TE OGH 1989/6/8 12Os36/89

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Veröffentlicht am 08.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sanda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dietmar Karl G*** wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1.Juli 1988, GZ 40 Vr 983/85-100, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Stanonik zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 153 StGB (Punkt 1.1.) sowie - aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 290 Abs 1 StPO auch - im Schuldspruch wegen § 36 Abs 1 Z 1 und 2 WaffG (Punkt 1.2.), demgemäß auch im Strafausspruch einschließlich der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und die Einziehung der Waffen samt Magazinen und Vorrichtungen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung aufgetragen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.Juni 1942 geborene Privatdetektiv Dietmar Karl G*** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB (1.1.) und des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 und 2 WaffG (1.2.) schuldig erkannt und von weiteren Anklagepunkten rechtskräftig freigesprochen. Inhaltlich der Schuldsprüche liegt ihm zur Last, vom 21.November 1981 bis 1. April 1982 in verschiedenen Orten Österreichs und der Schweiz in achtzehn (in den Urteilsgründen einzeln angeführten) Fällen in seiner Eigenschaft als Inhaber einer Kreditkarte der Firma E*** A*** Kreditkarten-Gesellschaft mbH (im weiteren kurz: Firma E***) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, dadurch wissentlich mißbraucht und der Firma E*** einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil von insgesamt 139.187,65 S zugefügt zu haben, daß er unter Vorlage der Kreditkarte Leistungen von Vertragsunternehmen der Firma E*** in Anspruch nahm, für welche die Firma E*** Deckung zu leisten hatte, ohne auf seinen zur Einziehung des Gegenwertes bestimmten Bankkonto für Deckung zu sorgen (1.1.). Des weiteren wurde er schuldig erkannt, vom 1.Mai bis 1.Juli 1986 in Salzburg, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt drei im Urteilsspruch näher bezeichnete Pistolen, einen Colt und einen Schalldämpfer unbefugt besessen zu haben (1.2.).

Rechtliche Beurteilung

Zum Schuldspruch wegen Untreue:

Nach den - zusammengefaßt dargestellten - Urteilsfeststellungen schloß der Beschwerdeführer am 9.September 1980 mit der Firma E*** in Wien einen Kreditkartenvertrag ab, worauf ihm eine Kreditkarte und seiner Ehefrau Rita G*** eine Zusatzkarte ausgefolgt wurden. Damit war das Ehepaar G*** berechtigt, vermögenswerte Leistungen von Vertragsunternehmen der Firma E*** in Anspruch zu nehmen. Die Firma E*** verpflichtete sich gegenüber diesen Vertragsunternehmen, deren Forderungen einzulösen und erwirbt die sofort fälligen Forderungen dieser Vertragsunternehmen. Der Angeklagte verpflichtete sich seinerseits, zwecks Einziehung der abgetretenen Forderungen durch die Firma E*** für Deckung auf seinem Bankkonto Sorge zu tragen. Dieses Konto bestand zunächst bei der C***-B*** (im weiteren kurz: CA), Filiale Baden, und ab 20.Oktober 1981 bei der CA-Filiale in Wels, wohin das damals bestehende Guthaben von 46.934 S überwiesen wurde. Da es sich bei Dietmar Karl G*** um einen Devisenausländer handelte, konnte er nur ein Freischillingkonto einrichten, das aus devisenrechtlichen Gründen nicht überzogen werden durfte. Der Angeklagte sorgte in der Folge nicht immer dafür, daß am Konto volle Deckung für die von ihm und seiner Ehefrau mittels der Kreditkarte eingegangenen Verpflichtungen zum jeweiligen Verrechnungszeitpunkt vorhanden war, sodaß für achtzehn vom 21. November 1981 bis 1.April 1982 von ihm in Anspruch genommene Lieferungen und Leistungen in der Gesamthöhe von 139.187,65 S (rechnerisch richtig wohl: 138.073,16 S - S 188/VI) zum Zeitpunkt der Rechnungslegung jeweils die Deckung nicht vorhanden war und die Firma E*** daher ihre Forderungen nicht einziehen konnte. Die Höhe der jeweiligen Forderung und der Kontostand ergeben sich aus den im Akt erliegenden Abrechnungen und den Kontoblättern (ON 98/V). Nach Mahnungen wurden erst im Juli 1982 die Kreditkarte und die Zusatzkarte durch die Firma E*** gesperrt. Trotz Einleitung zivilrechtlicher Schritte machte der Angeklagte, der in der Zwischenzeit vom 14.August bis 20.Oktober 1982 in einer anderen Sache in Untersuchungshaft genommen worden war, keine Anstalten, den Rechnungsbetrag zu bezahlen, sodaß die Firma E*** im September 1984 die gegenständliche Strafanzeige erstattete (S 31 ff/I). Erst im Juli 1985 glich der Angeklagte den Passivsaldo endgültig aus (S 183 bis 191/VI).

