TE OGH 1989/6/15 7Ob582/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred K***, Hauseigentümer, Wien 21., Stryeckgasse 14, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Elisabeth P***, Geschäftsfrau, Wien 23., Dreiständegasse 11, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14. September 1988, GZ. 48 R 312/88-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 25. März 1988, GZ. 6 C 5309/86d-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.966,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 494,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Mieterin des Geschäftslokales Nr. 4 im Hause des Klägers in Wien 21., Stryeckgasse 14. Nach § 6 des Mietvertrages vom 1. Dezember 1972 darf ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters das Mietobjekt weder entgeltlich noch unentgeltlich ganz oder teilweise dritten Personen ..... auch nicht im Wege eines Gesellschaftsverhältnisses, Pachtvertrages und dgl. überlassen werden. Die Beklagte verpachtete das in dem Bestandobjekt betriebene Modengeschäft an die Leder- und Modewaren-Vertriebsgesellschaft mbH. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Verpachtung und Beendigung des Pachtverhältnisses.

Die Beklagte wendet mangelnde Aktivlegitimation ein und behauptet, daß vom Vermieter die Zustimmung zur Verpachtung erteilt worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen war Eigentümerin des Hauses Hermine P***, die den Mietvertrag mit der Beklagten abschloß. Der Kläger ist Erbe nach Hermine P***. Ab dem Jahre 1980 führte Hubert F*** die Hausverwaltung. Dieser erfuhr am 14. Februar 1986 davon, daß die Beklagte die Geschäftsräume nicht mehr benützt. Einige Zeit später erfuhr er von dem von der Beklagten mit der Leder- und Modewaren-Vertriebsgesellschaft mbH abgeschlossenen Vertrag und informierte den Kläger. Es konnte weder festgestellt werden, daß Hermine P*** von der Verpachtung jemals erfuhr noch daß sie zu irgendeinem Zeitpunkt ihre Zustimmung zur Verpachtung gab. Das Erstgericht bejahte die Aktivlegitimation des Klägers und mangels Nachweises der Zustimmung des Vermieters die Unzulässigkeit der Verpachtung. Da die zu unterlassende Weitergabe für den Mieter nicht unwiederholbar sei, bestehe auch eine Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Vereinbarung des Verbotes jeglicher Weitergabe des Mietobjektes, auch im Wege der Verpachtung des darin betriebenen Unternehmens, sei grundsätzlich zulässig. Zwar werde bei einem Bestandverhältnis, auf das uneingeschränkt die Bestimmungen des MRG anzuwenden seien, die Möglichkeit eines vertraglichen Verbotes der Untervermietung durch § 11 Abs. 1 MRG auf die dort angeführten wichtigen Gründe eingeschränkt. Der § 11 MRG betreffe jedoch nur ein vertragliches Verbot der Untervermietung, nicht auch andere vertraglich verbotene Formen der Gebrauchsüberlassung wie etwa die Überlassung gemieteter Geschäftsräume an Dritte durch Verpachtung des vom Mieter betriebenen Unternehmens. Der § 879 Abs. 3 ABGB sei auf den bereits vor dem 1. Oktober 1979 abgeschlossenen Mietvertrag nicht anzuwenden. Im übrigen sei das Verbot der Weitergabe des Mietobjektes durch Verpachtung keine Nichtigkeit im Sinne des § 879 Abs. 1 ABGB begründende Äquivalenzstörung. Das Argument des Personenwechsels im Todesfall oder gemäß § 12 Abs. 3 MRG durch Unternehmensveräußerung sei nicht zutreffend. Die Universalrechtsnachfolge sei schon deshalb nicht vergleichbar, weil es in jenem Fall das bisherige Rechtssubjekt nicht mehr gebe. Dem Eingriff des Gesetzgebers in die Vertragsfreiheit des Vermieters durch § 12 Abs. 3 MRG sei die Mietzinsanpassungsmöglichkeit als Korrektiv zur Seite gestellt. Dies lasse aber alles keinen Schluß darauf zu, daß der Vermieter die zeitlich beschränkte Weitergabe des Objektes durch den weiterhin Vertragspartner bleibenden Mieter jedenfalls dulden müsse und im übrigen nicht einmal die Möglichkeit der Mietzinsanpassung habe. Ein Verstoß des Mieters gegen ein vertragliches Verbot der Weitergabe des Mietobjektes berechtige den Vermieter, die Unterlassung und Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes zu begehren. Weshalb das gegen die Beklagte und nicht gegen den Pächter gerichtete Urteil nicht vollstreckbar sein sollte, sei nicht ersichtlich.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter, wonach diesem (ohne schriftliche Zustimmung des Vermieters) die Weitergabe des Mietobjektes, auch im Wege der Veräußerung oder Verpachtung des darin betriebenen Unternehmens, verboten wird, wurde nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs grundsätzlich für zulässig angesehen (MietSlg. 26.114, 22.320, 20.157, 20.158, 17.161; EvBl. 1975/289). Daran hat sich, jedenfalls was die Verpachtung betrifft, wie der Oberste Gerichtshof in einem dem vorliegenden durchaus vergleichbaren Fall bereits ausgesprochen hat, durch das Mietrechtsgesetz nichts geändert (MietSlg. 36.271). Bei einem Bestandverhältnis, auf das die Bestimmungen des MRG (nicht nur die Kündigungsbeschränkungen) anzuwenden sind, wird das vertragliche Verbot der Untervermietung zwar durch § 11 Abs. 1 MRG auf die dort angeführten wichtigen Gründe eingeschränkt. Der § 11 MRG betrifft, wie schon vorher § 18 a MG, jedoch seinem Wortlaut nach nur ein vertragliches Verbot der Untervermietung, nicht auch andere vertraglich verbotene Formen der Gebrauchsüberlassung, wie etwa der Überlassung gemieteter Geschäftsräume an dritte Personen durch Verpachtung des vom Mieter darin betriebenen Unternehmens. Ein vertragliches Verbot der Überlassung der Mieträumlichkeiten im Wege der Verpachtung des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens ist daher zulässig und verbindlich. Ein Verstoß gegen dieses Verbot berechtigt den Vermieter, die Unterlassung und Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes zu begehren. Eine extensive Auslegung des § 11 Abs. 1 MRG würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn in diesem Fall könnte sich der Vermieter auf ein vertragliches Verbot der Weitergabe dann berufen, wenn ein wichtiger Grund gegen die Weitergabe vorliegt, wobei ein wichtiger Grund unter anderem (Z 1) dann gegeben wäre, wenn der Mietgegenstand zur Gänze weitergegeben wird. Dies aber wird von der Beklagten gar nicht bestritten. Die Zulässigkeit der von ihr vorgenommenen Verpachtung damit zu rechtfertigen, daß § 12 Abs. 3 MRG sogar die Unternehmensveräußerung zulasse, scheitert daran, daß § 12 Abs. 3 MRG einen durchaus verschiedenartigen Sachverhalt regelt. § 12 Abs. 3 MRG knüpft an die Veräußerung eines Unternehmens, worunter nur die endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen verstanden werden kann, die Folge, daß die Hauptmietrechte am Mietgegenstand und die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses an den Erwerber des Unternehmens übergehen und daß der Vermieter vom Erwerber - unter den dort beschriebenen Voraussetzungen - eine Erhöhung des Hauptmietzinses verlangen kann. Die von der Beklagten vorgenommene Verpachtung beinhaltet aber keine endgültige Übertragung der Rechte am Unternehmen, daher auch keinen Übergang der Hauptmietrechte am Bestandgegenstand.

