TE OGH 1989/7/12 9ObA179/89

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Veröffentlicht am 12.07.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Rudda und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. Karl B***, Angestellter, Wien 12, Hetzendorferstraße 56/HH, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei U*** Österreich Gesellschaft mbH, Wien 7, Mariahilferstraße 20, vertreten durch Dr. Graham Schneider, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 186.153,-- brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31. März 1989, GZ 34 Ra 9/89-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. August 1988, GZ 18 Cga 1190/87-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 8.029,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.338,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1. November 1976 bei der Beklagten, die sich mit dem Vertrieb von Datenverarbeitungsanlagen beschäftigt, als Verkäufer angestellt. Auf sein Dienstverhältnis war der Kollektivvertrag für Handelsangestellte anzuwenden. Der Kläger erhielt am Beginn seiner Tätigkeit S 14.000,-- brutto Grundgehalt und eine Garantieprovision von S 7.000,-- brutto monatlich; ab 1. April 1977 erhöhte sich sein Gehalt auf S 16.000,-- brutto und S 7.000,-- Garantieprovision monatlich. Zuletzt bezog er ein Bruttomonatsgehalt von S 30.945,-- 14 x jährlich, ein Überstundenpauschale von S 4.145,-- brutto 14 x jährlich und eine durchschnittliche Provision von S 55.001,41 brutto 12 x jährlich. Der Provisionsanspruch der Verkäufer der Beklagten wird durch jährliche Provisionspläne geregelt. Schon der Provisionsplan 1977, an dem der Kläger noch nicht teilnahm, enthielt im Punkt 4.4 die Vereinbarung, daß jener Verkäufer Anspruch auf Provision hat, "der.....für den Kunden zum Zeitpunkt der Fälligkeit der einzelnen Provisionsteile zuständig ist." Bei Verkäufen waren nämlich 40 % der Provision bei Vertragsabschluß (sobald der Käufer nicht mehr zurücktreten konnte), 40 % bei Erstellung der Rechnung und 20 % sechs Monate danach fällig. Gemäß Punkt 10.1 des Provisionsplans war vereinbart, daß ein Verkäufer, dessen Dienstverhältnis aus welchen Gründen immer endet, jene Provisionen erhält, die noch während des Dienstverhältnisses fällig werden.

Der Kläger nahm erst am Provisionsplan 1978 teil, der vom 1. April 1977 bis 31. März 1978 galt. Zuletzt nahm der Kläger am Provisionsplan 1987 teil, der für alle Geschäfte vom 1. April 1986-31. März 1987 galt. In diesem Plan ist - inhaltlich ähnlich wie schon im Provisionsplan 1977 - vorgesehen, daß der Provisionsanspruch mit 40 % mit der Vertragsannahme, mit weiteren 40 % mit der Rechnungsstellung und mit 20 % drei Monate nach der Rechnungsstellung gutzuschreiben ist (2.04). Nach Punkt 1.06 Abs 7 besteht Anspruch auf Provision "nur auf den jeweiligen Provisionsteil". Den Provisionsanspruch hat daher jener Verkäufer, der für den Kunden "zum Zeitpunkt des Anspruchs auf die einzelnen Provisionsteile zuständig ist." Punkt 1.04 Abs 2 des Provisionsplanes lautet:

"Beendigung des Dienstverhältnisses

Endet das Dienstverhältnis eines Verkäufers mit Sperry (= Beklagte) aus welchem Grunde immer, werden Buchungsprovision und andere Provisionen gezahlt, solange eines der Anspruchsdaten erfüllt wird, bevor das Dienstverhältnis mit Sperry endet ......"

Die Tätigkeit des Klägers bestand im Abschluß von Verträgen und der Betreuung von Kunden vor und (mit Einschränkungen) auch nach dem Vertragsabschluß.

Der Kläger kündigte sein Dienstverhältnis zur Beklagten zum 30. April 1987 auf. Er behauptet, daß Punkt 1.04, Abs 2 des Provisionsplans, der festlege, daß bei Beendigung des Dienstverhältnisses nur mehr die im Zeitpunkt der Beendigung bereits fälligen Teile der Provision gezahlt werden, sittenwidrig und daher nichtig sei.

