TE OGH 1989/6/15 8Ob27/89

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Veröffentlicht am 15.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon.-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Petrag und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Günter K***, Rechtsanwalt, Pampichlerstraße 1 a, 2000 Stockerau, als Masseverwalter im Konkurs der K.E. G*** Gesellschaft mbH, Schillerstraße 3, 2000 Stockerau, wider die beklagte Partei Ing. Peter F***, Kaufmann, Doktorberg 10/1, 2392 Kaltenleutgeben, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer und Dr. Gunter Granner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 790.300,- sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12.Jänner 1989, GZ 3 R 152/88-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30.Dezember 1987, GZ 13 Cg 56/87-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 17.959,64 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 2.993,27 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 22.5.1985, GZ 12 b E Vr 834/80-183, wurde der Beklagte des Vergehens der Bandenbildung nach dem § 278 Abs.1 StGB schuldig erkannt, weil er sich etwa in der ersten Jahreshälfte 1980 mit weiteren abgesondert verfolgten Personen (Gustav S***, Norbert S***, Margot Anna Laura K*** und Ralph N***) zu vorsätzlichen Straftaten verband. Diese bestanden darin, daß von einem von mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt Betrügereien ausgeführt wurden, indem sie übereinkamen, nach Österreich zu importierenden Whisky mit zu geringem Malz- und Alkoholgehalt in Flaschen abzufüllen und derart zu etikettieren, daß sie ihrer äußeren Aufmachung nach für den Käufer von einem echten, hochwertigen, in Großbritannien abgefüllten Whisky der Marke "Johnnie Walker" der Sorten "Black Label" und "Red Label" nicht zu unterscheiden sind. Sie kamen weiters überein, diesen minderwertigen Whisky sodann ins Ausland an noch anzuwerbende Großabnehmer als echten "Johnnie Walker Black Label" und "Johnnie Walker Red Label" zu verkaufen. Es wurde die Einziehung des bei der Firma Otto B*** beschlagnahmten losen Whiskys (ca. 44.000 Liter) und der dort ebenfalls beschlagnahmten abgefüllten, aber noch nicht etikettierten Whiskyflaschen (ca. 2200 Stück), des in der Zollfreihandelszone Wien beschlagnahmten abgefüllten Whiskys (7872 Flaschen a 0,7 Liter) sowie weiters der bei Karl Eugen G*** und Otto B*** beschlagnahmten leeren und vereinzelt mit verkehrsunfähigem Whisky abgefüllten Whiskyflaschen, der Flaschenverschlüsse und Etiketten ausgesprochen. Dieses Urteil erwuchs mit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 17.7.1986, 26 Bs 190/86, in Rechtskraft.

