TE OGH 1989/4/6 8Ob512/89

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Veröffentlicht am 06.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Franz L***, Angestellter,

Koschatstraße 18, Krumpendorf, vertreten durch Dr.Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die Antragsgegnerin Edeltraud G***, Hausfrau, Mohrenschildtweg 3, Krumpendorf, vertreten durch Dr.Klaus Messiner und Dr.Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Zustimmung zu einer Baubewilligung gemäß § 835 ABGB, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 2.12.1988, GZ 1 R 545/88-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 30.9.1988, GZ 4 Nc 57/88-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen und das ab der Verfügung über die Zustellung des Schriftsatzes ON 1 durchgeführte Verfahren werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird mit dem Auftrag an das Erstgericht zurückverwiesen, das gesetzmäßige (streitige) Verfahren über den als Klage zu behandelnden Antrag ON 1 einzuleiten.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstückes 171/2 der KG Krumpendorf. Die Antragsgegnerin und ihr Ehegatte, Rudolf G***, sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes 412 der KG Krumpendorf. Diese beiden Grundstücke grenzen aneinander. In einem am 19.2.1986 vor dem Erstgericht zu 4 C 29/86 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Ehegatte der Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber, bis 30.11.1986 entlang der Grenze zwischen den beiden Grundstücken auf seinem Grund entweder eine massive Mauer oder einen geschlossenen Holzzaun zu errichten. Die Antragsgegnerin als Hälfteeigentümerin trat dem Vergleich nicht bei. Mit dem rechtskräftigen Beschluß vom 15.1.1987, 7 E 501/87-2, bewilligte das Erstgericht dem Antragsteller gegen den Ehegatten der Antragsgegnerin die Exekution zur Erwirkung der Herstellung einer massiven Mauer, wie sie im Vergleich vereinbart war. Der Antragsteller wurde ermächtigt, diese Mauer durch einen Baumeister auf Kosten des Ehegatten der Antragsgegnerin herstellen zu lassen. Den dagegen erhobenen Einwendungen gemäß § 35 EO wurde nicht stattgegeben.

Nunmehr beantragt der Antragsteller, das Gericht möge die Zustimmung der Antragsgegnerin zu dem von ihm an der Gemeinde Krumpendorf gerichteten Ansuchen auf Errichtung der Mauer im Außerstreitverfahren gemäß § 835 ABGB gerichtlich ersetzen. Er begründete den Antrag damit, daß die Gemeinde Krumpendorf als Baubehörde erster Instanz als Voraussetzung zur Erteilung der Baubewilligung von ihm den Nachweis verlange, daß die Antragsgegnerin als Hälfteeigentümerin des Grundstückes der Bauführung zustimme; die Antragsgegnerin verweigere jedoch eine solche Zustimmung, obwohl ihr Ehegatte bei Abschluß des Vergleiches als ihr Vertreter gehandelt habe. Die dem Antragsteller durch die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes vom 15.1.1987 erteilte Ermächtigung umfasse auch die Geltendmachung der Rechte des Verpflichteten als Miteigentümer gemäß den Bestimmungen der §§ 833 ff ABGB.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte über den oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest:

