TE OGH 1989/6/28 3Ob63/89

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*** D*** & Co. AG, Salzburg, Griesgasse 11, vertreten durch Dr.Georg Reiter und Dr.Christoph Brandweiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die verpflichtete Partei ALB A*** & L***, Bauunternehmung Gesellschaft mbH, Badgastein, Schareckstraße 4, vertreten durch Dr.Gerald Jahn und Dr.Johann Essl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 4,303.688,03 sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 20. April 1989, GZ 22 R 187/89-27, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 9.März 1989, GZ E 1117/88-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird hinsichtlich der Pfandgegenstände Postzahl 23, 23 A und 24 des Pfändungsprotokolls E 2759/86-2 zurückgewiesen.

2. Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß

a) die Punkte 1.) und 3.) des erstgerichtlichen Beschlusses ON 22 wieder hergestellt werden und

b) die betreibende Partei schuldig erkannt wird, der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen folgende Kosten zu ersetzen:

Einstellungsantrag ON 11 S 8.500,54 (davon Umsatzsteuer S 772,78) Rekurs ON 19 S 18.394,20 (davon Umsatzsteuer S 3.065,70) Kosten der Tagsatzung vom 9.März 1989 S 36.763,20 (davon Umsatzsteuer S 6.127,20)

Rekurs ON 24/25 S 22.829,40 (davon Umsatzsteuer S 3.804,90) Revisionsrekurs ON 28 S 11.125,80 (davon Umsatzsteuer S 1.854,30).

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 30.September 1986 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei gemäß § 371 Z 2 EO zur Sicherung von Geldforderungen die Fahrnisexekution sowie die bücherliche Vormerkung des Zwangspfandrechtes ob den Liegenschaften EZ 129 und 294 je KG Remsach sowie EZ 189 KG Böckstein. In mehreren Vollzügen wurden die im Pfändungsprotokoll E 2759/86-2 des Erstgerichtes unter den Postzahlen 1 bis 55 angeführten Gegenstände gepfändet. Bei den Postzahlen 1 bis 22 und 55 handelt es sich um acht Lastkraftwagen (zum Teil Betonmischer), einen Tieflader, einen Radlader, einen Anhänger, vier Personenkraftwagen, drei Kompressoren, drei Hochkräne, einen Bagger, einen Grabenbagger und eine Straßenwalze; unter den Postzahlen 23 bis 54 wurden drei Personenkraftwagen, drei Schreibmaschinen, ein Telefonwählautomat, fünf Rechner, ein Telefax, ein Eurofunk, acht Schreibtische mit fünf Drehsesseln, acht Bürokästen und ähnliches, eine Lichtpausmaschine, ein Kopierer, ein Zeichentisch mit zwei Sesseln, ein Tresor, ein Besprechungstisch mit vier Sesseln, zwei Bilder, eine Glasvitrine und eine Kaffeemaschine gepfändet.

Die verpflichtete Partei beantragte die Einstellung des Exekutionsverfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO iVm § 252 Abs 1 EO. Auf den Liegenschaften in Remsach befänden sich der "Bauhof" und die Arbeiterwohnstätte der verpflichteten Partei, auf der Liegenschaft in Böckstein das Bürogebäude; nur der erste Stock dieses Gebäudes werde privat genutzt. Die Pfandgegenstände dienten dem Unternehmen der verpflichteten Partei zum ständigen Gebrauch und hätten sich zur Zeit der Pfändung auf den Betriebsliegenschaften befunden. Die verpflichtete Partei sei Eigentümerin aller gepfändeten Fahnisse. Die Pfändung sei unzulässig. Das Unternehmen der verpflichteten Partei werde auf den angeführten Betriebsliegenschaften betrieben, die ausschließlich und dauernd dem Betrieb des Unternehmens gewidmet seien. Die Liegenschaft in Böckstein sei zumindest überwiegend dem Unternehmen gewidmet; die bauliche Ausgestaltung durch den Eigentümer weise darauf hin, daß das Objekt zumindest vorwiegend für den Geschäftsbetrieb bestimmt sei.