Nach den wesentlichen strafgerichtlichen Feststellungen sollte die Transaktion über einen fingierten Auftrag einer nicht existenten Firma namens "A***-A***" in Äthiopien durchgeführt werden. Als Zwischenhändler beim Verkauf sollte die Scheinfirma "S***-T***" fungieren. In Verfolgung ihres kriminellen Planes zogen die Bandenmitglieder mit Briefpapier der beiden Firmen "A***-A***" und "S***-T***" eine ausführliche und rege Scheinkorrespondenz zwischen "A***-A***" und dem Beklagten auf. Am 3.3.1980 wurde der von Anfang an in den Plan eingeweihte Beklagte von "A***-A***" als Partner zum Abfüllen alkoholischer Getränke in Österreich erfolgreich angeworben. Der Beklagte setzte sich mit Karl Eugen G*** aus Stockerau in Verbindung, ließ sich von ihm eine Kostenaufstellung über die Abfüllung alkoholischer Getränke mit S 10,771 pro Flasche machen und sandte sie an die Firma "A***-A***". Am 16.5.1980 erteilte "A***-A***" dem Beklagten den Abfüllauftrag mit der Bekanntgabe, daß sowohl der Whisky wie auch die Flaschen direkt an die Firma "Karl G***" in Stockerau geliefert würden. Karl G*** hatte inzwischen die erforderlichen Flaschenverschlüsse bestellt und beim Finanzamt für Körperschaften um Ausstellung einer Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung für ein Ansuchen um Bewilligung eines aktiven Veredelungsverkehrs ersucht. Am 30.6.1980 beantragte er auch beim Zollamt Tulln die Bewilligung eines aktiven Veredelungsverkehrs, wobei als Auftraggeber die Firma "A***-A***", vertreten durch den Beklagten, genannt wurde. Als Karl G*** Anfang Juli 1980 bei der Firma "E*** C*** KG" in Lustenau bei der Bestellung von 480.000 Stück Etiketten nach Mustern, die ihm vom Beklagten übergeben worden waren, Schwierigkeiten hatte, bestätigte ihm der Beklagte mit Schreiben vom 19.7.1980 namens seines ausländischen Auftraggebers, daß dieser durch den Whiskyproduzenten "Johnnie Walker" berechtigt sei, die entsprechenden Flaschenausstattungen jeweils in 4facher Ausführung fotographisch zu übernehmen, genau ohne Änderung nachzudrucken und die Abfüllung, Etikettierung und Verschließung mit dem beigestellten Material durchzuführen. Mit dem Schreiben vom 14.7.1980 bestätigte die Firma "K.E. G***", vom Beklagten einerseits den Auftrag zum Abfüllen von 120.000 Flaschen losen Whiksys, andererseits einen Deckungswechsel über S 790.300,-- zur Abdeckung der entstandenen Kosten erhalten zu haben, wobei Bezogener der Beklagte war. Die nunmehrige Gemeinschuldnerin "K.E. G*** GmbH" begehrte mit der vorliegenden bei Gericht am 18.6.1982 eingelangten Wechselklage die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages über S 790.300,-- aus diesem vom Beklagten akzeptierten Wechsel. Das Verfahren wurde mit dem Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 26.11.1984 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Strafverfahrens unterbrochen. Es wurde von dem Masseverwalter der Klägerin, über die am 2.1.1987 der Konkurs eröffnet wurde, mit dem bei Gericht am 19.6.1987 eingelangten Antrag fortgesetzt.

Der Beklagte hatte gegen den Wechselzahlungsauftrag Einwendugen erhoben und vorgebracht, daß er wohl den Wechsel akzeptiert habe, daß aber das Fälligkeitsdatum von der Gemeinschuldnerin eingesetzt worden sei. Im Jahre 1980 habe die Firma A***-A*** in Äthiopien, mit deren Geschäftsführer er privat bekannt war, angefragt, ob es ihm möglich wäre, in Österreich alkoholische Getränke abzufüllen und etikettieren zu lassen. Die Gemeinschuldnerin habe sich bereit erklärt, die Spirituosen in Österreich abzufüllen und zu etikettieren und für den zusätzlichen Kapitalbedarf vom Beklagten die Akzeptierung eines Wechsels verlangt, um so die Finanzierung des Geschäftes zu ermöglichen. Der Beklagte sei zur Sicherung seiner Provision bereit gewesen, einen Wechsel zu akzeptieren. Er habe nur als Vermittler fungiert, der Auftrag zur Abfüllung und Etikettierung des Whiskys sei von der Lieferantin "A***-A***" erteilt worden. Das Geschäft sei geplatzt, als die Ware von den österreichischen Zollbehörden beschlagnahmt wurde. Eine Verbindlichkeit des Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin bestehe nicht, weil die klagende Partei keinen Schaden erlitten habe. Der Wechsel sei vom Beklagten nur zur Finanzierung des Geschäftes gegeben worden. Eine Finanzierung sei nicht erfolgt, weil das Geschäft nicht zustande gekommen sei.

Nach Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens brachte der Beklagte vor, der Gemeinschuldnerin sei bei Erbringung der Leistung, zumindest aber ab August 1980 bekannt gewesen, daß die Etikettierung der Flaschen "Johnnie Walker" ein strafrechtlich zu ahndender Betrug sei. Eine Zahlungspflicht aus dem Wechsel könne allenfalls für

27.696 ausgelieferte Flaschen daher in Höhe von S 361.878,04 bestehen. Die Übernahme der Wechselverpflichtung sei mangels Zustimmung durch die Nationalbank im Sinne der §§ 4, 22 DevG nichtig. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin (Karl Eugen G*** - AS 22) habe Kenntnis davon gehabt, daß deren Werkleistungen Teil eines verbrecherischen Komplotts mit dem Ziel der betrügerischen Vermarktung von Whisky der Marke "Johnnie Walker Black Label" und Johnny Walker Red Label" seien. Der Geschäftsführer hätte sich darüber klar sein müssen, daß der Whisky samt allen Leistungen, die die spätere Gemeinschuldnerin erbringe, dem zwingend durch das Gesetz vorgeschriebenen Verfall unterliege. Die Wechselverpflichtung sei wegen gegebener Sitten- und Gesetzwidrigkeit gemäß § 879 ABGB nichtig.