Der Antragsteller stellte am 19.5.1988 bei der Gemeinde Krumpendorf den Antrag auf Bewilligung der Errichtung der genannten Mauer. Am 25.5.1988 forderte ihn die Gemeinde Krumpendorf auf, die Zustimmungserklärung der Miteigentümerin Edeltraud G***, der Antragsgegnerin, vorzulegen. Die Antragsgegnerin ist mit der Errichtung der Mauer auf der in ihrem Hälfteeigentum stehenden Liegenschaft nicht einverstanden. Sie war auch nicht anwesend, als ihr Gatte mit dem Antragsteller am 19.2.1986 den Vergleich abschloß. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der Antragsteller berechtigt sei, gegen die Antragsgegnerin bei Gericht gemäß § 835 ABGB den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zu dem von ihm beabsichtigten Bauvorhaben zu stellen. Da aber die beabsichtigten Baumaßnahmen nicht der Erhaltung oder der Benützung der Liegenschaft der Antragsgegnerin dienlich seien, lägen die Voraussetzungen für die Ersetzung der Zustimmung der Antragsgegnerin nicht vor, weshalb der Antrag abzuweisen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es verwies darauf, daß die §§ 833 ff ABGB die Rechtsbeziehungen der Miteigentümer untereinander regelten und insbesondere klarstellten, was im Falle der Nichteinigung der Miteigentümer bei Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache zu geschehen hat. Die Entscheidung des Richters im Außerstreitverfahren betreffe aber nur das Verhältnis der Miteigentümer untereinander und nicht die Rechtsstellung dessen, der mit einem der Miteigentümer eine Vereinbarung getroffen hat. Ein Dritter, der nicht Miteigentümer ist, könne somit einen Antrag nach § 835 ABGB nicht stellen. Der Antragsteller vertrete den Standpunkt, daß er auf Grund der Exekutionsbewilligung berechtigt sei, die Rechte des Ehegatten der Antragsgegnerin als Miteigentümer gemäß § 835 ABGB geltend zu machen. Selbst bei Bejahung dieser Auffassung könne er aber die Zustimmung der Antragsgegnerin keinesfalls in dem von ihm angestrebten Außerstreitverfahren erreichen. Nach seiner Behauptung habe der Ehegatte der Antragsgegnerin den Vergleich als deren Vertreter abgeschlossen. Er mache somit eine zwischen den Miteigentümern bestehende vertragliche Vereinbarung geltend, die den Ehegatten der Antragsgegnerin ermächtige, den Vergleich auch in ihrem Namen abzuschließen. Berufe sich ein Miteigentümer darauf, daß eine vertragliche Regelung zwischen den Miteigentümern besteht, so werde damit geltend gemacht, daß dadurch zwischen den Miteigentümern eine vertragliche Regelung bewirkt worden sei, die die Antragsgegnerin zu einer Zustimmung verpflichtete. Das Außerstreitverfahren sei aber unzulässig, wenn die rechtlichen Beziehungen zwischen den Miteigentümern durch Vereinbarung geregelt sind und die daraus entspringenden Leistungen in Anspruch genommen werden. Über die Frage, ob eine rechtswirksame Vereinbarung zwischen den Miteigentümern besteht, könne nur im Streitverfahren entschieden werden. Wenn nun selbst ein Miteigentümer auf Grund einer übernommenen vertraglichen Verpflichtung die Zustimmung des anderen Miteigentümers nur im Rechtsweg geltend machen kann, so müsse dies auch für den Antragsteller gelten, der in die Rechte des Miteigentümers eingetreten sein will.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, in welchem er die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sache an das Erst- oder Zweitgericht oder die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin beantragt, daß seinem Begehren stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Zunächst ist klarzustellen, daß es sich bei dem angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes trotz des Ausspruches, daß dem Rekurs nicht Folge gegeben werde, um keine bestätigende Entscheidung im Sinne des § 16 AußStrG handelte. Nach der inhaltlich maßgeblichen Erledigungsart der Vorinstanzen (vgl. 7 Ob 26/87) hat vielmehr das Erstgericht das Begehren der Antragstellerin auf Grund angenommener sachlicher Nichtberechtigung abgewiesen; hingegen hat das Rekursgericht die Auffassung vertreten, daß das Außerstreitverfahren für den geltend gemachten Anspruch unzulässig und damit in Wahheit eine verfahrensrechtliche Entscheiung getroffen (vgl. SZ 40/1; 1 Ob 723/82 ua).

