TE OGH 1989/11/15 3Ob106/89

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Veröffentlicht am 15.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Dr.Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** S***, Salzburg, Schloß Mirabell, vertreten durch Dr. Michael Wonisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Johann K***, Kaufmann, Salzburg, Höfelgasse 4 a, vertreten durch Dr. Gerald Kopp, Dr. Michael Wittek-Jochums und Dr. Andreas Braunbruck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Bewirkung der Räumung und Wiederherstellung (Streitwert 75.000 S sA), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 5. Juli 1989, GZ 22 R 247/89-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5. April 1989, GZ 6 E 2399/89-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird, soweit damit eine Exekutionsführung nach § 353 EO beantragt wird, nicht Folge gegeben; soweit damit eine Exekutionsführung nach § 349 EO beantragt wird, wird der Revisionsrekurs zurückgewiesen.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Zur Erzwingung des vollstreckbaren Anspruches der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei auf Bewirkung der Räumung des Geschäftslokals im Hause Salzburg, Mozartplatz 5, gelegen im Parterre, bestehend aus einem Geschäftsraum samt Nebenräumlichkeiten und Zubehör, von dem derzeitigen Benützer Christoph K*** und Wiederherstellung des früheren Zustandes dadurch, daß das Bestandobjekt durch niemand anderen als durch die verpflichtete Partei benützt wird, wird der betreibenden Partei die Exekution gemäß § 354 EO durch Androhung einer Geldstrafe von 20.000 S für den Fall der Saumsal bewilligt.

Der betreibenden Partei wird zur Hereinbringung der mit 2.060,26 S (darin 226,71 S an Umsatzsteuer und 700 S Barauslagen) bestimmten Antragskosten und der weiter auflaufenden Kosten des Exekutionsverfahrens die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Partei in der Wohnung Salzburg, Höfelgasse 4a, und im Geschäftslokal Salzburg, Mozartplatz 5, befindlichen beweglichen Sachen jeder Art und der im § 296 EO angeführten Papiere und Einlagebücher bewilligt."

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit 3.706,20 S (darin 617,70 S Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit 3.087 S (darin 514,25 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekurses an die zweite Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die von der verpflichteten Partei im Revisionsrekursverfahren erstattete Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Urteil vom 20.Oktober 1988, 6 Ob 680/88, erkannte der Oberste Gerichtshof die verpflichtete Partei schuldig, binnen 14 Tagen die Räumung des Geschäftslokals im Hause Salzburg, Mozartplatz 5, gelegen im Parterre, bestehend aus einem Geschäftsraum samt Nebenräumlichkeiten und Zubehör, von dem derzeitigen Benützer Christoph K*** zu bewirken und den früheren Zustand dadurch wiederherzustellen, daß das Bestandobjekt durch niemand anderen als den Verpflichteten benützt wird. Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund dieser Entscheidung die Exekution gemäß den §§ 353, 354 EO zu bewilligen. Das Erstgericht bewilligte die Exekution nach § 353 EO und ermächtigte die betreibende Partei antragsgemäß, auf Kosten der verpflichteten Partei die Räumung des Geschäftslokals von dem derzeitigen Benützer Christoph K*** zu bewirken, wobei die betreibende Partei selbst zur Vornahme der Handlung ermächtigt wurde, aber auch zur Bestellung und Beauftragung dritter Personen, insbesondere von Frächtern, Spediteuren, Lagerhaltern und Schlossern. Das Mehrbegehren (nach § 354 EO) wies es ab. Der Beschluß des Erstgerichtes ist in seinem abweisenden Teil unangefochten geblieben.