In subjektiver Richtung schloß das Schöffengericht unter Hinweis auf die Aussagen des Vertreters der Firma E***, Walter B***, und der Angestellten der CA-Filialen Baden und Wels, daß der Angeklagte auf Grund der von ihm zur Kenntnis genommenen Geschäftsbedingungen gewußt habe, daß die (monatlich) von der Firma E*** in Rechnung gestellten Beträge nur bei vollständiger Deckung am Konto eingezogen werden können, da eine Überziehungsbefugnis nicht eingeräumt war. Daraus folgerte das Gericht, daß er seine aus dem Kreditkartenvertrag resultierenden Befugnisse wissentlich mißbraucht hat, wenn er ohne Sicherstellung der vollen Kontodeckung Verfügungen zu Lasten der Firma E*** getroffen hat, wobei er auch mit bedingtem Vorsatz die zumindest vorübergehende Vermögensschädigung der Kreditkartengesellschaft verursachte. Wörtlich führen die Tatrichter hiezu aus: "Es mag zwar richtig sein, daß zum Zeitpunkt der jeweiligen Belastungen mittels E*** das Konto in einzelnen Fällen ausgereicht hätte, zumindest einen erheblichen Teil der jeweiligen offenen Rechnung zu begleichen, doch wußte der Angeklagte, daß in diesen Fällen die Banken die Bezahlung der gesamten Rechnung ablehnen, weshalb auch daraus der Schädigungsvorsatz gefolgert wird. Der Angeklagte hat auch den gesamten inkriminierten Betrag zu verantworten, da der Schädigungsvorsatz auf diesen Betrag gerichtet war und ein Bereicherungsvorsatz für den Tatbestand der Untreue nicht erforderlich ist" (S 192/VI).

Diesen Schuldspruch wegen Untreue (1.1) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, in der er die vom Erstgericht für die Annahme des wissentlichen Befugnismißbrauchs mit gleichzeitigem bedingtem Schädigungsvorsatz gegebene Begründung als unzureichend und unvollständig im Hinblick auf die vorliegende Korrespondenz moniert (Z 5), im übrigen erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Sachverhaltsfeststellung in subjektiver Richtung darlegt (Z 5 a) und die Meinung vertritt, daß die getroffenen Konstatierungen nicht ausreichen, den erforderlichen Doppelvorsatz im Sinne des § 153 StGB anzunehmen (Z 9 lit a).

Der Oberste Gerichtshof schließt sich - entgegen der Generalprokuratur - nach genauer Prüfung der Akten der Meinung der Verteidigung an und findet, daß doch erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der diesem Schuldspruch in subjektiver Richtung zugrunde gelegten Tatsachen bestehen (Z 5 a).

