TE OGH 1989/5/30 11Os37/89

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Veröffentlicht am 30.05.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Mai 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Ofner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz und Johann B*** wegen des Finanzvergehens nach dem § 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11.November 1988, GZ 24 Vr 1.988/88-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Orgler und des Verteidigers Dr. Nuener, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten wird verworfen. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird in dem die beiden Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben, und es wird gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung unter gleichzeitiger Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten werden für das ihnen nach dem unberührt gebliebenen Teil des erstgerichtlichen Urteilsspruches zur Last liegende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b FinStrG nach dem § 33 Abs 5 FinStrG unter Bedachtnahme auf den § 21 FinStrG wie folgt verurteilt:

Franz B*** zu einer Geldstrafe von 12 (zwölf) Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten, und Johann B*** zu einer Geldstrafe von 6 (sechs) Millionen Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 (vier) Monaten. Gemäß dem § 26 Abs 1 FinStrG nF iVm dem § 43 a StGB und gemäß dem Art. IX Abs 1 JGG 1988 wird bei beiden Angeklagten jeweils ein Teil der Geldstrafe im Ausmaß von zwei Dritteln (somit bei Franz B*** im Betrag von acht Millionen Schilling und bei Johann B*** im Betrag von vier Millionen Schilling) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 10.Februar 1924 geborene Holzkaufmann Franz B*** und der am 12.Juni 1948 geborene Holzkaufmann Johann B*** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 1, Abs 2 lit a und b FinStrG schuldig erkannt und jeweils unter bedingter Nachsicht eines Teiles der Sanktionen zu Geldstrafen verurteilt. Inhaltlich des Schuldspruches liegt den Angeklagten zur Last, in Fügen im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter I./ in den Jahren 1974 bis 1984 fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung von abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Umsatz-, Einkommen-, Gewerbe- und Vermögenssteuer im Gesamtbetrag von 28,536.574 S hinsichtlich Franz B*** bzw. 20,939.369 S hinsichtlich Johann B*** bewirkt zu haben, indem sie im Rahmen der Einzelfirma Franz B***, der Firma B*** Holz KG und ihrer eigenen Angelegenheiten nicht sämtliche Geschäftsvorfälle sowie Vermögens- und Einkommensteile in den steuerlichen Aufschreibungen erfaßten und darauf beruhende unrichtige Steuererklärungen einbrachten; II./ in der Zeit vom 11.März 1985 bis zum 10.Februar 1986 fortgesetzt vorsätzlich im Rahmen der Einzelfirma Franz B*** und der Firma B*** Holz KG unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen dadurch, daß sie für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1985 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen einbrachten, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von 965.404 S bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben; III./ in der Zeit vom 10.Februar 1974 bis 10.April 1986 fortgesetzt vorsätzlich im Rahmen der Einzelfirma Franz B*** und der B*** Holz KG unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen im Gesamtbetrag von 9,092.184 S hinsichtlich Franz B*** bzw. 8,519.064 S hinsichtlich Johann B*** bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten zu haben. Das Urteil wird von den beiden Angeklagten und der Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten:

Die Beschwerdeführer stützen ihr gemeinsam erstattetes Vorbringen ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO.

Mit den formell als Mängelrüge erhobenen Einwänden wird der Sache nach bloß jener Teil des Schuldspruches des Angeklagten Johann B*** angefochten, der sich auf die Verkürzung von Abgaben für die Jahre 1974 bis 1980 bezieht. Die Beschwerdeführer bemängeln den in Rechtsausführungen des erstinstanzlichen Urteils enthaltenen Ausspruch, daß der Angeklagte Johann B*** im betreffenden Zeitraum als Angestellter zumindest durch Führung der "Schwarzgeldstatistiken" zu den Abgabenhinterziehungen in ihrem vollen Umfang einen Beitrag leistete. Da hiebei in der Nichtigkeitsbeschwerde die Richtigkeit des vom Erstgericht hervorgehobenen Tatsachensubstrats unterstellt, jedoch ungeachtet dessen unter Bezugnahme auf verschiedene Verfahrensergebnisse die strafrechtliche Alleinverantwortung des Franz B*** für die bezüglichen Abgabenhinterziehungen behauptet wird, liegt in Wahrheit eine Rechtsrüge (Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO) vor, die allerdings nicht zielführend ist.

Als Beitrag zur Ausführung einer Abgabenhinterziehung und damit als Tatbegehung gemäß dem § 11, dritter Fall, FinStrG kommt - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - jede Unterstützung des unmittelbaren Täters in Betracht, welche die Tat fördert und bis zu ihrer Vollendung wirksam bleibt, ohne daß diese Hilfe unerläßlich gewesen sein muß. Es ist dabei auch nicht erforderlich, daß den Beitragstäter selbst die verletzte abgabenrechtliche Verpflichtung trifft (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, E 6 a zu § 11). Demgemäß bezeichnen die von den Beschwerdeführern betonten Umstände, daß Johann B*** bei Erstellung der die Hinterziehung unterstützenden Aufzeichnungen einem Auftrag des Betriebsinhabers Franz B*** nachkam und als Angestellter ohne eigenen Wirkungsbereich an der Unternehmensführung unbeteiligt war, insgesamt keine entscheidenden Tatsachen, weil das festgestellte Verhalten durch diese Modalitäten den Charakter eines objektiven und subjektiven Beitrags zur Abgabenhinterziehung nicht verliert. Aus dieser Sicht kann es auch dahinstehen, ob und in welchem Umfang der Angeklagte Johann B*** noch darüber hinaus mit Geldmanipulationen befaßt war, weshalb auf die diesbezüglichen Bestreitungen in der Beschwerde nicht weiter eingegangen werden muß.

