TE OGH 1989/11/23 12Os124/89

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Veröffentlicht am 23.11.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.November 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Edelmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter B*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20. Juni 1989, GZ 12 a Vr 8437/86-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Munk zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Strafe unter BestimmunU einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 260 Abs 2 StPO wird ausgesprochen, daß auf die vorsätzlich begangenen strafbaren Handlungen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 4.Mai 1927 geborene Kaufmann Walter B*** wurde der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (A) und des Vnrerechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (B) schuldig erkannt.

Nach dem allein bekämpften Schuldspruch wegen schweren Betruges (B) hat der Angeklagte in Schwechat und an anderen Orten Angestellte der Ö*** M*** durch die Vorgabe, ein redlicher Käufer zu sein, unter Vorlage von Ausfolgescheinen der A*** M*** GesmbH und der Firma Technisches Büro Sepp S*** Baustoff-Großhandel-GesmbH zur Ausfolgung von Bitumen, Heizöl und Diesel, mithin durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche die genannten Unternehmen an ihrem Vermögen schädigten, und zwar

1. in der Zeit vom 12. bis 27.Mai 1986 die A***

M*** GesmbH um 176.849,76 S und

2. in der Zeit vom 2.Mai bis 3.Juni 1986 die Sepp S*** Baustoff-Großhandel-GesmbH um 788.470,80 S.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Sinn des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes (Z 4) erblickt die Beschwerde in der Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags, einen informierten Vertreter der S*** H*** als Zeugen zum Beweis dafür zu vernehmen, daß die am 3.Juni 1986 vorgelegten Schecks, welche der Angeklagte der Fa. Technisches Büro Sepp S*** Baustoff-Großhandel-GesmbH (im folgenden kurz: Firma S***) zahlungshalber überlassen hatte, nicht mangels Deckung des Kontos, sondern auf Grund der Ausgleichseröffnung an diesem Tag nicht eingelöst worden seien (S 210 d/II).

Rechtliche Beurteilung

Der Begründung des Erstgerichtes, daß es dieser Beweisaufnahme nicht bedurfte, weil der Betrugsvorwurf nicht in der unterbliebenen Scheckeinlösung, sondern in der betrügerischen Herauslockung von Waren bestehe (S 211, 232, 237/II), ist im Ergebnis beizupflichten. Auszugehen ist nämlich davon, daß der Angeklagte der Firma S*** nicht nur den Gegenwert für die in der Zeit vom 2.Mai bis 3.Juni 1986 bezogenen Mineralölprodukte im Betrag von 788.470,80 S schuldete, der bei Einlösung der beiden mit 30.Mai und 4. Juni 1986 datierten Schecks über je 250.000 S, sowie eines weiteren mit 27.Mai 1986 datierten Schecks über 225.870 S betragsmäßig weitgehend abgedeckt gewesen wäre, sondern daß gegenüber dieser Firma aus einer mehrjährigen Geschäftsverbindung ein sich durch Warenlieferungen und Zahlungen laufend verändernder Debetsaldo von über 16 Millionen S bestand (S 65, 69/I, S 205/II). Die Hingabe der Schecks an die Firma S*** war daher ersichtlich die Bedingung für die Fortsetzung der Lieferungen an das Unternehmen des Angeklagten (S 225/II), sie bezweckte aber nur eine Gutschrift auf die Gesamtschuld aus Warenlieferungen in laufender Rechnung, nicht aber die Bezahlung der in der Zeit vom 2.Mai bis 3.Juni 1986 bezogenen Mineralölprodukte. So gesehen ist es nicht entscheidungswesentlich, ob der Angeklagte die Einlösung der Schecks mit Grund erwarten konnte. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, daß durch den weiteren Bezug von Waren in Fortführung der Geschäftsverbindung die Firma S*** geschädigt würde. Zudem war die zeugenschaftliche Vernehmung eines informierten Vertreters der S*** H*** auch im Hinblick auf die Vorlage des bezüglichen Kontoauszugs der S*** H*** in der Hauptverhandlung entbehrlich (S 178/II und Beilage 1/ zum Hv-Protokoll).

Mit der Behauptung, es fehle an einer betrugstauglichen Täuschungshandlung, macht der Beschwerdeführer primär einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend. Er übersieht allerdings dabei, daß eine zur Irreführung geeignete Täuschung auch in konkludentem Verhalten bestehen kann. Wie das Erstgericht zutreffend ausführt (S 236/II), bekundet der Käufer beim Bezug von Waren auf Kredit nach den Regeln und Gewohnheiten des redlichen Geschäftsverkehrs stillschweigend, daß er den Willen und die Möglichkeit hat, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Wenn daher der Angeklagte die Geschäftsverbindungen mit der A*** M*** GesmbH und mit der Firma S*** unter Verschweigung seiner inzwischen eingetretenen Zahlungsunfähigkeit fortgesetzt hat, so täuschte er seine Geschäftspartner über das Vorhandensein essentieller Geschäftsvoraussetzungen (Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr. 20 bis 24 zu § 146).