Das Rekursgericht wies den nach § 353 EO gestellten Exekutionsantrag ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, aber nicht 300.000 S übersteigt und daß der Rekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei. Die Räumung einer Liegenschaft sei nach § 349 EO zu vollziehen. Hielte man aber auch eine Exekution nach § 353 EO für zulässig, so begehre doch die betreibende Partei die Ermächtigung zu einer Vorgangsweise, wie sie auch dem Verpflichteten nicht zustünde. Der Verpflichtete habe die Räumung zu bewirken, müsse sich dazu aber an die von der Rechtsordnung gebotenen Möglichkeiten halten. Die Entfernung von Sachen Christoph K*** ohne dessen Zustimmung wäre eine Besitzstörung und rechtswidrig. Nicht anders aber dürfe die Rechtslage für die betreibende Partei beurteilt werden, wenn sie im Rahmen einer Ersatzvornahme ermächtigt werde, das zu tun, was der Verpflichtete versäumt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt, soweit er sich gegen die Abweisung des nach § 353 EO gestellten Exekutionsantrages richtet; er ist unzulässig, soweit damit die Bewilligung der Exekution nach § 349 EO begehrt wird. Berechtigung dagegen kommt dem Revisionsrekurs zu, soweit die Bewilligung der Exekution nach § 354 EO begehrt wird. Einen Antrag auf Bewilligung der Räumung des dem Verpflichteten vermieteten Geschäftslokals nach § 349 EO hatte die betreibende Partei nicht gestellt. Ein derartiger Antrag wäre überdies schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Exekutionstitel weder den Verpflichteten noch Christoph K*** zur Räumung verpflichtet und der betreibenden Partei auch nicht das Recht einräumt, den geräumten Bestandgegenstand übergeben zu erhalten. Die Räumung einer Liegenschaft iS des § 349 EO kann von der Übergabe der geräumten Liegenschaft an den betreibenden Gläubiger nicht getrennt werden (MietSlg 4.870, 3 Ob 160, 161/79).

Den Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 353 EO hat die zweite Instanz zu Recht abgewiesen. Nach dem Exekutionstitel ist der Verpflichtete schuldig, die Räumung des Geschäftslokals von dem derzeitigen Benützer Christoph K*** zu bewirken. Es ist keinesfalls so, daß Christoph K*** verpflichtet worden wäre, den Bestandgegenstand zu räumen und dem Verpflichteten geräumt zu übergeben. Nichts anderes aber würde es bedeuten, wollte man der betreibenden Partei ihrem Antrag entsprechend das Recht einräumen, "das Bestandobjekt ... vom derzeitigen Benützer ... zwangsweise räumen zu lassen ....". Wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat, muß sich der Verpflichtete bei der Bewirkung der Räumung an die von der Rechtsordnung gebotenen Möglichkeiten halten. Er muß daher entweder die Zustimmung des Christoph K*** oder eine gerichtliche Entscheidung, die ihn zur Vornahme der Räumung ermächtigt, erwirken. Zur Durchführung der Räumung in der von der betreibenden Partei begehrten Weise ist der Verpflichtete nicht berechtigt; sie kann daher auch nicht von der betreibenden Partei an seiner Stelle (als eine vertretbare Handlung iS des § 353 EO) vorgenommen werden. Wie der Verpflichtete die Räumung des Geschäftslokals durch Christoph K*** bewirkt, bleibt ihm überlassen, es ist seine Sache und damit eine Handlung, die nur er persönlich und nicht ein Dritter für ihn vornehmen kann. Hängt es aber ausschließlich vom Willen des Verpflichteten ab, wie er der ihm auferlegten Verpflichtung nachkommt, liegt eine unvertretbare Handlung vor (Heller-Berger-Stix 2562).

Es ist richtig, daß die Rechtsprechung zu der behandelten Frage nicht einheitlich ist. In der Entscheidung MietSlg 22.709 wurde die Ansicht vertreten, das gegen den Mieter gerichtete Begehren, die Benützung der Mieträume, die er vertragswidrig dem Pächter seines Unternehmens überlassen hatte, diesem zu entziehen und den Pächter aus den Mieträumen zu entfernen, sei nach § 354 EO exequierbar. In der Entscheidung MietSlg 25.615/22 dagegen wurde dies abgelehnt, weil es dem Verpflichteten ohne Mitwirkung des Dritten nicht möglich sei, diesem die Benützung des Bestandobjektes zu entziehen, eine Exekutionsbewilligung nach § 354 EO aber nur zulässig sei, wenn die zu erwirkende Handlung ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhänge.