Die Gemeinschuldnerin hatte dagegen im wesentlichen eingewendet, daß der ausschließliche Auftraggeber und Geschäftspartner der Beklagte gewesen sei. Er habe auch den auf die Summe von S 790.300,-- ausgestellten Wechsel als Akzeptant unterschrieben, weil die Gemeinschuldnerin die Firma "A***-A***" nicht gekannt und daher die vollständige Haftung des Beklagten verlangt habe. Es habe sich dabei nicht um einen "Finanzierungswechsel" gehandelt. Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe der Behauptung des Beklagten, zur Verwendung der "Johnnie Walker" Etiketten und Verschlüsse berechtigt zu sein, vertraut.

Schließlich brachte der Kläger vor, daß der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin in dem gegen ihn geführten Strafverfahren freigesprochen worden sei, weil nicht einmal der Beklagte behauptet habe, daß er von den Hintergründen des Whisky-Geschäftes gewußt habe. Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag mit dem Betrag von S 737.716,61 sA aufrecht und wies das Mehrbegehren von S 52.583,39 sA ab. Es traf die auf den S. 10 bis 21 der Urteilsausfertigung vollständig wiedergegebenen Feststellungen, die zu Zwecken der Übersichtlichkeit auf die wesentlichen Belange zusammengefaßt dargestellt werden:

Etwa im April 1980 besprach der Beklagte mit dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin G*** die Möglichkeit, in Österreich Veredelungsarbeiten an Getränken durchzuführen. G*** vertraute dem Beklagten als einem integren Geschäftsmann. Mit dem Brief vom 30.4.1980 teilte der Beklagte der Gemeinschuldnerin mit, daß er von einer ausländischen Firma beauftragt wurde, verschiedene alkoholische Getränke im Namen dieser Firma abfüllen, verpacken und versenden zu lassen. Aufgabe der Gemeinschuldnerin sollte die Manipulation mit der von der ausländischen Firma beigestellten Ware in Österreich sein. Der Beklagte beauftragte die Gemeinschuldnerin mit der Durchführung der Veredelungsarbeiten und ersuchte um die Bekanntgabe der Kosten.

Da die Gemeinschuldnerin keine Fachfirma war, holte sie Offerte von anderen Unternehmen ein und übermittelte dem Beklagten eine Kostenaufstellung. Mit dem Brief vom 12.5.1980 teilte er der Gemeinschuldnerin mit, daß die Kosten im Rahmen seines Auftrages lagen und ersuchte sie nochmals um Durchführung der Manipulation. Der Beklagte erteilte weitere Angaben über die Anlieferung des schottischen Whiskys und verwies darauf, daß bei Fertigstellung der Arbeiten und Rechnungslegung prompte Zahlung erfolgen werde. Im Schreiben vom 23.6.1980 bestätigte der Beklagte nochmals den Auftrag zur Manipulation des "lose gelieferten Whiskys" und bat um Verrechnung der Kosten mit der Firma A*** A*** I*** A*** A***, wobei die Kosten pro Flasche S 6,586 betragen sollten. Für Mitte Juli 1986 kündigte der Beklagte eine Lieferung von 120.000 Litern an. Mit dem Antwortschreiben der Gemeinschuldnerin vom 14.7.1980 bestätigte sie den erteilten Auftrag, wonach die Gemeinschuldnerin den vom Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellten Whisky 40 Vol% in Flaschen abzufüllen, die Flaschen zu verschließen, zu etikettieren und in Kartons zu verpacken hatte, wobei auch die Flaschen der Gemeinschuldnerin kostenlos vom Beklagten zur Verfügung zu stellen waren. Der Auftragsumfang belief sich zunächst auf 120.000 Flaschen. Die Gemeinschuldnerin gab ihre Kosten für 120.000 Flaschen mit S 790.300,-- bekannt, die der Firma A*** A*** verrechnet werden sollten. Da der Gemeinschuldnerin die Firma A*** A*** unbekannt war, verlangte sie vom Beklagten einen Deckungswechsel über S 790.300,--, der dann fällig gestellt werden sollte, wenn A*** A*** aus irgendwelchen Umständen ihre Forderungen nicht begleichen kann.