Der Revisionsrekurswerber stellt sich auf den Standpunkt, daß er seine Legitimation unmittelbar aus der rechtskräftigen Exekutionsbewilligung ableite und sein Antrag berechtigt sei, weil es sonst der Verpflichtete in der Hand hätte, die Exekution auf Grund des vollstreckbaren Vergleiches zu vereiteln. Dieser Argumentation steht jedoch entgegen, daß der Exekutionstitel nur gegen den Verpflichteten, also den Ehegatten der Antragsgegnerin, lautet. Der Antragsteller hat den Vergleich nicht auch mit der Antragsgegnerin abgeschlossen und auch nicht erreicht, daß diese dem Vergleich beitrat. Über seine Behauptung, daß der Ehegatte der Antragsgegnerin den Vergleich als ihr Vertreter abgeschlossen habe, wird - wie unten dargestellt wird - in dem auf dem streitigen Rechtsweg fortzusetzenden Verfahren zu entscheiden sein; eine Klärung dieser Frage auf dem Umweg über die Regelung von Miteigentumsverhältnissen im außerstreitigen Verfahren zu erreichen, ist ihm verwehrt:

Unter Miteigentümern ist für die Abgrenzung zwischen außerstreitigem und streitigem Verfahren maßgebend, ob es um eine rechtsgestaltende Regelung der Benützung geht oder ob die Einhaltung einer getroffenen Vereinbarung begehrt wird (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 11; Klang2 III, 1116; JBl 1960, 608; 7 Ob 257/75 ua). Nur in ersterem Fall wäre das außerstreitige Verfahren zulässig; bei vertraglicher Regelung von gegenseitigen Ansprüchen ist zur Klärung der daraus resultierenden Verbindlichkeiten nur der streitige Rechtsweg zulässig. Dies muß umso mehr dann gelten, wenn ein außenstehender Dritter - wie der Antragsteller - mit der Behauptung, die Antragsgegnerin sei auf Grund erteilter Vertretungsmacht in den Vergleich mit dem Verpflichteten einbezogen, im Wege der Exekutionsführung diesem angeblich zustehende vertragliche Rechte gegen die Antragsgegnerin geltend macht. Hiebei handelt es sich keinesfalls um eine rechtsgestaltende Benützungsregelung zwischen Miteigentümern, sondern um die Beurteilung der Frage, ob der Ehegatte der Antragsgegnerin auf Grund der ihm erteilten Vollmacht auch von ihr die Einhaltung des Vergleiches verlangen könne. Dies zu erreichen, ist aber im außerstreitigen Verfahren nicht möglich; daher kann auch der Antragsteller als betreibender Gläubiger des Ehegatten der Antragsgegnerin kein solches Verfahren anstrengen.

Der im außerstreitigen Verfahren gestellte "Antrag" entspricht indessen, ausgenommen die fehlenden Angaben zur Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes (Bewertung des Anspruches, § 226 Abs 2 erster Satz ZPO), allen Anforderungen, die von der ZPO für eine mittels Schriftsatz eingebrachte Klage gestellt werden (§ 226 ZPO). Es liegt daher eine Klageschrift im Sinne der Anordnung des § 226 ZPO vor, wobei lediglich die Parteien falsch (Antragsteller statt Kläger bzw. Antragsgegnerin statt Beklagte) bezeichnet wurden und ein noch verbesserungsbedürftiger Mangel (Angabe des Streitwertes zur Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes) vorliegt. Jedenfalls seit der Neufassung des § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO durch das KSchG kann aber kein Zweifel mehr daran bestehen, daß die unrichtige Bezeichnung eines Schriftsatzes als Antrag im außerstreitigen Verfahren statt als Klage iS des § 226 ZPO und der Parteien als Antragsteller statt als Kläger und als Antragsgegner statt als Beklagte unerheblich ist. Es ist deshalb nicht der jetzt noch vorliegende Antrag nach § 833 f ABGB zurückzuweisen; vielmehr ist nach Aufhebung des über die Klageschrift ON 1 abgeführten außerstreitigen Verfahrens wegen Nichtigkeit vom Erstgericht das gesetzmäßige streitige Verfahren über diese Klage einzuleiten, zuerst jedoch die erforderliche Verbesserung (Angabe des Streitwertes, Anschluß der erforderlichen Gleichschriften zwecks neuerlicher Zustellung) zu veranlassen (vgl MietSlg 33.574 und die zu 33/19 hiezu ausführlich dargestellte Rechtslage).

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E17389

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00512.89.0406.000

Dokumentnummer

JJT_19890406_OGH0002_0080OB00512_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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