TE OGH 1989/4/12 3Ob42/89

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Veröffentlicht am 12.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 13. September 1988 verstorbenen, zuletzt in Geidorfplatz 2, 8010 Graz, wohnhaft gewesenen Fotografen Gerhard S***, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Johannes K***, Notariatskandidat, Herrengasse 13, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Alois Ruschitzger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Heidelinde S***, Gastwirtin, Gaberl 1, 8592 Salla, vertreten durch Dr. Gerhard Rene Schmid, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO (Streitwert S 318.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 12. September 1988, GZ 4 R 336/88-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 4. Juli 1987, GZ 10 C 19/86-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.745,-- (darin S 1.957,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren verpflichtete sich der Mann, der Frau unabhängig von ihrer Erwerbstätigkeit und ihrem Einkommen ab dem 1. Juni 1980 wertgesichert monatlich S 6.000,-- Unterhalt zu leisten. Auf Antrag der Frau wurde ihr auf Grund dieses gerichtlichen Vergleiches vom 20. April 1979 mit Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Mai 1986 die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Bezüge des Mannes als Geschäftsführer der S*** Lichtbild Gesellschaft mbH zur Hereinbringung des Unterhaltsrückstandes aus der Zeit vom 1. Jänner 1985 bis zum 31. Mai 1986 von S 102.000,-- und der ab dem 1. Juni 1986 fällig werdenden Unterhaltsbeträge von S 6.000,-- im Monat bewilligt.

Gegen diesen Anspruch machte der Mann mittels Klage die Einwendung geltend, der Unterhaltsanspruch der Frau ruhe zumindest seit dem 1. Jänner 1985 wegen ihrer Lebensgemeinschaft mit Horst D***.

Die Frau beantragte, das Oppositionsklagebegehren abzuweisen, weil eine Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Horst D*** sei nur ihr Freund und in ihrem Betrieb beschäftigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die Beklagte nach der Scheidung ihrer Ehe mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. April 1979 das Schutzhaus in Gaberl 1, 8592 Salla, gepachtet und in ihrem Gastgewerbebetrieb seit 1981 mit saisonbedingten Unterbrechungen Horst D*** jeweils von Juni bis November und von Jänner bis März eines jeden Jahres angestellt hat. Sie zahlt ihm ein Gehalt. Er lebt von seinen Bezügen und wohnt während der Zeit seiner Beschäftigung in einem Zimmer im Schutzhaus der Beklagten, wo er die Schank betreut, Gäste bedient, die Abrechnungen erstellt und die Buchhaltung besorgt. Jeder der vier Arbeitnehmer der Beklagten hat sein eigenes Zimmer zur Verfügung. Die gesamte Wäsche besorgt die Wäscherin; die Mahlzeiten für die Gäste, das Personal und die Beklagte bereitet der Koch zu. Horst D*** und die Beklagte sind befreundet; sie schlafen oft zusammen in einem Zimmer im Schutzhaus. Sie fahren nicht gemeinsam auf Urlaub und haben keine gemeinsame Kasse. Solange Horst D*** in der Zwischensaison bei der Gebietskrankenkasse nicht als beschäftigt gemeldet ist, bezieht er Arbeitslosengeld und wohnt an seinem ordentlichen Wohnsitz in Graz, Peinlichgasse 8. Die Beklagte hat ihren Hauptwohnsitz in Graz, Seidenhofstraße 127.

Das Erstgericht meinte, der klagende Mann habe eine Lebensgemeinschaft der Beklagten nicht bewiesen. Zur Annahme einer das Ruhen des Unterhaltsanspruches bewirkenden Lebensgemeinschaft reiche die geschlechtliche Beziehung der geschiedenen Frau nicht aus. Das Urteil des Berufungsgerichtes, das auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen eine Lebensgemeinschaft angenommen und daher über Berufung des klagenden Mannes in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils seinen Einwendungen gegen den betriebenen Unterhaltsanspruch stattgegeben hatte, hob der Oberste Gerichtshof mit dem Beschluß vom 27. Mai 1988, GZ 3 Ob 61/88-32, auf. Die Rechtssache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen und im wesentlichen die Rechtsansicht vertreten, es fehle an ausreichenden Feststellungen zur Annahme, daß sich die Beziehung zwischen der Beklagten und Horst D*** nicht in einem "intimen Verhältnis" erschöpfe, sondern nach außen als Bindung erscheine, die über die Geschlechtsbeziehung und das Beschäftigungsverhältnis hinaus auf eine eheähnliche Gemeinschaft schließen lasse.

