TE OGH 1989/11/21 15Os133/89

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Veröffentlicht am 21.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1989 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Edelmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert L*** und Karl-Heinz K*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.April 1989, GZ 9 d Vr 13.266/87-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet (§ 285 i StPO).

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Herbert L*** und Karl-Heinz K*** (im zweiten Rechtsgang abermals) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie am 7.Dezember 1987 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld sowie andere verwertbare Gegenstände, der Andrea B*** durch Einbruch in deren Geschäftslokal - und zwar durch Zerschlagen der Glasscheibe in der Eingangstür (US 5) - mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern. Den auf Z 4, 5, 9 lit a und 10 sowie von L*** auch auf Z 5 a und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu. Nicht zielführend sind die Einwände der Beschwerdeführer gegen die Ablehnung der Vornahme eines Augenscheins am Tatort (Z 4), den L*** zum Beweis für die Unrichtigkeit der ihn belastenden Zeugenaussagen darüber, wo er (gemeint: zur Tatzeit und kurz nachher) gesehen wurde, sowie K*** zum Nachweis dafür beantragt hatte, daß "es nicht so abgelaufen sein" könne, wie es die Zeugen angegeben haben, weil es "Widersprüche" gebe (S 262). Denn das der Begründung für die Abweisung der in Rede stehenden Beweisanträge damit, daß die Schilderungen der Zeugen eindeutig und klar nachvollziehbar seien und daß jene übereinstimmend angegeben hätten, die Sichtverhältnisse seien ausreichend gewesen und sie hätten keinerlei Schwierigkeiten gehabt, beide Angeklagten zu identifizieren (S 263 iVm US 13), vom Erstgenannten entgegengehaltene (urteilsfremde - US 5, 8, 13) Argument, die Unstichhältigkeit dieser Begründung gehe schon daraus hervor, daß sich der Zeuge H*** die Gesichtszüge des Beschwerdeführers erst bei dessen Verhaftung eingeprägt habe (und demgemäß bei seinen Beobachtungen unmittelbar nach dem Klirren der Türscheibe die Täter aus den von ihm angegebenen, im ersten und im zweiten Verfahrensgang unterschiedlich bezifferten Entfernungen in Wahrheit nicht mit der notwendigen Sicherheit erkannt haben könne), findet - ganz abgesehen davon, daß es zur erforderlichen Dartuung einer Sinnhaftigkeit der begehrten Beweisaufnahme in erster Instanz nicht vorgebracht wurde - in den Ergebnissen der Hauptverhandlung (S 255 bis 258 iVm S 122 bis 124) keineswegs Deckung.

Der Angeklagte K*** aber verkennt mit seinem (gleichfalls die Stichhältigkeit des abweisenden Zwischenerkenntnisses bestreitenden) Hinweis darauf, daß sich die übrigen Zeugen (G***, G*** und M***) zur Tatzeit gar nicht in der (unmittelbaren) Nähe des Tatorts befunden haben und deswegen überhaupt nicht in der Lage gewesen seien, über die damals und dort aktuell gewesenen Licht- (gemeint: Sicht-) Verhältnisse Angaben zu machen, und daß sie dazu auch gar nicht befragt wurden, zum einen den Umstand, daß das Erstgericht mit der bekämpften Begründungspassage in Ansehung der nunmehr in Rede stehenden Zeugen ohnehin augenscheinlich jene Bekundungen relevierte, die deren Sichtmöglichkeiten in einiger Entfernung vom eigentlichen Tatort und kurz nach der Tat betreffen, als ihnen H*** die inzwischen zu einer Autobushaltestelle weitergegangenen Angeklagten zeigte und als Täter bezeichnete, sowie zum anderen, daß zu diesen Sichtverhältnissen M*** (ausdrücklich) sowie G*** und G*** (implizit) sehr wohl Stellung genommen haben (S 258 bis 261).