Mit dem Einwand, die Firma S*** sei zufolge des Anwachsens der Gesamtschuld auf 11 Millionen S per Ende 1985 in Kenntnis seiner finanziellen Situation gewesen und daher nicht getäuscht worden, vermag der Beschwerdeführer aber auch keinen formalen Begründungsmangel (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) darzutun. Wurde doch in diesem Zusammenhang festgestellt, daß die Firma S*** um die Jahreswende 1985/86 und im Frühjahr 1986 auf Bezahlung der Verbindlichkeiten des Angeklagten gedrängt hat und von diesem dadurch beruhigt wurde, daß ihr zunächst ein von Franz W***, einem Angestellten des Angeklagten, akzeptierter Wechsel über 750.000 S unter der Vorgabe, es handle sich um einen Kundenwechsel und in weiterer Folge (zumindest) zwei Schecks über je 250.000 S gegeben wurden (S 225/II), wodurch bei der Gläubigerfirma tatplangemäß der Eindruck erweckt wurde, der Angeklagte sei willens und in der Lage, seine Schulden abzudecken. Von Anhaltspunkten in der Richtung, daß sich die Firma S***, einen geschäftlichen Mißerfolg des Angeklagten vor Augen und im Bewußtsein, dieser werde die ihr gegenüber eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllen, zu einer Fortsetzung der Geschäftsverbindung verstanden hätte, kann somit nicht die Rede sein.

Als mangelhaft begründet (Z 5) bezeichnet der Beschwerdeführer ferner die Feststellung, er habe es ab Jahresbeginn 1986, demnach auch im Zeitpunkt der ihm als Betrug angelasteten Deliktshandlungen ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß die Lieferfirmen durch Nichtbezahlung der auf Kredit bezogenen Waren geschädigt würden. Die Annahme eines bedingten Schädigungsvorsatzes hat das Erstgericht jedoch zureichend und logisch einwandfrei begründet, indem es auf die Vorgangsweise des Angeklagten im Zusammenhang mit dem Wechselakzept des Franz W*** und auf die spätestens zu diesem Zeitpunkt zutage getretene rasante Verschlechterung der finanziellen Gesamtsituation des vom Angeklagten geführten Unternehmens hinwies (S 229/II). Dabei zog es auch in Erwägung, daß der Angeklagte um einen Verkauf seines Liegenschaftsbesitzes bemüht war, dieser sich aber über lange Zeit hinzog, ohne daß Aussicht auf eine rasche Realisierung bestand, und daß selbst ein allenfalls erzielbarer Erlös von 10 Millionen S zur Schuldenabdeckung nicht ausgereicht hätte (S 222 f, 229 f/II). Auf diese Überlegungen konnte das Schöffengericht denkmöglich seine Überzeugung stützen, daß der Angeklagte nicht nur leichtsinnig und (im Sinn fahrlässiger Krida) auf die Gefahr hin, die eingegangenen Zahlungsverpflichtungen später nicht begleichen zu können, Schulden begründete, sondern daß durch die vom Betrugsvorwurf umfaßten Deliktshandlungen tätergewollt eine Schädigung der A*** M*** GesmbH und der Firma S*** bewirkt werden sollte, wobei der Nichtbeachtung von Warnungen des Steuerberaters zur wirtschaftlichen Gesamtsituation, der Beschwerde zuwider, durchaus im Sinn der Urteilserwägungen (S 230, 231/II) eine entsprechend schlüssige Indizwirkung zukommt. Daß der Angeklagte seien Zahlungen nicht vollständig eingestellt hat und im Jahr 1986 bis zur Einleitung des Ausgleichsverfahrens noch Zahlungen oder aufrechenbare Gegenleistungen im Betrag von 1,720.384,03 S und 526.775,32 S auf seni Debetkonto bei der Firma S*** gutgebracht wurden, mußte dabei in den Urteilsgründen als von unmaßgeblicher Bedeutung nicht ausdrücklich erörtert werden.

