TE OGH 1989/9/6 14Os103/89

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Veröffentlicht am 06.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Maurer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl Franz E*** wegen des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 12 e Vr 5.653/86 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Ausfolgungsauftrag vom 15.September 1988 (Punkt 19 der Endverfügung ON 138) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Ausfolgungsauftrag des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 15.September 1988, AZ 12 e Vr 5.653/86 (Punkt 19 der Endverfügung ON 138), mit welchem das landesgerichtliche Gefangenenhaus Wien-Gefangenengeldverrechnung ersucht wurde, den unter Sperrkonto Gef.Vorm.Nr. H 2.047/87 A 1 erliegenden Eigengeldbetrag von 1.000 S (in der Ausfertigung versehentlich: 1.395 S) des Strafgefangenen Karl Franz E*** als Pauschalkosten an den Rechnungsführer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien auszuzahlen, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 41 Abs. 3 StVG (nF); 5 Abs. 1, 6, 10 und 11 Abs. 1 GEG. Dieser Ausfolgungsauftrag wird aufgehoben.

Text

Gründe:

Bei der Einlieferung des Karl Franz E*** in das landesgerichtliche Gefangenenhaus Wien am 1.Oktober 1987 befand sich unter seinen Verwahrnissen auch ein Bargeldbetrag von 2.395 S. Davon wurde der 1.000 S übersteigende Eigengeldbetrag von 1.395 S laut Mitteilung des Gefangenenhauses an das Gericht vom 9.Oktober 1987 gemäß § 241 Abs. 7 iVm § 224 Abs. 4 Geo (aF) zurückbehalten (ON 88). Am 16.November 1987 wurde über Ansuchen des Untersuchungsgefangenen von seinem zurückbehaltenen Eigengeld ein Teilbetrag von 395 S freigegeben, sodaß auf dem Sperrkonto ein Restbetrag von 1.000 S verblieb.

Nach Rechtskraft des gegen Karl Franz E*** ergangenen Strafurteils wurde laut Punkt 19 der Endverfügung vom 15. September 1988 (ON 138) der Pauschalkostenbeitrag mit 1.000 S bestimmt und zu dessen Einbringung mit dem Zusatz "ON 88 umbuchen" der im Spruch bezeichnete Ausfolgungsauftrag erlassen (in dessen Ausfertigung allerdings versehentlich noch der ursprünglich zurückbehaltene Betrag von 1.395 S eingesetzt wurde). In Entsprechung dieses Auftrages (und ersichtlich nach Abklärung des in Ansehung der Betragshöhe unterlaufenen Irrtums) wurde von der Gefangenenhauskassa der Betrag von 1.000 S als Pauschalkosten an das Landesgericht für Strafsachen Wien überwiesen und von dessen Rechnungsführer am 18.Oktober 1988 unter ARP Nr. 23.370/88 verbucht.

Rechtliche Beurteilung

Der in Rede stehende Ausfolgungsauftrag steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz GEG steht dem Bund zur Sicherung des Anspruches auf die im § 1 GEG angeführten Beträge schon vor der Entscheidung über den Anspruch das Zurückbehaltungsrecht an den in die Verwahrung der gerichtlichen Gefangenenhäuser genommenen Geldbeträgen und beweglichen körperlichen Sachen eines Häftlings zu, wobei jedoch das Zurückbehaltungsrecht den gleichen Beschränkungen unterliegt, die bei der Eintreibung der zu sichernden Beträge zu beachten sind. Demgemäß darf dieses Retentionsrecht nur ausgeübt werden, wenn einerseits eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Kosten zu besorgen ist und wenn andererseits die zurückbehaltenen Beträge pfändbar sind (SSt. 29/77; 12 Os 163, 164/85 = JUS 1986, 13/16). Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem am 1.März 1988 in Kraft getretenen Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. 1987/605, wonach gemäß § 224 Abs. 4 Geo (aF; formell aufgehoben mit Wirksamkeit vom 1. Juni 1988 durch VdBMfJ vom 30.Mai 1988, BGBl. 1988/267) das Eigengeld nur bis zum Betrag von 1.000 S der Eintreibung und damit auch der Zurückbehaltung (§ 5 Abs. 2 GEG) entzogen war, genießen verwahrte Eigengeldbeträge nunmehr gemäß § 41 Abs. 3 StVG idF StRÄG 1987 Pfändungsschutz bis zur Höhe desjenigen Teiles eines Arbeitseinkommens, der bei monatlicher Auszahlung nicht der Pfändung unterliegt, das sind gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 LPfG iVm VdBMfJ vom 25. Februar 1988, BGBl. 1988/128, seit dem 1.April 1988 3.700 S. Bis zu diesem Betrag darf das Eigengeld nur zugunsten von Ansprüchen auf Ersatz für vorsätzlich herbeigeführte Schäden am Anstaltsgut (§ 32 Abs. 2 StVG) gepfändet werden.

Demnach war das Eigengeld des Karl Franz E***, das den Betrag von 3.700 S von allem Anfang an nicht überstiegen hatte, zum Zeitpunkt der Erlassung des Ausfolgungsauftrages (15.September 1988) der Exekution zur Gänze entzogen und unterlag daher auch nicht mehr einem Zurückbehaltungsrecht des Bundes. Schon aus diesem Grunde war die durch den Ausfolgungsauftrag faktisch getroffene Einbringungsmaßnahme unzulässig.

Darüber hinaus widersprach dieser Ausfolgungsauftrag den Bestimmungen der §§ 6, 10 und 11 Abs. 1 GEG, weil die Verwertung eines zurückbehaltenen Geldbetrages nicht unmittelbar, sondern nur nach Erlassung eines entsprechenden Zahlungsauftrages im Wege der Exekutionsführung erfolgen darf (Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht2, E 2 zu § 5 GEG; 12 Os 163, 164/85 = JUS 1986, 13/16).

Ungeachtet seines nachträglich - ersichtlich unter dem Eindruck des Ausfolgungsauftrages und in Unkenntnis der Rechtslage - erteilten Einverständnisses zur Überweisung des Pauschalkostenbeitrages aus dem Eigengeldguthaben gereichte die gesetzwidrige Vorgangsweise des Landesgerichtes für Strafsachen Wien dem Strafgefangenen zum Nachteil (§ 292 letzter Satz StPO). In Stattgebung der vom Generalprokurator erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher der verfehlte Ausfolgungsauftrag aufzuheben. Das Erstgericht wird die Rücküberweisung des zu Unrecht vereinnahmten Betrages von 1.000 S zu veranlassen haben.

Anmerkung

E18448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00103.89.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19890906_OGH0002_0140OS00103_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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