Der Kläger begehrt an Provision aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften, die erst nach seinem Ausscheiden entstanden bzw. fällig geworden sind, zuletzt den der Höhe nach unbestrittenen Betrag von S 186.153,-- brutto sA.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die mit dem Kläger getroffene Provisionsvereinbarung weiche zulässig von der nicht zwingenden Bestimmung des § 10 Abs 3 AngG ab. Diese Provisionsregelung habe im Unternehmen bereits bei Eintritt des Klägers gegolten. Die Tätigkeit der Verkäufer habe nicht nur in der Vermittlung von Geschäften, sondern auch in der Kundenbetreuung bestanden. Die bei Beendigung des Dienstverhältnisses an den Ausscheidenden nicht mehr zur Auszahlung kommenden Provisionsteile würden jenem Verkäufer zugeschrieben, der zu den maßgeblichen Zeitpunkten für die Kundenbetreuung zuständig sei.

Das Erstgericht traf die bereits eingangs wiedergegebenen Feststellungen und wies das Klagebegehren ab. Die Provisionsvereinbarung der Streitteile sei nicht sittenwidrig; es liege weder ein grobes Mißverhältnis zwischen den Interessen der Parteien noch ein Mißbrauch von Übermacht oder eine totale Auslieferung an die Fremdbestimmung durch die andere Partei vor. Der Kläger habe das Dienstverhältnis selbst aufgelöst; dadurch sei es bei ihm gelegen, daß er weitere Provisionen nicht erhalten habe. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Die Gestaltung des Provisionsanspruches der Angestellten sei (mit Ausnahme der Regelungen des § 10 Abs 5 und 12 AngG) der Vertragsfreiheit überlassen. Ein Unterschreiten von kollektivvertraglichen Mindestbezügen komme bei der Höhe des dem Kläger gewährten Entgelts nicht in Betracht. Da schon nach dem ersten für den Kläger geltenden Provisionsplan (1978) nur die während des aufrechten Dienstverhältnisses fällig werdenden Provisionsteile auszuzahlen waren, könne sich der Kläger auf eine "unter Druck" abgeschlossene Verschlechterungsvereinbarung nicht berufen. Das Androhen eines "vertragslosen Zustandes" nach Ablauf einer bestimmten Provisionsvereinbarung sei keine rechtswidrige Drohung iS des § 870 ABGB. Der Kläger habe nur Anspruch auf die "bedungene" Provision. Eine Teilung des Provisionsanspruchs in Elemente einer Abschlußprovision und einer Betreuungsprovision sei nicht zu beanstanden. Das Argument, daß der Kläger keine Provisionsteile bei Geschäften seines Vorgängers erhalten habe, aber Teile seiner Provision der beklagten Partei zufielen, lasse außer acht, daß er zu Beginn des Arbeitsverhältnisses garantierte Provisionsansprüche gehabt habe, die ihm schon ein Provisionseinkommen sicherten, auch wenn er mit der verdienten Provision den Garantiebetrag nicht erreichte. Im Ergebnis habe daher der Arbeitgeber eine "Vorleistung" erbracht. Von einem Vorenthalten von Provisionsteilen durch die Beklagte könne keine Rede sein. Der in Arb. 10.613 ausgesprochene Rechtssatz, daß die Beendigung des Arbeitsvertrages den Anspruch des Angestellten auf Provision aus den von ihm bis dahin abgeschlossenen oder vermittelten Geschäften nicht aufhebe, scheine zwar dem Kläger recht zu geben, doch sei im vorliegenden Fall eine abweichende Vereinbarung getroffen worden. Wenn eine Provision in Teilen mit unterschiedlicher Fälligkeit gebühre, könne der Provisionsanspruch auf die während des aufrechten Arbeitsverhältnisses fällig werdenden Teile eingeschränkt werden. Das sei nur eine Regelung der Höhe der Provision. Ein bereits entstandener Anspruch könne zwar nicht nachträglich wieder durch spätere Ausführung des Geschäftes beseitigt werden, doch könne das Entstehen des Anspruches zusätzlich an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft werden. Die Berufung des Klägers auf eine angebliche Sittenwidrigkeit versage daher schon wegen der in diesem Bereich bestehenden Privatautonomie. Ein Verstoß gegen rechtliche Grundwertungen, welche die Regelung sittenwidrig machten, komme wegen der Höhe des dem Kläger gebührenden Entgelts nicht in Betracht.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern oder aufzuheben. Die Beklagte beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger stützt seinen Anspruch (zuletzt) ausschließlich darauf, daß die die Provisionsansprüche bei Beendigung des Dienstvertrages regelnde Bestimmung des Provisionsplans 1987 "an sich sittenwidrig und nichtig sei" (AS 39). Das haben aber die Vorinstanzen zutreffend verneint.