Nicht auf einer unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung der zu erwarten gewesenen Ergebnisse des von den Angeklagten erwünschten Augenscheins beruht demnach die Abweisung der darauf gerichteten Anträge, wie sie vermeinen, sondern auf der Ablehnung einer Beweisaufnahme, in Ansehung deren eine (die Beschwerdeführer entlastende) Relevanz durch Verfahrensergebnisse nicht indiziert war und dementsprechend von L*** gar nicht sowie von K*** nur mit der unsubstantiierten Behauptung von "Widersprüchen" in den Aussagen der Belastungszeugen begründet wurde, also unschwer als eine nicht dem Bereich geschützter Verteidigungsinteressen zugehörige bloße Erkundungs-Beweisführung zu erkennen war.

Durch die Abweisung des weiteren Antrages auf Vernehmung "des Zeugen N. B***, Hausmeister, 1120 Wien, Aninestr. 28/1" (S 262) - soll möglicherweise heißen: des Zeugen Richard B*** und des Hausmeisters des Hauses 1120 Wien,

Arminenstr. 28 A/Donaustadtstraße 30, vgl S 33/36 in ON 6, S 121/123, 130, 248) - hinwieder wurde der Angeklagte L*** in seinen Verteidigungsrechten deswegen nicht beenträchtigt (Z 4), weil das Schöffengericht die Richtigkeit seiner damit unter Beweis gestellten Verantwortung, wonach er in zeitlichem Zusammenhang mit der hier zu beurteilenden Beschädigung der Geschäftseingangstür beim Hausbesorger des betreffenden Hauses mit der Absicht angeläutet habe, sich von einem dort wohnhaften Bekannten Geld auszuborgen, sowieso als möglich unterstellte (S 263 iVm US 13). Auch gewisse Diskrepanzen zwischen den Bekundungen des Zeugen H*** im ersten und im zweiten Rechtsgang hat das Schöffengericht ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen (US 8, 9/10). Der im Zusammenhang damit vom Angeklagten K*** erhobene Vorwurf einer "Aktenwidrigkeit" (Z 5) in bezug auf Teile der letzten Aussage jenes Zeugen (S 255, 257) ist durchaus verfehlt, weil es bei der so bekämpften Feststellung, daß letzterer den Einbruchsversuch (gemeint: nach dem Klirren der Scheibe) direkt mitangesehen hat und sich die beiden Täter auch gesichtsmäßig einprägen konnte (US 5), entgegen der Beschwerdeauffassung keineswegs um die Wiedergabe eines Aussageinhalts geht, sondern vielmehr um das Ergebnis von dessen zusammenfassender Würdigung.

Ebensowenig vermag der Angeklagte L*** insoweit formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) aufzuzeigen; der Sache nach ficht er vielmehr mit seinen darauf gemünzten Argumenten sowie mit seinen übrigen in Ausführung der Mängel- und der Tatsachenrüge vorgebrachten, vom Obersten Gerichtshof einer sorgfältigen Prüfung unterzogenen Einwänden gegen die Verwertung der ihn belastenden Aussagen des Zeugen H*** und der zuvor genannten weiteren Zeugen nur die erstinstanzliche Beweiswürdigung an, ohne damit gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsache seiner Täterschaft im Licht der gesamten Aktenlage erhebliche Bedenken zu erwecken (Z 5 a).