Die betreibende Partei bestritt die Eigenschaft der gepfändeten Gegenstände als Liegenschaftszubehör; auf Zubehör eines Unternehmens könne § 252 Abs 1 EO nicht angewendet werden. Darüber hinaus lägen Betriebsliegenschaften nicht vor; die Liegenschaft in Böckstein werde überwiegend für private Wohnzwecke genutzt, auf den Liegenschaften in Remsach befänden sich außer einem Gebäude, das als Arbeiterunterkunft verwendet werde, nur einige Flugdachkonstruktionen, die dem Unterstellen gerade nicht im Einsatz stehender Baufahrzeuge dienten.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Antrag der verpflichteten Partei - mit Ausnahme der Postzahlen 23, 23 A und 24 - statt. Es stellte fest:

Bei den Liegenschaften der verpflichteten Partei handelt es sich um Betriebsliegenschaften, die ebenso wie ein von der verpflichteten Partei gemieteter Lagerplatz dem Betrieb der Bauunternehmung der verpflichteten Partei dauernd gewidmet sind, und zwar der gemietete Lagerplatz und der "Bauhof" EZ 129/294 KG Kremsach zur Gänze und die Liegenschaft EZ 189 KG Böckstein (Haus Schareckstraße 4) mit jenen vier (von sechs) mit getrenntem Zugang vom übrigen Haus versehenen Räumen, die sowohl nach ihrer Einrichtung als auch den dort tätigen Angestellten der verpflichteten Partei das Baubüro bilden, während sich in dem darüber gelegenen Stockwerk die Wohnung des Geschäftsführers der verpflichteten Partei befindet. Die Gegenstände Postzahl 1 bis 22 und 55 befanden sich zur Zeit des vom Erstgericht durchgeführten Ortsaugenscheines überwiegend auf dem "Bauhof", zu einem Teil auf dem gemieteten Platz und zum Teil auf Baustellen, die Gegenstände Postzahl 23 bis 54 - mit Ausnahme der PKWs, die in der Garage des Baubüros oder vor diesem standen im Baubüro. Alle Fahrnisse gehören dem Bauunternehmen der verpflichteten Partei und sind diesem gewidmet.

Bei den PKWs Postzahl 23, 23 A und 24 kam das Erstgericht deshalb zu einer Abweisung des Antrages, weil "den beiden Unternehmern" ohnedies die beiden PKWs Postzahl 18 und 19 zur Verfügung stünden.

Das Rekursgericht wies den Einstellungsantrag zur Gänze ab; es sprach aus, daß der Wert der einzelnen unter den Postzahlen 1 bis 55 in Exekution gezogenen Fahrnisse je S 15.000, nicht jedoch S 300.000 übersteige, und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Die Bestimmung des § 252 Abs 1 EO sei auch auf Betriebsliegenschaften anzuwenden, die dann vorlägen, wenn eine Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend dem Betrieb eines bestimmten Unternehmens dauernd gewidmet sei. Sei eine solche Betriebsliegenschaft gegeben, so sei das Zubehör zu dem auf ihr befindlichen Unternehmen Liegenschaftszubehör im Sinne des § 252 Abs 1 EO und damit einer abgesonderten Exekution entzogen. Das Baubüro der verpflichteten Partei sei jedoch in einem Wohngebäude untergebracht; es liege sohin keine überwiegende Widmung dieser Liegenschaft als Betriebsliegenschaft vor. Falle aber das Baubüro als Mindesterfordernis für das auf den Liegenschaften betriebene Unternehmen weg, so könnten die als Lager- und Einstellplätze verwendeten Liegenschaften in Remsach allein die Qualifikation einer Betriebsliegenschaft nicht mehr begründen. Ein Lagerplatz könne keine Betriebsliegenschaft darstellen, zu der die abgestellten oder abzustellenden Fahrzeuge Zubehör wären. Der Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil zu den entscheidungswesentlichen Fragen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist hinsichtlich der Pfandgegenstände Postzahl 23, 23 A und 24 unzulässig, weil die zweite Instanz insoweit die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt hat (§ 78 EO iVm § 528 Abs 1 Z 1 ZPO). Die Bestimmung des § 502 Abs 3 iVm § 528 Abs 1 Z 1 ZPO (Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes durch die zweite Instanz im ersten Rechtsgang ohne Rechtskraftvorbehalt) kommt der verpflichteten Partei nicht zugute, weil das Erstgericht den Antrag der verpflichteten Partei auf Einstellung der Exekution insoweit ebenso wie bereits im ersten Rechtsgang abgewiesen hat, sodaß die Aufhebung hiefür nicht kausal war (Fasching IV 290 f).

