TE OGH 1989/5/11 8Ob678/88 (8Ob679/88)

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Veröffentlicht am 11.05.1989
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache betreffend Johann E***, geboren am 29. Juli 1945, vertreten durch den Sachwalter Helmut K***, ÖBB-Beamter, 5723 Uttendorf Nr. 245, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen und seiner Mutter Maria E***, 5723 Uttendorf, Quettensberg 7, beide vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 22. September 1988, GZ 22 a R 77, 78/88-77, womit der Rekurs des Betroffenen gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Mittersill vom 28. Juli 1988, und 4. August 1988, GZ SW 38/84-72 und -74, zurückgewiesen und diese Beschlüsse infolge Rekurses der Mutter des Betroffenen bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Johann E***, geboren am 29. Juli 1945, wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Mittersill vom 5. April 1973, GZ L 3/73-2, wegen Geistesschwäche voll entmündigt. Zum Kurator für ihn wurde Helmut K***, ÖBB-Beamter, 5723 Uttendorf Nr. 245, bestellt. Gemäß Art X Z 3 Abs 1 des Sachwalterschaftsgesetzes, BGBl. 1983/136, steht daher Johann E*** einer Person gleich, der ein Sachwalter nach § 273 Abs 3 Z 3 ABGB (zur Besorgung aller Angelegenheiten) bestellt wurde. Der seinerzeit bestellte Kurator ist nunmehr Sachwalter. Zugunsten des Johann E*** ist ob der Liegenschaft

EZ 4 KG Uttendorf die Reallast des Ausgedinges gemäß Punkt II. des Erbübereinkommens vom 17. August 1973 (ON 17) einverleibt (COZ 63). Mit den Ausgedingsleistungen (Wohnungsrecht an der Dachbodenkammer, Verpflegung, Beheizung, Krankenversorgung, Todfallskosten) wurde ein dem Johann E*** ausgesetztes Barlegat von S 25.000,- abgegolten. Infolge von Auseinandersetzungen über die Erbringung des Ausgedinges wurde seitens des Johann E***, vertreten durch seinen Sachwalter, zu C 24/76 des Bezirksgerichtes Mittersill die Klage auf Umwandlung von bestimmten Ausgedingsleistungen in Geld eingebracht. Die hiefür erteilte pflegschaftsgerichtliche Genehmigung wurde jedoch mit Beschluß vom 17. November 1986 entzogen, weil es sich bei dem Prozeß um eine verwickelte Familienstreitigkeit zwischen Franz E***, dem mit dem Ausgedinge belasteten, und seiner Mutter Maria E*** handle, so daß der Prozeß auf eine reine Beweiswürdigung hinauslaufe und demnach für den Kuranden ein zu großes Kostenrisiko darstelle (ON 37). Der Prozeß selbst endete mit einem Vergleich, in dem unter anderem festgelegt wurde, daß die Ausgedingsleistung gegenüber Johann E*** so lange ruhe, als dieser nicht im Haus des Franz E*** wohne. Auf einen Gegenwert der Ausgedingsleistung in Geld wurde für diesen Fall verzichtet. Dieser Vergleich wurde pflegschaftsbehördlich genehmigt (C 24/76-13).

Mit dem erstgerichtlichen Beschluß ON 72 wurden die Anträge der Mutter des Betroffenen,

1.) den Sachwalter Helmut K*** seines Amtes zu entheben und einen anderen Sachwalter zu bestellen, gegebenenfalls die Antragstellerin als Sachwalterin zu betrauen;

2.) dem neu zu bestellenden Sachwalter sachwalterbehördlich den Auftrag zu erteilen, die zur zweckentsprechenden Geltendmachung der Ansprüche des Betroffenen gegenüber Franz E*** aus dem Ausgedinge vom 17. August 1973 erforderlichen, rechtlichen Schritte zu unternehmen;

3.) in eventu dem neu zu bestellenden Sachwalter aufzutragen, alle zur Geltendmachung von Schadenersatzforderungen gegenüber dem bisherigen Sachwalter Helmut K*** im Zusammenhang mit dem Abschluß des Vergleiches vom 25. Jänner 1977 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen rechtlichen Maßnahmen zu unternehmen;

4.) auf Zustellung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung an den Betroffenen zuhanden von Rechtsanwalt Dr. Gerhard M*** als Rechtsvertreter der Mutter Maria E***, falls der Vergleich des Bezirksgerichtes Mittersill vom 25. Jänner 1977, C 24/76, tatsächlich pflegschaftsbehördlich genehmigt worden sein sollte, mangels Antragslegitimation der Mutter des Betroffenen zurückgewiesen.