Gemäß § 10 Abs 3 AngG gilt bei Verkehrsgeschäften mangels Vereinbarung der Anspruch des Angestellten auf Provision als erworben, wenn eine Zahlung eingeht. Gemäß § 10 Abs 4 findet die Abrechnung über die zu zahlenden Provisionen mangels Vereinbarung mit Ende jedes Kalenderviertels ..... statt. Diese Bestimmungen sind so wie die meisten übrigen die Provisionsgewährung an Angestellte regelnden Bestimmungen des AngG (mit Ausnahme des § 10 Abs 5 und des § 12 AngG) nicht zwingend, so daß sie durch den Dienstvertrag aufgehoben oder beschränkt werden können (§ 40 AngG). Einer Vereinbarung, die den Erwerb oder die Fälligkeit des Anspruches auf Provision abweichend von § 10 Abs 3 und 4 AngG regelt, stehen daher zwingende Bestimmungen des Angestelltengesetzes nicht entgegen. Insbesondere ist es mangels zwingender gesetzlicher Vorschriften und mangelnder kollektivvertraglicher Bestimmungen als zulässig angesehen worden, einen Entgeltanspruch und daher auch einen Anspruch auf Folgeprovision vertraglich auf die Dauer des Dienstverhältnisses zu beschränken (Arb 8.153).

Aus dem Umstand allein, daß im Provisionsrecht der Angestellten (weitgehend) Privatautonomie herrscht, ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes noch nicht abzuleiten, daß die Berufung einer Partei auf die Sittenwidrigkeit oder Nichtigkeit einer konkreten Provisionsvereinbarung von vornherein versagen muß. Daß der Gesetzgeber für bestimmte Bereiche Vertragsfreiheit gewährt, besagt ja keineswegs, daß in diesem Bereich Vereinbarungen beliebigen Inhalts zulässig sind, ohne jemals gegen die guten Sitten zu verstoßen. Die Berufung auf Sittenwidrigkeit iS des § 879 ABGB ist überhaupt nur dann erforderlich, wenn nicht schon (besondere) zwingende Privatrechtsnormen (die sehr oft auch Verbotsgesetze iS des § 879 Abs 1 ABGB sind !Krejci in Rummel, ABGB, § 879 Rz 31 ), der Gültigkeit der getroffenen Vereinbarung ausdrücklich entgegenstehen.