Im übrigen jedoch ist der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei berechtigt.

Zubehör einer Liegenschaft im Sinne des § 252 Abs 1 EO ist eine körperliche bewegliche Sache, die erstens Eigentum des Liegenschaftseigentümers ist, zweitens dem wirtschaftlichen Zweck der Liegenschaft tatsächlich dient und dazu dauernd gewidmet ist und drittens in einer entsprechenden räumlichen Verbindung mit der Liegenschaft steht, wobei der wirtschaftliche Zweck der Liegenschaft sich aus ihrer sachlichen Beschaffenheit ergibt. Demnach sind als Zubehör auch Gegenstände anzusehen, die einem wirtschaftlichen Unternehmen dienen, dem die Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend gewidmet ist ("Betriebsliegenschaft"; RZ 1957, 105; 3 Ob 12/80 u.a.). Die Widmung für das Unternehmen stellt die entscheidende Beziehung her (Ehrenzweig2 I/2, 33). Dabei kommt es auf die tatsächliche Widmung an und nicht darauf, ob die Liegenschaft sich nur für den bestimmten Betrieb eignet oder ob sie auch für einen anderen verwendet werden könnte (SZ 39/174). Bei einer Betriebsliegenschaft müssen Liegenschaft und Unternehmen Eigentum ein- und derselben Person sein, damit die Liegenschaft und das darauf widmungsgemäß geführte Unternehmen insoweit eine rechtliche Einheit bilden.

Die (zusammenhängenden) Liegenschaften EZ 129 und 294 KG Remsach ("Bauhof") bilden in diesem Sinn eine Betriebsliegenschaft, weil sie dem wirtschaftlichen Unternehmen der verpflichteten Partei, in deren Eigentum sie stehen, dienen und diesem ausschließlich gewidmet sind. Bei dem von der verpflichteten Partei gemieteten "Lagerplatz" kann hingegen, wie von der zweiten Instanz zutreffend hervorgehoben wurde, von einer Betriebsliegenschaft nicht gesprochen werden, weil er nicht im Eigentum der verpflichteten Partei steht. Der Ansicht des Rekursgerichtes, die Pfandgegenstände Postzahl 1 bis 22 und 55 könnten nicht als Liegenschaftszubehör angesehen werden, weil diese drei Liegenschaften vor allem als Lagerplatz verwendet werden und die abgestellten und abzustellenden Fahrzeuge nicht Zubehör eines Lagerplatzes sein könnten, vermag der Oberste Gerichtshof nicht beizupflichten. Die besonderen Verhältnisse des von der verpflichteten Partei betriebenen Unternehmens bringen es naturgemäß mit sich, daß das benötige "Zubehör", also die Baugeräte und der Fuhrpark, nicht - wie etwa Maschinen in einer Fabrik stets auf der dem Unternehmen gewidmeten Liegenschaft bleiben, sondern an verschiedenen Baustellen verwendet und im Fall ihrer - tageweisen oder saisonbedingten - Nichtbenötigung auf dem "Bauhof", der Betriebsliegenschaft, abgestellt werden. In einem ähnlichen Fall hat Ehrenzweig (aaO) es als richtig bezeichnet, daß an sich (wirtschaftlich) der Fahrpark Zubehör eines Eisenbahnunternehmens ist, aber ebenso richtig, daß er als Teil der bücherlichen Bahneinheit, also als Zubehör des Bahnkörpers, behandelt wird. Liegenschaftszubehör muß nicht unbedingt räumlich auf der Liegenschaft liegen. Es genügt, wenn es mit ihr in fortdauernder Verbindung steht (Gesetzestext), also eine gewisse örtliche Beziehung besteht (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 294; Heller-Berger-Stix 1676; RSpr 1929/206). Es spielt keine Rolle, wenn Teile des Fuhrparks und der Baugeräte zeitweise aus irgendwelchen Gründen, etwa wegen Platzmangels, auf dem "Bauhof" oder auf dem dazu gemieteten Lagerplatz abgestellt werden.

