TE OGH 1989/9/7 6Ob667/89

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Veröffentlicht am 07.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Barbara P***, Studentin, Straß 221, 6393 St. Ulrich am Pillersee, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Dr. Peter Krempl, Rechtsanwälte in Zell am See, wider die beklagte Partei Dr. Leopold P***, Arzt, Bacherwiese 18, 6370 Kitzbühel, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Unterhaltes infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4. April 1989, GZ 3 a R 87/89-46, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 27. Dezember 1988, GZ 1 C 35/87-35, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Punkt 2. (Ausspruch über die Gegenforderung) zu lauten hat:

"Die Aufrechnungseinrede wird abgewiesen".

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.791,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.131,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe, die die Streitteile am 25. April 1984 geschlossen haben, ist aufrecht, der gemeinsame Haushalt ist jedoch seit längerer Zeit aufgelöst.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage ab 1. August 1987 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 9.500, den sie später für die Zeit ab 1. März 1988 auf S 6.000 einschränkte.

Der Beklagte wendete - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, die Klägerin habe sich ein Sparbuch, das "bestenfalls" im gemeinsamen Eigentum gestanden sei, angeeignet. Sie habe sich eheliche Ersparnisse von insgesamt S 270.000 zugeeignet, sodaß ihr Unterhalt auf lange Zeit gedeckt sei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. Jänner 1988 wendete der Beklagte eine Gegenforderung von S 180.000 aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung aufrechnungsweise ein. Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit monatlichen Unterhaltsbeiträgen von S 9.200 vom 1. August 1987 bis einschließlich Februar 1988 und von S 4.040 ab 1. März 1988 zuzüglich 4 % Zinsen aus den bis zur Rechtskraft des Urteiles fälligen Beträgen zu Recht bestehe, die eingewendete Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe und der Beklagte schuldig sei, der Klägerin beginnend mit 1. August 1987 bis einschließlich Februar 1988 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 9.200 und ab 1. März 1988 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 4.040 abzüglich der bereits geleisteten Unterhaltsbeiträge zu bezahlen, und zwar die bis zur Rechtskraft des Urteiles fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen samt 4 % Zinsen, die in Hinkunft fällig werdenden Beträge jeweils am Ersten eines jeden Monates im vorhinein. Das Mehrbegehren, der Beklagte sei überdies schuldig, der Klägerin vom 1. August 1987 bis einschließlich Februar 1988 einen weiteren monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 300 und ab 1. März 1988 einen weiteren Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 1.960 samt 4 % Zinsen zu bezahlen, wurde abgewiesen. Das Erstgericht stellte - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte hat die Klägerin im Februar 1986 wegen einer anderen Frau verlassen. Im Februar 1987 vereinbarten die Streitteile, daß die Klägerin vom Beklagten 33 % seines monatlichen Nettoeinkommens an Unterhalt erhalte, von einer bestimmten Höhe wurde dabei nicht gesprochen. Die Streitteile hatten ein gemeinsames Sparbuch. Die Einzahlungen auf dieses Sparbuch hatte allein der Beklagte getätigt, weil er allein über Einkünfte verfügte. Im April 1986, also nach der Trennung, hat die Klägerin von diesem Sparbuch einen Betrag von ca. S 130.000 behoben, was etwa die Hälfte des Sparguthabens darstellte. Weiters hat die Klägerin von diesem Sparbuch noch einen Betrag von S 40.000 behoben, was sie damit begründete, daß der Beklagte ihr diesen Betrag auf Grund eines Autokaufes noch geschuldet habe. Tatsächlich schuldete der Beklagte der Klägerin noch einen Betrag in dieser Größenordnung. Etwa Ende 1986 hat die Klägerin weitere ca. S 15.000 von dem genannten Sparbuch abgehoben, was sie damit begründete, daß der Beklagte auf Grund einer zugunsten der Klägerin abgeschlossenen Lebensversicherung ca. S 30.000 einbezahlt habe, sodaß die Klägerin die Hälfte dieser Beträge behoben habe. Insgesamt hat die Klägerin ca. S 185.000 vom gemeinsamen Sparbuch behoben.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, der Klägerin stehe auf Grund der von den Streitteilen getroffenen Vereinbarung ein Unterhaltsanspruch in der zuerkannten Höhe zu. Die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung könne im vorliegenden Unterhaltsverfahren schon deshalb nicht zu Recht bestehen, da es sich bei den ehelichen Ersparnissen, welche sich die Klägerin zugeeignet habe, "um einen Punkt" handle, der in einem allfälligen Aufteilungsverfahren abzuklären sein werde. Darüber hinaus sei nicht erwiesen, daß sich die Klägerin die betreffenden Beträge rechtswidrig angeeignet habe.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es als Teilurteil zu lauten habe:

"1. Die Klagsforderung besteht für die Zeit vom 1. August 1987 bis einschließlich Mai 1988 mit dem Betrag von S 4.900 und ab 1. Juni 1988 mit monatlichen Unterhaltsbeiträgen von S 3.400 zu Recht.

2. Die eingewendete Gegenforderung des Beklagten besteht bis zur Höhe des obigen Saldos von S 4.900 nicht zu Recht; darüber hinaus wird die Aufrechnungseinrede abgewiesen.

3. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen den rückständigen Betrag für den Zeitraum August 1987 bis einschließlich Mai 1988 in Höhe von S 4.900 samt 4 % Zinsen seit 1. März 1988 (mittlere Fälligkeit) sowie ab 1. Juni 1988 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von S 3.400 samt jeweils 4 % Zinsen zu bezahlen, wobei die bis zur Rechtskraft des Urteiles ab 1. Juni 1988 fällig gewordenen Beträge binnen 14 Tagen die in Hinkunft fällig werdenden Unterhaltsraten aber zum Ersten eines jeden Monates im vorhinein zu entrichten sind.

4. Das Mehrbegehren von monatlich S 2.600 seit 1. März 1988 wird abgewiesen".

Hinsichtlich eines Unterhaltsmehrbegehrens von S 900 vom 1. August 1987 bis einschließlich Februar 1988 hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz wurde dem Endurteil vorbehalten. Die Revision gegen das Teilurteil wurde für nicht zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz nahm eine teilweise Beweiswiederholung vor, auf Grund welcher es zu dem Ergebnis gelangte, eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen über die Unterhaltsleistungen an die Klägerin ab März 1987 könne nicht festgestellt werden. Hinsichtlich des Grundes der Auflösung der Hausgemeinschaft sowie hinsichtlich des Sparbuches traf das Berufungsgericht im wesentlichen die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, der Klägerin stehe gemäß § 94 Abs 1 ABGB ein Unterhaltsanspruch zu, der mit 33 % des Nettoeinkommens des Beklagten zu bemessen sei. Die eingewendete Gegenforderung sei nicht berechtigt. Es handle sich dabei um die gemeinsam geschaffenen ehelichen Ersparnisse der Streitteile, die beiden gehörten und daher gegen den Unterhaltsanspruch der klagenden Ehegattin nicht kompensabel seien. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die Ersparnisse ausschließlich vom Beklagten stammten, da die Klägerin kein eigenes Einkommen gehabt habe, dafür aber im Sinne des § 94 ABGB den gemeinsamen Haushalt geführt habe. Es sei auch gar nicht erwiesen, daß die Klägerin als Schuldnerin dieses Betrages angesehen werden könne. Zum jetzigen Zeitpunkt könne offen bleiben, ob dieser Punkt in einem allfälligen Aufteilungsverfahren abzuklären sein werde. Eine Unterhaltsverletzung liege in mehrfacher Hinsicht vor. Die Revision sei für nicht zulässig zu erklären gewesen. Soweit nicht ohnedies lediglich über die Bemessung gesetzlichen Unterhaltes entschieden worden sei, liege zu den aufgeworfenen Rechtsfragen eine einheitliche und gesicherte Judikatur des Höchstgerichtes vor, es handle sich um die Entscheidung eines Einzelfalles. Der Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision.

Die Klägerin beantragt, die Revision nicht zuzulassen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, die Revision sei zulässig, weil die Frage, ob ein Ehegatte gegen den anderen, der eigenmächtig Geld behebe, einen Rückforderungsanspruch habe und ob dieser Anspruch gegen den Unterhaltsanspruch kompensabel sei, eine erhebliche Rechtsfrage darstelle. Im Rahmen der Ausführung des geltend gemachten Anfechtungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vertritt der Beklagte die Ansicht, er habe bei aufrechter Ehe einen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung der von dieser eigenmächtig behobenen Beträge, zumindest müsse sich aber die Klägerin eine Anrechnung dieser Beträge auf ihren Unterhaltsanspruch gefallen lassen. Aus diesem Grund sei keine Unterhaltsverletzung vorgelegen.