Die vom Kläger beanstandete Bestimmung ist Bestandteil eines vom Dienstgeber vorformulierten umfangreichen "Provisionsplans" und damit in einer Urkunde enthalten, die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern jedenfalls gleichkommt (Rummel aaO § 864 a Rz 1 und Krejci aaO § 879 Rz 232). Die Berufung des Klägers auf die Nichtigkeit dieser Bestimmung ist daher im Sinne des (strengeren) § 879 Abs 3 ABGB zu verstehen. Danach ist eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt. Dabei ist in beweglicher Beurteilung einerseits auf die sachliche Rechtfertigung und den Grad der Abweichung vom dispositiven Recht als dem gesetzlich vorgesehenen Interessenausgleich, andererseits auf das Ausmaß der "verdünnten Willensfreiheit" des Vertragspartners abzustellen (Schwimann/Apathy, ABGB IV/1 § 879 Rz 22; SZ 56/62). Bei der Beurteilung, was eine "gröbliche" Benachteiligung des Vertragspartners ist, ist nämlich zwischen jenen Fällen, für die der Gesetzgeber dispositive Regeln aufgestellt hat, und allen übrigen Fällen zu unterscheiden. Ein Abweichen vom dispositiven Recht wird unter Umständen schon dann eine "gröbliche" Benachteiligung des Vertragspartners sein können, wenn sich für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung ergibt (Krejci HBzKSchG 166; derselbe in Rummel aaO § 879 Rz 242). Da die neue Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB einen erweiterten Schutz des Benachteiligten herbeiführen wollte, sind an sie jedenfalls weniger strenge Anforderungen zu stellen als in den Fällen des § 879 Abs 1 und Abs 2 Z 4 ABGB. Auch bei der bei Abweichungen vom dispositiven Recht in Nebenbestimmungen vorzunehmenden Angemessenheitskontrolle ist objektiv auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Für diesen Zeitpunkt ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Interessenprüfung vorzunehmen. Auf Grund einer solchen Interessenabwägung ist zu beurteilen, ob es sich um eine sachlich berechtigte Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm des nachgiebigen Rechts handelt (Krejci, HBzKSchG 165 SZ 56/62 mwN; JBl 1986, 373). Nach diesen Grundsätzen liegt eine gröbliche Benachteiligung des Klägers nicht vor. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß die Provisionsregelung der Streitteile für die Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses insofern günstiger als die Regelung des § 10 Abs 3 AngG war, als der Provisionsanspruch des Klägers zum Teil schon mit dem Abschluß des Geschäftes, mit einem weiteren Teil bei Rechnungslegung und mit dem Rest drei Monate danach entstand und daher nicht vom (regelmäßig späteren) Eingang der Zahlung abhing. Die im Vertrag vorgenommene Aufteilung des nach dem Gesetze einheitlichen Provisionsanspruches auf mehrere nacheinander entstehende (oder fällig werdende) Teilansprüche ist aber auch sachlich gerechtfertigt, weil die Tätigkeit des Klägers nicht nur im Abschluß von Verträgen, sondern auch in der Betreuung von Kunden bestand, die er auch nach dem Vertragsabschluß - insbesondere im Hinblick auf künftige Geschäfte - fortzusetzen hatte. Auch wenn die Installation der verkauften Datenverarbeitungsanlagen Sache einer anderen Abteilung der Beklagten war, mußte sich der Kläger nach seiner eigenen Aussage auch nach Vertragsabschluß einschalten, wenn es Schwierigkeiten bezüglich der Lieferfrist oder der Installation des Gerätes gab. Dieser Geschäftsablauf rechtfertigte es, den Provisionsanspruch so zu gestalten, daß der Erwerb des Provisionsanspruchs in Abweichung von der dipositiven Norm des § 10 Abs 3 AngG nur zu einem Teil an den Geschäftsabschluß (Zahlungseingang), im übrigen aber an die (regelmäßig wohl erst nach ordnungsgemäßer Installation des Gerätes vorzunehmende) Rechnungsstellung bzw. an den drei Monate nach Rechnungsstellung liegenden Zeitpunkt geknüpft und gleichzeitig bestimmt wurde, daß diese getrennten Provisionsteile jeweils jenem Angestellten zu gewähren sind, der für den Kunden "zuständig" ist, also mit dem betreffenden Abschluß oder der Betreuungstätigkeiten befaßt war. Es mag sein, daß der Schwerpunkt der Verdienstlichkeit der Tätigkeit des Klägers beim Geschäftsabschluß lag und die Provisionsaufteilung "40 % bei Geschäftsabschluß, 40 % bei Rechnungstellung, 20 % drei Monate danach" die Betreuungsleistungen zu hoch bewertet; dies reicht aber für die Annahme einer gröblichen Benachteiligung schon deshalb nicht aus, weil der Kläger zu den Gründen der Nichtigkeit der Klausel in dieser Richtung kein Vorbringen erstattet hat. Er behauptete lediglich, daß die anspruchsbegründende Leistung der Vertragsabschluß gewesen sei, was aber mit dem von ihm unterfertigten "Provisionsplan" nicht in Einklang steht. Hat aber die Beklagte mit ihren Verkäufern vereinbart, daß die aus einem Geschäft gebührende Provision aus mehreren Teilansprüchen besteht, die bestimmten Phasen der Abwicklung des abgeschlossenen Geschäftes zuzurechnen seien, so ist es auch nicht unsachlich, daß sie für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbart hat, daß der ausscheidende Angestellte nur jene Teilprovisionen erhält, die im Zeitpunkte seines Ausscheidens bereits angefallen waren.

