TE OGH 1989/6/20 12Os62/89

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Veröffentlicht am 20.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Juni 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer in der Strafsache gegen Renate B*** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Renate B*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24. April 1989, GZ 24 Vr 106/89-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Die Staatsanwaltschaft legte der am 26.November 1957 geborenen Renate B*** zur Last, am 14.Jänner 1989 in Innsbruck Manfred N*** durch einen Stich mit einem Hirschfänger eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine Stichverletzung im linken Oberbauch mit Eröffnung der Bauchhöhle, Verletzung von drei Dünndarmschlingen und des Bauchspeicheldrüsenkopfes sowie Durchtrennung mehrerer Gekröseschlagadern, absichtlich zugefügt und dadurch das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB begangen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Schöffengericht gemäß § 261 Abs 1 StPO seine Unzuständigkeit aus, weil es die Angeklagte auf Grund der Verfahrensergebnisse für "qualifiziert" verdächtig hielt, zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt zu haben. Anhaltspunkte in dieser Richtung erblickte das Erstgericht in der besonderen Gefährlichkeit der Tatwaffe (Hirschfänger mit ca. 14 cm langer, spitzer Klinge), der von der Angeklagten eingestandenen, erregungsbedingt kräftigen Stichführung, die zu einer waagrechten Durchdringung des Bauchraums in voller Klingenlänge und zu lebensgefährlichen Verletzungen führte, weiters in der zugegebenermaßen die grundsätzliche Tötungseignung derartiger Angriffshandlungen einschließenden Einsicht der Angeklagten und in dem Umstand, daß mit der Abwendung vom Tatopfer und der geplanten neuen Beziehung zu einem anderen Partner auch ein plausibles Tötungsmotiv in Betracht komme.

Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Der Beschwerde ist zwar einzuräumen, daß die unmittelbar nach den Tathandlungen einsetzende Bemühung der Angeklagten, eine ehestmögliche ärztliche Versorgung des Tatopfers sicherzustellen, als Indiz gegen die Annahme eines tataktuellen Tötungsvorhabens gewertet werden könnte und die Modalitäten des Tatgeschehens mit der Verantwortung der Angeklagten, sie habe Manfred N*** "nur einen Denkzettel verpassen", ihn aber nicht töten wollen, in abstracto nicht unvereinbar sind. Da aber die Frage, ob die anklagegegenständliche Tat als der sachlichen Kompetenz des Schöffengerichtes unterliegendes Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB oder als der Aburteilung durch das Geschwornengericht vorbehaltenes Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu beurteilen ist, allein von der inneren Tatseite abhängt und die dargelegten äußeren Begleitumstände ersichtlich auch den Tatsachenschluß in Richtung versuchten Mordes zulassen, liegen die in § 261 Abs 1 StPO normierten Voraussetzungen für das bekämpfte Unzuständigkeitsurteil vor. Danach genügt es nämlich, daß sich die Verdachtslage in Richtung einer in die Zuständigkeit des Geschwornengerichtes fallenden strafbaren Handlung zu einem sogenannten Anschuldigungsbeweis verdichtet hat, ohne daß die diesbezügliche Täterschuld unbedingt voll erwiesen sein müßte (Mayerhofer-Rieder2, ENr. 6 bis 10 zu § 261 StPO). Genug daran, daß die erzielten Verfahrensergebnisse bei Anlegung eines realitätsbezogenen Maßstabes die Annahme der Erfüllung aller Merkmale eines der Ahndung durch das Geschwornengericht vorbehaltenen Straftatbestandes als naheliegend erkennen lassen. Dies trifft im Sinn der erstgerichtlichen Erwägungen im konkreten Fall zu.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Anmerkung

E17634

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00062.89.0620.000

Dokumentnummer

JJT_19890620_OGH0002_0120OS00062_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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