TE OGH 1989/5/17 14Os56/89

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Veröffentlicht am 17.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Mai 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lässig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas P*** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. September 1988, GZ 12 f Vr 4.658/88-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und eines Verteidigers zu Recht erkannt:

Spruch

Die Begründung des freisprechenden Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7.September 1988, GZ 12 f Vr 4.658/88-14, wonach die Beförderung von Werbedruckschriften als Massensendungen ohne Anschrift durch die Post nicht in Vollziehung der Gesetze geschehe, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 302 Abs. 1 StGB.

Text

Gründe:

Mit dem oben bezeichneten (rechtskräftigen) Urteil wurde der am 24. Mai 1968 geborene Student Thomas P*** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 5.August 1987 in Klosterneuburg als Beamter, nämlich als Zusteller des Postamtes Klosterneuburg, mit dem Vorsatz, Absender und Empfänger von Postsendungen an ihrem konkreten Recht auf bestimmungsgemäße Beförderung und Auslieferung von Sendungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er 100 Werbeprospekte der Trachtenboutique "M***" nicht weiterleitete und hiedurch das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dies mit der Begründung, daß die Post "beim Austragen von Massensendungen, die an einen Haushalt, somit nicht an bestimmte Personen, adressiert sind, praktisch genauso agiert, wie (wenn) irgendwelche Firmen Zettelverteiler engagieren", sodaß "dieser Bereich sicherlich nicht der Hoheitsverwaltung, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen ist", demgemäß es aber am objektiven Tatbestand (des Mißbrauchs der Amtsgewalt) mangle.

Rechtliche Beurteilung

Diese Begründung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die Tätigkeit der Post ist grundsätzlich, und zwar hinsichtlich aller das Post-, Telegraphen- und Fernschreibwesen betreffenden Tätigkeiten der Hoheitsverwaltung zuzuordnen. Dies gilt auch für die Beförderung von Massensendungen ohne Anschrift (§ 17 Abs. 5 Z 3 der Anlage 1 zum PostG) durch einen Zusteller der Post, der dabei mit Aufgaben der Bundesverwaltung betraut ist (Art 10 Abs. 1 Z 9 B-VG;

§§ 1, 5 ff PostG) und daher als Beamter im Sinne des § 74 Z 4 StGB tätig wird (EvBl 1987/152; EvBl 1973/169 = RZ 1973/99 ua;

Leukauf-Steininger Komm2 § 302 RN 18, 33 m; Foregger-Serini StGB4 Erl VI zu § 302). Daß Werbematerial der gegenständlichen Art vom Beförderungsvorbehalt der Post ausgenommen ist (§§ 9, 10 PostG) ändert daran nichts, weil davon nur die Postpflicht des Absenders (§ 11 PostG), nicht aber die Beförderungspflicht der Post (§ 6 PostG) berührt wird, die also bei tatsächlicher Inanspruchnahme ihrer Einrichtungen - von hier nicht aktuellen Ausnahmen abgesehen - die ihr durch Gesetz übertragenen Beförderungsleistungen zu erbringen hat.

Die vom Generalprokurator aufgezeigte Gesetzesverletzung wirkte sich allerdings zum Vorteil des Thomas P*** aus, sodaß es mit deren Feststellung sein Bewenden hat.

Anmerkung

E17175

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00056.89.0517.000

Dokumentnummer

JJT_19890517_OGH0002_0140OS00056_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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