Die Gemeinschuldnerin bestätigte dem Beklagten, von ihm einen Wechsel über S 790.300,-- erhalten zu haben, der vom Beklagten angenommen worden war, jedoch kein Verfallsdatum trug. Für die Abfüllarbeiten gewann die Gemeinschuldnerin die Firma Otto B***, Stockerau. Deren Bedenken, daß die Gemeinschuldnerin zur Auftragserteilung für die Abfüllung von Whisky der Firma John W*** nicht berechtigt sei, gab sie an den Beklagten weiter. Dieser bestätigte mit dem Brief vom 17.7.1980, daß sein ausländischer Auftraggeber die Genehmigung habe, Whisky mit der Bezeichnung "Johnnie Walker" "Black Label" und "Red Label", die Flaschenausstattungen jeweils in vierfacher Ausfertigung, photographisch zu übernehmen und genau und ohne Änderungen nachzudrucken. Weiters versicherte der Beklagte, daß sein Auftraggeber berechtigt sei, die Abfüllung, Etikettierung und Verschließung mit dem beigestellten Material durchzuführen. Im Auftrag seines ausländischen Auftraggebers übertrug der Beklagte dieses "Recht am geistigen Eigentum" an die Gemeinschuldnerin. Der Beklagte legte weiters die Photokopie eines Briefes der Firma John W*** & Sons Ltd. vom 10.1.1980 an die Firma A*** A*** vor, demzufolge der Firma A*** A*** von W*** die Genehmigung erteilt wurde, "Johnnie Walker" Whisky mit rotem und schwarzem Etikett in 0,7 und 0,75 Liter-Flaschen abzufüllen, wobei die Etiketten dem übergebenen Muster entsprechen müssen. Im Verkehr mit der Firma Otto B*** wurde von den Streitteilen der Adressat des Schreibens der Firma W*** vom 10.1.1980 abgedeckt, um einen direkten Kontakt der Firma B*** zur Firma A*** A*** zu verhindern. Auf Grund des Strafverfahrens zu 12 b E Vr 834/80, Hv 655/83 des KG Korneuburg steht jedoch fest, daß es sich bei der Firma A*** A*** um eine Scheinfirma handelte, das Schreiben der Firma John W*** an A*** A*** vom 10.1.1980 gefälscht ist und von A.T.J*** nie unterschrieben wurde. Durch das Schreiben vom 10.1.1980 waren alle Bedenken des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin zerstreut; die Firma B*** begann mit der Abfüllung. Die Gemeinschuldnerin besorgte zwischenzeitig Etiketten und Verschlüsse, die sie auf Grund der angeblichen Ermächtigung herstellen ließ. Die Gemeinschuldnerin hatte auch die Genehmigung für den Veredelungsverkehr erwirkt. Die Flaschen wurden ihr von der deutschen Firma G*** geliefert. Es wurden drei Tankzüge mit Whisky angeliefert, der laut den Zertifikaten in England erzeugt wurde, wobei als Lieferfirma die deutsche Spirituosen GmbH K***, auftrat. Nach der Verpackung des abgefüllten Whiksys und der Etikettierung sowie dem Verschluß der Flaschen wurde der in Kartons zu je 12 Flaschen verpackte Whisky wieder in die Zollfreizone zurückgestellt.