Bei einer Gesamtbeurteilung der Verfahrensergebnisse resultieren aus der Aktenlage aber auch keine im Sinn der Z 5 a erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch wegen schweren Betrugs (B) zugrunde gelegten Konstatierung, der Angeklagte habe bei Herauslockung der zu diesem Schuldspruch angeführten Waren eine Schädigung seiner Lieferanten in seinen bedingten Vorsatz aufgenommen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a), der Angeklagte habe bloß fahrlässig gehandelt, und es hätte ihm daher neben den Vergehen der fahrlässigen Krida nicht Betrug angelastet werden dürfen, übergeht zunächst die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach der durch den Bezug der in Rede stehenden Waren herbeigeführte Schaden vom bedingten Vorsatz des Angeklagten umfaßt war (S 224, 225, 235/II). Mit dem Hinweis auf die Hingabe eines Wechsels über 750.000 S Anfang 1986 und auf Zahlungen an die Firma S*** vor Mai 1986 vermag die Beschwerde schon mangels zeitlichen Bezuges zu den Betrugshandlungen keinen Fehler rechtlicher Art aufzuzeigen. Der Einwand, der Angeklagte habe der Firma S*** die Übernahme seines Unternehmens angeboten, ist im Hinblick auf die Überschuldung des Unternehmens vorweg unbeachtlich.

Im übrigen beruft sich der Beschwerdeführer auch darauf, daß die letzte Warenlieferung am 3.Juni 1986 um 4,00 Uhr früh, also an jenem Tag stattfand, an welchem der Ausgleichsantrag gestellt, der Ausgleich vom Kreisgericht Korneuburg eröffnet und das Ausgleichsedikt an der Amtstafel dieses Gerichtes angeschlagen wurde (S 226/II), weshalb in diesem Umfang ein Betrug ausgeschlossen sei. Dies der erstgerichtlichen Auffassung zuwider vor allem deshalb, weil sowohl die Ausgleichsordnung, als auch die Konkursordnung seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz von der grundsätzlichen Fortführung des Unternehmens ausgehe. Überdies stelle die Lieferung nach (richtig: am Tage) der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens im Anschlußkonkurs eine nach Maßgabe des vorhandenen Vermögens voll zu befriedigende Masseforderung dar (§ 46 Abs 2 Z 1 KO). Abgesehen davon, daß sich das relevierte Lieferungsvolumen auf den (mit Rücksicht auf den gesamten Betrugsschaden von 965.320,56 S) für die Qualfikation nach § 147 Abs 3 StGB nicht entscheidenden Teilbetrag von 90.667,20 S beschränkt, versagt die Rüge auch aus anderen Erwägungen. Nach der durch das IRÄG 1982, BGBl Nr 370, geschaffenen Rechtslage ist zwar zu beachten, daß § 69 KO nF, demzufolge der Schuldner bei Vorliegen der Konkursvoraussetzungen zur Antragstellung binnen 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit verpflichtet ist, einen zeitlichen Spielraum eröffnet, den der Gemeinschuldner dazu benützen kann, die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens sorgfältig zu betreiben und in diesem Zusammenhang ein Vorverfahren gemäß den §§ 79 ff AO zu beantragen. Aus diesem Grund ist es dem Schuldner gestattet, während der 60-tägigen Frist alle zur Erhaltung und Fortführung des Unternehmens notwendigen Rechtsgeschäfte abzuschließen, soweit dies mit dem Zweck der Vorbereitungsfrist vereinbar ist (vgl Platzgummer, JBl 1987, 760; Steininger in: Jelinek, Insolvenz- und Wirtschaftsstrafrecht, 95; Kienapfel BT II2 § 159 StGB Rz 45). Diese Voraussetzungen kamen dem Angeklagten hier aber nicht zustatten, weil er nach den Urteilsfeststellungen schon Mitte 1985 seine Zahlungsunfähigkeit erkannt und innerhalb der darauffolgenden 60 Tage keine Sanierungsschritte veranlaßt, sondern erst am 3.Juni 1986 ohne vorheriges Vorverfahren gemäß § 79 ff AO die Einleitung des Ausgleichsverfahrens beantragt hat. Zudem ist es zwar richtig, daß nach § 7 Abs 1 AO die Rechtswirkungen des Ausgleichs schon mit dem Beginn des Tages eintreten, an dem das Edikt an der Gerichtstafel angeschlagen ist. Dies bedeutet aber nicht, daß ein Gemeinschuldner, dessen Dispositionsfähigkeit durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens nicht beseitigt wird, nach diesem Zeitpunkt keine Betrugshandlung mehr begehen könnte; die schon aus zeitlicher Sicht unabwägbare Behandlung einer Forderung in einem allfälligen späteren Anschlußkonkurs als Masseforderung berührt bloß insolvenzrechtliche Aspekte einer nachträglichen Schadensgutmachung und schließt schon deshalb ein Handeln mit Betrugsvorsatz im Zeitpunkt ihres Eingehens keineswegs aus. Der Einbeziehung der Warenlieferung vom 3.Juni 1986 in den bekämpften Schuldspruch haftet daher weder nach der Z 9 lit a noch nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO Nichtigkeit an.

