TE OGH 1989/9/21 8Ob647/89

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Veröffentlicht am 21.09.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dorothea H***, Hausfrau, 8230 Hartberg, Forstgartengasse 14, vertreten durch Dr.Albert M.Sauer-Nordendorf, Rechtsanwalt in Pöllau, wider die beklagte Partei Werner H***, Fernmeldetechniker, 8010 Graz, Johann-Strauß-Gasse 8/3, vertreten durch Dr.Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterhalt (Streitwert: S 44.100), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 13. Juli 1989, GZ 2 R 258/89-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 5.Mai 1989, GZ 31 C 115/88-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.087 (einschließlich S 514,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25.September 1979 (AZ 12 Cg 198/79) gemäß § 49 EheG aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Der der Klägerin vom Beklagten gemäß § 66 EheG zu leistende Unterhalt wurde in dem zur AZ 31 C 69/81 des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Verfahren mit Vergleich vom 14. April 1981 derart geregelt, daß der Beklagte der Klägerin ab 1. April 1981 einen monatlichen Unterhalt von S 2.000 zu leisten hatte.

Mit der am 24.November 1988 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin mit der Behauptung, daß ihr seit 1.6.1988 ein Unterhaltsanspruch von monatlich S 4.500 zustehe, die Zahlung eines Unterhaltsrückstandes von S 15.000 (für die Zeit vom 1.Juni 1988 bis zum 30.November 1988) sowie eines künftigen Unterhalts ab 1.Dezember 1988 in Höhe von monatlich S 4.500; sie brachte vor, daß sich seit dem seinerzeitigen Vergleichsabschluß die Verhältnisse sowohl bezüglich der Sorgepflichten des Beklagten als auch bezüglich seiner Einkommensverhältnisse geändert hätten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein:

Dem seinerzeitigen Vergleich sei sein damaliges monatliches Nettoeinkommen von rund S 14.000 sowie seine Unterhaltsverpflichtungen für drei minderjährige eheliche Kinder im Ausmaß von S 4.400 zugrundegelegt worden, so daß von dem ihm verbleibenden S 9.600 die der Klägerin an Unterhalt zugekommenen S 2.000 eine Partizipationsquote von 21 % entsprächen. Gehe man nun von seinem monatlichen Einkommen von S 20.000 und seinen Unterhaltsverpflichtungen für ein Kind aus erster und ein Kind aus zweiter Ehe von zusammen S 5.200 aus, so betrage die 21 %ige Partizipationsquote der Klägerin von dem ihm, dem Beklagten, jetzt verbleibenden Betrag von S 14.800 nur S 3.100. Der Unterhaltserhöhungsanspruch sei daher nur mit S 1.100 berechtigt. Der Beklagte anerkannte ein Teilbegehren von monatlich S 1.100, worüber mit Teilanerkenntnisurteil (ON 5) entschieden wurde, begehrte aber diesbezüglich Kostenzuspruch nach § 45 ZPO, weil er zur Klage keinen Anlaß gegeben habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebgehren mit weiteren S 350 pro Monat statt und wies das Mehrbegehren von monatlich S 1.050 ab. Es folgte der Argumentation des Beklagten, daß bei geänderten Verhältnissen verglichene Unterhaltsbeträge in der Regel so zu bemessen seien, daß die einmal festgelegte Relation zwischen Einkommens- und Unterhaltshöhe gewahrt bleibe. Maßgebend sei daher die dem seinerzeitigen Vergleich zugrundegelegene Partizipationsquote von 21 %. Auf der Grundlage der festgestellten Einkommensverhältnisse des Beklagten (Einkommen S 21.150 abzüglich zu erbringender Unterhaltsleistungen für Kinder im Ausmaß von S 4.700 pro Monat) sei nunmehr die Partizipationsquote zu errechnen:

es ergebe sich danach ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin von S 3.450 (d.h. zusätzlich zu dem im Vergleich festgelegten Betrag von monatlich S 2.000 und dem anerkannten Betrag von S 1.100 noch weitere S 350).

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß dem Klagebegehren kostenpflichtig (§ 41 ZPO) vollständig stattgegeben wurde.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, Ansprüche aus einer Unterhaltsvereinbarung seien als gesetzliche anzusehen, wenn sich die Vereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bewegt habe und nur in diesem Rahmen eine Fixierung und Konkretisierung des Unterhaltsanspruches der Höhe nach vorgenommen worden sei. Nach neuerer Rechtsprechung sei bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ohne Bedachtnahme auf die Grundlagen der seinerzeitigen Unterhaltsvereinbarung und ohne Bindung an die damals festgelegte Relation zwischen Einkommen und Unterhaltshöhe eine Neubemessung des Unterhaltsanspruches vorzunehmen. Wende man diese Grundsätze auf die hier zu beurteilende Rechtssache an, so ergebe sich aufgrund geänderter Verhältnisse ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin von S 4.500 pro Monat (von der Wiedergabe der die rechnerische Ermittlung dieses Betrages betreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes wird, weil diese zum irrevisiblen Bemessungsproblem gehören, Abstand genommen).