Mit dem Brief vom 26.8.1980 teilte der Beklagte der Gemeinschuldnerin mit, daß die Firma A*** A*** die von der Gemeinschuldnerin manipulierte Ware im Ausmaß von 10.000 Kartons an eine Firma S*** T*** C***, Benin, verkauft habe. Namens des Auftraggebers ersuchte der Beklagte, die Ware, deren Versandbereitschaft die Gemeinschuldnerin mitgeteilt hatte, für den Käufer bereitzuhalten, der sich direkt mit ihr in Verbindung setzen wollte. Die Firma S*** T*** C***, Benin, ist, wie auf Grund des Strafverfahrens feststeht, ebenfalls eine Scheinfirma. Die Gemeinschuldnerin übermittelte dem Beklagten Kopien der einzelnen klägerischen Rechnungen an die Firma A*** A*** und wurde ihrerseits von der Firma M*** für Verpackungsmaterial und für eine Etikettierungsmaschine rechnungsmäßig belastet. Die Gemeinschuldnerin gab die Lagerscheine und die schriftlichen Abtretungserklärungen bezüglich der in der Zollfreizone gelagerten verpackten Ware an den Beklagten weiter und ersuchte unter Hinweis auf die der Firma A*** A*** gelegten Rechnungen mit Brief vom 16.10.1986 den Beklagten um prompte Bezahlung der Rechnungen. Die Firma B*** wandte sich am 26.8.1980 direkt an die Firma John W***, die um Übersendung einer Kopie des Schreibens vom 10.1.1980 ersuchte. Als die Fälschung erkannt wurde, kam es zu Hausdurchsuchungen und in der Folge zur Beschlagnahme des Whiskys, der Flaschen, Etiketten und Verschlüsse. Im Brief vom 16.10.1980 nahm die Gemeinschuldnerin auf diese behördlichen Aktionen Bezug und kündigte an, daß sie den Beklagten bzw. die Firma A*** A*** mit sämtlichen enstandenen Kosten und die in Zukunft entstehenden Auslagen in Anspruch nehmen müsse, sollte dieses Geschäft nicht legal gewesen sein.

Die W*** H*** UND U*** GMBH erstellte der Gemeinschuldnerin für Lagergeld, Manipulationen, Versicherung verschiedene, im erstgerichtlichen Urteil ausgewiesene Rechnungen. Auch die Firma B*** legte die im Urteil des Erstgerichtes detailliert ausgewiesenen Rechnungen und fakturierte auch Lagerkosten. Mit dem Brief vom 20.4.1982 machte die Gemeinschuldnerin beim Beklagten unter Zumittlung einer Kostenaufstellung S 780.540,03 mit Stichtag 31.3.1982 geltend. Außerdem kündigte die Gemeinschuldnerin die Fälligstellung des Wechsels an, falls bis 30.4.1982 keine Zahlung von mindestens S 300.000,-- vom Beklagten geleistet würde.

Die Kostenaufstellung hatte folgenden Inhalt:

S  76.269,16       8192 verbliebene Kartons

S  26.886,65       Etikettiermaschine

S 280.601,46       Rechnungen an A*** A*** incl. 18 % USt.