Insoweit die Revision neuerlich auf § 879 Abs. 3 ABGB zurückkommt, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Anwendbarkeit dieser Bestimmungen verwiesen werden (vgl. § 39 Abs. 1 KSchG).

Daß Punkt 1 des Urteilsspruches nicht Gegenstand einer Vollstreckung sein könnte, wird von der Revision nicht mehr behauptet. Punkt 2 des Urteilsspruches entspricht dem Anspruch des Klägers auf Wiederherstellung des früheren Zustandes. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes erfordert ein positives Tun. Ein Auftrag hiezu in Verbindung mit konkreten Handlungsverpflichtungen stellt grundsätzlich eine zur Exekutionsführung taugliche Grundlage dar (MietSlg. 25.615/22). Die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Beendigung eines Pachtverhältnisses kann regelmäßig durch Kündigung zu den vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsterminen erfolgen und bedarf nicht der Mitwirkung des Pächters. Die Auffassung der Beklagten, daß Punkt 2 des Urteilsspruches keine taugliche Exekutionsgrundlage sein könne, weil die Wiederherstellung des früheren Zustandes ohne Mitwirkung der Pächterin nicht möglich sei, kann daher nicht geteilt werden. Bei der von der Revision herangezogenen Entscheidung MietSlg. 25.615 hatte das Wiederherstellungsbegehren einen anderen Wortlaut.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18106

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0070OB00582.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0070OB00582_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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