Der Angeklagte, dem auch das Erstgericht ausdrücklich bescheinigt, im Grunde wahrheitsliebend zu sein, ist durch den hervorleuchtenden Charakterzug gekennzeichnet, immer dann, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, überschießend zu reagieren (S 213 bis 221/VI). Er verantwortete sich in dem sich durch Jahre hinziehenden Vorverfahren und dann auch in der Hauptverhandlung im wesentlichen immer dahingehend, daß ihm bei der jeweiligen Inanspruchnahme der Kreditkarte nie bewußt gewesen sei, daß er seine Befugnisse mißbrauche, zumal bei größeren Summen der einzelne Vertragspartner bei der Firma E*** rückgerufen und die Deckungszusage eingeholt habe und er wiederholt persönlich und auch telefonisch mit dem Zeugen B*** Kontakt hatte, der ihm nie ausdrücklich verbot, die Kreditkarte weiter zu benützen. Er habe nie von vornherein eine Schädigung der Firma E*** in Kauf genommen, weil diese gewisse Abrechnungsverzögerungen toleriert habe. Daß er dann tatsächlich jahrelang nicht gezahlt habe, sei darauf zurückzuführen, daß er sich erpreßt und später zu Unrecht in Untersuchungshaft genommen fühlte, dadurch wirtschaftliche Nachteile in großem Ausmaß auf sich nehmen mußte und daher nicht mehr sofort zahlen konnte. Zu den Zeitpunkten der einzelnen inkriminierten Inanspruchnahmen der Kreditkarte sei er viel unterwegs gewesen und habe, da die jeweiligen Abrechnungen (die auch die Umsätze seiner Frau umfaßten) an seine Schweizer Firmenadresse versendet wurden, nie genau Kenntnis gehabt, wie hoch der Kontostand war. Seine Bonität sei aber nie in Frage gestanden und man habe verspätete Überweisungen solange toleriert, bis er durch seine Gegner verleumdet und schlecht gemacht wurde. Als er sich von der Firma E*** erpreßt gefühlt habe, habe er die dem Grund und der Höhe nach nie bestrittenen Forderungen vorerst nicht bezahlt, weil er seine Rehabilitation in den gegen ihn angestrengten Verfahren habe abwarten wollen (siehe hiezu insbesondere S 17 bis 48/VI und die dort aus den Vorhalten ersichtlichen weiteren diesbezüglichen Aktenstellen).

Der Verteidigung ist einzuräumen, daß der Schuldspruch wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 StGB den Nachweis des Wissens des Täters erfordert, daß die jeweils zu Lasten des Machtgebers (hier: der Firma E***) gesetzte Rechtshandlung (Bezahlen von Lieferungen und Leistungen unter Verwendung der Kreditkarte) durch die interne Vereinbarung nicht (mehr) gedeckt war. Ein solcher Vorsatz (§ 5 Abs 3 StGB) liegt dann nicht vor, wenn der Täter es für möglich hält, daß seine Handlungsweise durch die Vertragsbestimmungen formell zwar nicht mehr gedeckt ist, aber daran glaubt, daß der Machtgeber jedenfalls seine nachträgliche Zustimmung geben werde (Liebscher in WK Rz 22 und Leukauf-Steininger2 RN 24, jeweils zu § 153 StGB).