Das Berufungsgericht unterließ einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision unter Hinweis auf § 502 Abs.2 Zif.1 ZPO mit der Begründung, es sei nur über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes entschieden worden.

Gegen dieses Urteil, insbesondere auch im Kostenpunkt, richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, in eventu, es im Umfang seines abändernden Teiles aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte führte aus, Gegenstand des Revisionsverfahrens sei ein ausdrücklich vertraglich geregelter Unterhaltsanspruch, dessen Bemessung nicht der Anfechtungsbeschränkung nach § 502 Abs.2 Zif.1 ZPO unterliege. Die Revision sei daher - allerdings eingeschränkt auf die im § 502 Abs.4 Zif.1 ZPO bezeichneten Rechtsfragen (also als außerordentliche Revision) - zulässig.

Die Klägerin erstattete eine Revisionsbeantwortung, ohne daß ihr diese gemäß § 508 a Abs.2 Satz 1 ZPO vom Revisionsgericht freigestellt worden wäre, und beantragte darin die Zurückweisung der Revision, weil sie weder als außerordentliche Revision mangels Abweichung der Entscheidung der zweiten Instanz von der ständigen Rechtsprechung noch insoweit zulässig sei, als sie sich mit bloßen Bemessungsfragen oder mit der Kostenentscheidung befasse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Generell unzulässig ist die Revision gegen Entscheidungen des Berufungsgerichtes, soweit dieses über die Bemessung des gesetzlichen Unterhalts entschied (§ 502 Abs.2 Zif.1 ZPO). Der Beurteilung des Obersten Gerichtshofes steht aber die Frage offen, ob die in einen Unterhaltsvergleich festgesetzte Relation zwischen Einkommen und Unterhaltshöhe bei einer neuen Unterhaltsbemessung zu wahren ist (EFSlg. 47.066, 52.227). Im Hinblick auf den gemäß § 58 Abs.1 JN im Zulassungsbereich liegenden Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht abändernd entschied, hätte es gemäß § 500 Abs.3 ZPO aussprechen müssen, ob die Revision gemäß § 502 Abs.4 Zif.1 ZPO zulässig ist. Ein Auftrag an das Berufungsgericht, sein Urteil durch einen solchen Ausspruch zu ergänzen, ist aber entbehrlich, weil bei Fehlen dieses Ausspruches sogleich das hilfsweise jedenfalls zustehende Rechtsmittel der außerordentlichen Revision ergriffen werden kann (Petrasch in ÖJZ 1983, 201; 5 Ob 534/89; 5 Ob 559/89). Der Beklagte hat von dieser Möglichkeit auch bereits Gebrauch gemacht und gesondert die Gründe für die Zulässigkeit dieser außerordentlichen Revision dargelegt, so daß in dieser Hinsicht für ein Verbesserungsverfahren (vgl. EvBl. 1984/15) kein Bedarf mehr besteht. Der Revisionswerber wird dadurch nicht schlechter gestellt, weil der Oberste Gerichtshof gemäß § 508 a Abs.1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ohnedies nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs.3 ZPO gebunden wäre.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß dann, wenn sich die Parteienabsicht der Streitteile bei Abschluß eines Vergleiches von vornherein nur auf eine einvernehmliche Ausmittlung des maßgeblichen gesetzlichen Unterhaltsanspruches ohne vorsätzliche Vernachlässigung oder Überbewertung einzelner Bemessungsfaktoren beschränkte - anderes wurde nicht behauptet - , bei der Neubemessung unmittelbar auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen und auf die frühere Vergleichsregelung nicht weiter Bedacht zu nehmen ist, entspricht der ständigen neueren Rechtsprechung (EFSlg. 43.716, 44.893/5). Dies gilt vor allem dann, wenn sich neben dem Einkommen auch andere für die Unterhaltsbemessung maßgebliche Umstände (wie z. B. hier Sorgepflichten) änderten (vgl. EFSlg. 36.406; 43.715). Es ist daher keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.4 Zif.1 ZPO zu beantworten.

Die Bemessung selbst ist gemäß § 502 Abs.2 Zif.1 ZPO, die Kostenentscheidung gemäß § 528 Abs.1 Z 2 ZPO einer Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin wies auch auf die Unzulässigkeit der Revision in Bemessungsfragen hin, so daß ihr Kostenersatz ungeachtet des Umstandes zusteht, daß ihr eine Beantwortung der Revision, soweit sie sich auf Fragen bezieht, die allenfalls Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs.4 Zif.1 ZPO bewirken könnten, nicht freigestellt worden war.

Anmerkung

E18941

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00647.89.0921.000

Dokumentnummer

JJT_19890921_OGH0002_0080OB00647_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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