Die Frage, ob die Liegenschaften EZ 129 und 294 KG Remsach als Betriebsliegenschaften und die auf ihnen gelagerten Fahrzeuge und Geräte als Zubehör dieser Liegenschaften, weil des auf ihnen betriebenen Unternehmens, anzusehen sind, hängt entgegen der Ansicht der zweiten Instanz nicht davon ab, ob das Baubüro der verpflichteten Partei auf einer Betriebsliegenschaft untergebracht ist oder in einem Gebäude, das nicht (zumindest überwiegend) dem Unternehmen gewidmet ist. Bei anderer Ansicht würde (auch) zB das Zubehör einer Fabriksliegenschaft diese Eigenschaft bereits dadurch verlieren, daß die Büro(Verwaltungs-)Räume in einem Gebäude untergebracht werden, das überwiegend anderen Zwecken gewidmet ist, und diese Eigenschaft (wieder) erlangen, sobald die genannten Räume sich auf einer Liegenschaft befinden, die zumindest überwiegend dem Fabriksunternehmen gewidmet sind.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet im übrigen jedoch der von der zweiten Instanz zur Liegenschaft EZ 189 KG Böckstein vertretenen Rechtsansicht nicht bei. Der Umstand allein, daß die als Wohnräume benützten Räume des auf dieser Liegenschaft errichteten Gebäudes zahlen- und flächenmäßig die Betriebsräume übertreffen, ist nicht entscheidend. Gewiß liegt eine Betriebsliegenschaft nur vor, wenn die Liegenschaft ausschließlich oder doch überwiegend dem Betrieb eines bestimmten Unternehmens dauernd gewidmet ist. Wird jedoch nur in einem Teil der Liegenschaft ein Unternehmen betrieben, während der übrige Teil der Liegenschaft anders verwendet wird, so entscheidet der Umstand, was wirtschaftlich überwiegt (Heller-Berger-Stix 949). Festgestellt wurde hiezu, daß im Erdgeschoß des Gebäudes (mit Ausnahme zweier Räume) das Baubüro der verpflichteten Partei untergebracht ist, während die Räume des ersten Stockwerkes als Privatwohnung des Betriebsinhabers benützt werden. Bei dieser Sachlage aber tritt die Bedeutung der vorhandenen Wohnräume in den Hintergrund. Zwar wird dann, wenn das auf der Liegenschaft errichtete Gebäude teils zur Unterbringung des Betriebes, teils als Miethaus verwendet wird, nicht von einer Betriebsliegenschaft gesprochen werden können. Treten aber die Wohnräume an Bedeutung in den Hintergrund, wie es der Fall ist, wenn sie vom Betriebsinhaber selbst zu Wohnzwecken benützt werden, so überwiegt die Widmung der Liegenschaft für das Unternehmen (3 Ob 356,357/59). Auch die Liegenschaft EZ 189 KG Böckstein ist daher als Betriebsliegenschaft zu qualifizieren.

Es war deshalb der angefochtene Beschluß spruchgemäß abzuändern. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 78 EO, 43 Abs 2 und 50 ZPO. Es liegt ein Zwischenstreit vor, in dem die verpflichtete Partei mit nur einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Antrages, der überdies besondere Kosten nicht veranlaßt hat, unterlegen ist. Für den Einstellungsantrag ON 11 waren entsprechend der Rechtslage vor dem 1.Jänner 1989 nur 10 % Umsatzsteuer zuzusprechen, für die Tagsatzung vom 9.März 1989 wurde eine Berechnung nach § 13 Abs 2 RAT nicht vorgenommen.

Anmerkung

E17893

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00063.89.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19890628_OGH0002_0030OB00063_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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