Da sich der Angeklagte immer damit verantwortet hatte, sich zumindest konkludent im Einverständnis mit dem Repräsentanten der Firma E*** gewußt zu haben, bedarf es - wie die Beschwerde richtig aufzeigt - der Würdigung der Aussagen des Zeugen B*** nicht nur in ihrem Wortlaut hinsichtlich der schriftlichen Geschäftsbedingungen, sondern vor allem in ihrem Inhalt über das tatsächliche Verhalten der Firma E*** trotz Auftretens von Schwierigkeiten beim Einzug der einzelnen Rechnungen. Dabei ergibt sich zunächst eindeutig, daß im fraglichen Zeitraum trotz des Umstandes, daß in mehreren Fällen Rechnungssummen nicht zur Gänze gedeckt und daher von der Bank nicht oder erst nach neuerlicher Rechnungslegung überwiesen wurden, die Firma E*** nicht streng nach den Geschäftsbedingungen, sondern sehr lax und moderat reagiert hat. Aus den Zeugenaussagen im Zusammenhalt mit den Kontoblättern geht hervor, daß am 26.November 1981 zwei Rechnungen, und zwar eine über 54.119,21 S und eine über 59.624,02 S an die CA Wels übermittelt wurden, als das Konto einen Habenstand von 97.244,99 S aufwies. Es wurde daher der ältere, die Oktoberabrechnung betreffende Betrag von 59.624,02 S bezahlt (S 110/VI), während die zweite Überweisung storniert und erst (offensichtlich nach neuerlicher Einreichung) am 3.Dezember 1981 beglichen wurde (S 109/VI). Ähnlich verhält es sich mit dem Storno über 19.744 S am 14. Dezember 1981, welcher Betrag am 5.Jänner 1982 beglichen wurde, weil per 31.Dezember 1981 wieder ein Habenstand von 96.827,77 S vorhanden war. Nicht einmal, nachdem am 20.Jänner 1982 eine Überweisung von 39.818,51 S und am 26.Februar 1982 eine solche von 109.956,64 S bei vergleichsweise geringem Kontostand storniert worden waren, reagierte die Firma E*** durch Einziehung der Karten im Sinne des Punktes 5 der Geschäftsbedingungen, begnügte sich vielmehr mit einer erst am 7.April 1982 (somit nach der letzten Verfügung durch den Angeklagten) datierten Mahnung, der eine weitere am 10.Mai 1982 folgte, in der erstmalig eine Sperre der Karte angedroht wurde (S 85 c/I). Als der Angeklagte eine Ankündigung über die Besicherung des Rückstandes nicht einhielt, wurden erst durch Schreiben vom 15.Juli 1982 die Kreditkarte und die Zusatzkarte gesperrt (S 85 d/I). Nimmt man hiezu die Aussagen des Zeugen B*** vom 27.November 1985 (S 85 a/I) und vom 26.Mai 1986 (S 85 b/I), wo er einmal auch einräumte, daß Verrechnungsrückstände - zumindest stillschweigend - einige Zeit toleriert wurden und bei einer Anfrage von Vertragsunternehmen die Deckungszusage niemals verweigert wurde, und berücksichtigt man den Inhalt der auch im Urteil zitierten Korrespondenz mit dem Büro des Angeklagten in der Schweiz, aus der sich ergibt, daß er sich auf Reisen befand (S 228, 229/VI), dann bestehen tatsächlich erhebliche Bedenken gegen die - aus der Gesamtheit der Feststellungen ersichtliche - Urteilsannahme, der Angeklagte hätte bereits zum Zeitpunkt der einzelnen Inanspruchnahmen der Kreditkarte (zuletzt am 1. April 1982 in Klagenfurt) mit dem Wissen gehandelt, daß sein Vertragspartner (die Firma E***) ein solches dem Vertrag widersprechendes Vorgehen unter keinen Umständen mehr duldet. Wäre nämlich die Firma E*** auf Grund der vereinbarungswidrigen Handlungweise (mangelnde Kontoabdeckung) des Angeklagten schon zur Tatzeit (21.November 1981 bis 1.April 1982) auf dem Standpunkt gestanden, er mißbrauche die Karte, hätte sie auf Grund des Punktes 5 der Geschäftsbedingungen jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen, die Nummer der Karte des Angeklagten auf eine allen Vertragsunternehmen zuzusendende Sperrliste setzen und so jeden weiteren Mißbrauch kurzfristig unterbinden können. Da die Firma E*** dies aber nicht tat, hat die Verantwortung des Angeklagten, er konnte damit rechnen, daß man sich auch damit einverstanden erklärte, wenn er erst nach einigen Monaten Verzug seine Rechnung begleiche, solange eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, als nicht Beweisergebnisse vorliegen, die dieser Einlassung zuwiderlaufen. Das Argument des Urteiles, aus dem späteren Verhalten des Angeklagten (im Jahre 1984), wo er um Ratenzahlungen bat und Erklärungen für seinen Liquidationsengpaß abgibt, sei darauf zu schließen, daß er von allem Anfang an seine Befugnisse mißbraucht und mit bedingtem Schädigungsvorsatz gehandelt habe (S 222/VI), ist wenig plausibel, wenn man bedenkt, daß sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Angeklagten durch seine Inhaftierung im August 1982 und die folgenden auch mit der Übernahme des Erhebungsauftrages in Sachen L*** zuammenhängenden Ereignisse entscheidend geändert hatten.

Die vom Erstgericht herangezogenen, bisher aktenkundigen Beweismittel lassen sohin allenfalls ab Jänner 1982 auf einen grob fahrlässigen, vielleicht auch bedingt vorsätzlichen Mißbrauch der Kreditkarte schließen, nicht aber auf einen Mißbrauch im Bewußtsein, daß die Firma E*** nicht mehr bereit ist, deren Verwendung trotz der Verrechnungsrückstände zu tolerieren. Die Ereignisse, die entgegen den früheren Gepflogenheiten, das Konto doch noch nachträglich abzudecken, dazu führten, daß die Firma E*** jahrelang auf die Begleichung ihrer Forderung warten mußte, können auch in der vom Erstgericht angenommenen besonderen Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten ihre Ursache haben und sprechen daher bei der gebotenen lebensnahen Betrachtungsweise auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit für eine von vornherein bedingt vorsätzlich herbeigeführte Vermögensschädigung. Der Schuldspruch wegen § 153 StGB war daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeeinwände näher einzugehen gewesen wäre.