Bei neuerlicher Überprüfung vermag der Oberste Gerichtshof die zuletzt genannte Ansicht nicht aufrecht zu halten. Es hängt ausschließlich vom Willen des Verpflichteten ab, was er unternimmt, um die ihm aufgetragene Handlung erfolgreich vorzunehmen und die Räumung des Bestandobjektes durch den dritten Benützer zu erwirken. Dabei wird der Umstand, daß sich eine zunächst gewählte Vorgangsweise etwa als nicht zielführend erweist, den Verpflichteten noch keineswegs der ihm auferlegten Verpflichtung entheben. Er muß vielmehr alles in seiner Macht stehende unternehmen, um den Exekutionstitel zu erfüllen, und kann hiezu durch wiederholte Beugestrafen gezwungen werden. Das ist, anders als in der von Heller-Berger-Stix aaO zitierten Entscheidung EvBl 1962/378, allein von seinem Willen abhängig.

Zwar hat das Erstgericht den Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 354 EO ("das Mehrbegehren") abgewiesen; dies jedoch schon deshalb zu Unrecht, weil es nach Bewilligung des "zunächst" (S. 3 des Exekutionsantrages) gemäß § 353 EO gestellten Exekutionsantrages darüber nicht zu entscheiden gehabt hätte. Aus der Formulierung des Exekutionsantrages ("zunächst") und der Reihenfolge der begehrten Exekutionen ergibt sich, daß die betreibende Partei ein Hauptbegehren (Exekutionsführung nach § 353 EO) und ein Eventualbegehren (Exekutionsführung nach § 354 EO) stellen wollte und auch gestellt hat. Erachtete das Erstgericht das Hauptbegehren als berechtigt, hatte es über das Eventualbegehren nicht zu entscheiden (vgl. Fasching, Lehrbuch, Rz 1133 f). Gelangte das Rekursgericht zur Abweisung des Hauptbegehrens, so hatte es nun zu prüfen, ob das Eventualbegehren gerechtfertigt ist. Selbst wenn man im Exekutionsantrag ein - nach herrschender Ansicht unzulässiges - Alternativbegehren sehen wollte, wäre davon auszugehen, daß die betreibende Partei jenem Antrag den Vorrang vor dem anderen einräumen wollte, mit dem sie die besten Erfolgsaussichten - auf Bewilligung der Exekution - hat. Bei einer derartigen Deutung eines Alternativbegehrens liegt in Wahrheit ebenfalls ein Eventualbegehren vor (Fasching aaO Rz 1128), so daß auch in diesem Fall das Erstgericht bei Bewilligung der Exekutionsführung nach § 353 EO über das weitere Begehren nicht mehr zu entscheiden gehabt hätte. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes aber, weder eine Exekutionsführung nach § 353 EO, noch eine solche nach § 354 EO sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 349 EO im vorliegenden Fall gerechtfertigt, wird vom Obersten Gerichtshof, wie ausgeführt wurde, nicht geteilt.

Es war daher der betreibenden Partei die Exekutionsführung nach § 354 EO zu bewilligen und spruchgemäß zu entscheiden. Die Kosten des Rekurses an die zweite Instanz waren der verpflichteten Partei zuzusprechen, weil sie die Bewilligung der Exekution nach § 353 EO zu Recht bekämpft hat.

Die Kostenentscheidung erfolgte daher einerseits nach § 74 EO, andererseits nach § 78 EO und den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19241

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0030OB00106.89.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19891115_OGH0002_0030OB00106_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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