Rechtliche Beurteilung

Nicht gesetzmäßig ausgeführt sind die Subsumtionsrügen beider Angeklagten (Z 10), mit denen sie eine Beurteilung des ihnen angelasteten Tatverhaltens als Sachbeschädigung (§ 125 StGB) anstreben, und zwar K*** in Verbindung mit versuchter dauernder Sachentziehung (§§ 15, 135 Abs. 1 StGB); übergehen sie doch dabei die dem Urteil unmißverständlich zugrunde liegende, einer dahingehenden Subsumtion entgegenstehende Feststellung ihres mit Bezug auf die geplante Sachwegnahme darüber hinaus vorgelegenen Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzes (US 3, 5, 7, 12), sodaß die Beschwerden insoweit einen zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe erforderlichen Vergleich des gesamten im Urteil als erwiesen angenommenen maßgebenden Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz vermissen lassen. Von einer Feststellung bloß dahin, daß die Beschwerdeführer aus dem tatgegenständlichen Geschäftslokal verwertbare Gegenstände und Bargeld lediglich "an sich zu nehmen" geplant hätten, kann nämlich, einer weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit a) des Angeklagten K*** zuwider, im Hinblick darauf keine Rede sein, daß das Schöffengericht unter mehrfacher Bezugnahme auf ihre triste finanzielle Situation als Beweggrund für den Einbruch und auf ihre vorausgegangenen erfolglosen Versuche, "diverse Geldquellen anzuzapfen" (US 5, 7, 12), klar zum Ausdruck gebracht hat, daß sie die erwartete Beute ohne Rechtsanspruch darauf in ihr Vermögen überführen wollten (US 13). Indem er auch insoweit nicht vom gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt ausgeht, bringt demnach der genannte Beschwerdeführer auch diese Rechtsrüge nicht zu einer gesetzmäßigen Ausführung.

Gleiches gilt für jene vorgeblich rechtlichen Einwände des

Angeklagten L*** (ziffernmäßig Z 9 lit a) gegen die Unterstellung

des ihm angelasteten Tatverhaltens unter den "Tatbestand ... des

versuchten Einbruchs im Sinne des § 129 Zi 1 StGB", mit denen er im

Weg lapidarer Behauptungen dahin, daß "nirgends ... ein Eindringen

als ein Einbrechen objektiviert" und "nirgends ... ein

Instrumentmittel hiefür vorhanden" sei, in Wahrheit die Konstatierung seines dem Einschlagen der Türscheibe zugrunde gelegenen (sowie solcherart, sei es auch ohne Benützung eines Einbruchswerkzeugs, eklatant ausführungsnah betätigten) Vorsatzes, in das betreffende Geschäftslokal zum Zweck der Verübung eines Diebstahls durch Einbruch einzudringen, negiert und sich ferner durch das Erheben des Vorwurfs, es sei "nicht objektiviert, ob in den Teil der zerschlagenen Scheibe überhaupt jemand hinein hätte können", über die - bei einem Durchmesser des betreffenden Lochs von rund 45 cm (S 36 in ON 6) durchaus realistischen und im übrigen für die Nichtannahme einer absoluten Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs. 3 StGB) keineswegs essentiellen - dahingehenden Urteilsannahmen (US 5, 7, 13) hinwegzusetzen trachtet.

Verfehlt schließlich ist die Beschwerdeauffassung dieses Angeklagten, das Schöffengericht habe dadurch gegen das Verschlimmerungsverbot (§§ 293 Abs. 3, 290 Abs. 2 StPO) verstoßen (Z 11 erster Fall), daß es ihn im zweiten Rechtsgang ebenso wie im ersten zu neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilte, obwohl sich die seinerzeitige Strafbemessung auch auf ein weiteres Vergehen (nach § 287 Abs. 1 StGB) erstreckt hatte, in Ansehung dessen das Verfahren in der Folge nach § 57 StPO ausgeschieden worden war (S 263). Denn nach den relevierten Verfahrensbestimmungen ist es dem Erstgericht in einem zweiten Verfahrensgang selbst im Fall eines solcherart vergleichsweise eingeschränkten Schuldspruchs nur verwehrt, über den Angeklagten eine strengere Strafe zu verhängen als im ersten Rechtsgang; setzt es diesfalls die Strafe in gleicher Höhe fest, dann hat das darnach nur zur Folge, daß bei einem späteren Schuldspruch im ausgeschiedenen Verfahren - sofern sich ein solcher nicht etwa auch auf zugleich damit abgeurteilte weitere Delikte erstreckt - die Verhängung einer Zusatzstrafe (§§ 31, 40 StGB) nicht in Betracht kommt.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Anmerkung

E19011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0150OS00133.89.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19891121_OGH0002_0150OS00133_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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