Die unangefochtene Konstatierung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte Johann B*** durch Herstellung schriftlicher Unterlagen dem Abgabenpflichtigen Franz B*** bei den in Rede stehenden Abgabenverkürzungen behilflich war, bietet dem Beschwerdestandpunkt zuwider ausreichende Grundlage für die gerügte rechtliche Annahme einer Beitragstäterschaft (§ 11, dritter Fall, FinStrG). Soweit im Gegensatz zu dieser in den Entscheidungsgründen enthaltenen Beurteilung der gesamte Schuldspruch des Angeklagten Johann B*** wegen Mittäterschaft (§ 11, erster Fall, FinStrG) an der Abgabenhinterziehung erging, liegt mit Rücksicht auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 11 FinStrG kein zum Nachteil des Verurteilten ausschlaggebender Fehler vor (SSt. 51/32 ua).

Den zum Nichtigkeitsgrund nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erstatteten, zu Unrecht von einem Anwendungsfall des § 19 Abs 3 StGB ausgehenden Beschwerdedarlegungen der Angeklagten ist einzuräumen, daß das Erstgericht durch die (versehentliche S 131 dA) Unterlassung der zwingend vorgeschriebenen Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen für die verhängten Geldstrafen tatsächlich seine Befugnis überschritt, jedoch kann sich das Unterbleiben eines derartigen weiteren Sanktionsausspruches nur zum Vorteil eines Verurteilten auswirken. Da die Angeklagten das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde nur zu ihren Gunsten ergreifen dürfen (§ 292 StPO), sind sie zur Geltendmachung dieses Mangels nicht legitimiert. Für die Sanierung der Nichtigkeit bedarf es vielmehr einer befugterweise zum Nachteil der Angeklagten erhobenen Beschwerde, wie sie hier ohnehin von der Anklagebehörde ergriffen wurde.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Franz B*** und Johann B*** waren daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Anklagebehörde macht Überschreitungen der Strafbefugnis des Gerichtshofes im Sinn der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO geltend, welche im Unterbleiben von Aussprüchen über die Ersatzfreiheitsstrafen für die verhängten Geldstrafen sowie in der (auf analoge Heranziehung des § 43 a StGB gestützten) bedingten Nachsicht jeweils eines Teils der über die beiden Angeklagten verhängten Geldstrafen erblickt werden.

In beiden Punkten kommt der Beschwerde Berechtigung zu. Der § 20 Abs 1 FinStrG bestimmt, daß anläßlich der Verhängung einer Geldstrafe auch die für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist. Aus dem zwingenden Inhalt der Vorschrift ergibt sich, daß das Gericht bei Verhängung einer Geldstrafe zur Unterlassung einer Entscheidung über die Ersatzfreiheitsstrafe nicht befugt ist.

In gleicher Weise fehlte aber dem Erstgericht eine gesetzliche Grundlage für den Ausspruch teilbedingter Strafen. Denn eine Anwendung des Rechtsinstitutes der bedingten Strafnachsicht war zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz gemäß der ausdrücklichen Vorschrift des § 26 Abs 1 FinStrG (aF) nur im Sinn der §§ 43 und 44 Abs 1 StGB zulässig.

Aus der somit dem Ersturteil im vollen Umfang der Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft anhaftenden Nichtigkeit nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ergibt sich wegen untrennbaren Zusammenhanges (§ 289 StPO) für den Obersten Gerichtshof die Notwendigkeit, den schöffengerichtlichen Strafausspruch zur Gänze aufzuheben und in diesem Umfang gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu entscheiden.

Bei dieser Strafneubemessung konnte von den schon in erster Instanz richtig und vollständig ermittelten Strafzumessungsgründen ausgegangen werden. Das wohlbedachte, planmäßige deliktische Vorgehen der Angeklagten durch einen langen Zeitraum läßt aber auch das Berufungsbegehren der Anklagebehörde, mit dem eine Erhöhung des Strafausmaßes angestrebt wird, begründet erscheinen. Geldstrafen in der (gegenüber dem erstinstanzlichen Ausspruch jeweils verdoppelten) Höhe von 12 Millionen Schilling bei Franz B*** und 6 Millionen Schilling bei Johann B*** werden dem hohen Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld der Täter bei Berücksichtigung auch der persönlichen Verhältnisse und ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs 3 FinStrG) gerecht.

Wie schon vom Schöffengericht erkannt, schließen Erwägungen der Spezialprävention hier eine gänzliche bedingte Nachsicht der Geldstrafen aus. Unbescholtenheit und Schadensgutmachung sowie das Wohlverhalten nach der Tat (über einen Zeitraum von etwa drei Jahren) vermögen allerdings eine teilweise Nachsicht der Strafen zu rechtfertigen. Da die Übergangsregel des Art. IX Abs 1 (zweiter Satz) JGG 1988 in jedem Fall einer Aufhebung des Urteiles infolge Nichtigkeitsbeschwerde die Anwendung der für den Angeklagten günstigeren Bestimmungen der durch Art. V Z 1 bis 4 leg. cit. geänderten Vorschriften des Finanzstrafgesetzes zuläßt, konnte auch nunmehr gesetzesgemäß, entsprechend der neuen Fassung des § 26 Abs 1 FinStrG, die Bestimmung des § 43 a StGB sinngemäß angewendet werden.

Mithin war in Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Rechtsmittel insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit ihren dadurch gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch nach dem § 390 a StPO beruht auf der von der teilweisen Urteilsaufhebung unberührt gebliebenen Kostenentscheidung erster Instanz.

Anmerkung

E17497

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0110OS00037.89.0530.000

Dokumentnummer

JJT_19890530_OGH0002_0110OS00037_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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