Von der mangelnden Antragslegitimation der Mutter des Betroffenen abgesehen, seien für eine (amtswegige) Enthebung des Sachwalters Helmut K*** nach der Aktenlage keine Gründe gegeben. Der Betroffene selbst habe Dr. M*** keine Vollmacht für seine Vertretung erteilt, weil er dazu aufgrund seines geistigen Zustandes auch gar nicht in der Lage sei.

Der Betroffene sei nämlich nicht fähig, verständliche Äußerungen abzugeben.

Schließlich wies das Erstgericht mit Beschluß ON 74 den Antrag des Betroffenen und dessen Mutter Maria E*** vm 28. Juli 1988 (ON 73), es wolle der bisherige Sachwalter Helmut K*** seines Amtes enthoben und die Mutter des Betroffenen, Maria E***, zum neuen Sachwalter bestellt werden, zurück; hinsichtlich der fehlenden Antragslegitimation der Mutter Maria E*** wurde auf den Beschluß ON 72, verwiesen. Der Betroffene selbst sei nicht in der Lage, eine Vollmacht für seine Vertretung zu erteilen, so daß seine wirksame Vertretung durch Rechtsanwalt Dr. Mwo* nicht vorliege und der Antrag daher auch in Ansehung des Betroffenen zurückzuweisen sei. Gegen diese Beschlüsse richteten sich die Rekurse des Rechtsanwalts Dr. M*** namens des Betroffenen seiner Mutter Maria E***, mit den primären Anträgen, die angefochtenen Beschlüsse derart abzuändern, daß den gestellten Anträgen stattgegeben werde. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Mutter Maria E*** keine Folge und wies den Rekurs des Betroffenen zurück. Ein wirksames Rechtsmittel des Betroffenen liege nicht vor, weil dieser infolge des festgestellten Geisteszustandes nicht fähig sei, eine Vollmacht zu erteilen.

Zutreffend habe das Erstgericht die Antragslegitimation der Mutter des Betroffenen verneint, weil sie sich zu Unrecht als Vertreter des Betroffenen Johann E*** geriert habe. Zur Vertretung des Betroffenen sei aber nur der bestellte Sachwalter berechtigt. Im übrigen stünde der Mutter des Betroffenen gegen die Zurückweisung ihrer Anträge ein Rekursrecht nicht zu, weil § 249 Abs 2 AußStrG in Verbindung mit § 251 AußStrG das Rechtsmittel des Rekurses im Sachwalterschaftsverfahren nur dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter einräume.

Gegen diese Entscheidung zweiter Instanz richtet sich der von Rechtsanwalt Dr. M*** namens des Betroffenen und seiner Mutter Maria E*** verfaßte Revisionsrekurs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß ihren Anträgen ON 66 und 73 vollinhaltlich stattgegeben und demgemäß der bisherige Sachwalter Helmut K*** seines Amtes enthoben und an dessen Stelle die Mutter des Betroffenen, Maria E***, zum Sachwalter bestellt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind unzulässig.

a) Zum namens des Betroffenen erhobenen Revisionsrekurs:

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausführten, ist auch seit der Geltung des Sachwaltergesetzes Voraussetzung für die Erteilung einer gültigen Vollmacht durch den vom Sachwalterschaftsverfahren Betroffenen an einen selbstgewählten Vertreter, daß der Betroffene bei der Vollmachtserteilung fähig ist, dem Zweck der dem Rechtsvertreter erteilten Vollmachten zu erkennen. Bei offenkundiger Unfähigkeit, dies zu erkennen, ist die Bevollmächtigung unwirksam (Gamerith NZ 1988, 69 mwN; 8 Ob 550/87 ua). Da aber nach den erstgerichtlichen Feststellungen dem Betroffenen gerade diese Fähigkeit gänzlich mangelt, liegt kein gültiges Vollmachtsverhältnis zwischen ihm und dem in seinem Namen einschreitenden Rechtsanwalt vor.

