ob Organen der beklagten Partei grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Die Revision gesteht selbst zu, daß es sich um die Errichtung einer Zuleitung von Quellwasser in die Ortswasserleitung, für die sie als Berechtigte aufscheint, handelte, so daß die Errichtung der Anlage ihrer Zustimmung bedurfte. Die Revision räumt weiter ein, daß ein finanzielles Arrangement mit der Gemeinde angestrebt und auch erzielt wurde. Tatsache ist es, daß die beklagte Partei die finanziellen Verpflichtungen aus dem Ausbau übernommen hatte und insbesondere mit dem später verunglückten Herbert R*** insofern in eine Vertragsbeziehung getreten ist, daß sie mit ihm vereinbarte, ihm pro Stunde den - wegen des damit verbundenen eigenwirtschaftlichen Interesses allerdings verhältnismäßig geringen - Betrag von S 40,-- zu bezahlen. Es war damit allein die beklagte Partei Auftraggeber und Bauherr und Herbert R*** gegenüber Dienstgeber im Sinne des § 334 Abs 1 ASVG. Soweit der Ortsvorsteher von Elsenreith tätig wurde oder rechtswidrig untätig blieb, war er Organ bzw. Bevollmächtigter der beklagten Partei oder zumindest Aufseher im Betrieb der beklagten Partei. Daß niemals die Absicht bestand, den Wasserausschuß irgendwelche Verpflichtungen eingehen zu lassen, ergibt sich schon daraus, daß der Ausschuß selbst über keinerlei finanzielle Mittel verfügte. Wenn der Bürgermeister der beklagten Partei dies hinnahm, konnte dies nur aus dem Selbstverständnis geschehen, daß zunächst allein die beklagte Partei die finanziellen Lasten übernimmt, was sie auch getan hat. Daß die Gemeinde gar nicht berechtigt gewesen wäre, Verpflichtungen Herbert R*** gegenüber zu übernehmen, wurde nicht behauptet. Der Wasserausschuß war nichts anderes als eine Vertretung der Interessenten. Daß auch der Baumeister Franz S*** strafgerichtlich verurteilt wurde, weil er die Künette graben ließ, ohne die Arbeit durch einen fachkundigen Bauleiter überwachen zu lassen und ohne Sicherungsmaßnahmen anzuordnen, obwohl er wußte, daß die Arbeiten von unerfahrenen Personen ohne Planung und Bauaufsicht durchgeführt werden sollten, ändert nichts an der Haftung der beklagten Gemeinde, deren Ortsvorsteher Hubert W*** ebenfalls strafgerichtlich verurteilt wurde, weil er die Arbeiten ohne entsprechende sachkundige Bauleitung und Bauaufsicht organisierte und dem Baumeister Franz S*** einen unvollständigen Bauauftrag erteilte. Franz S*** hätte eben nur einen Bagger und einen Baggerfahrer bereitstellen sollen, was ihm als Baumeister zur Last fiel, ebenso aber auch der beklagten Gemeinde, die eine so unkontrollierte und unsachgemäße Bauführung nicht in Auftrag geben hätte dürfen. Daß die Organe der beklagten Partei ein grobes Verschulden trifft, ergibt sich allein schon daraus, daß der Bürgermeister und der Gemeinderat der beklagten Partei zugleich Baubehörde erster und zweiter Instanz waren; ihre Organe mußten daher genau wissen, daß die Bauführung ohne baubehördliche Bewilligung und auch ihrer Art nach unzulässig war. Mit Recht wurde demnach dem Klagebegehren der erstklagenden Partei stattgegeben. Nicht berechtigt ist hingegen die Stattgebung des Klagebegehrens der zweitklagenden Partei, soweit es aus § 334 Abs 1 ASVG abgeleitet wird. Nach dieser Bestimmung haftet der Dienstgeber oder ein ihm gemäß § 333 Abs 4 ASVG Gleichgestellter, was aber voraussetzt, daß der Sozialversicherungsträger seine Leistung aus einer Beziehung erbracht hat, in der es überhaupt einen Dienstgeber geben kann. Dies ist bei der S***

DER B*** nicht der Fall. Auch in dieser sind gemäß § 148 BSVG zwar die Bestimmungen des Dritten, Fünften und Sechsten Teils des ASVG mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen anzuwenden, jedoch gilt gemäß § 1 BSVG die Unfallversicherung nur für im Inland in der Land- und Forstwirtschaft selbständig Erwerbstätige. Aus Beilage N ergibt sich auch, daß der Anspruch der Witwe und der Kinder auf Gewährung einer Unfallversicherungsrente nur bewilligt wurde, weil die Arbeit auch im Interesse des landwirtschaftlichen Betriebes des Verunglückten durchgeführt wurde, so daß das Ereignis als landwirtschaftlicher Arbeitsunfall anerkannt wurde. Ersatzansprüche gegen die beklagte Partei können dann aber nicht nach § 334 ASVG, sondern nur nach § 178 BSVG, der der gleichartigen Regelung des § 332, Abs 1 und 2 ASVG entspricht (s. dazu Fürböck-Teschner, BSVG 438 Anm. 1) geltend gemacht werden. Dieser Legalzessionsanspruch besteht aber nur insoweit, als den Hinterbliebenen Schadenersatzansprüche nach § 1327 ABGB zustehen, ein Mitverschulden des tödlich Verunglückten ist demnach zu berücksichtigen. Die beklagte Partei wendete ein, daß den Verunglückten ein 75 %iges Mitverschulden getroffen habe. Diese Einwendung und deren Konsequenz auf die Höhe des Anspruches der zweitklagenden Partei wird in einem fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein. Einer allfälligen Einwendung, nicht die zweitklagende Partei, sondern die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hätte die Rentenleistungen zu erbringen gehabt, wird hingegen keine weitere Beachtung zu schenken sein, da ein Sozialversicherungsträger, der einen positiven Bescheid erlassen hat und Leistungen erbringt, jedenfalls als anspruchsberechtigter Zessionar anzusehen ist (SZ 42/174).

Diese Erwägungen führen zur spruchgemäßen Entscheidung. Der Revisionskostenvorbehalt beruht auf § 392 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E17221

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0010OB00043.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19890315_OGH0002_0010OB00043_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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