TE OGH 1989/7/6 13Os53/89

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Veröffentlicht am 06.07.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juli 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger (Berichterstatter), Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vondrak als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard H*** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Steyr als Schöffengerichts vom 8. März 1989, GZ. 11 Vr 26/89-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Jerabek, des Angeklagten Gerhard H*** und des Verteidigers Dr. Lindlbauer zu Recht erkannt:

Spruch

Beide Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 1. August 1959 geborene Kellner Gerhard H*** wurde des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB. (1) und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z. 1 WaffG. (2) schuldig erkannt. Der Schuldspruch wegen Betrugs wird von der Staatsanwaltschaft aus § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. und vom Angeklagten aus Z. 9 lit. b angefochten.

Insoweit liegt dem Angeklagten zur Last, am 28. November 1988 in Enns mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, den Kaffeehausteilhaber Christoph B*** durch die Hingabe einer einseitigen Kopie einer Tausend-Schilling-Note (an Stelle einer echten Banknote dieses Nennwerts), mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Herausgabe von Zigaretten und des Wechselgelds verleitet zu haben, wodurch B***

um tausend Schilling geschädigt wurde. Den Anklagevorwurf, der Vorsatz H*** wäre schon bei der Herstellung des Falsifikats darauf gerichtet gewesen, es als echtes Geld in Verkehr zu bringen (§ 232 Abs. 1 StGB.), nahm das Erstgericht nicht als erwiesen an. Erst im Zeitpunkt der Verwendung der angeblich für die beabsichtigte Produktion eines Films angefertigten Ablichtung hat der Angeklagte - über die betrügerische Schädigung hinaus - auch mit dem Vorsatz gehandelt, eine gefälschte (nachgemachte) Banknote in Umlauf zu bringen (Urteil S. 66, 67). Die Subsumtion dieses Sachverhalts unter § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB. lehnte das Gericht ab, weil der Angeklagte als unmittelbarer Geldfälscher nicht Täter dieses die Weitergabe nachgemachten oder verfälschten Geldes ohne Einverständnis mit dem Fälscher oder einem Mittelsmann pönalisierenden Tatbestands sein könne (S. 67, 68).

Rechtliche Beurteilung

Diese Rechtsauffassung kann, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend erkannt hat, nicht unwidersprochen bleiben. Das Erstgericht übersieht nämlich, daß der Angeklagte die Kopie nicht schon mit dem Vorsatz hergestellt hat, sie als echtes Geld in Verkehr zu bringen (§ 232 Abs. 1 StGB.). So gesehen ist er aber kein Fälscher und kann daher Täter des § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB. sein (siehe Kienapfel im Wiener Kommentar § 233 StGB. Rz. 5, 6, 17 und insbesonders 19). Im vorliegenden Fall ist das Falsifikat aber nur einseitig photokopiert. Damit stellt sich die Frage, ob ein "nachgemachtes" Geld in der Bedeutung der §§ 232, 233 StGB. überhaupt gegeben ist. Geld ist - schon zufolge des sprachlichen Sinngehalts dieses Worts - "nachgemacht", wenn es den Anschein gültigen echten Geldes erweckt (JBl. 1986, 195, 196 linke Spalte; Kienapfel im WK. § 232 StGB. Rz. 12). Maßstab für diesen Anschein ist die Verwechslungstauglichkeit des Falsifikats, eine demselben objektiv anhaftende Eigenschaft (Kienapfel a.a.O. Rz. 12 und 15). Eine solche Verwechslungsfähigkeit ist freilich nur dann gegeben, wenn das Falsifikat im wesentlichen einem öffentlich anerkannten Zahlungsmittel entspricht, wenn es alle Wesensmerkmale des Geldes hat. Zu den solcherart unverzichtbaren Merkmalen gehört jedenfalls der beiderseitige Aufdruck. Im gegenständlichen Fall konnte das Falsifikat daher den Anschein eines staatlichen Zahlungsmittels nicht erwecken (so auch Kienapfel im WK. § 232 StGB. Rz. 17 und in JBl. 1986 S. 197, wonach dann, wenn das Falsifikat nur einseitig bedruckt ist, die Verwechslungstauglichkeit fehlt, es sich nicht um nachgemachtes Geld handelt).