Der namens des Betroffenen erhobene Revisionsrekurs war daher mangels Vertretungsmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes zurückzuweisen.

b) Zum Revisionsrekurs der Mutter des Betroffenen:

Das Rekursgericht gebrauchte in dem den Rekurs der Mutter des Betroffenen erledigenden Spruch eine Wendung, die der meritorischen Erledigung entspricht, begründete aber diese Entscheidung sowohl damit, das Erstgericht habe die Antragslegitimation der Mutter des Betroffenen zutreffend verneint (insoweit im Einklang mit der Formulierung des Spruches), als auch damit, daß der Mutter des Betroffenen wegen der in § 249 Abs 2 AußStrG vorgenommenen Umschreibung des Personenkreises, dem im Sachwalterbestellungsverfahren ein Rechtsmittelrecht zukomme, das Rekursrecht überhaupt nicht zustünde.

Da jedoch Gegenstand des Verfahrens in den Vorinstanzen nicht die Bestellung einer bestimmten Person zum Sachwalter war, sondern ausschließlich die prozessuale Frage, ob die Mutter des Betroffenen zur Stellung eines entsprechenden Antrages berechtigt ist, entschied das Gericht zweiter Instanz zutreffend über diese prozessuale Frage durch Bestätigung des auf Zurückweisung des Antrages der Mutter des Betroffenen lautenden erstgerichtlichen Beschlusses; es stand nicht die Frage zur Entscheidung, ob ihr Antrag sachlich berechtigt ist. Es liegen also konforme Entscheidungen der Vorinstanzen auf verfahrensrechtlichem Gebiet vor. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist aber auch in Sachwalterschaftsangelegenheiten dagegen nur aus den in § 16 AußStrG genannten Gründen zulässig (Gamerith NZ 1988, 70 mwN, insbesondere 8 Ob 550/87). Im Revisionsrekurs wird als Rechtsmittelgrund ausdrücklich offenbare Gesetzwidrigkeit geltend gemacht. Offenbar gesetzwidrig kann aber nur die materiellrechtliche Unrichtigkeit einer Entscheidung sein (SZ 23/10; EvBl 1967/274; RZ 1977/124 uva, so etwa jüngst 6 Ob 12/88). Die Frage der selbständigen Antragsberechtigung eines nahen Angehörigen des von der Sachwalterbestellung Betroffenen ist eine solche des Verfahrensrechts, so daß ihre unrichtige Beantwortung mit Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG nur aus dem Rechtsmittelgrund der Nichtigkeit bekämpft werden kann. Da aber die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittelgrundes dem Rechtsmittelwerber nicht schadet, ist zu prüfen, ob durch die im Revisionsrekurs weiterhin aufrecht erhaltene Rechtsmeinung, der Mutter des Betroffenen komme ein selbständige Antragsrecht und damit Parteistellung im Sachwalterbestellungsverfahren zu, zutreffend eine den Vorinstanzen durch Zurückweisung der Anträge der Mutter als Betroffenen unterlaufene Nichtigkeit geltend gemacht wird.

In den §§ 236 ff AußStrG, die das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters regeln wozu auch die Auswahl der Person desselben gehört (NZ 1986, 131) ist nur ein Antragsrecht des Betroffenen selbst, nicht aber dritter Personen - also auch nicht der in § 281 ABGB primär als Sachwalter in Betracht kommenden nahestehenden Personen - vorgesehen. Durch die materiellrechtliche Bestimmung des § 281 ABGB wird aber nach der der Absicht des Gesetzgebers (1420 BlgNR 15.GP, 2) und der Lehre (Ent-Hopf, Sachwalterrecht 84; Maurer, Sachwalterrecht in der Praxis 109) folgenden Rechtsprechung (NZ 1986, 131; 7 Ob 725/87) kein subjektives Recht solcher nahestehenden Personen auf Bestellung zum Sachwalter begründet.

§ 249 Abs 2 AußStrG sieht auch kein Rechtsmittelrecht solcher Personen im Sachwalterbestellungsverfahren vor. Aus all dem folgt, daß der Mutter des Betroffenen mangels eigenen Antragsrechtes keine Parteistellung (Kremzow, Österr. Sachwalterrecht 85) zukommt. Sie hat daher auch keinen Anspruch auf Entscheidung über ihre Anträge (NZ 1986, 131; Maurer, Sachwalterrecht 110). Vielmehr ist sie lediglich berechtigt, Anregungen an das Pflegschaftsgericht zu richten, die dieses im Rahmen seines amtswegigen Verfahrens sachgerecht zu berücksichtigen hat.

Die Rekurswerberin vermochte daher in der Rüge der Vorgangsweise der Vorinstanzen keine Nichtigkeit aufzuzeigen.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E17813

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00678.88.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19890511_OGH0002_0080OB00678_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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