Das Berufungsgericht bestätigte nun nach teilweiser Beweiswiederholung das abweisende Urteil des Erstgerichtes. Es stellte in Entsprechung der im Aufhebungsbeschluß erteilten Aufträge noch fest:

Horst D*** arbeitet im Betrieb der Beklagten als Kellner und Servierer. Die Beklagte sperrt das Gaberl-Schutzhaus um 7,00 Uhr am Morgen auf. Schon ab 6,00 Uhr bereitet sie den Gastbetrieb in der Schutzhütte vor. Horst D*** kommt erst in den Nachmittagsstunden, bleibt aber dann bis in die Nachtstunden, wenn um 1,00 Uhr der Betrieb geschlossen wird. Er bezieht tatsächlich die der Krankenkasse gemeldeten Bezüge und hält sich außerhalb der Saisonzeiten nicht im Schutzhaus, sondern in seiner Wohnung in Graz oder bei seiner Schwester in Hartberg auf. Außerhalb der Betriebszeiten des Schutzhauses kommt es gelegentlich zu persönlichen Kontakten zwischen der Beklagten und Horst D***. Sie haben aber keine Pläne für eine gemeinsame Zukunft und machen einander keine Geschenke, die über das Übliche hinausgehen. Die Beklagte ist einmal in der Woche vom Gaberl-Schutzhaus abwesend, um Einkäufe zu besorgen. Horst D*** hat alle Vollmachten zur Führung des Schutzhauses in Abwesenheit der Beklagten.

Den nun verbreiterten Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht rechtlich unter Hinweis auf die überbundene Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes dahin, daß die bloße Geschlechtsgemeinschaft der Beklagten mit Horst D*** auf ihren Unterhaltsanspruch keinen Einfluß habe und eine Lebensgemeinschaft, für deren Dauer der monatliche Anspruch erloschen wäre, nicht bestanden habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die klagende Partei mit der nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revision, die auf Stattgebung des Klagebegehrens und hilfsweise auf Aufhebung der Entscheidungen abzielt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Vorwurf der unrichtigen rechtlichen Beurteilung versagt, weil auch der Oberste Gerichtshof an die in seinem Aufhebungsbeschluß geäußerte Rechtsansicht gebunden bleibt und die zur abschließenden rechtlichen Beurteilung ausreichenden ergänzenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichtes keine Grundlage für die Annahme einer eheähnlichen Beziehung der geschiedenen Frau, der mit Vergleich ein Unterhaltsanspruch eingeräumt wurde, mit dem bei ihr beschäftigten Horst D*** bilden. Neben einer Geschlechtsgemeinschaft gehört zum typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Wenn auch eine Lebensgemeinschaft nicht immer notwendig alle diese Merkmale aufweisen muß (Heller-Berger-Stix 382; EFSlg 38.825; EFSlg 43.742 ua), so tritt doch ein Erlöschen des jeweiligen Unterhaltsanspruches nicht ein, wenn es sich im wesentlichen nur um eine Geschlechtsbeziehung handelt.

Es handelt sich auch hier um nicht mehr als um eine intime Beziehung der Beklagten mit dem bei ihr als Kellner und Servierer gegen angemessene Entlohnung angestellten Horst D***, die durch die durch das Arbeitsverhältnis bedingte Nähe den Anschein einer eheähnlichen Gemeinschaft erwecken mag, aber nach den im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachenfeststellungen keine Elemente der Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft enthält. Daß Horst D*** alle Vollmachten hat, ihren Betrieb in Abwesenheit der Beklagten zu führen, daß er das Betriebsfahrzeug benützt und alle anfallenden Arbeiten verrichtet, geht über den Bereich des Arbeitsverhältnisses nicht hinaus. Gelegentliche Treffen in der Zeit der Nichtbeschäftigung sind noch nicht mehr als ein Teil der Liebesbeziehung, die auch während des Wohnens in getrennten Zimmern der Schutzhütte besteht. Steht aber fest, daß die Beklagte den Lohn des Horst D*** tatsächlich zur Auszahlung bringt, er davon lebt und eine eigene Wohnung unterhält, und daß andererseits die Wäsche und die Verköstigung für die Beklagte und ihre Dienstnehmer im Rahmen des Hüttenbetriebes von Wäscherin und Koch besorgt wird, so fehlen wesentliche Elemente der Lebensgemeinschaft, die nicht schon dann besteht, wenn zwischen Arbeitsgeberin und Arbeitsnehmer bei freier Wohnung im Haus eine "intime Beziehung" aufrecht gehalten wird.

Das Bestehen einer den betriebenen Unterhaltsanspruch beeinflussenden Lebensgemeinschaft hätte der klagende Verpflichtete beweisen müssen. Auch nach Offenlegung der zwischenmenschlichen Beziehung, die hier zu fordern war (3 Ob 61/88), ist dieser Nachweis nicht erbracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E17291

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00042.89.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19890412_OGH0002_0030OB00042_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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