Indes muß die gekennzeichnete, spezifisch "geldgebundene" Verwechslungsuntauglichkeit (§§ 232, 233 StGB.) nicht mit der Untauglichkeit zu einer sonstigen Täuschung (§§ 108, 146 StGB.) zusammenfallen; dies schon deshalb nicht, weil eine Täuschung schlechthin unter Umständen (Beleuchtung, Sehkraft des Getäuschten etc.) ins Werk gesetzt werden kann, die - im Extremfall - die Feststellung auch nur der Geldähnlichkeit ausschließen. So gesehen kann ein Gegenstand, dem, wie hier, ein Wesensmerkmal des Geldes (beiderseitiger Aufdruck) fehlt, dennoch unter für den Täter günstigen Umständen einer anderen Person "Geld" vortäuschen. Darnach besteht gegen die erstinstanzliche Annahme des Betrugstatbestands aus der zuvor entwickelten Wesensumschreibung des Geldes kein begriffliches Hindernis. Der einen Schuldspruch ob § 233 Abs. 1 Z. 2 StGB. anstrebenden Beschwerde der Staatsanwaltschaft aber gebricht es an einem hiefür geeigneten Deliktsobjekt.

Unter Z. 9 lit. b behauptet der Angeklagte einen Feststellungsmangel des Urteils, weil es keine Konstatierungen zur Beurteilung der Frage enthalte, ob tätige Reue (§ 167 StGB.) gegeben sei. Allein Beweisergebnisse, die für die Annahme dieses Strafaufhebungsgrunds sprächen, liegen nicht vor.

Aus der Gendarmerieanzeige - die zur Beurteilung der aufgeworfenen Frage herangezogen werden kann, vgl. SSt. 21/30 - ergibt sich, daß die Rechtzeitigkeit und die Vollständigkeit der Schadensgutmachung i.S. des § 167 Abs. 2 StGB. fehlen. Die Tat ereignete sich am Abend des 28. November 1988 (in den Urteilsgründen wird versehentlich der 29. November 1988 angeführt). Die Geschäftsführerin des Lokals erstattete an diesem Tag um 22.30 Uhr beim Gendarmerieposten telephonisch die Anzeige, daß sie bei der Abrechnung der Tageslosung die (halbseitige) Photokopie des Geldscheins gefunden habe. Bei den "unmittelbar nach der Anzeigeerstattung" (S. 15) eingeleiteten Erhebungen wurde den Beamten mitgeteilt, daß an diesem Abend nur zwei Personen mit einer 1.000 S-Note gezahlt hatten, und zwar der Beschwerdeführer und sein Cousin Wolfgang H***. Zu diesem Zeitpunkt waren daher einem zur Strafverfolgung berufenen öffentlichen Sicherheitsorgan (§ 151 Abs. 3 StGB.) hinreichende Verdachtsgründe gegen den Nichtigkeitswerber bekannt. Wolfgang H*** wurde kurz darnach aufgegriffen und zum Posten gebracht; während der Protokollaufnahme kam der Beschwerdeführer zum Gendarmerieposten und legte ein Geständnis ab. Gleichzeitig konnte bei ihm Wechselgeld über 900 S sichergestellt werden (S. 15).

Geht man - wie die Rechtsrüge - unter Vernachlässigung der vorangegangenen Kenntnis der Gendarmerie von den Verdachtsgründen gegen den Angeklagten dennoch von einer Selbstanzeige i.S. des § 167 Abs. 3 StGB. aus, so fehlt die vollständige Schadensgutmachung. Der Aussage des Zeugen Christoph B*** in der Hauptverhandlung ist zu entnehmen, daß in diesem Zeitpunkt der gesamte, aus der Tat entstandene Schaden nicht gutgemacht, sondern noch ein Betrag von wenigstens 110 S offen war (S. 60).

Sonach waren beide Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Anmerkung

E18018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0130OS00053.89.0706.000

Dokumentnummer

JJT_19890706_OGH0002_0130OS00053_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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