TE OGH 1989/4/18 4Ob30/89

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Veröffentlicht am 18.04.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***, Gebrüder H*** Gesellschaft mbH & Co KG, Hürm, Hainberg Nr. 28, vertreten durch DDr. Walter Barfuß und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei K*** T*** Gesellschaft mbH, Kematen/Krems, Bahnhofstraße 2, vertreten durch Dr. Otto Ortner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 490.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. Dezember 1988, GZ 4 R 325/88-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 12. September 1988, GZ 3 Cg 355/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.317,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.886,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erzeugt und vertreibt Türen, Türenelemente, Wandpaneele, Bauelemente udgl., die sie unter dem Firmenschlagwort "H***" ankündigt. Die Bezeichnung "H***" ist auch - mit der Priorität vom 16.Februar 1984 - für die Klägerin als Marke für Türen, Türblätter, Türfüllungen, Füllplatten, Türrahmen u.a. geschützt.

Auch die Beklagte erzeugt und vertreibt Türen und Türstöcke samt Zubehör. Während sie diese bis vor kurzem ausschließlich unter ihrem Firmenschlagwort "K***" auf den Markt gebracht hat, verwendet sie in letzter Zeit das Schlagwort "W***" für Produkte, die wegen ihrer Preisgünstigkeit vor allem für Ersteinrichter gedacht sind. Das Programm umfaßt "W***-H*** Stiltüren", "W***-H*** glatte Fertigtüren", "W***-H*** Fertigfutterstöcke" und "W***-H*** Zubehör + Zusatzarbeiten". Die Beklagte verwendet für dieses Programm den Slogan: "Die Türenhits für Ersteinrichter von WH W***".

Demgegenüber lautet der Slogan der Klägerin für ihre Produkte:

"H*** hat die Tür im Griff".

Mit der Behauptung, daß die Bezeichnungen "H***" und "W***" in hohem Maße verwechselbar ähnlich seien, begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Türen, Türblättern, Türrahmen und Zubehör die Bezeichnung "W***" zu gebrauchen, insbesondere Türen, Türblätter, Türrahmen und Zubehör wie Drücker, Schlösser und Bänder unter dieser Bezeichnung oder einer anderen dem Zeichen "H***" der Klägerin verwechselbar ähnlichen Bezeichnung anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen. Außerdem stellt die Klägerin ein Rechnungslegungs- und ein Veröffentlichungsbegehren. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens, weil eine Verwechslung der beiden Kennzeichen nicht zu befürchten sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Wort "Holz" könne als schwacher Zeichenbestandteil keine Verwechslungsgefahr hervorrufen. Die Bezeichnung der Beklagten weise im Gegensatz zu jener der Klägerin einen Sinngehalt auf, der auch ohne vorherigen Denkvorgang sofort erfaßt werde und als solcher im Gedächtnis bleibe. Die allenfalls vordergründig auf Grund des Wortklanges der Unternehmenszeichen "H***" und "W***" gegebene Verwechselbarkeit werde durch den letztlich entscheidenden unbefangenen Gesamteindruck eines Durchschnittsbetrachters korrigiert, zumal sich neben der deutlichen rein bildlichen Unterschiedlichkeit das Unterscheidungsmerkmal "W***" so deutlich von der Buchstabenfolge "HER" abhebe, daß eine Verwechslung der beiden Zeichen auszuschließen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin hält auch in dritter Instanz daran fest, daß das beanstandete Kennzeichen "W***" ihrem Zeichen "H***" bei der gebotenen Prüfung nach dem Gesamteindruck eines flüchtigen Betrachters im Wortklang und im Wortbild verwechselbar ähnlich sei. Das Zeichen "W***" weise auch keinen Sinngehalt auf, der vom flüchtigen Betrachter sofort erfaßt werde, wäre es doch sonst nicht als reine Wortmarke eingetragen worden; die nach dem Wortklang und dem Wortbild bestehende Verwechselbarkeit könnte im übrigen auch durch einen solchen Sinngehalt nicht ausgeschlossen werden. Die völlige Vernachlässigung der zweiten Silbe "H***" widerspreche dem Grundsatz der Prüfung nach dem Gesamteindruck.