Zum Schuldspruch wegen § 36 WaffG:

Dietmar Karl G***, der Geschäftsführer sowohl der

E*** AG Schweiz als auch der E*** GesmbH Österreich war, wobei die Schweizer Gesellschaft die Lizenz für die Instruktion und Ausbildung von geeigneten Privatpersonen in der Combat-Schießtechnik und Waffenkunde besaß, hatte demnach in der Schweiz die Berechtigung, Verteidigungs- und Demonstationswaffen zu besitzen. Diese Waffen wurden zu 25 Prozent ihres Wertes am 4.April 1986 an die E*** GesmbH Österreich abgetreten und am 1.Mai 1986 angeblich ohne Wissen des Angeklagten durch seine Ehefrau Rita G*** ordnungsgemäß aus der Schweiz ausgeführt, dann aber dem österreichischen Zoll nicht gestellt und auch die Einfuhr den österreichischen Sicherheitsbehörden nicht gemeldet. Der Angeklagte, der sich darüber im klaren war, in Österreich keine Befugnis zum Besitz dieser Waffen zu haben, verpackte sie in einen Koffer und erteilte seinem damaligen Mitarbeiter Harald L*** den Auftrag, den Koffer in einem Bankschließfach zu verwahren und die Schlüssel bis zur Beendigung des (formal am 15.Mai 1986 beantragten, aber angeblich bereits früher initiierten) Bewilligungsverfahrens bei der Bezirkshauptmannschaft Hallein bei sich zu verwahren. Harald L*** kam diesem Auftrag nach, war zwar der Bank gegenüber allein berechtigt, über das Deposit zu verfügen, hatte dem Eigentümer der Waffen gegenüber aber nur die Stellung eines Verwahrers. Im Zuge einer privaten Auseinandersetzung verweigerte Harald L*** die Herausgabe des Deposits und übergab den Koffer - von dessen Inhalt er entgegen den Angaben des Angeklagten nach der Überzeugung des Gerichtes erst jetzt zufällig Kenntnis erlangte - der Sicherheitsdirektion Salzburg. Erst am 21.August 1986 lehnte die Bezirkshauptmannschaft Hallein bescheidmäßig die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte an Dietmar Karl G*** ab. Über die dagegen eingebrachte Berufung war zum Zeitpunkt des Urteiles erster Instanz noch nicht entschieden (S 194 bis 199/VI). Gegen diesen Schuldspruch wendet der Beschwerdeführer mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ein, das Urteil lasse nicht erkennen, ob ein Vorsatz- oder Fahrlässigkeitsdelikt vorliege. Soferne man von einer Vorsatztat ausgehe, sei das Gericht in Ansehung des Tatbestandsmerkmals "Besitz" einem Tatbildirrtum unterlegen, zumal ausschließlich Harald L*** als Inhaber des Schließfachschlüssels der Bank gegenüber berechtigt gewesen sei, die dort deponierten Waffen zu beheben. Bei Fahrlässigkeit wären Feststellungen zur subjektiven Sorgfaltsverletzung nötig gewesen. Ungeachtet der unklaren - den Gesetzeswortlaut

übernehmenden - Formulierung des Urteilsspruches (S 176/VI) ergibt sich aus den wiedergegebenen Feststellungen doch mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß im vorliegenden Fall eine Vorsatztat angenommen wurde; war sich der Angeklagte doch bewußt, daß er keine Befugnis zum Besitz der Waffen in Österreich hatte. In rechtlicher Hinsicht wurde aus dem Sachverhalt gefolgert, daß Harald L*** eben nur Verwahrer im Auftrag des Angeklagten war und demnach Dietmar Karl G*** Besitzer der Waffen trotz deren Hinterlegung in einem Banksafe blieb.

Dieser Rechtsansicht ist beizutreten. Für die Strafbarkeit einer Tat nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffG genügt die unmittelbare Sachherrschaft und die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über eine Faustfeuerwaffe (LSK 1986/52). Der Besitzbegriff des Waffengesetzes umfaßt jedenfalls auch jeden Besitz im Sinne des ABGB und die Übergabe einer Waffe an einen Verwahrer, der zivilrechtlich zur Herausgabe der ihm anvertrauten Sache verpflichtet ist, berührt den Besitz des Hinterlegers demnach nicht (Mayerhofer-Rieder III/22 Anm. 1, Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze2 Anm. A, je zu § 8 WaffG). Hiezu kommt, daß der Angeklagte die von seiner Gattin aus der Schweiz nach Österreich eingeführten Waffen zumindest (bis zur Deponierung in der Bank) kurzzeitig tatsächlich in seinem Gewahrsam hatte.