Darüber hinaus ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles in der beanstandeten Klausel schon deshalb keine gröbliche Benachteiligung des Klägers zu sehen, weil er das Dienstverhältnis selbst gekündigt (und damit die ungünstigeren Rechtsfolgen) selbst ausgelöst hat, weil er zu Beginn seines Dienstverhältnisses (bis 31. März 1978) in erheblichem Ausmaß Garantieprovision unabhängig von seinem tatsächlichen Geschäftserfolg bezogen hat und auch die absolute Höhe seines Einkommens (rund S 90.000,-- monatlich) eine gegenüber der Dispositivnorm eingeschränkte Vereinbarung über die bei Beendigung des Dienstverhältnisses noch gebührenden restlichen Provisionen nicht unbillig erscheinen läßt. Der mit der beanstandeten Klausel verbundene Nachteil wurde daher durch andere vorteilhafte Vertragsbestimmungen ausgeglichen (Krejci in Rummel aaO § 879 Rz 241).

Die Revision vermag gegen die Beurteilung der angefochtenen Klausel als gültig nichts Stichhaltiges vorzubringen: Die Ausführungen zur "verschlechternden Provisionsvereinbarung" gehen nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, weil schon der Provisionsplan 1977 eine gleichartige Klausel wie die angefochtene enthielt; der Kläger hat auch nie behauptet, daß vor dem Provisionsplan 1987 günstigere Regelungen über den Provisionsanspruch bei Beendigung des Dienstverhältnisses bestanden hätten. Die Ausführungen zur Auslegung einiger Bestimmungen des Provisionsplans 1987 gehen am Kern der Sache vorbei, weil es nur auf Punkt 1.04, Abs 2 iVm Punkt 1.06 Abs 7 ankommt. Diese Bestimmungen sind von beiden Parteien dahin verstanden worden, daß Ansprüche auf Provisionsteile, die erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses entstehen (bzw. fällig werden), nicht gebühren. Der Kläger beschränkte sich daher auf die Anfechtung dieser Bestimmungen als sittenwidrig und nichtig. Daß sein Anspruch schon aus der richtigen grammatikalischen Auslegung des Punktes 1.04 Abs 2 folge, hat er nie behauptet.

Auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 864 a ABGB (- die Geltungskontrolle nach dieser Bestimmung hätte vor der Angemessenheitskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB zu erfolgen !SZ 56/62 ) hat sich der Kläger in erster Instanz nicht berufen. Da die Überprüfung der "Ungewöhnlichkeit" einer Vertragsbestimmung auch die Klärung von Tatfragen voraussetzen kann (- insbesondere müßte vorgebracht werden, auf Grund welcher Umstände der benachteiligte Vertragsteil mit der Bestimmung nicht zu rechnen brauchte und dem Gegner daraufhin die Möglichkeit gegeben werden, sich darauf zu berufen, daß er den anderen Vertragsteil ohnehin besonders darauf hingewiesen habe -), ist auf diese Einwendung in der Revisionsinstanz nicht mehr einzugehen (Rummel aaO § 864 a Rz 9;

Welser, JBl 1979, 450; Krejci HBzKSchG 121 f; RdW 1986, 304;

WBl 1987, 242; auch WBl 1987, 241; aM JBl 1987, 247). Schließlich hat der Kläger in erster Instanz auch nicht behauptet, daß ihm die Provisionsregelung "oktroyiert" wurde und er im Falle einer Weigerung der Unterschrift gekündigt worden wäre. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E18347

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00179.89.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19890712_OGH0002_009OBA00179_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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