Diese Ausführungen sind nicht stichhältig:

Die Vorinstanzen haben im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung dargelegt, daß die Verwechslungsgefahr bei Wortbezeichnungen dann besteht, wenn diese entweder im Wortklang oder im Wortbild oder im Wortsinn einander so nahekommen, daß Verwechslungen im Verkehr entstehen können; dabei kommt es auf den Gesamteindruck an, der das Erinnerungsbild des Abnehmers bestimmt (ÖBl 1979, 136; ÖBl 1986, 92; MuR 1988, 59 u.v.a.). Auch ist zu berücksichtigen, daß die Zeichenadressaten die beiden Bezeichnungen fast niemals gleichzeitig wahrnehmen, sondern nur mehr oder weniger verschwommene Erinnerungsbilder mit den konkret wahrgenommenen Bezeichnungen vergleichen können (ÖBl 1979, 156; ÖBl 1986, 92; MuR 1988, 59 u.v.a.). Schutzunfähige oder "schwache" Bestandteile tragen in der Regel - wenn überhaupt - zum Gesamteindruck eines Zeichens nur wenig bei (ÖBl 1982, 76; ÖBl 1986, 72 u.a.); auch solche Zeichenbestandteile können aber im Einzelfall, wenn auch nicht allein, so doch in Verbindung mit anderen Elementen, den Gesamteindruck des Zeichens als Ganzes beeinflussen und sogar bestimmen. Es dürfen deshalb nicht einzelne Zeichenbestandteile isoliert betrachtet und dem Ähnlichkeitsvergleich nur die nicht übereinstimmenden Zeichenteile zugrunde gelegt werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluß auf den Gesamteindruck des Zeichens dessen einzelnen Teilen zukommt (SZ 47/103; ÖBl 1986, 72 und 92 u.v.a.). Trotzdem liegt das charakteristische Merkmal eines Zeichens regelmäßig nicht in einem schutzunfähigen oder "schwachen" Bestandteil; vielmehr wird in solchen Fällen die Aufmerksamkeit des Käufers zwangsläufig auf die übrigen Zeichenelemente gelenkt. Bei schutzunfähigen oder "schwachen" Teilen reichen daher meist schon relativ geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen aus, um die Gefahr von Verwechslungen zu beseitigen (SZ 47/103; ÖBl 1986, 72 und 92 u. v.a.).

Den Vorinstanzen kann aber nicht mit Grund vorgeworfen werden, sie hätten das Wort "H***" - welches im Hinblick auf das allgemeine Freihaltebedürfnis zweifellos für sich allein schutzunfähig wäre - beim Ähnlichkeitsvergleich außer Betracht gelassen. Auch beim Vergleich beider Kennzeichen in ihrer Gesamtheit ist die Gefahr einer Verwechslung nicht zu erkennen. Wie bereits Schönherr (zu ÖBl 1976, 76) zutreffend ausgeführt hat, muß die Verwechslungsgefahr keinesfalls immer dann bejaht werden, wenn sie nur in bezug auf das Wortbild, den Wortklang oder den Wortsinn besteht; vielmehr hat sich immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt, daß der abweichende Begriffsinhalt trotz (etwa) klanglicher Ähnlichkeit die Verwechselbarkeit ausschließen kann (vgl. ÖBl 1980, 157; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1986, 92; PBl. 1976, 163 u.a.). Das gilt nicht nur, wenn jedes der beiden Zeichen einen bestimmten, vom anderen abweichenden Begriffsinhalt hat, sondern auch dann, wenn nur das eine Zeichen einen solchen Begriffsinhalt vermittelt, das andere aber eine - für den Außenstehenden unverständliche - Phantasiebezeichnung ist (vgl. ÖBl 1980, 157). Gerade ein solcher Fall liegt aber hier vor:

Das - offenbar von dem Zunamen "H***" abgeleitete - Zeichen der Klägerin "H***" ist eine reine Phantasiebezeichnung, mit der kein bestimmter Inhalt verbunden werden kann; das beanstandete Zeichen "W***" hingegen vermittelt, auch wenn es in dieser Zusammensetzung nicht allgemein gebräuchlich ist, jedenfalls die Vorstellung eines "wertvollen Holzes". Damit hebt sich aber diese Bezeichnung deutlich von der - im gegebenen Zusammenhang inhaltsleeren - Buchstabenfolge "HER" ab, so daß die Gefahr einer Verwechslung der beiden Zeichen ausgeschlososen ist. Aus der Entscheidung 4 Ob 38/88, nach der die Bezeichnungen "D***" und "L***" verwechselbar ähnlich sind, ist für die Klägerin nichts zu gewinnen, fehlt doch dort den jeweils ersten Silben ein allgemein erkennbarer, die beiden Wörter unterscheidender Sinngehalt.

Mit Recht haben daher die Vorinstanzen mangels Verwechslungsgefahr einen Kennzeichenmißbrauch im Sinne des § 9 UWG verneint. Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt, weil rechtlich unerheblich, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Revision mußte mithin erfolglos bleiben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E17917

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00030.89.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19890418_OGH0002_0040OB00030_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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