Hinsichtlich der Waffen, die er besessen bzw. dem Harald L*** überlassen hat (mit Ausnahme jener beiden Waffen, die von ihm berechtigt geführt wurden und in Ansehung derer ein Freispruch gefällt wurde), hat sich der Angeklagte über entsprechende Vorhalte in der Hauptverhandlung ausdrücklich schuldig bekannt (S 57/VI), weil er Eigentümer der Waffen gewesen und deren Besitz ihm in Österreich (anders als in der Schweiz) nicht bewilligt war (siehe hiezu auch die schriftliche Stellungnahme vom 7. Juli 1986 - S 69 bis 79/IV). Es bestand insoweit daher keine Veranlassung für weitere (einen allfälligen Tatbild- oder Rechtsirrtum betreffende) Urteilskonstatierungen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin hinsichtlich dieses Schuldspruchfaktums zu verwerfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß das Gericht durch das Beweisverfahren indizierte Konstatierungen über die besonderen Umstände dieses Falles nicht getroffen hat, die erforderlich gewesen wären, um die Prüfung der Strafwürdigkeit dieses formal verbotenen Waffenbesitzes (§ 42 StGB) auf gesicherter Tatsachengrundlage vornehmen zu können (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b iVm § 290 Abs 1 StPO). Die vorliegende Straftat unterscheidet sich nämlich von dem durch die Strafnorm des § 36 WaffG typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt eines unerlaubten Waffenbesitzes (vgl. hiezu grundsätzlich SSt. 47/55, 51/21, RZ 1983/25 uva) schon dadurch, daß der Angeklagte als Ausländer in der Schweiz - sohin einem Staat mit durchaus vergleichbarer Rechtsordnung - die Berechtigung hatte, diese Waffen zu besitzen, die von dort auch legal nach Österreich ausgeführt wurden, der Angeklagte dann auch in seinem Heimatland Österreich um die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte angesucht hat, die Behörde aber zunächst monatelang über diesen Antrag nicht entschied und das Rechtsmittelverfahren zum Zeitpunkt des Urteiles erster Instanz (1.Juli 1988) immer noch nicht abgeschlossen war. Es ist daher auch nicht aktenkundig, ob der Antrag in der Zwischenzeit rechtskräftig abgewiesen oder aber - wie im Gerichtstag behauptet - nunmehr ein Waffenpaß für die urteilsgegenständlichen Waffen ausgestellt wurde. Darüber hinaus hebt sich der vorliegende Fall von den typischen Straftaten dieser Art auch dadurch ab, daß sich der Angeklagte freiwillig in der Ausübung seiner Besitz-(Eigentums-)rechte dadurch eingeschränkt hat, daß er die Waffen in den Gewahrsam eines Verwahrers übergab, was schließlich auch zu deren Sicherstellung durch die Behörde führte. Es werden daher weitere Feststellungen über die Vorgangsweise bei der Ausfuhr der Waffen aus der Schweiz, über die gesetzten Schritte zur Erlangung der Berechtigung, diese Waffen auch in Österreich besitzen zu dürfen, über den Informationsstand der in erster Instanz zur Entscheidung zuständigen (§ 34 WaffG) Bezirkshauptmannschaft Hallein über den Verbleib der Waffen - die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erster Instanz jedenfalls schon sichergestellt waren - und über den rechtskräftigen Abschluß dieses Verfahrens zu treffen sein, um beurteilen zu können, ob in diesem Fall die Voraussetzungen des § 42 Z 1 bis 3 StGB kumulativ vorliegen oder ob aus einem oder mehreren im Gesetz angeführten Gründen die Bestrafung des Angeklagten nach § 36 WaffG doch geboten ist. Es war daher gemäß § 290 Abs 1 StPO auch dieser Schuldspruch aufzuheben, sohin - im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen zum Vergehen nach § 153 StGB - das Urteil zur Gänze zu kassieren und dem nunmehr nach Art. XX Abs 4 StRÄG 1987 zuständigen Einzelrichter die Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung aufzutragen.

Anmerkung

E17508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00036.89.0608.000

Dokumentnummer

JJT_19890608_OGH0002_0120OS00036_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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