S  38.938,44       PP-Verschlüsse (Rest) 92304 Stück

S  28.240,55       Lagerkosten Zollfreizone Wien

S 158.238,--       Lagerkosten der Fa. B***

S  32.396,90       PP Anrollkopf plus Montage

S  36.306,43       Etikettenrest 92304 und

               anteilige Stanzenkosten

S 677.877,59

S 102.662,44       Verzugszinsen

S 780.540,03

Der Beklagte teilte der Gemeinschuldnerin mit Brief vom

30.4.1982 mit, daß er nach Rücksprache mit seinem Rechtsvertreter

keinerlei Zahlungen leiste. Die Gemeinschuldnerin vervollständigte

den Wechsel über S 790.300,-- und setzte als Verfallsdatum den

19.5.1982 ein. Der Wechsel wurde der Raiffeisenbank Stockerau zum

Inkasso überreicht, die ihn zum Inkasso an die Zentralsparkasse und

Kommerzialbank Wien, deren Filiale 1140 Wien, Linzerstraße 28, als

Zahlstelle am Wechsel aufschien, weiterleitete. Der Wechsel wurde

dem Beklagten vorgelegt, jedoch nicht honoriert. Die

Zentralsparkasse der Raiffeisenbank Stockerau retournierte ihn mit

Brief vom 21.5.1982 ohne Protest.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der Beklagte den Wechsel über S 790.300,-- als Deckungswechsel gegenüber der nunmehrigen Gemeinschuldnerin für den Fall, daß die Firma "A***-A***" diese Forderung aus irgendwelchen Umständen nicht begleichen könne, begeben habe. Der Einwand der Nichtigkeit nach § 22 Devisengesetz sei nicht berechtigt, weil es eine Firma "A***-A***" unter der vom Beklagten angegebenen Adresse nicht gebe. Es bestehe keine Notwendigkeit einer devisenbehördlichen Genehmigung des Wechselgeschäftes durch die Österreichische Nationalbank, wenn in Wirklichkeit kein Auslandsbezug gegeben sei. Es sei nicht einzusehen, daß nach Aufdeckung des Betrugsversuches zur Geltendmachung der Schadenersatzansprüche der Gemeinschuldnerin eine Bewilligung der Nationalbank notwendig sein solle. Die Gemeinschuldnerin habe durch das strafgesetzwidrige Verhalten des Beklagten und die Nichtzahlung der Fakturen durch die nichtexistente Firma "A*** A***" einen Schaden erlitten. Dieser betrage für Aufwendungen und Lagerkosten insgesamt S 632.013,79, dazu kämen Zinsen in der Höhe von S 105.702,82. Insgesamt sei sohin der Wechselzahlungsauftrag mit dem Betrag von S 737.716,61 aufrecht zu erhalten. Die vom Beklagten geltend gemachten Tatbestände nach den §§ 897, 880 ABGB lägen nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es verwarf dessen Mängelrüge, wonach das Erstgericht angeblich zu Unrecht die Feststellungen des Strafurteiles übernommen habe und hielt dem Beklagten weiters entgegen, daß sich das Erstgericht gemäß § 268 ZPO an die vom Strafgericht festgestellten Tatsachen, die den Beweis oder die Zurechnung der strafbaren Handlung betrafen, mit Recht für gebunden erachtet habe. Da der Beklagte gewußt habe, daß eine Firma "A***-A***" in Äthiopien gar nicht existierte, könne von einer durch Begebung des Wechsels bewilligungspflichtigen Zahlung nicht die Rede sein. Ein nichtexistenter Ausländer (die Firma "A***-A***") sei nämlich kein Ausländer im Sinne des Devisengesetzes. Der Beklagte habe vielmehr als Bezogener des Wechsels als Inländer eine eigene Wechselverpflichtung gegenüber einer inländischen Firma übernommen. Es könne daher keine Rede davon sein, daß diese Wechselbegebung dem Devisengesetz widersprochen habe. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs.1 Z 1 bis 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern, den Wechselzahlungsauftrag aufzuheben und das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte rügt als Nichtigkeit bzw. Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens, daß das Erstgericht die Feststellungen des Strafgerichtes einer Entscheidung zugrundegelegt habe. Dem hat jedoch schon das Berufungsgericht entgegengehalten, daß es sich hiebei um eine Bindungsfrage nach § 268 ZPO handelte, die das Erstgericht richtig gelöst habe; es hat damit das Vorliegen eines Verfahrensmangels verneint (vgl. SZ 23/1; 1 Ob 19/82 uza), so daß diese Frage im Revisionsverfahren nicht mehr neuerlich mit Erfolg releviert werden kann (§ 510 Abs.3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung entfernt sich der Beklagte insoweit von den Feststellungen der Vorinstanzen, als diese ausdrücklich als erwiesen annahmen, daß der vom Beklagten als Bezogener angenommene Deckungswechsel über S 790.300,-- dann fälliggestellt werden sollte, "wenn A*** A*** aus irgendwelchen Umständen die klägerischen Forderungen nicht begleichen kann". Die Auslegung dieser Sicherungsabrede, die der Wechselbegebung zugrunde liegt, ist durch ihren Zweck bestimmt: die Gemeinschuldnerin sollte gegen die ihr aus der völligen Unbekanntheit der - vom Beklagten erfundenen, aber in Wahrheit nicht existierenden - Vertragspartnerin A*** A*** allenfalls erwachsenden Risken der Vertragserfüllung durch den von ihm akzeptierten Sicherungswechsel (vgl. Baumbach/Hefermehl, WuSchG16 Rz 5 zu Art 30 WG u. Rz 89 zu Art 17 WG) ausreichend abgesichert werden. Es kann deshalb auch kein Zweifel daran bestehen, daß diese Sicherungsabrede auch und vor allem dann zur Haftung des Beklagten aus diesem Sicherungswechsel führen muß, wenn sich herausstellt, daß der vom Beklagten vertretene vermeintliche Vertragspartner und Schuldner der Gemeinschuldnerin aus dem besicherten Rechtsgeschäft gar nicht existiert, sondern vom Beklagten erfunden worden war. In einem solchen Fall sind die hier in Betracht kommenden Vorschriften des Art 8 Nr 11 der E*** über die Scheinvertretung anzuwenden (Welser, Vertretung 186; Schuhmacher in Straube HGB Rz 5 zu Art 8 Nr 11 EVHGB). Demnach kann die Gemeinschuldnerin vom Beklagten, der wissentlich als Vertreter eines nicht bestehenden Rechtssubjektes aufgetreten ist, nach Abs 1 der angeführten Gesetzesstelle auch die Erfüllung des Vertrages verlangen (Schuhmacher aaO Rz 11). Mit Recht hat daher die Klägerin, als sich herausstellte, daß die vom Beklagten vertretene Vertragspartnerin A*** A*** nicht existiert, den ihr vom Beklagten übereigneten Sicherungswechsel fällig gestellt und damit ihren Anspruch auf Vertragserfüllung nach Art 8 Nr 11 Abs 1 der EVHGB gegen ihn geltend gemacht. Der devisenrechtliche Einwand des Beklagten ist unberechtigt, weil für einen nicht existierenden Vertragspartner die Frage der devisenrechtlichen Inländer- oder Ausländereigenschaft nicht aktuell werden kann; die Inländereigenschaft des als Scheinvertreter haftenden Beklagten steht aber ohnedies außer jeden Streit.