Soweit die Beschwerde unter dem letztbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 10) weiters rügt, das Erstgericht habe bei Feststellung der Schadenshöhe sowohl die von den geschädigten Firmen erlangten Beträge, als auch die ihnen im Konkursverfahren jeweils zugekommene Quote unberücksichtigt gelassen und solcherart zu Unrecht einen 500.000 S übersteigenden und damit die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB begründenden Schaden angenommen, verfängt auch diese Argumentation nicht. Eine Schadenskompensation, wie sie der Beschwerdeführer vor Augen hat, scheitert schon daran, daß der Angeklagte die Leistungen, die er bei Ermittlung des von ihm zu verantwortenden Schadens angerechnet wissen will, zeitlich vor den Betrugshandlungen erbracht hat. Im Rahmen der insolvenzbegründenden Geschäftsführung erbrachte Einzelleistungen an den über den Betrugsumfang hinaus durch fahrlässige Kridahandlungen geschädigten Geschäftspartner bewirken aber auch sonst keine (Teil-)Kompensation des Betrugsschadens. Durch die Geschädigten erst im Konkurs hereingebrachte oder erhoffte Beträge hinwieder stellen nur eine nachträgliche Schadensgutmachung dar, welche die für die Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB maßgebliche Höhe des Betrugsschadens nicht tangiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren, von welcher gemäß § 43 a Abs 4 StGB ein Teil von zwanzig Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 260 Abs 2 StPO sprach das Erstgericht aus, daß auf die vorsätzlich begangenen strafbaren Handlungen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Begehung der Krida in beiden Tatbestandsformen (richtig: die Konkurrenz eines Verbrechens mit zwei Kridavergehen), den beträchtlichen Gläubigerschaden durch die Kridahandlungen (25 bis 30 Millionen Schilling - S 224, 228/II) und die Fortführung des Unternehmens (nicht bloß in fahrlässiger Unkenntnis sondern) in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit als erschwerend, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, den Umstand, daß die Tathandlungen hiezu in auffallendem Widerspruch stehen, das in bezug auf fahrlässige Krida reumütige Geständnis, den Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Übernahme des Kridaunternehmens als unter gesteigertem Fortführungsdruck stehenden Familienbetrieb. Diesen Strafausspruch bekämpft der Angeklagte mit Berufung, mit der er eine Herabsetzung und die gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe im wesentlichen mit der Begründung anstrebt, zum Schuldspruch nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB sei die Tatbegehung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit zu Unrecht als erschwerend, im übrigen aber sein ordentlicher Lebenswandel insbesondere angesichts seines Lebensalters von mehr als sechzig Jahren als Milderungsgrund nur unzureichend berücksichtigt worden.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig angeführt, dem Umstand jedoch zu wenig Gewicht beigemessen, daß der bereits 62-jährige Angeklagte als Unternehmer und Arbeitgeber durch mehr als zwanzig Jahre in geordneter kaufmännischer Gebarung durchaus positive Wirtschaftsbeiträge geleistet und die in die Phase des finanziellen Zusammenbruchs seiner Firmengruppe fallenden Betrugshandlungen nicht aus egozentrisch dominierten Bereicherungstendenzen, sondern primär (wenn auch mit bedingtem Schädigungsvorsatz) in dem Bemühen gesetzt hat, die drohende Insolvenz abzuwenden. So gesehen erweist sich aber eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren als der Täterschuld und dem Tatunrecht angemessen und auch aus präventiver Sicht als hinreichend effektiv. Dabei rechtfertigen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten und die dargelegten tatauslösenden Begleitumstände die Annahme, daß es nicht der Vollstreckung der Strafe bedarf, um der Begehung (weiterer) strafbarer Handlungen durch ihn oder andere entgegenzuwirken, weshalb die Voraussetzungen für eine bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB hier erfüllt sind.

Der Ausspruch gemäß § 260 Abs 2 StPO beruht auf der (trotz des gewichtigen Kridaschadens zu bejahenden) Unrechtsprävalenz des Betrugskomplexes.

Anmerkung

E19154

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00124.89.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19891123_OGH0002_0120OS00124_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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