Dazu ist folgendes zu erwägen:

Rechtliche Beurteilung

Eine Aufrechnung einer Forderung gegen einen Unterhaltsanspruch darf nur unter den Voraussetzungen des § 293 Abs 3 EO und des § 4 Abs 2 LPfG stattfinden (SZ 46/55; EFSlg 43.581 mwN - die dort in Zeile 4 angeführte Gesetzesstelle sollte § 4 Abs 2 LPfG lauten). Gemäß § 293 Abs 3 EO ist eine Aufrechnung nur zulässig zur Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung oder einer Schadenersatzforderung, wenn der Schade absichtlich zugefügt wurde. Daß im vorliegenden Fall weder ein Vorschuß zurückgefordert noch ein Schadenersatzanspruch wegen eines absichtlich zugefügten Schadens geltend gemacht wird, bedarf keiner weiteren Erörterung. Aber auch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Unterhaltsanspruch der Klägerin und den vom Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen besteht nicht, zumal der Unterhaltsanspruch auf dem Familienrecht beruht, der Beklagte aber schuldrechtliche Rückforderungsansprüche geltend macht (EvBl 1955/396; vgl. auch SZ 43/229). Rechtsprechung und Lehre lehnen daher auch eine Aufrechnung eines Rückforderungsanspruches auf zu viel bezahlten Unterhalt gegen laufenden Unterhalt ab (ExRPflSlg. 1960/114; EFSlg 30.176 ua; Heller-Berger-Stix, Komm.z.EO4, 2.103 zu Anm 12).

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs 2 LPfG hätte der Beklagte behaupten und beweisen müssen (EFSlg 43.582 mwN). Da er dies nicht getan hat, ist die eingewendete Gegenforderung nicht aufrechenbar. Daher ist in diesem Verfahren das Zurechtbestehen der Gegenforderung nicht zu prüfen, der Ausspruch des Berufungsgerichtes, die Gegenforderung bestehe bis zur Höhe des Betrages von S 4.900 nicht zu Recht, hatte daher nicht zu erfolgen. Die angefochtene Entscheidung steht daher insoweit im Widerspruch zur Rechtsprechung, weshalb die Revision zulässig ist. Die Revision ist auch teilweise berechtigt. Der Beklagte strebt zwar die Abweisung des Klagebegehrens bzw. den Ausspruch, daß seine Gegenforderung zu Recht besteht, an. Dadurch, daß das Berufungsgericht - statt die Aufrechnungseinrede

abzuweisen - aussprach, die Gegenforderung bestehe zum Teil nicht zu Recht, ist der Beklagte aber ebenfalls beschwert, denn bei Abweisung der Aufrechnungseinrede bleibt es ihm unbenommen, die gesamte Gegenforderung mit Klage geltend zu machen.

Die Revisionsausführungen, es sei keine Unterhaltsverletzung vorgelegen, weil sich die Klägerin die Anrechnung der von ihr behobenen Beträge auf den Unterhaltsanspruch gefallen lassen müsse, sind nicht zielführend. Eine Anrechnung der behobenen Beträge auf den Unterhaltsanspruch würde nichts anderes bedeuten, als eine außergerichtliche Aufrechnung. Daß eine Aufrechnung unzulässig ist, wurde aber bereits oben dargelegt.

Der Revision war daher dahin teilweise Folge zu geben, daß die Aufrechnungseinrede abgewiesen wird (vgl. SZ 46/55; Fasching, Komm., III, 582). Im übrigen mußte der Revision aber ein Erfolg versagt bleiben.

Über die Kosten des Revisionsverfahrens kann, obwohl das Berufungsgericht ein Teilurteil fällte, bereits entschieden werden. Da der Beklagte nur mit einem geringfügigen Teil (Teilbetrag von S 4.900 der Gegenforderung) obsiegte, hat die Klägerin gemäß § 43 Abs 2 ZPO Anspruch auf vollen Kostenersatz.

Anmerkung

E18553

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00667.89.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19890907_OGH0002_0060OB00667_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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