Mit dem weiteren Argument, er habe nur "für Rechnung der ausländischen A*** A***" den Wechsel unterfertigt, weil er davon ausging, daß diese Firma tatsächlich existierte, entfernt sich der Beklagte wiederum von den Feststellungen der Vorinstanzen; diese haben demgegenüber festgestellt, daß er um die Nichtexistenz derselben wußte und diese nur zur Verwirklichung seiner verbrecherischen Machenschaften vorgeschoben hatte. Daß hinter der "A*** A***" doch allenfalls ein anderes ausländisches "Rechtssubjekt" stand, wurde entgegen den diesbezüglich ebenfalls feststellungsfremden Ausführungen des Beklagten nicht festgestellt. Soweit der Beklagte schließlich für seinen Wechselskripturakt in Anspruch nimmt, daß darauf die nachträglich festgestellten Umstände nicht Anwendung zu finden hätten, weil er zur Zeit der Annahme des Wechsels jedenfalls von dem Bestand der "A*** A***" ausgegangen sei und daher ein devisenrechtlich genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft abgeschlossen habe, negiert er neuerlich die gegenteiligen Feststellungen. Ein nicht existentes ausländisches Unternehmen kann - wie bereits oben klargestellt wurde - ,jedenfalls nicht Devisenausländer im Sinne des § 10 DevG sein. Gänzlich unsubstantiiert sind die Ausführungen des Revisionswerbers, soweit er dem Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin Sorglosigkeit bei der Ausführung des übernommenen Geschäftes anzulasten trachtet und diesem die Schuld daran gibt, daß der manipulierte Whisky beschlagnahmt wurde. Auszugehen ist von den Feststellungen der Vorinstanzen, daß der Geschäftsführer um die verbrecherischen Machenschaften des Beklagten nicht wußte. Es kann daher kein Bezug zur Behauptung des Beklagten, daß die Hingabe des von ihm akzeptierten Wechsels wegen Machenschaften des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin nichtig sein soll, gefunden werden. Die vom Revisionswerber gewünschte Feststellung, wonach dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin bewußte Fahrlässigkeit anzulasten sei, haben die Vorinstanzen nicht getroffen. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht eindeutig klargestellt, daß das Erstgericht mit dem summarischen Hinweis auf die Feststellungen des Strafgerichtes nur jene Feststellung gemeint hat, die den Schuldspruch gegenüber dem Beklagten betrafen.

Soweit der Beklagte schließlich auf dem Standpunkt steht, daß er wegen der Außerverkehrsetzung des Whiskys gemäß § 880 ABGB aus dem Wechsel nicht in Anspruch genommen werden kann, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Beschlagnahme auf seine strafgesetzwidrige verbotene Manipulation zurückzuführen ist, sodaß § 880 ABGB nicht zum Tragen kommt (Rummel in Rummel Rz 1 zu § 880).

Da auch keine vom Geschäftsführer der späteren Gemeinschuldnerin verschuldete Erfüllungsvereitlung als erwiesen angenommen wurde, die Vorinstanzen vielmehr feststellten, daß der Beklagte diesen gezielt hinters Licht führte und sowohl dessen Leistungen listig veranlaßte als auch dessen Auslagen in vollem Umfang durch strafgerichtlich festgestellten Betrug bewirkte, erweist sich die Revision in allen Belangen als unberechtigt. Ihr war daher der Erfolg zu versagen. Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18158

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00027.89.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19890615_OGH0002_0080OB00027_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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