TE OGH 1989/6/6 15Os45/89

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Veröffentlicht am 06.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer, in der Strafache gegen Wolfgang T*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Steyr vom 9.März 1989, GZ 12 Vr 385/88-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Arnold, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Wolfgang T*** wurde mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 19.September 1988 in Steyr die Cornelia A*** durch zwei mit einem feststehenden Messer geführte Stiche in die Brust vorsätzlich getötet hatte.

Rechtliche Beurteilung

Er bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er das Unterbleiben der Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens des Totschlages nach § 76 StGB mit dem Hinweis auf die von ihm behauptete und vom beigezogenen Sachverständigen attestierte heftige Gemütsbewegung reklamiert und vermeint, die "Beantwortung" der Tatbestandsmerkmale der Heftigkeit und der allgemeinen Begreiflichkeit einer Gemütsbewegung sei den Geschwornen vorbehalten. Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu, weil eine Eventualfrage (§ 314 StPO) in der Richtung des Verbrechens des Totschlages (§ 76 StGB) dementgegen in der Tat nicht indiziert war. Der Beschwerdeführer beging die Tat nach seiner Verantwortung in einem plötzlichen Wutanfall, weil Cornelia A*** wegen seiner (alkoholbedingten) Unfähigkeit zu einem Geschlechtsverkehr die Wohnung entgegen einem von ihm behaupteten Versprechen, bis zum Morgen zu bleiben, vorzeitig verlassen wollte. Mit diesem Vorbringen weist er indes nur auf eine heftige Gemütsbewegung hin, nicht aber auch auf deren allgemeine Begreiflichkeit.

Nur wegen dieses Anlasses wäre es nämlich für einen rechtstreuen Durchschnittsmenschen nicht vorstellbar, in jenen heftigen, die Tat auslösenden Affekt zu geraten. Der Beschwerdeführer vermag auch in seinen Rechtsmittelausführungen keinerlei Argumente für die Bejahung einer allgemeinen Begreiflichkeit der heftigen Gemütsbewegung vorzubringen. Der im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgebrachte Hinweis auf eine Lehrmeinung betreffend Kränkungen in bezug auf den Sexualbereich und einer allgemeinen Begreiflichkeit einer heftigen Gemütsbewegung selbst bei einem alkoholisierten Täter (Moos im WK, Rz 39 und 43 zu § 76 StGB) geht vorliegend daran vorbei, daß selbst nach der Verantwortung des Angeklagten nicht die - als solche gar nicht sonderlich herabsetzende - Bemerkung des Opfers über das Ausbleiben einer Erektion beim Täter, sondern die Ankündigung, die Wohnung verlassen zu wollen, die "Wut" des Angeklagten auslöste (S 445, 256).

Der Einwand hingegen, der Schwurgerichtshof habe durch die Ablehnung der reklamierten Fragestellung aus eben diesen Erwägungen in die Kompetenz der Geschwornen eingegriffen, geht fehl, weil die Prüfung der rechtlichen Erheblichkeit vorgebrachter Tatsachen unter dem Aspekt, ob ihnen zufolge "- wenn sie als erwiesen angenommen werden - ... die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte" (§ 314 Abs 1 StPO), sehr wohl dem Schwurgerichtshof zukommt. Hält dieser - wie im gegebenen Fall - mit Recht dafür, daß die betreffenden Tatsachen bei richtiger Gesetzesauslegung die Unterstellung der Tat unter ein anderes Strafgesetz nicht gestatten, so darf er eine Eventualfrage gar nicht stellen (Mayerhofer/Rieder StPO2 E 38 zu § 314).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Jahren, wobei es keinen Umstand als erschwerend wertete, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten im Verein mit dem Umstand, daß die Tat mit seinem sonstigen Verhalten im auffallenden Widerspruch steht, sein Tatsachengeständnis und seine Erregung auf Grund seiner Frustrationsintoleranz. Den letztgenannten beiden Umständen maß es allerdings geringes Gewicht bei. Eine erhebliche Alkoholisierung des Angeklagten wertete das Gericht nicht als mildernd, weil er vor der Tat bewußt exzessiv getrunken hatte. Auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Meinung des Angeklagten wurde ihm seine Alkoholisierung zur Tatzeit durchaus zutreffend nicht als mildernd zugerechnet, denn eine alkoholbedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit wird ua auch dann durch den Vorwurf aufgewogen, den der Genuß des berauschenden Mittels begründet, wenn, wie hier nach der Verantwortung des Angeklagten, eine Zechtour mit dem Vorhaben, sich exzessivem Alkoholgenuß hinzugeben ("Alkoholvernichtungstour"), unternommen wird.

Das Geständnis wurde dem Angeklagten ohnedies als mildernd zugerechnet. Angesichts des Umstandes, daß die Tat bereits während der Flucht des Angeklagten faktisch völlig aufgeklärt war, konnte das Geschwornengericht das Gewicht dieses Milderungsumstandes durchaus zutreffend als nicht allzu hoch veranschlagen. Von einer Selbststellung kann keine Rede sein. Nach der Tat ist der Angeklagte in das Ausland geflohen und erst wieder nach Österreich zurückgekehrt, nachdem ihm das Geld ausgegangen war. Hier wurde er in einer Bank in Wien beim Versuch, Geld zu beheben, festgenommen. Während der auch sonst erforderlichen Rückfragen beim kontoführenden Institut waren nämlich Verzögerungen in der Auszahlung eingetreten. In der Zwischenzeit aber hatten die Sicherheitsbehörden verständigt werden können.

Von einem Mitverschulden des Opfers kann gleichfalls keine Rede sein. Denn die Frau war zu dem bedungenen Geschlechtsverkehr durchaus bereit gewesen und hatte sich - auch nach der Verantwortung des Angeklagten - längere Zeit bemüht, bei ihm eine Erektion zustande zu bringen und erst, als sie die Vergeblichkeit einsah, die - gemessen an den Umständen und am Milieu der Beteiligten - durchaus nicht besonders provokante Äußerung gemacht, daß sie die Wohnung verlassen wolle.

Alles in allem wurden die Strafzumessungsgründe von den Geschwornen durchaus vollständig festgestellt und zutreffend gewürdigt. Das Strafmaß ist keineswegs überhöht.

Auch der Berufung des Angeklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E17645

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00045.89.0606.000

Dokumentnummer

JJT_19890606_OGH0002_0150OS00045_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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